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01.06.2016 | Leadership | Interview | Online-Artikel

"Gute Führung sollte werteorientiert sein"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Das Interview führte:
Dieter Frey

leitet den Lehrstuhl für Sozialpsychologie an der LMU München. 

Werte sind kein leerer Wahn. Sie bilden die Richtschnur für Mitarbeiter und Führungskräfte  – aber nur, wenn sich alle daran halten, so Springer-Autor Dieter Frey.

Springer Professional: Die sieben Todsünden bekommen viele zumindest teilweise zusammen. Können Menschen auch die sieben Werte benennen, die für sie wichtig sind? 

Dieter Frey: Ich bin mir nicht sicher, ob die meisten Menschen die sieben Todsünden exakt zusammenbringen. Ähnlich ist es bei den Werten. Fragt man Menschen "Welche Werte sind Ihnen wichtig?", dann nennen die meisten zunächst nur drei, vier Attribute. Aber wenn sie dann andere moralische Kategorien hören oder ankreuzen sollen, dann sind es schon sieben oder mehr. Als moralische Maßstäbe werden zum Beispiel Ehrlichkeit, Offenheit, Fairness, Gerechtigkeit, Wertschätzung, Verantwortung oder Optimismus genannt.

Empfehlung der Redaktion

2016 | Buch

Psychologie der Werte

Von Achtsamkeit bis Zivilcourage – Basiswissen aus Psychologie und Philosophie

Dieser Sammelband lädt ein, sich mit den Grundwerten unserer Gesellschaft neu auseinanderzusetzen: Was bedeuten eigentlich Empathie, Respekt, Vertrauen u.a. Werte im Kern? Was wissen psychologische Forschung, Philosophie oder Theologie darüber? 


In der Welt der harten Zahlen kommen ethische Grundsätze häufig zu kurz. Wie überzeugen Sie Führungskräfte davon, das Moral wichtig ist?

Werte geben Orientierung, sie bilden einen Kompass, sie bieten Ankerpunkte. Keineswegs müssen ja die Werte Leistung und Qualität ausgeschlossen sein. Meine Erfahrung ist, dass gerade in den letzten drei bis fünf Jahren, die ethischen Grundvorstellungen immer wichtiger geworden sind – nachdem viele Führungskräfte gesehen haben, dass es zu einfach ist, nur an Zahlen, Daten, Fakten, Effizienz, Effektivität zu glauben. Viele denken aber "Wir leben die Werte zwar, aber die anderen leben sie nicht". Oft werden Werte proklamiert, aber – so die Wahrnehmung der meisten Menschen – diese moralische Grundhaltung von der Führung nicht gelebt. Das ist ein Dilemma. Ergebnis: Die Frustration wird oft noch größer.

Ihr Buch heißt "Psychologie der Werte". Wie wirken Werte denn auf die Psyche?

Wertvorstellungen können auf die Psyche positiv wirken, wenn sie den berühmten Kompass darstellen und damit auch einen Halt und eine Orientierung geben. Man weiß dann quasi, was wichtig ist und ob man im grünen, gelben oder roten Bereich ist. Dabei beziehen sich die sittlichen Ideale sowohl auf die Frage, wie ich andere behandle, aber auch darauf, wie ich selbst behandelt werden will. Es gibt auch so etwas wie Selbstrespekt. Dabei achten Menschen darauf,  dass sie selbst respektvoll behandelt werden. Ist dies nicht der Fall, artikulieren sie dies. Natürlich wäre das dritte Bestreben, einzuschreiten, wenn ein anderer respektlos behandelt wird.  Da sind wir dann sehr schnell beim Thema Zivilcourage oder beim Thema Feigheit.

Wie können Führungskräfte Werte vermitteln und im eigenen Verhalten umsetzen?

Führen heißt, Ziele zu erreichen, Probleme zu lösen und dabei die Mitarbeiter mitzunehmen. Dabei gilt im Umgang mit Menschen: Gute Führung sollte werteorientiert sein, das heißt, Aspekte wie Respekt, Mündigkeit, Vertrauen, Fairness sind eingeschlossen. Führen heißt dabei, sowohl sich selbst zu führen als auch den Mitarbeiter, das Team oder den Chef. Das Wichtigste ist aber die Selbstführung: Diese fängt damit an, dass man sich selbst klar wird, welche Werte das eigene Verhalten leiten. Ist es eine Exzellenz- und Qualitätskultur, eine Wertschätzungskultur oder eine Verantwortungskultur für Führung? Dann kann man bestimmte Dinge auch proklamieren, vorleben und einfordern. 

Was heißt das konkret für die Wertvermittlung?

Es hat seine Vorteile, wenn man die Werte, die einem wichtig sind, den Mitarbeitern transparent kommuniziert. Wenn die Unternehmenskultur geprägt sein soll durch die so genannten drei  "Vs" – Vorbild, Verantwortung, Verpflichtung – sollte das jeder Mitarbeiter wissen. Natürlich muss das Verhalten der Führungsperson beweisen, dass dies nicht reine Lippenbekenntnisse sind, auch in stressigen Situationen oder bei Misserfolgen. Eine zentrale Frage für das berufliche Umfeld ist, ob Druck unmittelbar weitergegeben oder Feedback auch angenommen wird.

Führungskräfte können sich glücklich schätzen, wenn sie Mitarbeiter haben, die sie empfängerorientiert spiegeln, wenn sie selbst Werte verletzen. Denn das ist eine Chance für Korrektur. Diese Feedbackkultur ist aber meistens nicht vorhanden, weil es zu gefährlich ist, dem Chef die Meinung zu sagen. Auch das trägt zu der bereits beschriebenen Doppelmoral bei: Werte werden proklamiert, aber nicht von allen gelebt.

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2016 | OriginalPaper | Buchkapitel

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