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1984 | Buch

Italienischer Faschismus in der Weltwirtschaftskrise (1925–1936)

Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auf der Schwelle zur Moderne

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Über dieses Buch

Gilbert Ziebura l Nach der Arbeit von Gustav Schmidt über die britische Appeasement-Politik legt Traute Rafalski nun die zweite grundlegende Monographie vor, die im Rahmen des von mir geleiteten Forschungsprojektes über die Außenpolitik Deutschlands, Frank­ 2 reichs, Großbritanniens und Italiens während der 30er Jahre entstanden ist . In die­ sem Forschungsprojekt ging es darum, jenseits der traditionellen Diplomatiege­ schichtsschreibung die Frage zu untersuchen. welche Beziehungen zwischen dem Umbruch der Weltwirtschaft, vor allem seit der Krise von 1929, dem Zusammen­ bruch des "Versailler Systems" einerseits sowie gesamtgesellschaftlichem Struktur­ wandel und außenpolitischen Entscheidungsprozessen in diesen Ländern anderer­ seits bestehen. Noch heute stellt die vergleichende Analyse der Interdependenz von externen und internen Bestimmungsfaktoren für das außenpolitische Verhalten ei­ ner nationalen Gesellschaftsformation ein Stiefkind der Forschung dar. Dabei liegt der Gedanke so nahe, daß zwischen ihrer inneren Verfassung (im weitesten Sinne) und ihrer Stellung in Weltpolitik und Weltwirtschaft jene Wechselwirkung herrscht, deren Kenntnis erst erlaubt, ihren Charakter, ihre spezifische Eigenart genauer zu er­ fassen. Die Originalität der Arbeit von Traute Rafalski liegt darin, einem speziellen, bis­ lang völlig vernachlässigten, nichtsdestotrotz aber fundamentalen Aspekt dieser all­ gemeinen Fragestellung nachgegangen zu sein, der gerade für Italien besonders auf­ schlußreich ist: dem Zusammenhang zwischen binnenwirtschaftlicher Restrukturie­ rung. außenwirtschaftlicher und -politischer Orientierung sowie den Veränderungen innerhalb des faschistischen Herrschaftsbündnisses zwischen 1925/27 und 1934/36, den Wendejahren des faschistischen Regimes. Hinzu kommt die Absicht, über diesen G. Schmidt, England in der Krise.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

Einführung
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit will zur Neu-Lektüre einer gut fünfzig Jahre zurückliegenden Periode, der allerdings eine Schlüsselbedeutung in der Zeitgeschichte Italiens zukommt, anregen und selbst einige Aspekte dazu beitragen. Es handelt sich um die mittlere Phase im italienischen Faschismus, gemeinhin als dessen Hochzeit bezeichnet, wobei der Standpunkt der Betrachtung bzw. der Erfahrungshintergrund, vor dem ein wesentlicher Teil der Fragestellungen der vorliegenden Arbeit formuliert wird, die Gegenwart bildet. Damit reiht sich das Arbeitsvorhaben in das breite Spektrum von Ansätzen und Untersuchungen ein, die in jüngerer Zeit von der italienischen Zeitgeschichts- und insbesondere Faschismusforschung zunehmend hervorgebracht wurden und deren Erkenntnisinteresse letztlich auf die Problematik der historischen Kontinuität gerichtet ist.
Traute Rafalski

Vom Stabilisierungskompromiß im italienischen Faschismus 1925/27 zur Weltwirtschaftskrise. Eine sozioökonomische Strukturanalyse

Frontmatter
1. Kapitel. Ökonomischer Kurswechsel 1925/27. Währungsreform und Neuordnung des Kredit- und Kapitalmarkts durch den Staat
Zusammenfassung
In der Gesamtökonomie der einundzwanzigjährigen Geschichte des Faschismus an der Macht in Italien bildeten die ersten drei Jahre von 1922 bis 1925 die Phase seiner sukzessiv und artikuliert betriebenen Machtergreifung. Ihr etappenweiser Verlauf, im übrigen ein besonders deutlicher Zerrspiegel für die Affinitäten zwischen bürgerlich-liberalem und bürgerlich-faschistischem System, hob sich kontrastierend von dem zeitlich gerafften Prozeß der Machtergreifung des Nationalsozialismus in Deutschland ab. Mit 1925 war diese erste Phase abgeschlossen. Es folgten der institutionell-organisatorische Aufbau des faschistischen Staates, erste Ansätze zur Durchkorporierung der italienischen Gesellschaft, weitgehende staatliche Regulierung des Verhältnisses von Arbeit und Kapital und die systematische Reglementierung des öffentlichen politischen Lebens.
Traute Rafalski
2. Kapitel. Ökonomischer Kurswechsel 1925/27. Bedingungen und Maßnahmen staatlicher Stabilisierungspolitik
Zusammenfassung
Die Währungsreform in Italien ging in hohem Maße auf die Einflußnahme US-Amerikas zurück. Inwieweit sich die amerikanischen Vorstellungen im einzelnen in den Modalitäten der Lirastabilisierung und -aufwertung niedergeschlagen haben und welche Rolle sie bei der anschließenden monetären Reorganisation spielten, braucht hier nicht erörtert zu werden. Im Ganzen gesehen ist es wichtig festzuhalten, daß es sich bei dem Vorgang um eine neuerliche Etappe auf dem Wege der sukzessiven Einbindung Italiens in die amerikanische Einflußsphäre handelte56.
Traute Rafalski
3. Kapitel. Entwicklung in Grundzügen. Die Landwirtschaft im Restrukturierungsprozeß
Zusammenfassung
Im binnenwirtschaftlichen Verlagerungs- und Restrukturierungsprozeß spielte der Agrarsektor eine in mehrfacher Hinsicht zentrale Rolle. Und auch in diesem Bereich erfolgten die entscheidenden Weichenstellungen schon in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, also noch vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise.
Traute Rafalski
4. Kapitel. Entwicklung in Grundzügen. Die Industrie im Restrukturierungsprozeß
Zusammenfassung
Der mit dem wirtschaftspolitischen Kurswechsel in Gang gekommene industriewirtschaftliche Strukturwandel sollte nicht nur die mittlere Phase im Faschismus (1925/27–1934/36) in besonderem Maße prägen, sondern darüber hinaus die Weichen für die Zweite Nachkriegsentwicklung stellen. Ein derart tiefgreifender struktureller Wandel läßt sich freilich nicht in seiner Genese auf wenige Jahre eingrenzen. Der „Umschwung“ ist in der Tat eher als Forcierung einer bestimmten Entwicklungsrichtung zu begreifen, die in den Jahren 1915–28 endgültig zum Durchbruch gelangte157 und für deren Ausformung die Entwicklung im Ersten Weltkrieg eine zentrale Rolle gespielt hat.
Traute Rafalski
5. Kapitel. Entwicklung in Grundzügen. Der tertiäre Sektor im Restrukturierungsprozeß
Zusammenfassung
Zu den tiefgreifenden Veränderungen, die in der Folge des Kursumschwungs mit ihren bis in die Gegenwart hineinreichenden Folgen hervortraten, zählt auch ein Phänomen, das als Tertiarisierung der italienischen Wirtschaft bezeichnet wird. Sicherlich gehört die Entwicklung an sich, d.h. das wachsende Gewicht des Dienstleistungssektors (Handel, Kredit, persönlicher Dienstleistungsbereich, öffentliche Verwaltung), das dieser im Zuge der Differenzierung der Gesamtwirtschaft im Vergleich zu Landwirtschaft und Industrie gewinnt, zu den „normalen“ Vorgängen im historischen Entfaltungsprozeß kapitalistischer Gesellschaften und soll infolgedessen nicht grundsätzlich zur Debatte stehen. Ich möchte mich hier auf einen bestimmten Aspekt konzentrieren, der mir die spezifische Form kapitalistischer Entwicklung in Italien besonders deutlich zu kennzeichnen scheint und dessen Wurzeln hauptsächlich in die ersten zehn Jahre faschistischer Herrschaft zurückreichen. Gemeint ist die hypertrophe Ausweitung der öffentlichen und halböffentlichen Verwaltung, der „pubblica amministrazione“. Sie sollte sich über die Periode des Faschismus hinaus zu einem konstitutiven Systemmerkmal in der italienischen Nachkriegsrepublik auswachsen, über dessen systemstabilisierende und zugleich systemdysfunktionalen Momente eine heftige politische und wissenschaftliche Diskussion in den siebziger Jahren entbrannt ist256. Im Mittelpunkt der Diskussion und auch unseres Interesses steht die sozioökonomische Stellung und die politische und ideologische Funktion der „ceti medi“, der Zwischenschichten, und namentlich das Phänomen „borghesia di stato“: Dieser Begriff bezeichnet die breite, überwiegend aus den „ceti medi“ kommende Schicht mittlerer und leitender Angestellter in der staatlichen und parastaatlichen Bürokratie, die mit der Aufblähung der staatlichen Verwaltung sprunghaft zunahm.
Traute Rafalski
6. Kapitel. Struktur der italienischen Außenwirtschaftsverflechtung, 1925/27–1929/30
Zusammenfassung
Die Darstellung des sozioökonomischen Umstrukturierungsprozesses in Italien und darin die Herausarbeitung der binnenwirtschaftlichen und innenpolitischen Dimension hat bislang den weltwirtschaftlichen Zusammenhängen und den von dort auf die nationalen Ökonomien einwirkenden Impulsen eine, wie es scheinen mag, sekundäre Bedeutung zugewiesen, die sie in Wirklichkeit natürlich nicht haben. Das Auseinanderreißen des realen Zusammenhangs von weltwirtschaftlicher und nationalwirtschaftlicher Entwicklung, von internationalen und internen kapitalistischen Marktverhältnissen resultiert lediglich aus dem Gang der Darstellung; von der Sache her also hätten die folgenden beiden Kapitel auch am Anfang dieses Teils der Untersuchung stehen können.
Traute Rafalski
7. Kapitel. Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf Italiens Stellung in der Hierarchie der internationalen Arbeitsteilung. Das Ende eines Entwicklungszyklus
Zusammenfassung
Gegenstand des folgenden Kapitels sind vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und des Zusammenbruchs des Weltmarkts die allgemeinen Entwicklungslinien und einige sie besonders kennzeichnende Momente, die für die spezifische Entwicklung der außenwirtschaftlichen Position Italiens von besonderer Bedeutung waren und die vor allem auch eine Unterscheidung zwischen allgemeinen und eigentümlichen Tendenzen der Entwicklung ermöglichen.
Traute Rafalski

Kampf um Märkte in Mittel- und Osteuropa

Frontmatter
1. Kapitel. Italiens wirtschaftliche und politisch-ideologische Expansion auf dem Balkan und im Donaubecken. Umriß des Problemfeldes
Zusammenfassung
Den Blick gebannt auf die abenteuerliche Verschärfung der Expansionspolitik des italienischen Faschismus seit Mitte der dreißiger Jahre gerichtet — angefangen vom Überfall auf Abessinien (1936/36), zusammen mit der Unterordnung unter die Vormachtbestrebungen des nationalsozialistischen Deutschland („Achsenbildung“ Rom — Berlin) —, läßt sich das Forschungsinteresse gleichsam unter der Hand die weniger spektakuläre wirtschaftliche Expansions- und politisch-ideologische Infiltrationspolitik Italiens in Mittel- und Südosteuropa entgehen: ein Tatbestand, der sich weniger aus der Hintanstellung ablesen läßt, die diesem Aspekt italienischer Außenpolitik immer wieder in Gesamtdarstellungen zum Thema widerfährt1, als vielmehr aus der Vagheit und extremen Widersprüchlichkeit, die kennzeichnend für die Urteile über diese Form der Expansion sind.
Traute Rafalski
2. Kapitel. Blockbildung Italien/Österreich/Ungarn. Stellenwert der Handelsoffensive für die italienische Wirtschaft vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise
Zusammenfassung
Die im Frühjahr 1931 bekannt gewordenen Handelsvertragsverhandlungen zwischen Österreich und Ungarn sowie Österreich und Italien14, die von dem Triestiner Staatsrat, Iginio Brocchi, auf italienischer Seite geführt, und deren Ergebnisse in der zweiten Serie der sogenannten Brocchi- oder Semmering-Verträge (Frühjahr 1932) und vor allem später dann in den Römischen Protokollen (März 1934) ausgebaut wurden15, signalisierten unübersehbar das lebhafte Interesse, aber auch den Erfolg der neuen handelspolitischen Methoden, die Italien gegenüber dem Donau- und Balkanraum seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise zunehmend anwandte.
Traute Rafalski
3. Kapitel. Blockbildung Italien/Österreich/Ungarn. Hauptkennzeichen und Schwerpunkte der politischen Strategie Roms
Zusammenfassung
In den zwanziger Jahren kam der veränderte Charakter der italienischen Mittel- und Südosteuropapolitik am Beispiel einiger Entscheidungen bzw. erster Vorstöße zum Ausdruck, die bereits das Spannungsverhältnis von Kontinuität und spezifisch faschistischer Expansionspolitik erkennen ließen. Bezeichnend war in dieser Hinsicht der Doppelcharakter, der im Außenverhalten des faschistischen Regimes während seiner ersten zehn Lebensjahre zutagetrat, und insbesondere das Nebeneinander von „carriera“, von traditionellem diplomatischen Apparat und faschistischer Bewegung innerhalb der engeren außenpolitischen Entscheidungszentren. Doch erst die durch die Weltwirtschaftskrise freigesetzten Strukturen und Entwicklungen — so lautet die These — sollten die Bedingungen für die kompakte und offensive Expansionspolitik Italiens schaffen.
Traute Rafalski
4. Kapitel. Blockbildung Italien/Österreich/Ungarn. Rivalisierende Strömungen und alternative Strategien im italienischen Faschismus. Schritte der Formierung
Zusammenfassung
Das folgende Kapitel dient in der Hauptsache der Illustration und Dokumentation vorangegangener Ausführungen. Bedeutung und sozioökonomischer Stellenwert der Interessenkoalition, die die italienische Expansionspolitik in Europa zu ihrer Sache gemacht hatte, und insbesondere jener Lobby, die mit dem Etikett „Triestiner Clique“ versehen wurde, bedürfen in der Tat der Konkretisierung.
Traute Rafalski
5. Kapitel. Zum Scheitern der Donau- und Balkanexpansion Italiens — Wirtschaftsstrukturelle Voraussetzungen
Zusammenfassung
Die Schwächung der italienischen Donau-Balkan-Interessenkoalition in ihrem politischen Durchsetzungsvermögen als Folge der Abschwächung ihrer sozioökonomischen Basis im Lande, bildete eine der strukturellen Ursachen für das Scheitern der römischen Offensive, eine weitgehende autonome Expansions- und Infiltrationspolitik im Donaubecken und auf dem Balkan durchzusetzen. Außer auf die binnenstrukturellen Ursachen war das Scheitern wesentlich auf die Schwierigkeiten zurückzuführen, denen sich die italienische Expansionspolitik insgesamt aufgrund der beschleunigten deutschen Exportoffensive in Mittel- und Südosteuropa gegenübersah und denen sie nicht gewachsen war. Diese Entwicklung trat in den Jahren 1934/36 deutlich zutage — Höhepunkt und Umschlag zugleich der italienischen Expansionspolitik in Europa von ihren strukturellen Bedingungen her.
Traute Rafalski
An Stelle einer Zusammenfassung (1): Allgemeine Grundzüge neomerkantilistischer Expansionspolitik
Zusammenfassung
Die Krise der Weltwirtschaft 1929, mit der Desintegration des weltweiten relativ ungehinderten Verkehrs von Waren, Kapital, Gold und Arbeitskräften und der Lähmung eingespielter Automatismen und Spielregeln (Goldstandard, Meistbe-bünstigung u.ä.), war in erster Linie eine Krise des Weltmarkts322. Die Marktfrage bildet demzufolge den realen wie auch analytisch-theoretischen Brennpunkt der Krise. Der latent vorhandene Gegensatz zwischen Produktion und Markt, feststellbar als Kluft zwischen gesteigerter Produktionsfähigkeit sowie wachsenden Kapazitäten auf der einen und den damit nicht schritthaltenden Aufnahmemöglichkeiten der Märkte auf der anderen Seite, hatte sich zu einer akuten weltweiten Krise in der Weise verschärft, daß sie weder mit den herrschenden Marktmechanismen noch mit Hilfe der überlieferten staatlichen Eingriffsmöglichkeiten zu bewältigen war. Die traditionellen Regulierungsmechanismen waren außer Kraft gesetzt.
Traute Rafalski

Am Beispiel Fiat. Zur Mittel- und Osteuropastrategie der Fahrzeugindustrie

Frontmatter
1. Kapitel. Umstellung auf den Frieden und erste Schritte zur Rückkehr auf den Weltmarkt, 1918/19–1925
Zusammenfassung
Unter den modernen Branchen mit großem Interesse für die Märkte in Mittel-, Ost- und Südeuropa spielte die italienische Fahrzeugindustrie eine führende Rolle. Dies gilt besonders für Fiat1. Die folgende Darstellung der Europastrategie des Turiner Autohauses, zugkräftiger Motor der italienischen Expansionspolitik in Europa während des Faschismus, soll daher der Dokumentation und Illustration der bislang allgemeinen Ausführungen (2. Teil) dienen.
Traute Rafalski
2. Kapitel. Binnenwirtschaftliche Konsolidierung und mittelosteuropäische Exportoffensive, 1925/26–1933/35
Zusammenfassung
Der erste Exportaufschwung für Autos aus Italien hielt bis 1926 an. Anfang 1926 bekam Fiat Absatzschwierigkeiten auf den Auslandsmärkten34, während die Autoproduktion weltweit einen bislang ungekannten Aufschwung erlebte (1926–27). Besonders die US-Autohersteller bedrohten zunehmend die italienischen Marktpositionen im In- und Ausland. Erschwerend kam die Instabilität des Lira-Kurses hinzu sowie anschließend, infolge der Liraaufwertung, die rapide Importverteuerung von Rohstoffen und Halbfabrikaten, die in die Autofertigung eingingen.
Traute Rafalski
3. Kapitel. Zur außenwirtschaftlichen Zäsur 1934/35 — Exportoffensive oder Einfuhrbewirtschaftung
Zusammenfassung
Anfang 1934, vor dem Hintergrund sich insgesamt verschlechternder Absatzchancen für Italien, spitzte sich auch die inneritalienische Auseinandersetzung um den Außenwirtschaftskurs zu: Die an anderer Stelle beschriebene italienische Sonderentwicklung gegenüber den Erholungstendenzen auf dem Weltmarkt tat ihre Wirkung.
Traute Rafalski
4. Kapitel. Krisenlösungsstrategien auf dem Prüfstand
Zusammenfassung
Aber nicht nur in der Frage der Außenorientierung seines Landes nahm Agnelli die Rolle eines „Hechts im Karpfenteich“ ein. Mindestens die gleiche Dringlichkeit hatte für ihn die Klärung der Krise auf nationaler Ebene. Und auch in dieser Frage hatte er es vorgezogen, sich direkt an die italienische Öffentlichkeit zu wenden, als er Mitte 1932 in einem Interview seine Vorstellungen zu einer allgemeinen Lösung der Krise seines Landes entwickelte.
Traute Rafalski
Zusammenfassung (2)
Zusammenfassung
Integration in die internationale Arbeitsteilung und insbesondere Einbindung in die US-amerikanische Einflußsphäre, wachsendes Interesse für die großen Märkte Europas, auf denen Italien fortan mit den anderen Industrieländern Schritt halten wollte und schließlich die besondere Vorliebe für Mittel- und Osteuropa — das war die angestrebte Entwicklung in Grundzügen. Diese sollten erst nach 1943/45 bestimmend werden, ihre Wurzeln aber reichten in den hier untersuchten Zeitraum zurück, hier lassen sich ihre erste Formen deutlich erkennen. Dies geschah zu einer Zeit, als der italienische Faschismus seine optimale Machtentfaltung im Lande erreicht hatte, betrachtet man das breite Spektrum der gesellschaftlichen Interessen und politischen Kräfte, die an seiner Machtentfaltung in unterschiedlichem Maße „teil“-hatten. Es waren allerdings höchst verschiedene Interessen und Kräfte, die lediglich ein Bündel letztlich konkurrierender Politiken unter einem Dach zusammenzuhalten vermochte.
Traute Rafalski

Gesamtgesellschaftliche Planung und Korporativismus

Frontmatter
1. Kapitel. Korporativismus — Probleme der Analyse
Zusammenfassung
Wie ist der Rückgriff auf das Korporativsystem im Kontext der Krisenlösungsstrategien zu werten? Genauer: Wie ist der Agnellische Rekurs auf den Korporativismus zum einen vor dem Hintergrund der faktischen Errichtung des Korporativsystems in den hier interessierenden Jahren und zum anderen im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die dem „ordine corporativo“ zugedachte politische und ideologische Funktion zu beurteilen?
Traute Rafalski
2. Kapitel. Die Korporativismusdebatte. Zur historischen Konstellation, 1927–34
Zusammenfassung
Es ist unbestritten, daß der Korporativismus in Theoriebildung wie in politischer Praxis seine Hochzeit in den Jahren von 1927 bis 1934 erlebte94. Dies gilt auch für das breite Interesse außerhalb Italiens, mit dem man dort das faschistische Experiment verfolgte. So ist es naheliegend, diese Periode als die eigentlich korporative Phase im italienischen Faschismus zu bezeichnen. Aus dieser Zeit stammt auch der Ausspruch von Mussolini (Ende 1930): „Der faschistische Staat ist korporativ, sonst wäre er nicht faschistisch.“95
Traute Rafalski
3. Kapitel. Die Korporativismusdebatte. Elemente einer Strategie gesamtgesellschaftlicher Rationalisierung
Zusammenfassung
Mit der. Korporativismusdebatte beschäftigen sich auch die folgenden Ausführungen. Den Mittelpunkt sollen die modernistisch-technokratischen Strömungen in der Korporativismusbewegung bilden, die die Debatte gerade auch aus heutiger Sicht und Erfahrung bemerkenswert machen.
Traute Rafalski
4. Kapitel. Die Korporativismusdebatte. Der Fordismus und die Lohnfrage
Zusammenfassung
Die Vorstellungen von der Veränderung der italienischen Gesellschaft und ihrer Umwandlung in eine moderne Industrie-und Massengesellschaft, ausgerichtet an den Erfordernissen der Produktion — mit dem Fordismus als Generalperspektive —, bestimmten vor allem auch die Lohndiskussion. Die Konzeptualisierung der Lohnfindung im allgemeinen und der Politik der hohen Löhne im besonderen bildete, neben der Zwischenschichtenproblematik und der Staatsfrage, einen weiteren Schwerpunkt in den Staats- und Gesellschaftstheorien der Korporativisten. Noch zusätzliche Brisanz verlieh ihr die ökonomisch-politische Krisensituation. So kann von der Annahme ausgegangen werden, daß sich in dem Lohnkonflikt 1932/33 die erheblichen Divergenzen und auch Verlagerungen innerhalb des faschistischen Herrschaftsblocks besonders deutlich erkennen lassen. Inwieweit hat die Debatte um den Korporativismus hierbei eine vermittelnde Rolle gespielt?
Traute Rafalski
Backmatter
Metadaten
Titel
Italienischer Faschismus in der Weltwirtschaftskrise (1925–1936)
verfasst von
Traute Rafalski
Copyright-Jahr
1984
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-91074-5
Print ISBN
978-3-531-11699-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-91074-5