Kluger Berater und Mutmacher, das war die Figur des Mentors in der griechischen Mythologie. Heute sind Mentoren erfahrene Lernbegleiter, die zum selbstregulierten Wissenserwerb anleiten. Wenn Chefs mit diesem Selbstverständnis führen, gewinnen Unternehmen.
An der Weltspitze hat die Command-and-Control-Führung weitgehend ausgedient und einer Kultur Platz gemacht, die jeden Mitarbeiter als autonomen Teil des Systems akzeptiert und fördert. Chefs von renditestarken Unternehmen haben verstanden, dass es sich auszahlt, wenn sie aufhören den über Zucht-und-Ordnung wachenden Autokraten an der Spitze einer streng hierarchisch aufgebauten Organisation zu behaupten.
Dort wo verkrustete Führungsstrukturen einer auf Partnerschaft und Mentoring ausgerichtetem Leadership-Kultur weichen, ist Innovation möglich, kommen die Talente, bleiben die erfahrenen Mitarbeiter und steigt der Gewinn. Das bestätigt die Studie "Best Strategy 2018: Was deutsche Weltmarktführer besser machen" des Beratungsunternehmens Staufen. Doch wo liegen die Unterschiede zwischen guter Absicht und nachhaltiger Umsetzung?
Zeus passt nicht länger in unsere Zeit
Möchte man die Götter-des-Managements-Theorie des irischen Wirtschafts- und Sozialphilosophen Charles Handy zitieren, dann sind deutsche Weltmarktführer am ehesten mit einer Zeus-Kultur (auch: Club Culture oder Power Culture) groß und erfolgreich geworden. Hier zentriert sich die ganze Macht um eine Person - den Boss, den Gründer. Das meint auch Universitätsprofessor Dietmar Fink im Experteninterview zur Studie. Er wünscht sich von deutschen Weltmarktführern den Mut, Macht an eine zunehmend gebildete und mobile Belegschaft abzugeben und zuzulassen, dass Mitarbeiter alte Strukturen durchbrechen.
Veränderungsbereit sind die 210 für die Studie befragten Unternehmen, die entweder in ihrer Branche oder ihrem Segment auf dem Weltmarkt führen in jedem Fall. Und selbstbewusst: 72 Prozent erklären die besseren Produkte und 60 Prozent den besseren Service bieten zu können, weitere 60 Prozent finden sich innovativer als der Wettbewerb. Bei allem Selbstbewusstsein zeigen die Spitzenunternehmen den nötigen Realitätssinn. Der unternehmerische Erfolg ist bei 90 Prozent der Unternehmen mit überdurchschnittlicher Rendite von der Innovationsfähigkeit abhängig, bei 75 Prozent von der Unternehmenskultur. Um weiterhin voraus marschieren zu können, haben 84 Prozent der befragten Unternehmen größere Veränderungsprozesse durchlaufen. Dabei fokussierten sie sich auf ihre Innovationsstrategie (77 Prozent), die Produktpalette (70 Prozent) und die Unternehmenskultur (67 Prozent). Doch wie ist es um das Selbstbild der Führungskräfte bestellt?
Durchlässig werden zahlt sich aus
Unternehmen mit unterdurchschittlichen Renditen werden nach wie vor überwiegend klassisch und nach dem Prinzip Command-and-Control geführt (57 Prozent). Renditestarke Unternehmen haben den Zeus unterdessen aus der Unternehmensspitze verbannt und durch eine Führungskraft ersetzt, die sich als Mentor versteht (74 Prozent). Insgesamt haben aber alle Weltmarktführer erkannt, das Unternehmen sich nur entwickeln können, wenn die Mitarbeiterschaft zur befähigt wird eigene Ideen einzubringen (87 Prozent), aus Fehlern zu lernen (84 Prozent), flache Hierarchien und offene Türen zu erleben (78 Prozent) und auch Kritik äußern zu dürfen (68 Prozent).
Wie Weltmarktführer ihre Mitarbeiter auf die Zukunft vorbereiten |
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Studie "Best Strategy 2018: Was deutsche Weltmarktführer besser machen
Wie Machtabgeben gelingen kann
Abgeben können, Führung nicht länger mit Überwachung verwechseln - Führungskräfte erfolgreicher Unternehmen werden in Zukunft nicht umhin können, auf die alleinige Entscheidungshoheit zu verzichten und auf wertschätzende Beziehungen zu bauen. New Mind Leadership hin zu Führung 4.0 ist nach Meinung der Springer-Autorinnen Pia Kasa und Jutta Gatternig von folgenden Annahmen geprägt (Seite 220):
- Wahrnehmen des Menschen im Mitarbeiter.
- Persönliche, wertschätzende Kommunikation.
- Laufendes Feedback sowie das Optimieren des Fits zwischen Aufgabe und Stärken.
- Verstärktes Wahrnehmen und Ansprechen wie Erfolge entstanden sind.
- Positive Emotionen als Führungskraft zulassen, verstärken und fördern.
- Gleichzeitige Betrachtung des Organisationskontextes, der Organisationsdynamik, der Menschen und sich selbst.
- Verstehen und arbeiten entlang der Wechselwirkungen zwischen Führung, Gesundheit, Leistung, Veränderungsbereitschaft und Innovation.
- Partnerschaftliches Miteinander: Führungskräfte stecken die Rahmenbedingungen und sind Ermöglicher sowie Netzwerker.
Führung, die auf Command-and-Control verzichtet und Entscheidungen auf eine breite Basis verlagern, sollte dafür verantwortlich sein, innerhalb des Unternehmens ein gemeinsames Werteverständnis zu etablieren. Die Autorinnen, empfehlen, Mitarbeiter aus unterschiedlichen Ebenen oder die gesamte Belegschaft einzubeziehen. "Durch den kreativen Dialogprozess entstehen neue Wirklichkeitskonstruktionen, die die Basis für das neue Mindset über Führung und Kultur der Organisation ist." (Seite 225) Dass dafür Platz im Wertekanon der Organisation geschaffen werden muss, ist ebenso selbstverständlich, wie die Tatsache, dass sich von alten, nicht länger relevanten Haltungen und Prinzipien verabschiedet wird.