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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Explikation im Gesundheitswesen – Priorisierung, Rationierung, Kostendruck und Standard: Herausforderungen und Möglichkeiten solidarischer Gesundheitsversorgung

verfasst von : Björn Schmitz-Luhn

Erschienen in: Festschrift für Franz-Josef Dahm

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Seit Jahrzehnten werden vielfältige Steuerungsmechanismen eingesetzt, um die Ausgaben der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung zu begrenzen und damit ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten. Diese Steuerungen wirken in verschiedenartiger Weise und führen zum Teil auch zu Über-, Unter- und Fehlversorgungen im komplexen System. In einigen anderen Ländern entstand bereits in den 1990er-Jahren die Idee, mittels sog. Priorisierung einen abstrakten Schlüssel zu entwickeln, um nur knapp zur Verfügung stehende Ressourcen so auf die Bedarfsgüter zu verteilen, dass sie möglichst effizient eingesetzt werden und der größtmögliche Nutzen aus ihnen entsteht. In diesem Beitrag wird dieser Ansatz beschrieben und beleuchtet, ob seine Prinzipien auch für andere Gesundheitssysteme, insb. das System der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung, fruchtbar gemacht werden können.

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Fußnoten
1
Derzeit ca. 87,7 %, vgl. i. Einz. die aktuellen Zahlen aus dem Mikrozensus 2015: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Sozialleistungen, Angaben zur Krankenversicherung, DESTATIS Fachserie 13, Reihe 1.1, 2016, S. 13.
 
2
Zur Entwicklung der Gesamtleistungsausgaben der GKV vgl. i. Einz.: Robert‐Koch‐Institut und Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Gesundheitsausgaben in Deutschland in Mio. €, interaktive Tabelle, abrufbar unter www.​gbe-bund.​de, Zugriff am 14.9.2016; s. auch u. II.
 
3
S. schon Krämer, Die Krankheit des Gesundheitswesens, 1989, S. 40; Laufs, NJW 1996, 1571, 1575; Arnold, in: Häfner (Hrsg.), Gesundheit – unser höchstes Gut?, 1999, S. 247 ff.
 
4
Näher: Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 8 f. und in den einzelnen Länderberichten.
 
5
S. i. Einz. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Rubrik Gesundheitsausgaben, Online‐Daten, abrufbar unter www.​destatis.​de, Zugriff am 14.9.2016.
 
6
S. i. Einz.: Robert‐Koch‐Institut und Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Gesundheitsausgaben in Deutschland in Mio. €, interaktive Tabelle, abrufbar unter www.​gbe-bund.​de, Zugriff am 14.09.2016.
 
7
Grundlegend zum Begriff vgl. die einleitenden Bemerkungen der Stellungnahme durch die Zentrale Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (Zentrale Ethikkommission) bei der Bundesärztekammer, Priorisierung medizinischer Leistungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – Langfassung –, 2007, S. 1 ff. und 5 ff.; zur Genese der Priorisierung Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 7 ff.; Darstellung der interdisziplinären Zusammenhänge von Priorisierung: Schmitz‐Luhn/Bohmeier (Hrsg.), Priorisierung in der Medizin – Kriterien im Dialog, 2013; Nagel/Lauerer (Hrsg.), Prioritization in Medicine – An International Dialogue, 2016.
 
8
Zu diesen im Folgenden beschriebenen Begriffen s. i. Einz. auch: Nationaler Ethikrat, Infobrief des Nationalen Ethikrates 3/2006 (12), 5; Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, Priorisierung medizinischer Leistungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – Langfassung –, 2007, S. 3; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 32002, § 2 Rdnr. 9; Francke, in: Kern/Wadle/Schroeder/Katzenmeier, FS Laufs, 2006, S. 793 ff.; Katzenmeier, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl. 2016, Kap. X, Rdnrn. 20 ff.
 
9
Vgl. die Aussagen der letzten drei ehemaligen Bundesgesundheitsminister, die Priorisierung als „menschenverachtend“ (Die Zeit v. 20.5.2009: „Schmidt nennt Ärzteforderung ‚menschenverachtend‘“), „gefährlich“ (DÄBl. 2010; 107(6): A‐215, Interview mit Dr. med. Philipp Rösler), und „unnötig“ (Rheinische Post v. 31.5.2011: „Gesundheitsminister Bahr gegen Priorisierung“) bezeichneten.
 
10
S. i. Einz. Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 7 ff.
 
11
S. i. Einz. die Regelungen im Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (AABG) v. 15.2.2002, BGBl. I S. 684 und die zahlreichen Änderungen, u. a. im Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung (BSSichG) v. 23.12.2002, BGBl. I S. 4637; Gesetz zur Ablösung des Arznei‐ und Heilmittelbudgets (ABAG) v. 19.12.2001, BGBl. I S. 3773; Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190; Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV‐VStG) v. 22.12.2011, BGBl. I S. 2983.
 
12
Im DRG‐System erfolgt die Abrechnung stationär erbrachter Leistungen über eine Pauschale, die eine Vergütung nicht für die konkret erbrachten Leistungen, sondern in Form von auf Durchschnittssätzen basierenden Beträgen nach Erkrankungen vorsieht. Zur Geschichte und Entwicklung vgl. etwa: Fetter, DRGs – Their Design and Development, 1991; zur derzeitigen Regelungslage in Deutschland s. i. Einz. das Gesetz über die Entgelte für voll‐ und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) v. 23.4.2002, BGBl. I S. 1412, 1422, das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz, KHG) i.d.F. v. 10.4.1991, BGBl. I S. 886 sowie die jeweiligen Anpassungen durch das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (KHSG) v. 10.12.2015, BGBl. I S. 2229.
 
13
Näher hierzu und zum Verfahren: Zimmermann, Der Gemeinsame Bundesausschuss, 2012, S. 209 ff. mwN.
 
14
Näher zur Überversorgung s. auch Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 169, 172 ff.
 
15
Darstellung der einzelnen Gesundheitssysteme, Systemvergleich und ‐bewertung bei Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 21 ff., 95 ff.
 
16
Zu Explikation und Deliberation als konstitutives Element von Priorisierung s. i. Einz. auch: Zentrale Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (Zentrale Ethikkommission) bei der Bundesärztekammer, Priorisierung medizinischer Leistungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – Langfassung –, 2007, S. 1 ff. und 5 ff.; sowie die Beiträge in Schmitz‐Luhn/Bohmeier (Hrsg.), Priorisierung in der Medizin – Kriterien im Dialog, 2013 und Nagel/Lauerer (Hrsg.), Prioritization in Medicine – An International Dialogue, 2016.
 
17
Zum Diskurs und zur Ausgestaltung des Verfahrens s. näher: Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 135 ff.
 
18
S. o. II.
 
19
Zum „medizinischen Standard“, zu seiner Bestimmung und Bedeutung s. Katzenmeier, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl. 2016, Kap. X, Rdnrn. 4 ff.; grundlegend Carstensen, DÄBl. 1989, B‐1736, B‐1737; vgl. auch Hart, MedR 1998, 8, 9 f.; Kern, MedR 2004, 300, 301; Buchborn, MedR 1993, 328 ff.; Steffen, MedR 1995, 190.
 
20
G. Müller, GesR 2004, 257, 264; Beispiele für solche Fälle bei Voigt, Individuelle Gesundheitsleistungen, 2013, S. 84 f. und Fn. 214, 216 (Tonometrie); Bohmeier/Schmitz‐Luhn, in: Schmitz‐Luhn/Bohmeier (Hrsg.), Priorisierung in der Medizin – Kriterien im Dialog, 2013, S. 257, 260 ff. (Megestat und Dronabinol); weitere denkbare Konfliktsituationen bei Katzenmeier, in: Nehm/Greiner/Groß/Spickhoff, FS G. Müller, 2009, S. 237 ff. sowie Arnade, Kostendruck und Standard, 2010, S. 46 ff. und, allg. zum Spannungsverhältnis zwischen Zivil‐ und Sozialrecht, S. 193 ff.
 
21
Etwa BGH, NJW 1954, 290; 1983, 2081; OLG Köln, VersR 1991, 186.
 
22
BGH, NJW 1983, 2081; OLG Düsseldorf, MedR 1984, 69; OLG Hamm, NJW 1993, 2387; vgl. auch OLG Köln, VersR 1993, 52, 53; 1999, 847.
 
23
Ein Bezug zum medizinischen Standard besteht zwar auch hier in § 2 Abs. 3 SGB V, doch wird dieser durch die besonderen Vorgaben zum Leistungserbringungsrecht erst ausgeformt, vgl. Francke, in: Hart (Hrsg.), Ärztliche Leitlinien im Medizin‐ und Gesundheitsrecht, 2005, S. 185 f.; Ihle, Ärztliche Leitlinien, Standards und Sozialrecht, 2007, S. 65.
 
24
Uhlenbruck, MedR 1995, 427, 434; Kullmann, VersR 1997, 529, 532; Hart, MedR 1996, 60.
 
25
Hierzu insb. Laufs, ZaeF 1995 (89), 554 ff.; G. Müller, in: dies./Osterloh/Stein, FS Hirsch, 2008, S. 413, 420; Steffen, in: Brandner/Hagen/Stürner, FS Geiß, 2000, S. 487, 492 ff., 498 f.
 
26
Grundlegend BVerfGE 115, 25, 37.
 
27
Zu einer möglichen Kündigung des Behandlungsvertrages s. näher: Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 159; Voigt, Individuelle Gesundheitsleistungen, 2013, S. 199 f.
 
28
S. i. Einz. die Länderberichte bei Schmitz‐Luhn, Priorisierung in der Medizin – Erfahrungen und Perspektiven, 2015, S. 19 ff.
 
29
Zum Begriff s. o. III.
 
30
Näher zur Ersetzung der Arzthaftung und zu den in der Diskussion angeführten Argumenten und Bedenken: Katzenmeier, MedR 2011, 201, 207 ff. mwN.; ders./Knetsch, in: Mansel/Beckmann/Matusche‐Beckmann, Gedächtnisschrift Hübner, 2012, S. 109 ff.
 
Metadaten
Titel
Explikation im Gesundheitswesen – Priorisierung, Rationierung, Kostendruck und Standard: Herausforderungen und Möglichkeiten solidarischer Gesundheitsversorgung
verfasst von
Björn Schmitz-Luhn
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54115-9_28