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2016 | Buch

Lebensqualität im Alter

Perspektiven für Menschen mit geistiger Behinderung und psychischen Erkrankungen

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Über dieses Buch

Der demographische Wandel betrifft nicht nur die Allgemeinbevölkerung, sondern ebenso Menschen mit Einschränkungen in der Teilhabe. Vor diesem Hintergrund ergeben sich Herausforderungen, wie z. B. autonomes Handeln im hohen Alter sichergestellt oder die Lebensqualität von auch zunehmend älter werdenden Randgruppen wie Menschen mit geistiger Behinderung oder mit psychischen Erkrankungen erhalten werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Das Konzept der Lebensqualität

Frontmatter
1. Lebensqualität
Zusammenfassung
Die Konzeptualisierung eines Guten Lebens ist schon lange Gegenstand gesellschaftlicher Überlegungen. In einem sozialwissenschaftlichen Verständnis wurde Lebensqualität maßgeblich von zwei Strömungen geprägt: dem Level-of-Living-Approach und der Quality-of-Life-Forschung. Lebensqualität setzt sich demnach aus objektiven und subjektiven Dimensionen zusammen. In der Forschung wird Lebensqualität sowohl zur Untersuchung von gesellschaftlichen Wohlfahrtsentwicklungen als auch zur Überprüfung individuumspezifischer Parameter eingesetzt. In der Medizin hat das Konzept als Gesundheitsbezogene Lebensqualität breiten Einzug genommen, um patientenbezogene Outcomes zu erfassen. Auch in der praktischen Anwendung gewinnt Lebensqualität als Qualitätskriterium zunehmend an Bedeutung.
Michael Neise, Susanne Zank
2. Alt Werden und alt Sein im sozialen Wandel
Zusammenfassung
Was heißt Alter(n) und alt Sein heute? Haben sich die Altersbilder, der Alltag im Alter, die soziale Rolle der Alten gewandelt? Und unter welchen Voraussetzungen können wir „gut“ altern? In dem Beitrag werden kursorisch Erkenntnisse der gerontologischen Forschung zu den genannten Fragen skizziert und darauf aufbauend schlaglichtartig Überlegungen angestellt, welche Bedeutung diese für alte Menschen mit lebenslangen Behinderungen haben – mit der Einschränkung, dass allgemeine Aussagen über diese sehr heterogene Gruppe ebenso wenig umfassende Gültigkeit beanspruchen können wie pauschalisierende Bemerkungen über „die Alten“. Abschließend sind Hinweise abgeleitet, was zu bedenken ist, wenn es um gerecht verteilte Chancen auf zufriedenes Alter(n) für alle geht.
Josefine Heusinger
3. Lebensqualität im Alter
Zusammenfassung
Es existiert eine Vielzahl an Theorien zum Konstrukt Lebensqualität (LQ) im Alter. Dies spiegelt sich auch bei der Erfassung der LQ älterer Menschen wider - bis heute besteht keine allgemeingültige Theorie. In der Gerontologie wurde von Anfang an das Subjektive Wohlbefinden bzw. die Lebenszufriedenheit als Indikator für erfolgreiches Altern betrachtet. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Trend zu erkennen, LQ verstärkt als individuumsbezogenes und multidimensionales Konstrukt aufzufassen. Nur wenige Instrumente zur Erfassung der LQ sind für ältere Menschen entwickelt worden. Aktuelle Studien belegen, dass es sich zwar um eine sehr heterogene Gruppe handelt, jedoch Faktoren, wie z. B. chronische Erkrankungen, Depressivität oder kognitiver Status, die LQ beeinflussen können.
Ines Conrad, Steffi G. Riedel-Heller

Älter werden mit geistiger Behinderung

Frontmatter
4. Die Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland
Zusammenfassung
Vorgestellt wird eine umfassende Studie zur Lebenserwartung und zu Sterbewahrscheinlichkeiten von Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland. In den Jahren 2007–2009 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern in einer Stichprobe aus Westfalen 70,9 Jahre, in der aus Baden-Württemberg 65,3. Frauen erreichten 72,8 bzw. 69,9 Jahre. Im Vergleich mit internationalen Studien bestätigt sich der Trend der wachsenden Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung. Sie ist immer noch geringer als in der Allgemeinbevölkerung, was z. T. auf Untergruppen zurückzuführen ist. Vorausschätzungen für Westfalen veranschaulichen, wie sich bis 2030 die Anzahl und Altersstruktur von Erwachsenen mit geistiger Behinderung in unterschiedlichen Wohnformen entwickeln wird.
Friedrich Dieckmann, Christos Giovis, Ines Röhm
5. Der demographische Wandel und seine Bedeutung für die Behinderteneinrichtungen – dargestellt am Beispiel der Demenz
Zusammenfassung
Im Alter nehmen bei Menschen mit einer geistigen Behinderung die Gebrechlichkeit und somit der pflegerische Versorgungsbedarf zu. Weiterhin steigt für sie das Risiko an einer Demenz zu erkranken. Gleichzeitig nimmt in den Einrichtungen der stationären Behindertenhilfe die Zahl junger Menschen zu, bei denen Verhaltensprobleme dominieren. Damit stehen sich in den Einrichtungen zwei Personengruppen gegenüber, die naturgemäß sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben.
Mit Blick auf die Lebensqualität älterer Menschen mit geistiger Behinderung sowie deren Mitbewohner und auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter sind die Entwicklung eines entsprechenden Fortbildungskonzepts und die Modifizierung des Fördergedankens für ältere geistig behinderte Menschen die zentralen Aufgaben der Zukunft.
Sandra Verena Müller, Bettina Kuske, Uwe Gövert, Christian Wolff
6. Bedürfnisse und Bedarfslagen von Menschen mit geistiger Behinderung im Alter – Anforderungen an die Sozial- und Teilhabeplanung
Zusammenfassung
Der Beitrag beschreibt die mit dem Älterwerden von Menschen mit geistiger Behinderung einhergehenden Anforderungen an die Gestaltung individueller Unterstützungsarrangements. Die daraus resultierenden Konsequenzen für Strukturen und Prozesse kommunaler Sozial- und Teilhabeplanung werden am Beispiel kommunaler Planungsprozesse für ältere Menschen mit und ohne lebensbegleitende Behinderungen im Rahmen eines Forschungsprojektes exemplarisch entfaltet. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Frage nach geeigneten Partizipationsmethoden, insbesondere im Blick auf in Planungsprozessen üblicherweise schwach vertretene Interessen gelegt. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für eine sowohl partizipative wie inklusive Planungspolitik auf kommunaler Ebene.
Sabine Schäper
7. Menschen mit geistiger Behinderung und psychischer Krankheit im Alter
Zusammenfassung
Menschen mit geistiger Behinderung weisen heute eine deutliche Steigerung der Lebenserwartung auf. Die gesundheitlichen Problemlagen älterer Menschen mit geistiger Behinderung bewirken vielfältige Wechselwirkungen zwischen den körperlichen und psychischen Problemen. Insbesondere wenn beeinflussbare körperliche Faktoren eine psychische Symptomatik verursachen oder vortäuschen ist eine differenzialdiagnostische Abklärung notwendig. In der Begleitung von alten Menschen mit einer geistigen Behinderung ist es unverzichtbar, die Komplexität, die sich aus der Art der Behinderung, altersassoziierter Abbauprozesse und psychischer Begleitsymptomatik ergibt, zu beachten. Besonderer Bedeutung kommen dabei u. a. sozialen Beziehungen, medizinischer Versorgung und der Anpassung der Wohnumwelt zu.
Michael Seidel

Geistige Behinderung im Alter – Die Herausforderungen – dargestellt am Beispiel der Demenz

Frontmatter
8. Besonderheiten der Demenzdiagnostik bei Menschen mit einer geistigen Behinderung
Zusammenfassung
Die Demenzdiagnostik von Menschen mit einer geistigen Behinderung ist aus verschiedenen Gründen erschwert und unterscheidet sich deshalb von der konventionellen Herangehensweise. Herausforderungen ergeben sich aus der Heterogenität kognitiver Fähigkeiten, eingeschränkten Kommunikations- und Introspektionsfähigkeiten und anderen Besonderheiten dieser Personengruppe. In dem Beitrag werden diese Schwierigkeiten sowie die daraus resultierenden methodischen Probleme aufgezeigt. Basis für diesen Beitrag bildeten Erfahrungen aus ca. 450 Testungen, die im Rahmen einer zweijährigen Verlaufsstudie durchgeführt wurden. Schlussfolgernd wird aufgezeigt, welche Punkte besonders zu beachten sind, wie wichtig die Differentialdiagnostik ist und unter welchen Bedingungen die Diagnostik möglich sein kann.
Bettina Kuske, Christian Wolff, Uwe Gövert, Sandra Verena Müller
9. Das HMB-W – Verfahren bei Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz
Zusammenfassung
Das HMB-W – Verfahren dient in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe zur Ermittlung des Hilfebedarfs von Menschen mit Behinderungen. Aufgrund des demografischen Wandels steigt die Zahl älterer Menschen mit geistiger Behinderung. Demzufolge häufen sich die demenziellen Erkrankungen. Dies stellt Mitarbeiter(innen) der Einrichtungen vor Herausforderungen in der Durchführung des HMB-W – Verfahrens, die anhand von Experteninterviews ermittelt wurden. Aufgrund der Zunahme der Betreuungs- und Pflegeintensität eines Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz sehen die Mitarbeiter(innen) der Einrichtungen einen hohen Hilfebedarf nach HMB-W. Die Mitarbeiter(innen) berichten, dass aufgrund des Wegfalls von Förderungen Kostenträger einen niedrigeren Hilfebedarf sehen.
Christian Wolff, Uwe Gövert, Bettina Kuske, Sandra Verena Müller
10. Demenz im Arbeitsalltag der Mitarbeiter(innen) von stationären Behinderteneinrichtungen
Zusammenfassung
Bedingt durch den demografischen Wandel in Deutschland erreichen erstmals viele Menschen mit einer geistigen Behinderung ein höheres Lebensalter. Dies bewirkt eine vermehrte Entwicklung von Demenzen bei den Bewohner(innen) in den Einrichtungen der stationären Behindertenhilfe und eine Veränderung in der Betreuung durch die Mitarbeiter(innen).
Die Ergebnisse der Experteninterviews zum Arbeitsalltag der Mitarbeiter(innen) werden mittels des Alzheimer-Pflege-Stress-Modells nach Pearlin (zitiert nach Gusset-Bährer, Demenz bei geistiger Behinderung, Ernst Reinhardt Verlag, München, 2012b) beschrieben.
Einrichtungen und Mitarbeiter(innen) sollten sich mit einem erhöhten Betreuungs- und Pflegebedarf durch die Demenz auseinandersetzen. Eine Möglichkeit zum Verringern von Stressoren können Fortbildungen zum Thema Demenz darstellen.
Christian Wolff, Uwe Gövert, Bettina Kuske, Sandra Verena Müller
11. Demenzielle Erkrankungen bei Menschen mit Down-Syndrom
Zusammenfassung
Die Lebenserwartung von Menschen mit DS hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Ungefähr 80 % der Menschen mit DS werden beim Älterwerden eine Demenz entwickeln. Somit bildet diese Gruppe die Population mit dem höchsten genetischen Risiko für Demenz. Um diese Diagnose zu stellen, gehört eine korrekte Handhabung der Diagnostik mit einer multidisziplinären Annährung dazu. Andere mögliche Ursachen eines Rückgangs des Funktionsniveaus müssen ausgeschlossen werden. Eine medizinische Behandlung der Demenz ist jedoch nicht möglich. Die Behandlung besteht aus psychosozialen Interventionen, wobei Ko-Morbidität wie beispielsweise Epilepsie auch beachtet werden müssen. Nach der Diagnosestellung Demenz muss man für eine optimale Lebensqualität und eine gute palliative Begleitung sorgen.
Antonia Coppus, Hildegard Telbis-Kankainen

Geistige Behinderung im Alter – Möglichkeiten und Instrumente

Frontmatter
12. Früherkennung von Demenzerkrankungen bei Menschen mit geistiger Behinderung mit psychometrischen Instrumenten
Zusammenfassung
Die Früherkennung von Demenzerkrankungen bei Menschen mit einer geistigen Behinderung ist von großer Bedeutung für eine angemessene Begleitung dieser Menschen. Im Unterschied zur Allgemeinbevölkerung sind für diese Personengruppe sowohl andere Instrumente als auch andere Erhebungsmethoden erforderlich. Seit ca. 20 Jahren beschäftigen sich Forscher weltweit mit der Entwicklung geeignetes Screeninginstrumente. Die Instrumente lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Fremdbefragungen und direkte Einschätzungen kognitiver Fähigkeiten. In dem Beitrag wird dargestellt, wie den Herausforderungen der Demenzfrüherkennung begegnet wird und welche Strategien für die Früherkennung empfohlen werden. Neu entwickelte ausgewählte Instrumente, die sich für die Früherkennung eignen, werden vorgestellt.
Bettina Kuske, Uwe Gövert, Christian Wolff, Sandra Verena Müller
13. „Ageing in Place“ und ressourcenorientierte Begleitung bei Demenz und geistiger Behinderung
Zusammenfassung
Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland erreichen auch immer mehr Menschen mit einer geistigen Behinderung ein höheres Lebensalter. Einer besonderen Bedeutung in der Betreuung kommt dabei dem „Aging in Place“ – dem Verbleib in der vertrauten Wohnumgebung – zu. Für Menschen mit einer geistigen Behinderung stellt die vertraute Umgebung eine wichtige Ressource dar, die ihre Lebensqualität maßgeblich beeinflusst. Durch demenzsensible Anpassungen der Umwelt wie beispielsweise der Licht- und Farbgestaltung können Menschen mit einer geistigen Behinderung und einer Demenz in ihrem Alltag unterstützt werden. Darüber hinaus sollten sich jegliche tagesstrukturierenden Tätigkeiten und Interventionen immer an den vorhandenen Ressourcen des Einzelnen orientieren.
Claudia Gärtner
14. Stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe für Menschen mit geistiger Behinderung und dementielle Erkrankung
Zusammenfassung
Laut WHO lassen die Prävalenz- und Inzidenzraten darauf schließen, dass die Zahl der Demenzfälle weiter ansteigt. Betroffen davon sind auch Menschen mit einer geistigen Behinderung, die spezieller Versorgungsmodelle bedürfen. Im Fokus steht die optimale gemeinschaftliche Versorgung, welche sich neben der demenzfreundlichen Umweltgestaltung auch durch individualisierte und personenzentrierte Betreuung auszeichnet. Die Betreuung in kleinen Wohngruppen ist die häufigste gemeinschaftliche Versorgungsform. Die meisten solcher Wohneinrichtungen bieten zwei Modelle an, die man als linear und sequentiell bezeichnen kann. Beiden Modellen gemeinsam ist die Betonung der Notwendigkeit einer demenzgerechten Umweltgestaltung und einer umfassenden Weiterbildung des Betreuungspersonals.
Matthew P. Janicki
15. Sozialraumorientierung bei älteren Menschen mit Behinderung
Zusammenfassung
Die Lebensqualität älterer Menschen (auch mit Behinderung) wird stark durch die Wohnung und die Einbettung in familiäre und nachbarschaftliche Netzwerke beeinflusst. In dem Beitrag wird gefordert, Netzwerke im Sozialraum zu stabilisieren und zu aktivieren. Die grundlegenden Prinzipien der Sozialraumorientierung (Orientierung am Willen der Menschen, Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe, Konzentration auf die Ressourcen der Menschen und des Sozialraums, Zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise, Kooperation und Koordination) sollten beachtet werden, um soziale Ressourcen im persönlichen Umfeld und im Gemeinwesen zu aktivieren und mit zu helfen, älteren Menschen mit Behinderung ein möglichst selbstbestimmtes, selbstständiges Leben zu ermöglichen.
Ludger Kolhoff
16. Schulungsmethoden der Erwachsenenbildung zum Thema Demenz bei geistiger Behinderung
Zusammenfassung
Mitarbeiterteams und Nutzer/Innen von Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe sind durch demenzielle Verhaltensweisen und demenzbedingte Veränderungen in ihren Arbeits- und Lebensstrukturen häufig sehr belastet. Duale Schulungsangebote zur Wissensvermittlung, zum Umgang mit Demenz und zur Stärkung der Problemlösungskompetenzen unterstützen beim Erhalt der Lebensqualität: Der Einbezug von Mitarbeitenden und Mitbewohnenden in bedarfsgerecht aufbereitete Bildungsangebote führt zu einer nachhaltigen Verbesserung in Interaktionen und im Zusammenleben. Deutlich wird, dass demenziell bedingte Konflikte abnehmen und wertschätzende Umgangsstrukturen innerhalb der sozialen Triade von Person mit Demenz/Mitbewohnenden/Fachkräften gestärkt werden.
Bettina Lindmeier, Heike Lubitz

Psychische Erkrankungen im Alter – Die Herausforderungen

Frontmatter
17. Älter werden mit psychotischen Erkrankungen
Zusammenfassung
Innerhalb psychotischer Störung im Alter sind chronischen Erkrankungsverläufe bei einer Schizophrenie mit frühem oder späterem Erkrankungsbeginn zu unterscheiden von den langfristig verlaufenden wahnhaften Störungen im Alter, deren Entwicklung und Aufrechterhaltung durch altersassoziierte organische Erkrankungen oder soziale Situation verursacht oder begünstigt werden.
Bei älter werdenden Menschen mit einer Schizophrenie verlagert sich in der Regel der Schwerpunkt der Symptomatik von einer ursprünglich im Vordergrund stehenden Positivsymptomatik hin zu einer überwiegenden Residualsymptomatik mit Negativsymptomen. Mit Änderung der Symptomatik sowie durch im Alter zusätzlich auftretende körperliche Erkrankungen ändern sich maßgeblich die Behandlungs- Versorgungs- und Betreuungsbedarfe.
Tilman Fey
18. Chronifizierter Substanzmissbrauch im Alter – Probleme und Herausforderungen
Zusammenfassung
Immer mehr ältere Menschen sind von problematischem Substanzkonsum betroffen. Da insbesondere Suchterkrankungen sehr schambehaftet sind, geschieht dieses häufig im Verborgenen oder wird von Angehörigen stillschweigend hingenommen. Oft wird auch nicht erkannt, welche Folgen der anhaltende Substanzkonsum für den Betroffenen hat und Folgeschäden werden fälschlicherweise dem zunehmenden Alter zugeschrieben. Besonders hervorzuheben ist der Konsum von Alkohol und der Gebrauch von Medikamenten. Im Falle eines Medikamentenmissbrauchs ist dieser vielen älteren Menschen gar nicht bewusst und sie reagieren häufig empört auf das Thema. Therapeutische Interventionen haben sich auch bei älteren Menschen als wirksam erwiesen und können helfen die Lebensqualität des Einzelnen zu erhöhen.
Claudia Gärtner, Valentina Nartschenko
19. Traumareaktivierung und Retraumatisierung im Alter
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund des II. Weltkriegs mit traumatischen Erfahrungen spielen Traumareaktivierung und Retraumatisierung im Alter eine wesentliche Rolle, die als chronischer Verlauf oder mit verzögert auftretender Symptomatik (delayed onset) zu diskutieren sind. Verschiedene pathogenetische Faktoren greifen ineinander wie veränderte Gedächtnisorganisation, Vereinsamung (z. B. Verlust naher Angehöriger), verstärktes Erleben von Hilflosigkeit durch körperliches Altern, Lebensbilanzierung und Reaktivierung durch mediale Berichterstattung. Die wissenschaftliche Literatur wird zusammengefasst und anhand einer Kasuistik diskutiert.
Georgia Böwing, Harald J. Freyberger

Psychische Erkrankungen im Alter – Möglichkeiten und Instrumente

Frontmatter
20. Spezifische psychotherapeutische Konzepte in der gerontopsychiatrischen Arbeit
Zusammenfassung
Durch den demographischen Wandel und die zunehmende Aufgeschlossenheit älterer Menschen wird der Bedarf an psychotherapeutischen Angeboten für diese Altersgruppe ansteigen. Altersspezifische Themen wie das Aufwachsen in Zeiten nationalsozialistischer Herrschaft und im Krieg stellen für den Therapeuten/die Therapeutin ebenso eine Herausforderung dar wie die Situation, viel jünger als die Klienten zu sein. Psychotherapeutische Verfahren müssen also an die ältere Generation angepasst werden, nicht zuletzt wegen psychotherapeutischen Besonderheiten wie mögliche begrenzte kognitive, perzeptive und motorische Fähigkeiten. Die Effektivität der Psychotherapie unterscheidet sich zwischen jüngeren und älteren Menschen jedoch nicht.
Michael Schifferdecker, Lena Schifferdecker
21. Gerontopsychiatrie in Bewegung – Herausforderungen und Grenzen
Zusammenfassung
Die Gerontopsychiatrie ist zuständig für alte Menschen mit einer psychischen Störung. Notwendig ist, einem psychisch kranken alten Menschen mit und ohne geistige Behinderung nicht nur die für ihn erforderliche Diagnostik, Behandlung und Pflege zukommen zu lassen, sondern auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren. Abzuwägen sind die Grenzen zwischen oft falsch verstandener Fürsorge und Autonomie, zwischen Möglichkeiten, im häuslichen Bereich mit Hilfen zu leben oder in einer Einrichtung. Anzutreffende Vorurteile wie „Unbezahlbarkeit“, „therapeutischer Nihilismus“ und einseitiges Ökonomieverständnis kollidiert mit dem demokratischen Verständnis von Menschenwürde, welche keine Altersgrenze kennt und nicht teilbar ist.
Rolf. D. Hirsch
22. Stärkung von Resilienz im Alter
Zusammenfassung
In der gerontopsychiatrischen Akutversorgung ist ein Trendwechsel hin zu einer differenzierten Gerontopsychotherapie zu beobachten. Eine verstehende Grundhaltung erlaubt den Blick über eine rein deskriptive Diagnostik und Therapie, wie sie das derzeit gültige Diagnosemanual der ICD 10 vorsieht, hinaus und lässt hinter der Fassade des Begriffes der "Altersdepression" die Beschwerdebilder der Generation der „Kriegskinder“ als komplexe Traumafolgestörung auffassen. Anhand einer Fallvignette wird verdeutlicht, wie die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie nach L. Reddemann, den Anspruch der Förderung von Resilienz, Würde und Autonomie in Diagnostik und Therapie auch und gerade für diese Patienten sehr gut erfüllen kann und die Lebensqualität steigern helfen kann.
Peer Abilgaard

Ethische und rechtliche Rahmenbedingungen

Frontmatter
23. UN-Behindertenrechtskonvention, SGB IX und Lebensqualität
Zusammenfassung
Das deutsche Versorgungssystem ist vor allem an Lebensrisiken orientiert und geht kaum auf die Teilhabe behinderter und pflegebedürftiger Menschen oder die Bewältigung von Krankheitsfolgen ein. Der Beitrag erörtert, wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das SGB IX die Rahmenbedingungen für die Teilhabe von Menschen mit seelischen Behinderungen am Leben in der Gesellschaft verändern und damit ihre Lebensqualität beeinflussen. Die Entwicklung bisher fehlender ambulanter Rehabilitationsangebote wird am Beispiel der S3-Leitlinienempfehlung im Bereich Psychosozialer Therapien diskutiert. Das Persönliche Budget als Instrument zur Ausführung der im Alter benötigten Sozialleistungen „wie aus einer Hand“ sowie zur Umsetzung bestimmter Vorgaben der UN-BRK wird erläutert.
Harry Fuchs
24. Leistungsrechtliche Aspekte der Teilhabe und Pflege zur Selbstsicherung von Lebensqualität im Alter
Zusammenfassung
Die Inanspruchnahme von Pflege- und Teilhabeleistungen zur Selbstsicherung der Lebensqualität im Alter von Menschen mit Behinderung ist im föderativen System der Bundesrepublik mit Schwierigkeiten verbunden, die auf einer traditionellen Zersplitterung von Zuständigkeiten und unterschiedlichen Finanzierungsverantwortungen beruhen. Sachgerechte Lösungen scheitern nicht selten im Ringen von Bund und Ländern um die Verteilung finanzieller Ressourcen. Ohne eine grundlegende Änderung der Finanzierungsverantwortung für den Bereich, der zur Zeit als Eingliederungshilfe bezeichnet wird, wird sich hieran nichts ändern.
Peter Udsching
25. Das Dilemma zwischen Teilhabe- und Pflegeleistungen für Menschen in Einrichtungen der vollstationären Behindertenhilfe
Zusammenfassung
Das Sozialrecht kennt kein Gesamtkonzept der Betreuung und Versorgung behinderter und pflegebedürftiger Menschen unter einem Dach, sondern trennt zwischen Pflege- und Eingliederungshilfeleistungen. Diese dem gegliederten Sozialleistungssystem geschuldete Trennung der Leistungsbereiche führt zu Schnittstellenproblemen zwischen Pflege- und Teilhabeleistungen bei Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben. Neben einer Darstellung dieser Schnittstellenprobleme nehmen die Verfasserinnen die Auswirkungen bevorstehender Reformvorhaben bei Pflege und Teilhabeleistungen in den Blick und kommen zu dem Ergebnis, dass nur ein einheitliches Konzept zur Harmonisierung von Teilhabe- und Pflegeleistungen die Mangellage beheben kann. Denn nur mit einem solchen Konzept kann es gelingen, eine dem individuellen Unterstützungsbedarf geistig und mehrfach behinderter Menschen angemessene Versorgung sicherzustellen und ihnen gleichzeitig eine selbstbestimmte und teilhabeorientierte Lebensgestaltung zu ermöglichen.
Gabriele Nellissen, Kerstin Telscher
26. Älteren Menschen mit geistiger Behinderung und chronischer psychischer Erkrankung
Zusammenfassung
Dass Menschen mit Behinderung „alt“ werden, ist für Deutschland ein junges gesellschaftliches Phänomen, das noch erforscht werden muss. Das Kapitel möchte einen Beitrag dazu leisten, defizitäre Altersvorstellungen zu hinterfragen und für Menschen mit Behinderung Partizipation auch im Alter zu denken. Theologisch-ethisch geht es darum, den Bedürfnissen der Individuen gerecht zu werden und eine Balance zwischen Selbständigkeit und Sorgebedürftigkeit auszuloten, praktisch um die Etablierung „sorgender Gemeinschaften“, die das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen neu bestimmen. Angestrebt wird im Sinne des Konzepts der Care-Ethik eine Fürsorge, die Selbstbestimmung ermöglicht.
Johannes Eurich, Anika Christina Albert
27. Spiritueller Bedarf – Recht auf Religion – Resilienz im Vollzug: Drei Phänomene und ihre kommunikative Gestalt im Alter bei geistiger Behinderung oder chronischer psychischer Erkrankung
Zusammenfassung
Ein allgemeiner Bedarf an Spiritual care in der Pflege wird zunehmend anerkannt. Spiritualität muss nicht unbedingt religiös sein und soll durch Spiritual care neutral angeboten werden. Das deutsche Grundgesetz kennt aber auch ein Individualrecht auf Religionsausübung und sieht darum vor, dass Pflegeeinrichtungen nicht nur zu einem Gegenüber für Kommunikation über Religion und Spiritualität, sondern auch für Kommunikation aus der gemeinsam geteilten Religion Zugang ermöglichen. Spiritual care und Seelsorge sind Möglichkeiten, vorhandene Resilienz zu fördern. Zur Lebensqualität gehört auch, letztere in der aktuellen Kommunikation erst jeweils auszubilden. Für diesen Prozess hat beides Relevanz - die Qualität von Religionsinhalten und die Qualität in allen kommunikativen Beziehungen.
Eberhard Hauschildt
Metadaten
Titel
Lebensqualität im Alter
herausgegeben von
Sandra Verena Müller
Claudia Gärtner
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-09976-3
Print ISBN
978-3-658-09975-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-09976-3