Klare Führungskriterien, verbindliche Ziele und Investitionen in die Fertigkeiten der Führungskräfte gelten in Unternehmen jeder Branche, wie auch in Banken und Sparkassen, als Treiber für eine erfolgreiche Unternehmenskultur. Doch gibt es ein einheitliches Führungsverständnis in der Bankenbranche? Und wie beeinflussen Faktoren wie die Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung innerhalb der Organsiationen die Führungskonzepte? Eine Studie des Beratungsunternehmens Organomics hat ergeben, dass die Führungseffektivität in den Geldhäusern mehrheitlich positiv bewertet wird. Befragt wurden Mitarbeiter der Personalbereiche von 105 Unternehmen unterschiedlicher Größen und Hierarchiestufen von Banken und Sparkassen. So sagen 49 Prozent der Teilnehmer, dass sich Führungskräfte in ihren Unternehmen oft effektiv für die Belange der Organisation einsetzen, 50 Prozent glauben, dass diese ihre Organisationseinheit effektiv führen und 33 Prozent meinen, dass die Führungsverantwortlichen die Interessen ihrer Mitarbeiter gut bei höheren Vorgesetzten vertreten können.
Individuelle und qualitative Ziele sind wichtig
Nur ein Drittel der Institute vereinbart jedoch verbindliche Individualziele mit ihren direkt zugeordneten Mitarbeitern. 24 Prozent nutzen, wie im Finanzdienstleistungssektor üblich, auch quantitative Ziele, etwa zu
- Vertriebserfolgen,
- Fehlerquoten und
- Bearbeitungszeiten.
Ein Viertel der Befragten gibt zudem an, dass ihre Führungskräfte auch qualitative Ziele, beispielsweise Weiterbildungsmaßnahmen oder Sonderaufgaben, vereinbaren. Bei einer Top-Performance, die das Ziel erfüllt, setzen 52 Prozent der Institute eine variable Vergütung ein. Fünf Prozent der befragten Unternehmen stellen allerdings fest, dass weder Individual- noch Gruppenziele in Führungskonzepte für Mitarbeiter einfließen. Gunhild Posselt verweist im Springer-Buch "Mitarbeiter führen mit Kennzahlen – Attention Leadership" zur klassischen Führung mit Kennzahlen (Seite 89) darauf, dass die Führung von Mitarbeitern dann gut gelingen kann, wenn Führungskräfte die Aufmerksamkeit ihrer Mitarbeiter auf die gleichen Themen lenken, um das Arbeiten mit Kennzahlen konstruktiv und ergebnisorientiert zu gestalten. Der Effekt: "Die Wertschöpfung im Unternehmen wird gesteigert und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass die geplanten Ziele auch erreicht werden", meint Posselt.
Laut den Studienexperten von Organomics haben jedoch auch Faktoren aus der intrinsischen Motivation eine positive Führungswirkung. Dazu gehört beispielsweise vorbildliches Handeln der Führungskräfte als Vorbildfunktion für Mitarbeiter. Zudem werden weitere Führungsinstrumente, beispielsweise das Coaching durch Chefs, bei der diese eigene Zeit in die Weiterentwicklung einzelner Mitarbeiter investieren, nur bei einem Viertel der Banken und Sparkassen eingesetzt.
Wie Führungskräfte sich weiterentwickeln
Genauso wichtig wie die Förderung der geführten Mitarbeiter ist auch die Entwicklung des eigenen Potenzials junger Führungskräfte. Hier sind die Institute relativ gut aufgestellt. So sagen 75 Prozent der Befragten aus Banken und Sparkassen, dass es in ihrer Organisation besondere Schulungs- und Förderprogramme für Nachwuchsführungskräfte gibt. 58 Prozent geben an, dass Programme für außergewöhnlich talentierte Mitarbeiter vorhanden sind. Viele Institute geben für Ihre Führungskräfte Leitlinien aus, die sie dabei unterstützen sollen, ihre Mitarbeiter zu führen. Doch nur ein Teil nutzt diese Leitlinien laut der Umfrage. Auch auf andere Führungsmöglichkeiten, etwa Aufgaben zu delegieren, greifen die Führungskräfte etlicher Kreditinstitute nur teilweise oder gar nicht zurück. Dabei könne durch das Delegieren mehr Zeit für die Führung der Mitarbeiter investiert werden. Das führe auch zu mehr Leistung, wie die Experten von Organomics feststellen. Die Studie macht zudem deutlich, dass ein hoher Anteil der Unternehmen stark situativ bezogen führt.
Bei der Führungskultur zeigen sich einige Trends. So glauben die befragten Experten, dass sich vor allem durch die zunehmende Digitalisierung in der Bankenbranche
- die bisherige hierarchische Organisation in eine systemische Organisationskultur verändern wird,
- die Führungskultur noch werteorientierter ausgerichtet sein muss,
- Führungskräfte sich auf immer schnellere Veränderungen einstellen müssen und
- die Rolle von Fachvorgesetzten sich stärker zum Coach mit Führungsqualitäten wandeln wird.
Unter dem Ansatz der komplementären Führung beleuchtet der Springer-Autor Boris Kaehler in seinem gleichnamigen Buch die Funktionen, Aufgaben und Akteure bei der Personalführung in Unternehmen (Seite 167). Er merkt an, dass Führungskräfte immer in einer Doppelrolle stehen. Jede Führungsaufgabe diene zwei Funktionen. Wer zum Beispiel "Aufträge vergibt, Anreize setzt oder Konflikte klärt, muss dabei eben nicht nur die leistungsfördernde Wirkung auf die Betroffenen optimieren, sondern gleichzeitig auch die Anforderungen, Normen, Kosten und Sozialstrukturen der Organisation berücksichtigen", so Kaehler. Das gelte für die Führungskraft, den Kollegen wie den Personalbetreuer. Wer Führungsaufgaben wahrnehme, erfülle zugleich eine Unterstützungs- und eine Ordnungsfunktion. In stark digitalisierten Unternehmen, in der Führungskräfte auf vielfältige Veränderungen reagieren müssen, ist auch dieser Balanceakt von wachsender Bedeutung.