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2017 | Buch

Das Recht der Tierversuche unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben

verfasst von: Katja Pröbstl

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : MedR Schriftenreihe Medizinrecht

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Über dieses Buch

Das Buch stellt das aktuelle nationale Tierversuchsrecht ausführlich dar. Berücksichtigt werden dabei vor allem die Umsetzung der Richtlinie 2010/63/EU in das deutsche Tierschutzgesetz und die Neuerungen, die das nationale Tierversuchsrecht hierdurch erfahren hat. Aufgezeigt werden neben der Beurteilung vormals bestehender rechtlicher Streitpunkte, beispielsweise des Umfangs der Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörden, auch Fälle der unzureichenden sowie der mangelnden Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2010/63/EU. Insofern werden sowohl die richtlinienkonforme Auslegung nationaler Regelungen, als auch eine unmittelbare Wirkung einzelner Richtlinienvorschriften untersucht. Schließlich wird die Verfassungsmäßigkeit bestimmter nationaler Regelungen analysiert, dies betrifft insbesondere das relative Verbot schwerst belastender Tierversuche sowie Verwendungsverbote- und beschränkungen in Bezug auf Primaten und Menschenaffen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
§ 1 Einleitung
Zusammenfassung
Das Dasein des Menschen ist schon immer mit dem des Tieres verbunden. So wurden Tiere seit eh und je als Arbeitstier oder Nahrungsquelle des Menschen genutzt. Diese Nutzung wirft naturgemäß Fragen der Haltung, der Zucht, des Transports und letztlich auch der Tötung auf. Auch werden Tiere zur Unterhaltung, sei es bei der Jagd, im Zoo, als Zirkustier oder als Partner im Rahmen der Freizeitgestaltung eingesetzt.
Katja Pröbstl

Entwicklung und Grundlagen des rechtlichen Schutzes von Versuchstieren

Frontmatter
§ 2 Historischer Überblick
Zusammenfassung
Auf der Ebene des europäischen Rechts haben sich sowohl die Organe der Europäischen Union als auch der Europarat bereits früh mit dem Schutz der Tiere befasst, die zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden.
Katja Pröbstl
§ 3 Tierschutz in der Verfassung
Zusammenfassung
Entscheidend für die Verfassungsmäßigkeit und Anwendung der Bestimmungen im Bereich des Tierversuchsrechts ist der Rahmen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Tierschutzes. Daher wird im Folgenden die dem Tierschutz dienende Verfassungsnorm analysiert sowie deren Auswirkungen, insbesondere auf kollidierendes Verfassungsrecht, untersucht.
Katja Pröbstl

Einfluss des Unionsrechts auf das nationale Tierversuchsrecht

Frontmatter
§ 4 Vorrang des Unionsrechts
Zusammenfassung
Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten ist allgemein anerkannt. Dieser regelt die grundsätzliche Rangfrage zwischen der Rechtsordnung und der Europäischen Union zur nationalen Rechtsordnung. Der Anwendungsvorrang stellt eine Kollisionsregelung beziehungsweise eine Kollisionsnorm für den Fall dar, dass eine Rechtsnorm des Unionsrechts und des nationalen Rechts in Konflikt stehen. Nach Ansicht des EuGH und des BVerfG sowie den überwiegenden Stimmen in der Literatur ist die Rechtsfolge des Anwendungsvorrangs die Unanwendbarkeit des mit Unionsrecht kollidierenden mitgliedstaatlichen Rechts. Die Geltung der nationalen Norm wird jedoch nicht berührt, so dass keine Nichtigkeit anzunehmen ist.
Katja Pröbstl
§ 5 Unionsrechtliche Rahmenbedingungen
Zusammenfassung
Der europäische Gesetzgeber hat am 22. September 2010 die Richtlinie 2010/63/EU erlassen. Wie bereits einleitend festgestellt wurde, lässt sich die Zielsetzung im Wesentlichen den Erwägungsgründen der Richtlinie entnehmen. Sie liegt einerseits in der Harmonisierung der sehr unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Regelungen in diesem Bereich und andererseits in der Anpassung des Tierschutzniveaus. Trotz einiger Bedenken im Hinblick auf eine Unionskonformität der Richtlinie besteht zunächst die Vermutung ihrer Gültigkeit. Sie ist daher von den nationalen Mitgliedstaaten zu achten und umzusetzen.
Katja Pröbstl
§ 6 Methoden der Auslegung von Sekundärrecht
Zusammenfassung
Die Umsetzung und Anwendung der Richtlinienbestimmungen, ebenso wie die Heranziehung dieser bei der Auslegung des nationalen Rechts, erfordern wiederum eine Auslegung der unionsrechtlichen Bestimmungen. Hierfür gelten autonome Auslegungsgrundsätze, die der deutschen Methodenlehre jedoch ähneln.
Katja Pröbstl

Verordnungsermächtigungen im TierSchG

Frontmatter
§ 7 Anforderungen an Ermächtigungsgrundlagen
Zusammenfassung
In Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG findet sich die explizite Aussage, dass Exekutivorgane zum Erlass einer Rechtsverordnung nur durch förmliches Gesetz ermächtigt werden können. Die Vorschrift enthält mithin, neben dem Bestimmtheitsgebot in Satz 2, einen gesetzlichen Totalvorbehalt. Von diesem gesetzlichen Totalvorbehalt ist wiederum der parlamentsgesetzliche Vorbehalt zu differenzieren. Eine Abänderung der Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot bei desr Umsetzung supranationaler Vorschriften besteht nicht. Jedoch kann die Prüfung der Bestimmtheit auf die Ebene der supranationalen Vorschrift verschoben werden.
Katja Pröbstl
§ 8 Überprüfung einzelner Verordnungsermächtigungen
Zusammenfassung
Die Überprüfung der Verordnungsermächtigungen beschränkt sich auf diejenigen in §§ 7a Abs. 6, 8 Abs. 3 bis 6, 8a Abs. 4 sowie § 9 Abs. 3 TierSchG. Bei jenen ergeben sich Zweifel hinsichtlich der Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Katja Pröbstl

Zulässigkeit der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken

Frontmatter
§ 9 Der Tierversuch
Zusammenfassung
Für die Anwendung der §§ 7 ff. TierSchG, die auch nach den Änderungen und Neuerungen durch das Dritte Änderungsgesetz unter der Überschrift „Tierversuche“ geführt werden, ist der Begriff des Tierversuchs von entscheidender Bedeutung. Nur diejenigen Maßnahmen unterfallen einem verwaltungsrechtlichen Verfahren, die einen Tierversuch darstellen oder wie ein solcher zu behandeln sind. Des nationale Begriff des Tierversuchs wird auch erheblich durch das Unionsrecht geprägt.
Katja Pröbstl
§ 10 Behördliche Gestattung von Tierversuchen
Zusammenfassung
Das Tierschutzgesetz differenziert zwischen genehmigungspflichtigen und anzeigepflichtigen Tierversuchen. Während bei ersteren ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt besteht, muss bei der Ausnahme der anzeigepflichtigen Tierversuche ein Anzeigeverfahren durchlaufen werden. Daher ist zunächst eine Abgrenzung und Zuordnung der Versuchsvorhaben unter die jeweilige Verfahrensart vorzunehmen, während im Anschluss daran die Voraussetzungen der einzelnen Verfahrensarten dargestellt werden.
Katja Pröbstl
§ 11 Genehmigung von Tierversuchen
Zusammenfassung
Das Verfahren zur Genehmigung eines Versuchsvorhabens stellt ein Verwaltungsverfahren dar, sodass die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze Anwendung finden soweit keine spezialgesetzlichen Vorschriften gegeben sind. Das Genehmigungsverfahren an sich, die Dauer des Verfahrens, der Inhalt des Genehmigungsbescheids einschließlich eines Widerrufsvorbehalts sowie dessen Befristung oder Verlängerung werden im Wesentlichen durch die §§ 31 bis 43 TierSchVersV geregelt.
Katja Pröbstl
§ 12 Verwendungsverbote und -beschränkungen
Zusammenfassung
Die TierSchVersV enthält besondere Vorgaben für Tiere einer bestimmten Art oder Ordnung und die Verwendung von Tieren bestimmter Herkunft.
Katja Pröbstl
§ 13 Anzeige von Tierversuchen
Zusammenfassung
Versuchsvorhaben, in denen Wirbeltiere und Kopffüßer verwendet werden und die den in § 8a Abs. 1 Nr. 1 bis 4 TierSchG genannten Gründen dienen, unterliegen lediglich einer Anzeigepflicht. Eine Genehmigung ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Auch Versuchsvorhaben, die Tierversuche an Zehnfußkrebsen umfassen, sind nach § 8a Abs. 3 TierSchG anzeigepflichtig. § 8a Abs. 4 TierSchG enthält eine Ermächtigungsnorm zur Regelung einer Anzeigepflicht für Versuchsvorhaben mit anderen wirbellosen Tieren als Kopffüßern und Zehnfußkrebsen durch Rechtsverordnung. Bisher wurde davon kein Gebrauch gemacht, diese unterliegen daher weder einer Genehmigungs- noch einer Anzeigepflicht. Indes sind auch bei diesen Versuchen, die Vorgaben der §§ 7 und 7a TierSchG zu beachten.
Katja Pröbstl
§ 14 Überwachung von Tierversuchen
Zusammenfassung
Der zuständigen Behörde obliegt nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 lit. a) TierSchG die Aufsicht über Einrichtungen, in denen Tierversuche durchgeführt werden. Der Zweck der behördlichen Aufsicht besteht in erster Linie in der Überwachung der Einhaltung gesetzlicher, verordnungsrechtlicher oder sonstiger behördlicher Vorschriften.
Katja Pröbstl

Zusammenfassung und Ausblick

Frontmatter
§ 15 Entwicklung und Grundlagen des Schutzes von Versuchstieren
Zusammenfassung
Mit dem Thema Tierschutz wird sich sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene in Deutschland seit geraumer Zeit befasst. Der Tierschutz ist auf europäischer Ebene auch als Wert in Art. 13 AEUV in den primärrechtlichen Verträgen selbst verankert. Im Bereich der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken wurde 1986 das Europäische Tierversuchsübereinkommen und die erste Richtlinie seitens der Europäischen Gemeinschaft erlassen, die durch die Richtlinie 2010/63/EU ersetzt wurde. Auf nationaler Ebene finden sich erste detaillierte Regelungen zu Tierversuchen bereits 1885, die sich über die Jahre immer weiter fortentwickelt haben bis hin zum Erlass des jetzigen Tierschutzgesetzes und darauf beruhenden Rechtverordnungen.
Katja Pröbstl
§ 16 Einfluss des Unionsrechts auf das nationale Recht
Zusammenfassung
Es besteht ein Anwendungsvorrang des Unionsrechts, dessen Reichweite vom EuGH und vom BVerfG unterschiedlich beurteilt wird. Das BVerfG behält sich für drei Fallgruppen einen Kontrollanspruch sowie eine Prüfungs- und Verwerfungskompetenz vor. Dies betrifft die Einhaltung eines gewissen Grundrechtsstandards auf Unionsebene und eine Ultra-vires- sowie Identitätskontrolle, deren praktische Bedeutung jedoch gering sind.
Katja Pröbstl
§ 17 Verordnungsermächtigungen im TierSchG
Zusammenfassung
Das Tierschutzgesetz enthält im Bereich des Tierversuchsrechts etliche Verordnungsermächtigungen mit Bezug auf das Unionsrecht. Die Verordnungsermächtigungen in §§ 7a Abs. 6, 8a Abs. 4, 8 Abs. 3 bis 6 und 9 Abs. 3 GG sind im Ergebnis als mit den Vorgaben des parlamentsgesetzlichen Vorbehalts und den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG vereinbar anzusehen. Letztere sind zwar als von einander zu differenzierende Institute anzusehen, die jedoch praktisch untrennbar miteinander verknüpft sind. Wird in der Ermächtigungsgrundlage auf das Unionsrecht Bezug genommen, kann nach der hier vertretenen Ansicht für die Anforderungen an die Bestimmtheit der ermächtigenden Norm auf das Unionsrecht zurückgegriffen werden. Insofern wird auch hinsichtlich der genannten Ermächtigungsgrundlagen eine hinreichend bestimmte Konkretisierung durch die Vorgaben der Richtlinie 2010/63/EU angenommen. Jedoch sollten Verbote und Beschränkungen von Versuchen mit bestimmten Tieren aufgrund der hohen grundrechtlichen Relevanz vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst geregelt werden. Dies betrifft insbesondere einschränkende Regelungen hinsichtlich nichtmenschlicher Primaten, im Besonderen von Menschenaffen und die Regelung besonders belastender Tierversuche.
Katja Pröbstl
§ 18 Zulässigkeit der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken
Zusammenfassung
Der Tierversuchsbegriff hat durch die Änderungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes eine erhebliche Erweiterung dahingehend erfahren, dass diesem nun auch Versuche zu Produktionszwecken, zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszwecken und Organ- und Gewebeentnahmen zur späteren wissenschaftlichen Verwendung unterfallen. Unter wissenschaftliche Zwecke ist alles zu fassen, was auf die Erlangung einer neuen Erkenntnis gerichtet ist. Insoweit fällt auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung darunter. Die Tötung eines Tieres, um dessen Gewebe oder Organe zu bestimmten Zwecken zu verwenden, unterfällt nicht dem Tierversuchsbegriff, unabhängig davon, ob das Gewebe oder die Organe zu wissenschaftlichen oder zu nicht-wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden.
Katja Pröbstl
§ 19 Genehmigung von Tierversuchen
Zusammenfassung
Das Genehmigungsverfahren für Versuchsvorhaben stellt grundsätzlich ein normales verwaltungsrechtliches Verfahren dar. Dieses wird durch die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2010/63/EU beeinflusst. Die Beeinflussung erfolgt zumeist im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts, soweit dies nach den nationalen Grundsätzen möglich ist. Die Modalitäten des Verwaltungsverfahrens lassen sich vor allem der TierSchVersV entnehmen.
Katja Pröbstl
§ 20 Verwendungsverbote und -beschränkungen
Zusammenfassung
Es bestehen herkunftsbezogene, artenbezogene und ordnungsbezogene Verwendungsbeschränkungen, die in Umsetzung der Richtlinie im nationalen Recht erlassen wurden. Die herkunftsbezogenene Vorschriften betreffen sowohl die Verwendung wild lebender, gezüchteter als auch die herrenloser und verwilderter Haustiere. Bereits gefährdete Tierarten erhalten auch einen besonderen Schutz, zumindest soweit diese nicht gezüchtet worden sind. Besonders umstritten sind die ordnungsbezogenen Verwendungsbeschränkungen, diese beziehen sich auf nichtmenschliche Primaten. Die Regelungen der TierSchVersV differenzieren insoweit zwischen artengeschützten und nicht artengeschützten Primaten. Menschenaffen wird eine Sonderstellung eingeräumt. Die vorgenommene Untersuchung ergibt die Verfassungskonformität der derzeitigen Regelungen.
Katja Pröbstl
§ 21 Anzeige von Tierversuchen
Zusammenfassung
Einer bloßen Anzeigepflicht unterliegen die in § 8a Abs. 1 TierSchG genannten Versuchsvorhaben. Das gilt jedoch nur, soweit nicht Primaten verwendet werden oder das Versuchsvorhaben, Tierversuche beinhaltet, die als schwer zu beurteilen sind. Des Weiteren besteht für Versuchsvorhaben, die die Verwendung von Zehnfußkrebsen beinhalten, nur eine Pflicht zur Anzeige. Das Verfahren weist einige Parallelen zum Genehmigungsverfahren auf. Dies betrifft zum einen formelle Modalitäten wie den Umfang der Anzeige, als auch zum anderen den Begründungsaufwand hinsichtlich des Vorliegens der in Bezug genommenen materiellen Genehmigungsvoraussetzungen. Die Behörde hat auch hier eine umfassende Prüfung vorzunehmen, insbesondere im Hinblick auf die Unerlässlichkeit und die ethische Vertretbarkeit der Tierversuche. Im Gegensatz zum Genehmigungsverfahren hat die Behörde jedoch eine verringerte Bearbeitungsfrist. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens besteht die Möglichkeit einer Sammelanzeige für gleichartige Versuchsvorhaben. Hier liegt ein Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie 2010/63/EU vor, soweit diese Möglichkeit auch für Versuchsvorhaben besteht, die Tierversuche zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszwecken nach bereits erprobten Verfahren beinhalten. § 37 Abs. 1 S. 1 TierSchVersV muss richtlinienkonform ausgelegt werden. Die Vorschrift ist insoweit teleologisch zu reduzieren.
Katja Pröbstl
Backmatter
Metadaten
Titel
Das Recht der Tierversuche unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben
verfasst von
Katja Pröbstl
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-52649-1
Print ISBN
978-3-662-52648-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-52649-1