Der persönliche Kontakt zum Unternehmen prägt das Kundenerlebnis nach wie vor entscheidend.
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Der digitale Wandel macht vor keinem Geschäftsfeld halt und prägt somit auch die verschiedenen Kontaktpunkte (Touchpoints) bei der "Reise des Kunden", der Customer Journey. Neue Technologien wie Automation und Künstliche Intelligenz (KI) sollen dabei Unternehmen wie Kunden zugute kommen. Eine Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers (Pwc) mit 15.000 Befragten aus zwölf Ländern, darunter Deutschland, Großbritannien und die USA, bestätigt, dass 73 Prozent der Verbraucher die neuen Technologien tatsächlich begrüßen – solange diese das Kundenerlebnis nicht zum Negativen verändern.
Auf wenig Zuspruch stoßen zum Beispiel bisher digitale Lösungen in der Kundenkommunikation, die menschliche Arbeitskräfte ersetzen. Denn weltweit wünschen sich drei Viertel, in Deutschland sogar 84 Prozent der Konsumenten, dass Unternehmen auf die persönliche Interaktion mit ihren Kunden setzen, anstatt ihr Augenmerk auf die Weiterentwicklung von Technologien zu richten. 71 Prozent sind deshalb der Meinung, dass ein positives Kundenerlebnis (Customer Experience, CX) vor allem mit dem Verhalten der Mitarbeiter zusammenhängt. Unternehmen werden dem Wunsch nach direktem Kundenkontakt aber offenbar nicht immer gerecht. So bemängeln 59 Prozent der Befragten, dass Unternehmen bei der Gestaltung ihrer CX das Menschliche aus den Augen verloren haben.
Persönlicher Kundenkontakt zahlt sich aus
Chatbots etwa, die Kunden auf Unternehmenswebseiten als textbasiertes Dialogsystem zur Verfügung stehen, finden daher nur bedingt Anklang. "Bevor ein Unternehmen darüber nachdenkt, seine telefonischen Kundenberater durch Chatbots zu ersetzen, sollte es sich zunächst die Frage stellen: Wie kann ich meine Berater durch die passende technologische Unterstützung in die Lage versetzen, die Probleme des Kunden schnell und unkompliziert zu lösen? Davon hat das Unternehmen letztlich mehr, als wenn es den menschlichen Berater einspart – dann aber die Kunden verliert, weil die mit dem Chatbot unzufrieden sind", resümiert Professor Dr. Nikolas Beutin, Experte bei Pwc.
Tatsächlich kann es bares Geld bedeuten, wenn Kunden direkt von einem kompetenten Mitarbeiter beraten werden: Der Umfrage zufolge sind 43 Prozent der Verbraucher bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn der Kundenservice überzeugt. Etwa genauso viele können sich sogar vorstellen, mehr zu zahlen, wenn sie dafür einen freundlichen Ansprechpartner bekommen. Im Umkehrschluss wirkt sich unfreundlicher Kundenservice für 75 Prozent negativ auf die Kaufentscheidung aus.
Touchpoints bilden eine Einheit
Damit lässt die Studie eine erste Schlussfolgerung darüber zu, was ein gelungenes Kundenerlebnis ausmacht: Kunden wünschen sich moderne Technologien, die Informations- und Kaufprozesse erleichtern, möchten gleichzeitig aber auch die Beratungskompetenz eines menschlichen Mitarbeiters nicht missen. Das liegt auch daran, dass je nach Anliegen die einzelnen Lösungen ein unterschiedliches Maß an Effizienz und Komfort versprechen.
Folglich sind Unternehmen dazu angehalten, die Customer Experience nicht isoliert an den einzelnen Kontaktpunkten zu optimieren. "Es geht vielmehr darum, den gesamten Kundenbeziehungslebenszyklus – orientiert an den Werten und Zielen einer Marke oder eines Unternehmens – so zu gestalten, dass dadurch die Kundenzufriedenheit gesteigert und dadurch die Erreichung von Unternehmenszielen unterstützt wird", erklärt Springer-Autor Ralf T. Kreutzer im Buchkapitel "Customer Experience Management – wie man Kunden begeistern kann" (Seite 96). Idealerweise erfüllt die Customer Journey verschiedene Kundenbedürfnisse und kreiert damit eine abwechslungsreiche CX, die den Weg zu einer langlebigen Kundenbeziehung ebnet.
Über das Call-Center hinausdenken
Persönliche Kundenkommunikation ist keine Frage des Kanals. Neben Call Centern und Beratungsgesprächen von Angesicht zu Angesicht sollten Unternehmen durchaus auch die digitale Customer Journey mit gutem Service begleiten. "Im Rahmen des Digital-Customer-Experience-Managements wird Kundenloyalität als das Ergebnis einer emotional aufgeladenen Suche verstanden, die in einem guten Gefühlszustand mündet und nachhält, wenn der Kauf schon längst vorbei ist", fassen die Springer-Autoren Robert Daubner und Christoph Hüning im Buchkapitel "Digital Customer Experience Management: Echte Vernetzung von Unternehmen mit Kunden" zusammen (Seite 90).
An den Online-Touchpoints lässt sich das emotionale Band zum Kunden vor allem durch gutes Content-Marketing aufbauen:
- Informationen zu Produkten und Dienstleistungen sollten auf allen digitalen Kanälen leicht zu finden und interessant aufbereitet sein.
- Produktnutzen und Markenwerte kommen mittels Storytelling in Form von authentischen Geschichten am besten zum Ausdruck.
- Davon profitiert auch das After-Sales-Management im Vertrieb.
"Der 'digitale Kundendienst' nach dem Kauf ist heute längst nicht mehr nur die Pflege eines Geschäfts, sondern über weitere Kundeninteraktion auch die Klammer zurück zu den digitalen Inhalten", meinen Daubner und Hüning (Seite 90). Je besser die einzelnen Touchpoints – sowohl online als auch analog – miteinander verzahnt sind, desto ansprechender gestaltet sich das gesamte Kundenerlebnis.