Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement ist kein Selbstzweck und weitaus mehr als Projektmanagement. Es ist ebenfalls weitaus mehr als die Gestaltung eines netten Events, das einem Incentive gleichkommt und lediglich eine Abwechslung vom „daily business“ bietet. Kongresse, Tagungen und Konferenzen sind ein Investment in Wissen und in Menschen. Den ökonomischen Prinzipien folgend, ist man gut beraten, dies nach dem Return on Investment kritisch zu hinterfragen: Kommen die gewünschten Botschaften bei der Zielgruppe, den Teilnehmern, an? Kann ein Erfolg erzielt werden, sprich: nachhaltiges Lernen, das über das kognitive Abrufen von Inhalten hinausgeht? Denn entscheidend ist die Umsetzung des Gelernten im Alltag – nicht nur in der vertrauten Komfortzone, sondern auch in neuen Situationen, die gegebenenfalls ein flexibles Anpassen und Transferieren des Wissens erfordern. Ein zentrales Handlungsfeld in der Veranstaltungsgestaltung ist daher die Ermöglichung des Lernens. Doch wie lernen Menschen eigentlich? Unumstritten ist, dass die Zeiten des Nürnberger Trichters vorbei sind. Einhergehend mit dem Marketingansatz dieses Buchs werden Kongresse, Tagungen und Konferenzen als Produkte aufgefasst, die eine Botschaft (Lerninhalt) vermitteln und den Teilnehmenden (Konsumenten) wirksam dargelegt werden sollen.
Dieser Beitrag löst sich von dem Wunsch nach Patentrezepten für jedes Veranstaltungsformat. Bühnerts Differenzierung der Veranstaltungsformate nach wesentlichen Wesenszügen wird dabei zugrunde gelegt: „Kompetenzerweiterung (Aus-, Fort- und Weiterbildung, Wissenstransfer, Innovation), Identifikation (Motivation, Meinungsbildung, Kundgebung, Überzeugung, Kundengewinnung), Kommunikation (Information, Gedankenaustausch, Aussprache, Inspiration) sowie Entscheidungsfindung (Debatte, Zielsetzung, Lösungen, Arbeitsauftrag)“ (Bühnert 2013, S. 200). Diese Patentrezepte gab es nicht, gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Vielmehr besteht die Herausforderung für einen jeden Veranstalter in der geschickten Kombination der zur Verfügung stehenden Empfehlungen aus unterschiedlichen Disziplinen. So unterschiedlich die Veranstaltungsformate auch gestaltet sein mögen, so haben sie dennoch die gleichen Intentionen aus zwei Perspektiven betrachtet: Die Teilnehmenden erwarten einen Mehrwert, ein geistiges Weiterkommen und/oder einen Erkenntnisgewinn – sie wollen lernen. Der Veranstalter hat die spiegelverkehrte Erwartungshaltung: Die Teilnehmenden sollen lernen, sodass das gesteckte Ziel der Veranstaltung erreicht wird. Dieser Beitrag wird dem menschlichen Lernen gewidmet und es wird dem Gestaltungsspielraum des Lesers überlassen, wann welche Form des Lernens geeignet ist.
Dem Ansatz dieses Buches folgend, Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement nicht aus der Projektmanagementperspektive, sondern aus der Marketingperspektive zu betrachten, wird Lernen in diesem Beitrag aus dem Blickwinkel der Didaktik (Konstruktivismus und Neurodidaktik) und aus dem Blickwinkel der Informations-, Werbe- und Marktpsychologie betrachtet. Die Intention der Autorin besteht darin, die Kernideen der jeweiligen Ansätze vereinfacht darzulegen, zu kombinieren und anhand von sich zusammenfügenden Phänomenen „Best-of-all-worlds-Handlungsempfehlungen“ abzuleiten. Von einer kontroversen wissenschaftlichen Diskussion der Ansätze wird in diesem Beitrag Abstand genommen.