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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

§ 101 Italien

verfasst von : Luca Di Nella

Erschienen in: Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Als Bank bezeichnet man Rechtssubjekte, denen die Ausübung von Bankgeschäften vorbehalten ist (10 II dlg 385/1993 – tub; dazu Antonucci, 1; über den tub s. Porzio/Belli/Losappio/Rispoli/Farina/Santoro, Testo unico bancario). Der Bankbetrieb besteht aus dem Sammeln der Ersparnisse des Volkes und der Kreditvergabe (10 I tub), die untrennbar miteinander verbunden sind. Banken können auch andere Tätigkeiten (Dienstleistungen für Kunden, steuer- und währungsrechtliche Aufgaben) sowie alle weiteren finanziellen Aktivitäten übernehmen und sie nach deren Regelung ausüben (10 III tub). Der Bankverkehr ist jedoch ausschließlich den Banken vorbehalten, was zur Anwendbarkeit des tub führt. Der Bankbetrieb ist eine unternehmerische Tätigkeit (10 I tub; 2082, 2195 I Nr. 4 cc), für die die Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Aktiengenossenschaft mit beschränkter Haftung vorgeschrieben ist (14 I a tub). Die Aufnahme des Bankbetriebs bedarf einer auf einer reinen Rechtmäßigkeitsprüfung basierenden Genehmigung, die von der Banca d’Italia – BI – erteilt wird (14 tub). Im Falle wirtschaftlicher Probleme der Firma unterliegt das Betreiben einer Bank einer eigenen Ordnung, die z. B. keinen Konkurseröffnungsantrag vorsieht (70 ff. tub). Ebenso sind beim Erwerb von Bankbeteiligungen Grenzen gesetzt, um eigensüchtiges Managementverhalten von branchenfremden Firmen zu verhindern bzw. einzuschränken (19–27 tub). Die Kategorie der Bankverträge umfasst sämtliche Formen von Spar- und Kreditvergabeverträgen und auch Vertragstypen, die nicht unmittelbar als Bankvertrag im engeren Sinne angesehen werden (z. B. Wertpapierdepot; Bianca, Cesare M., 1; Fauceglia, 7). Ein Bankvertrag liegt vor, wenn ein Bankgeschäft getätigt wird und eine der Vertragsparteien eine Bank ist. Bei Bankverträgen wird unterschieden zwischen Dienstleistungen und Operationen (116 I tub). Zum Operationsvertrag zählen die Sparverträge (Passivoperationen) und die Kreditvergabe (Aktivoperationen). Der Operationsvertrag wird in der Regel nach den Rechtssätzen über den Kontokorrentvertrag erfüllt (1852 ff. cc). Dienstleistungsverträge sind nur indirekt mit dem Bankverkehr verbunden (z. B. Investmentgeschäfte). Der Bereich des Bankvertragsrechts kann in zwei Teile gegliedert werden. Im „Allgemeinen Teil“ (115 ff. tub) finden sich die auf alle Bankverträge anwendbaren Vorschriften, die nur zu Gunsten des Kunden abdingbar sind (127 I tub). Der „Besondere Teil“ besteht aus den verschiedenen Normen, die für die einzelnen Vertragstypen vorgesehen sind. Der „Allgemeine Teil“ ist durch die herausragende Stellung des Transparenzgebots geprägt (s. CICR Beschluss 4.3.2003 über die Regelung der Transparenz der AGB von Operationen und Dienstleistungen). Das soll die Erkennbarkeit der wesentlichen Vertragsbestandteile für den Kunden gewährleisten. Zu diesem Zweck werden der Bank eine Vielzahl von Publizitäts- und Informationspflichten auferlegt (116–118 tub). Zur Erfüllung der Publizitätspflichten müssen die Zinssätze, die Gebühren, die Kosten der Mitteilungen an die Kunden und jede andere wirtschaftliche Vertragsbedingung in jeder für das Publikum zugänglichen Bankfiliale publiziert werden (116 I tub). Die publizierten Vertragsbedingungen stellen kein bindendes Vertragsangebot i. S. v. Art. 1336 cc dar (116 IV tub). Die Verträge bedürfen der Schriftform und ein Vertragsexemplar muss dem Kunden ausgehändigt werden (117 I tub). Ein Verstoß gegen dieses Formerfordernis führt zur Nichtigkeit des Vertrags (117 III tub) und die Nichterfüllung der Pflicht, dem Kunden eine Vertragskopie auszuhändigen, stellt eine aggressive Geschäftspraktik dar (8, 9 Richtlinie 2005/29/EG). Aus technischen Gründen kann aber der Interministerielle Ausschuss für Kredit- und Sparwesen – CICR – eine andere Vertragsform für besondere Verträge genehmigen (117 II tub). Die einzelnen Verträge müssen den Zinssatz, die Gebühren und alle anderen Vertragsbedingungen beinhalten, einschließlich der Verzugskosten im Falle eines Kreditvertrags (117 IV tub). Eine Klausel, die der Bank das Recht einräumt, während der Vertragslaufzeit Zinssätze, Gebühren und Vertragsbedingungen zu Ungunsten des Kunden zu ändern (ius variandi in pejus), muss im Vertrag ausdrücklich vorgesehen und vom Kunden eigens unterschrieben werden (117 V tub). Wenn der Kunde ein Verbraucher ist, ist das Vorkommen eines im Vertrag vorgesehenen rechtfertigenden Grundes nötig, um dieses ius variandi auszuüben (33 II m ccons). Die BI, mit Einverständnis der Nationalen Kommission für die Gesellschaften und die Börse – CONSOB –, kann den Inhalt für bestimmte Verträge vorschreiben; eine Abweichung hiervon führt zur Nichtigkeit (117 VIII tub). Die Klauseln, die zur Bestimmung von Zinssätzen, Gebühren und anderen Bedingungen auf die Bankenbräuche verweisen, sind nichtig und gelten als nicht eingefügt (117 VI tub). Gleiches gilt für Klauseln, die für den Kunden ungünstigere Bedingungen festlegen als die publizierten (117 VI tub). Im Falle der Nichtangabe der Bedingungen gem. Art. 117 IV tub oder der Nichtigkeit der Klauseln gem. Art. 117 VI tub wird der Vertragsinhalt automatisch durch die gesetzlichen Vorschriften ersetzt. Insbesondere kommt der Mindest- und Höchstzinssatz der jährlichen Schatzanweisungen oder anderer vom Schatzminister bestimmter Wertpapiere jeweils für Aktiv- und Passivgeschäfte zur Anwendung (117 VII a tub). Gleiches gilt für die Gebühren und Vertragsbedingungen, die die Bank für Geschäfts- und Leistungsarten der entsprechenden Kategorie publiziert hat; im Falle, dass die Bank solche Gebühren und Bedingungen nicht veröffentlicht hat, muss der Kunde nichts bezahlen (117 VII b tub). Bei den Dauerverträgen kann die Befugnis der Bank vereinbart werden, Zinssätze, Gebühren und weitere Vertragsbedingungen einseitig zu ändern (ius variandi in pejus), sofern ein rechtfertigender Grund vorliegt und eine diesbezügliche Klausel vom Kunden eigens unterschrieben wird (118 I tub; vgl. 33 III b ccons). Fehlt die Unterschrift, ist die Klausel unwirksam (1341 II cc). Jede einseitige Änderung der Vertragsbedingungen muss dem Kunden ausdrücklich und schriftlich mitgeteilt werden, mit einer Vorankündigung von mindestens dreißig Tagen, wobei die Formulierung „Vorschlag für eine einseitige Änderung des Vertrages“ explizit anzuführen ist. Diese Änderung gilt als angenommen, wenn der Kunde nicht innerhalb von sechzig Tagen ohne Kosten vom Vertrag zurücktritt. Im Falle eines Rücktritts hat der Kunde bei Vertragsauflösung das Recht auf die Anwendung der zuvor geltenden Bedingungen (118 II tub). Die Vertragsänderungen, für welche diese Vorschriften nicht beachtet wurden, sind unwirksam, sofern sie nachteilig für den Kunden sind (118 III tub). Interessant ist Art. 118 IV tub, wonach Zinssatzänderungen aufgrund einer währungspolitischen Entscheidung gleichzeitig sowohl die Schuldner- als auch die Gläubigerzinssätze betreffen sollen; diese sind also ohne Nachteil für den Kunden anzuwenden. Um die Konkurrenz unter den Banken zu steigern, bestimmt Art. 10 II dl 223/2006, dass in jedem Fall bei Dauerverträgen der Kunde die Möglichkeit hat, ohne Vertragsstrafe und ohne Kosten vom Vertrag zurückzutreten. Art. 8bis dl 7/2007 sieht andere Bestimmungen zum Schutz der Kunden vor. So wird festgelegt, dass im Bereich der Versicherungs- und Bankverhältnisse es absolut untersagt ist, den Kunden die Kosten der Vorbereitung, Produktion, Übersendung oder weitere Gebühren für die Mitteilungen gem. Artt. 7, 8 und 13 VIIIsexies-VIIIterdecies dl 7/2007 zur Last zu legen. In Bezug auf Anatozismus (1283 cc) hat die Bankenpraxis seit jeher die Zinseszinsen in ihren AGB vorgesehen, sowie die Rechnung der Passivzinsen mit einer dreimonatigen Periodizität, während die der Aktivzinsen nur jährlich stattfand. Die Rechtsprechung hat aber entschieden, dass derartige Klauseln nichtig sind (S.U. 24418/2010, in www.​altalex.​com; C. 2374/1999, BBTC 1999, II, 389; C. 3845/1999, BBTC 2000, II, 254; für die Darlehen, S.U. 21095/2004, in www.​altalex.​com; C. 2593/2003, BBTC, II, 505). Auf dieser Grundlage hat der Gesetzgeber den Art. 120 tub modifiziert. Nach der neuen Fassung soll CICR vorschreiben, wie die Zinseszinsen für die Operationen zu regeln sind; dabei muss auf jeden Fall garantiert sein, dass die Passiv- und Aktivzinsen der Kontokorrentoperationen und der Darlehen mit derselben Periodizität gerechnet werden und dass die verbuchten Zinsen keine weitere Zinsen produzieren (120 II a, b tub). Nach einigen Urteilen ist jegliche Form von Kapitlisierung von verbuchten Zinsen in den Verbraucherbankoperationen verboten (so T. Milano 7 und 23.4. 2015, T. Milano 1, 9 und 13.7.2015, T. Milano, 8.8.2015, T. Biella 7.7.2015, T. Cuneo 29.6.2015, T. Roma 20.10.2015, alle in www.​altalex.​com; dagegen aber T. Cosenza 27.5.2015, T. Torino 16.6.2015 und 30.8.2015, T. Parma 26.6.2015 und 30.7.2015, T. Bologna 9.12.2015, T. Siena 4.8.2015, alle in www.​altalex.​com) Die Vorschriften von Artt. 115–128bis tub sind nur zugunsten der Kunden abdingbar (127 I tub). Die Banken müssen an ein von CICR geregeltes System zur Beilegung von Rechtstreitigkeiten mit den Kunden teilnehmen; dem Kunden steht aber in jedem Moment das Recht zu, sich an die staatlichen Justizorgane zu wenden (128bis I-III tub). Bei Verbraucherbankverträgen kommen zusätzlich die Normen über missbräuchliche Klauseln und unlautere Geschäftspraktiken zur Anwendung (18 ff, 33 ff ccons; Di Nella, Il controllo, 237; Di Marzio, 307). Auf die in den Artt. 115–128 tub vorgesehenen Nichtigkeitsgründe kann sich ausschließlich der Kunde berufen (127 II tub).

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Metadaten
Titel
§ 101 Italien
verfasst von
Luca Di Nella
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-52805-1_50