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03.01.2018 | Wirtschaftspolitik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Warum der Investitionsmotor stottert

verfasst von: Annette Speck

3:30 Min. Lesedauer

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Wirtschaftspolitisch verursachte Probleme bremsen die Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen aus. Die neue Regierung muss handeln – vom Bürokratieabbau bis zur Verbesserung der Infrastruktur.

Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosenzahlen sinken, doch der Investitionsmotor stottert und bedarf dringend einer Überholung. Das legen jedenfalls zwei Studien nahe. So befragte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ausgehend von der stagnierenden Kapitalintensität und einem rückläufigen Modernitätsgrad im Frühjahr 2017 knapp 2.800 Unternehmen in Deutschland nach den aktuellen Investitionshemmnissen.

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Es hakt in den Ämtern

War vor einigen Jahren noch die weltwirtschaftliche Unsicherheit das größte Investitionshemmnis, so resultieren die aktuell genannten Hürden primär aus der deutschen (Wirtschafts-)Politik. Am häufigsten bemängelten die Befragten das hohe Bürokratie- und Regulierungsniveau (51 Prozent). Aber auch der Fachkräftemangel (46 Prozent), hohe Arbeitskosten (44 Prozent), hohe Energiekosten (38 Prozent) und hohe Unternehmenssteuern (36 Prozent) verhindern demnach Investitionen. Jeder Fünfte nannte zudem Infrastrukturmängel als Investitionsbremse.

In die vielfach maroden Bundesverkehrswege will der Bund im Jahr 2018 immerhin die Rekordsumme von knapp 14 Milliarden Euro (Quelle: Statista) investieren. Doch ab 2019 ist bereits wieder weniger eingeplant. "Wenn wir die Defizite aufholen wollen, brauchen wir aber langfristig steigende Investitionen", erklärt IW-Wissenschaftler Thomas Puls. Dabei sei Geld nur das eine Problem. Verschärfend hinzu kämen fehlende Fachkräfte und überkommene Strukturen in den Ämtern.

Investitionsagenda muss abgearbeitet werden

Da die Unternehmen auf die vielen Probleme mit Sparsamkeit oder Verlagerung reagieren, besteht für die zukünftige Regierung reichlich Handlungsbedarf, um dies zu ändern. Der "Jahresmonitor der Stiftung Familienunternehmen" (PDF), den das Ifo-Institut für den Verband erstellt hat, legt ein weiteres Problem offen. Viele deutsche Unternehmen investieren demnach lieber im Ausland, weil ihnen in Deutschland die bürokratischen Hürden zu groß sind. Doch wie kann gegengesteuert werden? Die IW-Forscher haben für die kommende Legislaturperiode eine Investitionsagenda zusammengestellt:

Empfehlungen für eine standortsichernde Investitionspolitik in Deutschland

  • Allgemeine politische Unsicherheiten ausräumen
  • Teilweise Finanzierung der Energiewende über die öffentlichen Haushalte: Beseitigt den Standortnachteil "hohe Energiekosten", ohne die energiepolitischen Ziele zu gefährden
  • Steuerreform: Reduziert den Standortnachteil "vergleichsweise hohe Steuerlast"
  • Abbau staatlicher Bürokratie(kosten)
  • Verbesserte Ausbildung in MINT-Bereichen, qualifizierte Zuwanderung, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, längere Lebensarbeitszeiten: Mindert die Fachkräftelücke
  • Erhalt und Modernisierung der Infrastruktur: Insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie, Internet, Bildung
  • Förderung von Unternehmensgründungen durch Finanzierungsmöglichkeiten und Bürokratieerleichterung
  • Sicherung und Ausbau der Innovationsfreundlichkeit/-kapazitäten u.a. durch industrienahe Forschungseinrichtungen

Einige der wirtschaftspolitischen Forderungen stoßen dabei auch in der breiten Bevölkerung auf Zustimmung. So wollen laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet beispielsweise 83 Prozent der Deutschen, dass sich die neue Bundesregierung um den Ausbau des schnellen Internets kümmert. Und 84 Prozent der Befragten ist es wichtig, dass Deutschland auf dem Gebiet der Digitalisierung eine Spitzenposition einnimmt.

Netze trennen, um Glasfaserausbau zu beschleunigen

Warum die digitale Infrastruktur hierzulande überhaupt so hinterherhinkt, erklärt August Ortmeyer in seinem Aufsatz "Glasfaserausbau: Das wirtschaftspolitisch Heikelste kommt noch!" in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 1/2017). "Der lange Zeit gelobte Netzwettbewerb ist buchstäblich auf den letzten Metern zum Stillstand gekommen", schreibt der ehemalige Leiter des Bereichs Telekommunikation, Verkehrs- und Regionale Wirtschaftspolitik am Deutschen Industrie- und Handelskammertag in Berlin (Seite 60). 

Denn auf den letzten Metern zum Haus werden vielfach weiterhin Kupferkabel verwendet. Deutschland und auch andere EU-Länder seien noch meilenweit von der für 2025 angepeilten Vorgabe entfernt, ein durchgängiges Glasfaser-Festnetz bereitzustellen sowie ein Funknetz, das 5G-Anforderungen genügt. Doch das Netz ist in der Wissens- und digitalen Gesellschaft Produktions- und Innovationsfaktor, Kommunikationskanal und virtuelle Brücke zu jedem Punkt im Raum. Daher dürfe der Datenfluss nicht stocken, und dem IT-Netz komme ebenso große Bedeutung zu wie dem Verkehrsnetz.

Aus diesem Grund trage der Staat auch für die digitale Infrastruktur die Verantwortung, so der Autor. Erst recht, da es unter den verschiedenen Netzanbietern keinen Wettbewerbsdruck gebe, der sie bewege, von sich aus die letzten Meter Kupferkabel durch Glasfaser zu ersetzen. "Das marktbeherrschende Unternehmen bestimmt hier das volkswirtschaftliche Innovationstempo", moniert Ortmeyer. Er plädiert für ein Ausschreibungsverfahren, das die Ortsvermittlungsnetze vom übrigen Netz separiert und sie für die Investition in Glasfaser ausschreibt. Darum könnten sich alle Netzanbieter bemühen, zu denen inzwischen auch Energieversorgungsunternehmen gehören.

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