25.07.2014 | Leitzins | Im Fokus | Online-Artikel
Zinsgeschäft bleibt wichtigster Ertragsbringer
Der Zinsüberschuss bleibt der wichtigste Posten im Ergebnis der meisten Kreditinstitute.
Alain Wacquier | Fotolia
Trotz Niedrigzinsphase spielt in Kreditinstituten nach wie vor der Zinsüberschuss die größte Rolle. Das gilt vor allem für Regionalbanken, wie ein Vergleich aktueller Zahlen mit früheren Untersuchungen zeigt.
Die niedrigen Zinsen drücken nicht nur auf das Gemüt der Sparer, sondern auch auf das Ergebnis von Banken und Sparkassen. Denn deutsche Institute, schreibt Bankmagazin-Chefredakteurin Stefanie Burgmaier unter Berufung auf eine Analyse der Deutschen Bundesbank, erwirtschaften 72 Prozent ihrer Erträge im zinsabhängigen Geschäft. Auch ein Blick auf die Zahlen aus 2013 verdeutlicht eindrucksvoll, welche Rolle der Zinsüberschuss vor allem für Regionalbanken hat. In den Genossenschaftsbanken betrug der Zinsüberschuss im vergangenen Geschäftsjahr fast das Vierfache des Provisionsüberschusses (siehe Tabelle 1). Und bei den elf größten deutschen Banken hält sich der Provisionsüberschuss seit 2008 nah an der 50-Prozent-Marke. Das errechnete Guillaume Gilquin, Austauschbeamter im Bundesministerium der Finanzen, jüngst für seinen Artikel "Der deutsche Bankensektor" im Wirtschaftsdienst (siehe Tabelle 2).
Zins- und Provisionsüberschuss großer deutscher Kreditinstitute und Finanzverbünde (Tabelle 1)2013, in Milliarden Euro | ||
Zinsüberschuss | Provisionsüberschuss | |
Commerzbank | 6,1 | 3,2 |
Deutsche Bank | 14,8 | 12,3 |
Genossenschaftsbanken (im BVR) | 20,0 | 5,1 |
Sparkassen (im DSGV) | 23,0 | 6,4 |
Quelle: Eigene Recherche; Daten von Bundesverband deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Commerzbank, Deutsche Bank, Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) |
Ein Blick auf die vergangenen 25 Jahre zeigt, dass die Bedeutung des Provisionsgeschäftes nach einem leichten Anstieg seit einiger Zeit konstant ist. So erklärt Springer-Autor Mike Stiele in seinem Buch "Der deutsche Bankenmarkt" aus 2008, dass die Relation von Provisions- zu Zinsüberschuss im Mittel aller Kreditinstitute von 1991 bis 2005 von 0,21 auf 0,31 zugelegt hat. Bei den Großbanken legte das Verhältnis in diesem Zeitraum von 0,34 auf 0,52 zu. Hiervon seien Sparkassen und Genossenschaftsbanken, "bei denen der Provisionsüberschuss etwa einem Viertel des Zinsüberschusses entsprach", weit entfernt, betont der Autor.
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Da aber die Zinsen schon seit Jahren unter Druck stehen, haben auch Regionalbanken zwischenzeitlich immer wieder versucht, das Provisionsgeschäft zu forcieren. Darauf deuten Publikationen wie das Buchkapitel "Zusammenhänge zwischen Vertriebssteuerungsmaßnahmen und Vertriebserfolg - erste empirische Ergebnisse aus dem deutschen Sparkassensektor" von Annette G. Köhler, Heinrich-Stefan Rolvering und Stephan Germann aus dem Jahr 2006 hin. Darin geht es um eine Studie zum Einsatz von Vertriebssteuerungssystemen, an der 66 Sparkassen teilgenommen haben. In ihrem Fazit (Seite 428 f) heben die Autoren den Provisionsüberschuss unter Bezug auf die durchschnittliche Bilanzsumme hervor – ein Indiz dafür, dass Entscheider in Regionalbanken hofften, das Provisionsgeschäft stärken zu können und damit unabhängiger vom Zinsüberschuss zu werden.
Auch das Provisionsgeschäft steht unter Druck
Diese Hoffnungen haben sich nicht bestätigt, auch wenn derzeit einzelne genossenschaftliche Institute wie die Mainzer Volksbank oder die Sparda-Bank West gestiegene Provisionsüberschüsse oder sogar ein "rekordverdächtiges Provisionsergebnis" melden. Denn das Provisionsgeschäft ist schwierig: Die Reform der Lebensversicherung mit der Senkung des Garantiezinses bremst den Versicherungsvertrieb aus. Seit der Finanzkrise meiden die ohnehin eher risikoscheuen Deutschen das Anlagegeschäft. Zusätzlich hat das Beratungsprotokoll den Aufwand für die Kreditinstitute steigen lassen. Und im Firmenkundengeschäft treiben nicht die Provisionen Erträge und Profitabilität. Laut "Corporate Banking-Index" des Beratungshauses Bain & Company ist der Anteil des Zinsüberschusses an den Erträgen seit 2007 um vier Prozentpunkte auf 76 Prozent geklettert.
Ergebnisse der größten deutschen Banken (Tabelle 2)in Milliarden Euro | |||||||
Operative | davon Zins- | davon Provisions- | davon Handels- | Risikovorsorge | Verwaltungs- | Ergebnis vor | |
2008 | 35,2 | 36,7 | 18,6 | -20,1 | -10,9 | -38,5 | -23,7 |
2009 | 67,3 | 39,1 | 17,5 | 10,6 | -20,9 | -44,1 | -5,0 |
2010 | 64,9 | 39,1 | 19,3 | 6,6 | -7,7 | -45,6 | 9,0 |
2011 | 63,2 | 38,6 | 18,9 | 5,7 | -4,4 | -45,8 | 9,6 |
2012 | 62,4 | 35,1 | 18,4 | 8,9 | -6,5 | -47,9 | 6,0 |
Quelle: Guillaume Gilquin: Der deutsche Bankensektor, in: Wirtschaftsdienst 06/2014. Der Autor verwendete Daten der Deutschen Bundesbank. Diese umfassen zwölf Banken bis 2010, elf Banken ab 2011. |
Die schwierige Ertragslage macht laut Experten ein striktes Kostenmanagement nötig. Kein einfaches Vorhaben in Zeiten ausufernder Regulierung und signifikanter Veränderungen im Kundenverhalten, die Banken dazu zwingen, neue Strategien zu entwickeln und ihre IT zu modernisieren. Fest steht also: Die Kreditinstitute werden in den kommenden Jahren an vielen Fronten kämpfen müssen.