Skip to main content

20.11.2024 | Ladeinfrastruktur | Fragen + Antworten | Online-Artikel

So steht es um das E-Auto-Ladenetz

verfasst von: Christiane Köllner, dpa

7:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Auch wenn der Verkauf von Elektroautos zuletzt eher schwächelte, die öffentliche Infrastruktur für sie wächst weiter. Wie schnell genau, hängt auch von der Betrachtungsweise ab. 

Es gibt immer mehr öffentliche Lademöglichkeiten für Elektroautos. Inzwischen zählt die Bundesnetzagentur deutlich mehr als 140.000 Ladepunkte. Damit müssen sich inzwischen weniger Stromer einen Ladeplatz teilen als noch vor einem Jahr, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) errechnet hat. Und anders als bei den Fahrzeug-Verkäufen hält die Dynamik beim Netzausbau wohl an. 

Wie viele Ladepunkte gibt es?

Die aktuellsten Daten der Bundesnetzagentur mit Stand 1. September weisen 145.857 Ladepunkte aus. 31.063 davon sind Schnellladepunkte mit einer Leistung von mindestens 22 kW. Die tatsächliche Zahl liegt allerdings wohl deutlich darüber, da nur Einrichtungen angezeigt werden, bei denen der Betreiber den Anmeldeprozess abgeschlossen und der Veröffentlichung zugestimmt hat, wie die Bundesnetzagentur schreibt. Erfahrungsgemäß wird es zudem wohl noch zahlreiche Nachmeldungen geben. 

Wie groß ist das Wachstum?

Das ist nicht so leicht zu beantworten, denn die Bundesnetzagentur korrigiert die Vergleichswerte aus den Vorjahren immer wieder im Nachhinein deutlich nach oben, weil es Nachmeldungen von Ladesäulen gibt. Nimmt man nun einen aktuellen Wert, der noch keine oder wenig Nachmeldungen enthält und vergleicht ihn mit dem Vorjahresstand, der viele Nachmeldungen enthält, verzerrt dies das Ergebnis. Um dies zu verhindern, zieht der VDA für seine Berechnungen als Vergleichswerte die vor einem Jahr gemeldeten Zahlen heran. So fehlen beiden Werten Nachmeldungen, was den Vergleich fairer macht. Auf diese Weise errechnet der Verband vom 1. Juli 2023 bis zum 1. Juli 2024 einen Zuwachs um gut 45.000 Ladepunkte. Das wäre schneller als zuletzt. Die Zahl ist damit aber nur eine Annäherung. Würde man für beide Zeitpunkte nur die aktuell gemeldeten Zahlen heranziehen, ergäbe sich ein deutlich langsameres Wachstum von rund 33.500 Ladepunkten binnen Jahresfrist – das allerdings wahrscheinlich deutlich zu niedrig angesetzt wäre. 

Wie entwickelt sich das Ladenetz im Vergleich zum E-Auto-Bestand?

Das Kraftfahrt-Bundesamt meldet zur Jahresmitte 2,48 Millionen rein batteriebetriebene Elektroautos und Plug-in-Hybride. Damit kommen im Schnitt 17,3 Stromer auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Das ist deutlich besser als vor einem Jahr, als es nach der Berechnungsmethode des VDA noch rund 21 E-Autos waren. Dazu hat neben dem eher zügigen Wachstum des Ladenetzes aber auch beigetragen, dass der E-Fahrzeugbestand zuletzt deutlich langsamer gewachsen ist. 

Wo ist das Netz am dichtesten?

Das kommt darauf an, wie man dicht definiert. Die meisten Ladesäulen pro Quadratkilometer gibt es natürlich in Städten. Hier ist aber auch der Bedarf entsprechend höher, weil es mehr Elektroautos gibt. 

Eine Alternative ist, den Bestand an E-Autos mit dem der Ladepunkte zu vergleichen. Hier findet sich die beste Versorgung aller Bundesländer in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Dort kommen laut VDA 11,8 beziehungsweise 11,9 und 12,0 Elektroautos auf einen Ladepunkt. Ihr gutes Abschneiden in dieser Kategorie verdanken die Länder allerdings auch der Tatsache, dass sie beim Anteil von Elektroautos zu den Schlusslichtern in Deutschland gehören. Die schlechtesten Quoten finden sich im Saarland mit 24,3 Stromern pro Ladepunkt und Rheinland-Pfalz mit 21,7. 

Etwas anders sieht das Ranking aus, wenn man nicht den Elektroauto-Bestand, sondern den Fahrzeugbestand allgemein mit der Zahl der Ladepunkte vergleicht. Also fragt, wie gut das Land auf einen Hochlauf der Elektromobilität vorbereitet ist. Dann liegen Berlin, Baden-Württemberg und Hamburg vorne – auch weil sie in dieser Berechnung nicht mehr für ihre überdurchschnittlichen E-Auto-Anteile bestraft werden. Schlusslicht bleibt das Saarland – dann allerdings hinter Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz.

Und wo am leistungsfähigsten?

Nicht überall ist das Ladenetz gleich leistungsfähig. Die höchste Ladeleistung findet sich laut Bundesnetzagentur mit Stand 1. Juli 2024 in Bayern, das als einziges Bundesland die Marke von 1GW überspringt. Dahinter folgen Nordrhein-Westfalen mit 938 MW und Baden-Württemberg mit 775 MW. Die Länder sind allerdings auch die drei bevölkerungsreichsten und haben die meisten Ladepunkte. Blickt man auf die durchschnittliche Stärke der installierten Ladepunkte, liegt Thüringen mit einem Schnitt von 50,2 kW vorne. Dahinter folgen Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz mit Werten knapp über 49 kW. Die im Schnitt schwächsten Ladepunkte haben Berlin und Bremen mit 24 und 26 kW. 

Wie steht es also um die Ladeinfrastruktur?

Wieder kommt es darauf an: Eigentlich soll es bis 2030 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen geben. Diese Zahl wäre für das aktuelle Netz bei weitem zu groß. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, dass der Wert erreicht wird und das Netz wächst ja auch weiter. Auch zur aktuellen Lage gibt es unterschiedliche Betrachtungsweisen. So hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft jüngst beklagt, dass die Belegung der Ladesäulen für die Betreiber zu niedrig sei. Der Verband nannte damals einen durchschnittlichen Wert von 14,6 % zeitgleich belegter Ladesäulen. 

Der VDA sieht weiter großen Handlungsbedarf beim Ausbau der Ladeinfrastruktur und moniert unter anderem große regionale Unterschiede. Zudem gebe es in gut einem Drittel der Gemeinden noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt und mindestens einen Schnellladepunkt habe sogar nur jede vierte Gemeinde. Eine gute Ladeinfrastruktur sei ein wesentlicher Schlüsselfaktor, um die Menschen zum Umstieg auf E-Mobilität zu bewegen, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Der Ausbau müsse daher vorauslaufen und politisch forciert werden.

Wie entwickeln sich die Lade-Preise?

Die Lade-Preise an vielen öffentlichen Ladepunkten steigen. Ursache hierfür sind die steigenden Roaming-Gebühren, die Ladenetzbetreiber erheben, sobald ein Kunde einen Vertrag nutzt, der nicht zu ihrem eigenen Netz gehört. Kunden reagieren auf den Preisanstieg und ziehen sich auf die großen Anbieter mit eigenem Ladenetz zurück, wie die Lade-Services-Studie 2024 des Marktforschungsunternehmens Uscale zeigt. 

Anders als beim Mobilfunk ist das Roaming im Lademarkt noch nicht reguliert. Die Preisdifferenzen seien laut Uscale inzwischen Anlass politischer Petitionen, die beklagen würden, dass die Ladesäulenverordnung und die AFIR-Regulierung der EU allein keinen ausreichenden Kundenschutz böten. Kritiker erkennen in den derzeitigen Entwicklungen einen neuen Ladedschungel. So auch Christoph Krauss und Joshua Coen von Prof. Roll & Pastuch, wie sie im Artikel Tarifdschungel beim Laden für E-Autos ausführen.

Wie der Ökostromanbieter Lichtblick in seinem Ladesäulencheck 2024 angibt, koste jede geladene Kilowattstunde Strom an öffentlichen Ladesäulen durchschnittlich 54 Cent an Normalladepunkten (AC) und 64 Cent an Schnellladepunkten (DC). Für eine Reichweite von 100 km (bei 20 kWh Stromverbrauch) fielen damit Kosten in Höhe von 10,85 EUR beziehungsweise 12,88 EUR für eine Stromladung an. Die durchschnittlichen Preise pro geladener Kilowattstunde Strom seien damit im Vergleich zum letzten Ladesäulencheck weiter angestiegen – die Differenz liegt bei 2 ct/kWh (AC) beziehungsweise 1 ct/kWh (DC). Ein Hauptgrund für die gestiegenen Preise an öffentlichen Normalladesäulen sei laut Lichtblick die Monopolbildung im Markt.

Der Ladeinfrastruktur-Spezialist ChargePoint hat Trends ausgemacht, die das Wachstum der Ladeinfrastruktur vorantreiben sollen. Folgende Entwicklungen lassen sich festmachen:

  • Plug and Charge: Mit Plug & Charge nach ISO 15118 als neuem Standard soll Laden einfacher und bidirektional werden. Das soll Interoperabilitätsprobleme oder abgebrochene Ladeversuche verhindern. Authentifizierungsschritte oder zusätzliche Ladestationen seien nicht mehr erforderlich.
  • Software: Software ist zu einem zentralen Bestandteil von Ladelösungen für Elektroautos geworden: Durch den Einsatz von KI kann beispielsweise die Zuverlässigkeit von Ladestationen gesteigert werden. Sie bietet außerdem Echtzeittransparenz der Ladestationen in allen Netzen oder kann dabei helfen, die Ladeeffizienz zu maximieren. Das Laden selbst soll zunehmend "softwaredefiniert" werden, ähnlich wie bei "softwaredefinierten Fahrzeugen". "Der Erfolg wird dabei in der Cloud erzielt und nicht mehr lokal vor Ort", heißt es.
  • Hardware: Die Kosten für Ladeinfrastruktur sollen sukzessive sinken, während der Markt gleichzeitig die Vorteile und Funktionen von vernetzten und elektrifizierten Lösungen ermöglicht. Für das Laden von Fahrzeugen soll AC der Standard bleiben. Für Konzepte wie "Vehicle to Home" (V2H) wird das Gleichstromladen die Zukunft prägen. Die Grenzen des AC-Ladens seien mittlerweile erreicht und künftig soll vor allem die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen. ChargePoint geht davon aus, dass es, je nach Unternehmen und verfügbarer Netzleistung am Standort, in Zukunft drei verschiedene Ladegeschwindigkeiten (50 kW, 200 kW oder 400 kW) geben wird. Anbieter von Ladestationen sollen von erschwinglichen DC-Ladelösungen profitieren, die für V2X-Funktionen eine wichtige Rolle spielen.
  • Ladeerlebnis: Für Automobilhersteller soll das Ladeerlebnis zunehmend zur Kernkomponente werden, weshalb sie verstärkt in Elektrofahrzeuge der zweiten Generation investieren würden. Darüber hinaus soll die bidirektionale Energieversorgung, die heute noch in den Kinderschuhen steckt, zum Standard werden. Fortschritte in der Batterietechnologie sollen nicht nur die Kosten, sondern auch das Gewicht senken und gleichzeitig die Ladegeschwindigkeit erhöhen. ChargePoint geht davon aus, dass Fahrzeuge mit einer 800-V-Architektur Ladegeschwindigkeiten von etwa 700 kW erreichen, da es derzeit keine praktische Anwendung für schnelleres Laden gebe.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

Premium Partner