Eine Gruppe europäischer Länder will den Leichtbau fördern. Seine strategische Ausrichtung und die gemeinsamen Ziele hat das Netzwerk in einem Positionspapier formuliert.
Leichtbau soll die industrielle Produktion in vielen Branchen umweltfreundlicher gestalten.
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Mehr Ressourceneffizienz bei weniger Materialeinsatz und Energieverbrauch – das hat sich das Europäische Leichtbaunetzwerk (European Lightweighting Network, ELN) auf die Fahnen geschrieben. Der Verband ist eine Initiative der für Leichtbau zuständigen Ministerien und Behörden aus Deutschland, Österreich, Schweden, Spanien, Belgien und der Slowakei. Gemeinsam will das ELN eine europäische Strategie für die Verringerung der CO2-Emissionen und des Rohstoffverbrauchs durch Gewichtsreduzierung von Produkten festlegen. Zu diesem Zweck hat das Netzwerk bei seiner jüngsten Konferenz Ende Mai im belgischen Lüttich das Positionspapier "Lightweighting for Climate Action" verabschiedet.
Darin wird Leichtbau als "multidisziplinäres und sektorübergreifendes Technologiefeld mit dem Schwerpunkt auf Material- und Energieeinsparung" beschrieben. Das Konstruktionsprinzip trage erheblich zur Senkung des Ressourcenverbrauchs und zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks bei, indem es die Umweltbelastung entlang der gesamten Wertschöpfungskette verringere. Deshalb will das ELN ein gemeinsames Verständnis für das Potenzial von Leichtbaulösungen in Europa entwickeln.
Beitrag des Leichtbaus zu Klimazielen
Eine entscheidende Rolle soll der Leichtbau für das Erreichen der europäischen Klimaziele spielen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Technologien, Prozessen und Produkten, die Materialkreisläufe optimieren und mehrere Lebenszyklen ermöglichen: "Kreislauflösungen, die auf intelligentem Leichtbau und Leichtbautechnologien für Werkstoffe, Produkte und Produktion beruhen, führen zu einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen und des Verbrauchs von Primärrohstoffen", heißt es in dem Papier.
Um die Technologie in großem Maßstab zu nutzen, sei es wichtig, den Meinungsaustausch auf politischer Ebene über den Beitrag der Leichtbautechnologien zu den Zielen des europäischen Green Deals zu erleichtern. Dafür sollen langfristige Finanzierungsperspektiven für die europäische Industrie und die Forschungsgemeinschaft geschaffen werden. Derzeit fehle in Europa ein gemeinsamer Rahmen. Verstreute Leichtbauinitiativen wie M-ERA.NET oder Eureka müssten aufeinander abgestimmt werden.
Europäische Leichtbaustrategie
Wie eine Leichtbaustrategie aussehen könnte, skizziert das ELN in seinem Positionspapier folgendermaßen:
- Unternehmen entlang der Produktionswertschöpfungskette müssen jede Phase des Lebenszyklus ihrer Produkte analysieren und das Konzept des Leichtbaus und der Nachhaltigkeit von Beginn an einbeziehen
- Ganzheitliche Ansätze, die nach ressourceneffizienten Materialkreisläufen streben, die eine verlängerte Lebensdauer, Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und Recycling berücksichtigen, bieten neue Geschäftsmodelle
- Werden Technologien zur Verlängerung der Lebensdauer mit digitalen Lösungen, etwa generativer KI, kombiniert, sind sie entscheidend, um Leichtbauinnovationen als Nachhaltigkeitskatalysator voranzutreiben
- Ein zuverlässiger und sicherer Zugang zu Big Data und Cybersicherheit sind entscheidend für die Umwandlung von Daten, um zirkuläre Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.
Zu den konkreten Zielen der zu entwickelnden Strategie gehören diese:
- Verringerung der Rohstoffabhängigkeit auf EU-Ebene durch die Ergänzung bestehender Industrien in den EU-Ländern
- Ausweitung von Wertschöpfungskreisläufen durch die Kombination verschiedener nationaler Recyclingstrategien und Industrien
- Schaffung europäischer Forschungsinfrastrukturen für den Leichtbau, indem europäischen Partnern Zugang zu nationalen Zentren gewährt wird
- Unterstützung der Entwicklung europäischer Normung und Regulierung zur Verbesserung der Marktdurchdringung und der Recyclingfähigkeit
- Sensibilisierung für den Leichtbau als Querschnittstechnologie, um die weitere Verbreitung in den Mitgliedsstaaten zu fördern und Forschung und Entwicklung zu unterstützen.
Großes Umsatzpotenzial
Die Unternehmensberatung McKinsey geht für das Jahr 2030 von einem jährlichen weltweiten Umsatzpotenzial für Leichtbau von über 300 Milliarden Euro aus. Österreich hat vor diesem Hintergrund ein Satellitenkonto eingerichtet, das die wirtschaftlichen Auswirkungen in Bezug auf Beschäftigung, Innovation und Bruttoinlandsprodukt auf vergleichbare und standardisierte Weise quantifiziert. In Deutschland und Schweden werden derzeit ähnliche Konzepte entwickelt.
Das ELN sieht seine künftige Rolle in der Identifizierung und Umsetzung von Aktivitäten zur Unterstützung von Leichtbaulösungen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Beitrag zu den Zielen des Green Deal liegen soll. Das nun veröffentlichte Positionspapier sei ein Ansatz für eine europäische Leichtbaustrategie, die in den nächsten Jahren erarbeitet werden müsse, so das Netzwerk.