In der digitalen Einkaufswelt lassen sich Preise wunderbar vergleichen, und der Klick zum nächsten Anbieter ist schnell getan. Insofern verwundert es nicht, dass die Kundenbindung in Zeiten des Online-Shoppings sinkt: Im vergangenen Jahr um sieben Prozent gegenüber 2015, wie die internationale Studie "The Digital Tipping Point" von Verint Systems und Opinium Research LCC ermittelt hat.
Banken haben die meisten treuen Kunden
Branchenübergreifend beträgt die Quote treuer Kunden (mehr als drei Jahre bei demselben Anbieter) 57 Prozent. Im Branchenvergleich liegen dabei Banken mit 73 Prozent an der Spitze. Es folgen Mobilfunkanbieter mit einer Quote von 63 Prozent langjähriger Kunden. Am schlechtesten schneidet der Reisesektor ab (rund 26 Prozent). Die Ergebnisse basieren auf der Befragung von rund 24.000 Konsumenten in zwölf Ländern zu neun Branchen im Sommer 2016.
Besseres Service-Erlebnis durch persönlichen Kontakt
Die Untersuchung belegt zudem einen Zusammenhang zwischen dem bevorzugten Kundenkanal und der Kundenbindung. So wechseln Verbraucher mit einer Vorliebe für digitale Einkaufskanäle eher die Marke/den Anbieter als Kunden, die ihre Geschäfte vorzugsweise im persönlichen Kontakt abwickeln. Laut Studie sind nur 49 Prozent der Digitalaffinen ihrem Anbieter seit mehr als drei Jahren treu. Bei Verbrauchern, die den Kontakt per Telefon oder in der Filiale bevorzugen, beträgt der Anteil langjähriger Kunden hingegen 59 bzw. 58 Prozent.
Hierbei ist offensichtlich auch das Service-Erlebnis von Bedeutung. Denn nach einem guten Gespräch am Telefon oder im Geschäft, verhalten sich Kunden dem Anbieter gegenüber eher positiv als bei Online-Transaktionen. Denn die Studie legt nahe, dass Kunden ihren Anbieter nach einem guten Gespräch am Telefon oder im Geschäft, in besserer Erinnerung behalten als bei Online-Transaktionen. Beispielsweise steige dann die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt oder Service verlängert oder erneut gekauft wird, um 38 Prozent. Dies trifft auch in Fällen zu, in denen das ausgesuchte Produkt nicht das günstigste ist. Auch sei es nach einem solchen Gespräch um 27 Prozent wahrscheinlicher, dass ein Verbraucher am Kundenbindungsprogramm teilnimmt.
Freiwillige oder unfreiwillige Bindung?
Bei der Interpretation der Studienergebnisse sollte allerdings bedacht werden, dass es unterschiedliche Ursachen für die Kundenbindung gibt. Michael R. Geiß weist etwa in dem Beitrag "Kundenbindungsmanagement als zentraler Baustein des Relationship Marketing" auf die unfreiwillige Kundenbindung hin. Dabei hindern vertragliche, ökonomische, technisch-funktionale oder situative Barrieren den Kunden daran, einen Anbieter zu wechseln. Hieraus resultiert eine Gebundenheit des Kunden. Dagegen "stellt die Verbundenheit einen Zustand freiwilliger, emotionaler Bindung dar", erklärt Geiß (Seite 31). Hier spielen eine hohe Kundenzufriedenheit, persönliche Beziehungen und das Vertrauen in den Anbieter eine entscheidende Rolle.
Nichtsdestotrotz bestimmen auch äußere Faktoren das Bindungspotenzial eines Kunden zu seinem Anbieter. "Beziehungsbarrieren oder Nichtbindungsursachen können unter anderem das Bedürfnis nach Abwechslung (Variety Seeking), das Bedürfnis nach Intimsphäre, das Bedürfnis nach Freiheit in Bezug zur Wiederkaufentscheidung, die Unternehmenseinstellung oder das Involvement sein", erklärt Springer-Autor Geiß auf Seite 32. Für ein auf langfristige Geschäftsbeziehungen ausgerichtetes Relationship Marketing empfiehlt er, die freiwillige, emotionale Kundenbindung zu stärken.
Kundenbindung on- und offline fördern
Eine Reihe von Kundenbindungsmaßnahmen, die sich hierfür anbieten, listet Martin Limbeck in dem Fachbeitrag "Kundenbindung ganz konkret: der After-Sales-Service" (Seite 253/254).
Ideen für Kundenbindungsmaßnahmen |
Versand von persönlichen E-Mails, die auf spezielle Bedürfnisse des je- weiligen Kunden abgestimmt sind – wirklich erfolgversprechend sind aber nur Nachrichten, bei denen nachgefasst wird und die „kussig“ sind: kurz und sehr simpel! |
Kontinuierliche Kundeninformation über Neuheiten, Weiterentwicklun- gen, besondere Aktionen – was der Kunde nicht kennt, kann er auch nicht nachfragen! |
Aufnahme des Kunden in den Verteiler für Telefonaktionen, zum Beispiel zu Zusatzangeboten |
Bereitstellung elektronischer Verkaufshilfen (Newsletter etc.) |
Informationsveranstaltungen wie Kundenseminare zu neuen Produkten/Verfahren, Kundenkongresse |
Events wie Jubiläen, Tage der offenen Tür, Hausmessen |
Kundenclubs (Geselligkeit, Sport, Fitness, Reisen etc.), VIP-Kunden, Vorzugskonditionen |
Kundenstammtische zu aktuellen Produkt- und Servicethemen |
User-Groups im Internet: Erfahrungsaustausch über das Unternehmen, dessen Produkten und Services. |