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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Rechtliche Aspekte des nachsorgenden Bodenschutzes und von Altlasten

verfasst von : Dr. Hellmuth Mohr

Erschienen in: Bodenmanagement in der Praxis

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Der nachsorgender Bodenschutz ist das Kerngebiet des BBodSchG mit der größten praktischen Auswirkung wegen der damit verbundenen Haftung für schädliche Bo-denveränderungen/Altlasten. Nach polizeirechtlichen Grundsätzen haftet nicht nur der Ver-ursacher, sondern auch der gegenwärtige Eigentümer und unter besonderen Voraussetzun-gen auch der frühere Eigentümer als Zustandsstörer für die notwendige Sanierung. Große wirtschaftliche Bedeutung hat die Frage der Haftungsbegrenzung für den Zustandsstörer und für jeden Haftenden die Auswahl eines geeigneten Sanierungsverfahrens mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand. Sanierungspflichten und deren Umfang werden durch Verträge im Vorfeld von Sanierungen beeinflusst. Dies gilt besonders für Kauf- und Mietver-träge. Ohne rechtliche Beratung hierbei kann der Erwerb einer Immobilie zu großen wirt-schaftlichen Sanierungsrisiken führen.

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Fußnoten
1
Typische Schadensfälle aufgrund dieser Industriegeschichte sind Gaswerke, Chemiefabriken, Metallverhüttungs‐ und ‐veredelungsbetriebe, Farbenhersteller, Färbereien und Gerbereien, Eisenbahnanlagen, Tankstellen, Maschinenfabriken, ehemalige Deponien (Industrie, Hausmüll) und chemische Reinigungen. Bei der ersten Ermittlung möglicher Altlasten (sog. historische Erkundung) wurden ohne Untersuchungen vor Ort nur Behördenakten (z. B. der Bauverwaltung und Gewerbeaufsicht) anhand von Katalogen, die für alle industriellen und gewerblichen Nutzungen Kennzahlen des Gefährdungspotenzials enthielten, überprüft und die dabei auffälligen Grundstücke für die weitere Bearbeitung nach den Erkenntnissen aus den Akten eingestuft. Beispiel für einen solchen Katalog: Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden‐Württemberg, Kontinuierliche Erfassung altlastenverdächtiger Flächen, Karlsruhe 2012, mit der Aufzählung der nicht altlastrelevanten Branchen. Informationen hierzu sind auf der Homepage der LUBW BW verfügbar.
 
2
Die Umwelthaftungs‐RL 2004/35 v. 21.04.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, Abl. EU Nr. L 143 v. 30.04.2004, 56 wurde durch das Umweltschadensgesetz vom 10.05.2007 in nationales Recht umgesetzt: Haftung für den rein ökologischen Schaden, deshalb nicht nur Wiederherstellung des unversehrten Ausgangszustands, sondern auch Ausgleich für den Zeitraum der Beeinträchtigung des Schutzgutes zwischen Eingriff und Sanierung. Für den Boden tritt es fast vollständig hinter das BBodSchG zurück, ebenso für das Grundwasser hinter das WHG. Ausnahmen hiervon: Informationspflicht nach § 4 (weiter als § 12 BBodSchG) selbstständige Sanierungsplanung nach § 8 Abs. 1 (weiter als § 13 BBodSchG, s. u. Abschn. 4.2.7) und Klagebefugnis zugunsten von Verbänden nach § 11 Abs. 2 USchadG. Bei Beeinträchtigungen von Bodenfunktionen nach § 2 Abs. 2 BBodSchG besteht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nur für die in Anlage 1 aufgeführten beruflichen (Sanierungstätigkeit, aber nicht bei der privaten Gartenarbeit) Tätigkeiten: Abfallwirtschaftsmaßnahmen (Nr. 2), wasserrechtliche Sachverhalte (Nr. 3 ff.), grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen (Nr. 12) und Bewirtschaftung von mineralischen Abfällen (13), alles Sachverhalte, die in der normalen Sanierungspraxis keine Rolle spielen. Bei Schädigungen von Arten und natürlichen Lebensräumen nach § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG besteht dagegen eine Haftung für berufliche Tätigkeiten außerhalb der Anlage 1, dafür aber nur verschuldensabhängig. Das USchadG nennt für die in § 6 geregelte Sanierungspflicht nur den Verantwortlichen in § 2 Nr. 4, der unter verschiedenen Voraussetzungen eine Gefahr verursacht hat. Eine Zustandsstörerhaftung besteht daneben nicht.
 
3
Frenz, BBodSchG Komm., München 2000, § 4 Abs. 3, Rn. 128: Zieht man ein aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitetes Prinzip der gerechten Lastenverteilung heran, kann dem aus einem verfassungsrechtlich abgesicherten Verursacherprinzip der Grundsatz gegenübergestellt werden, dass Private und nicht die Allgemeinheit der Steuerzahler für von Einzelnen bzw. Unternehmen verursachte Schäden aufkommen sollen.
 
4
Zu prüfen sind hierbei regelmäßig folgende Fragen entsprechend den Förderrichtlinien Altlasten Baden‐Württemberg, Neufassung 2014: Besteht eine vorrangige Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Verursachers vor der Zuschussgewährung? Welche Kriterien gelten für den Zuschussempfänger (wirtschaftliche Leistungskraft, Ausnahme Härtefälle)? Für welche Sanierungsschritte kommt eine Förderung in Betracht (nur orientierende Untersuchung oder mehr)? Wie hoch ist der Fördersatz? Neu gefasst wurden die Bodenschutz‐ und Altlastenförderrichtlinien (BAfrl) Nordrhein‐Westfalen vom 13.01.2015.
 
5
Nach einer dynamischen Entwicklung mit der einsetzenden Gesetzgebung zunächst der Bundesländer (zuerst Baden‐Württemberg 1991) und dann des Bundes (1998/1999) haben sich die Zahlen nun stabilisiert und liegen nach einer Ermittlung der Bund/Länder‐Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz vom Juli 2010 nach einer Auswertung der nur noch dezentral geführten Länderstatistiken bei ca. 322.000 altlastenverdächtigen Flächen und ca. 25.000 abgeschlossenen Sanierungen.
 
6
Beispiel hierzu VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 7/02, NVwZ‐RR 2003, 103: Reinigungsbetrieb, Bodenluftabsaugung 1990 bis 1998 mit einer nur teilweisen Beseitigung des Schadens, 2001, Verpflichtung zur Grundwasseruntersuchung, die der VGH im Eilverfahren billigte. VGH München, Beschl. v. 28.09.2012 – 22 ZB 11.1581, ZUR 2013, 40: Die Inanspruchnahme eines bodenschutzrechtlich Sanierungspflichtigen und der von ihm vorgelegte verbindliche Sanierungsplan (s. u. Abschn. 4.2.7) schützen andere mögliche Sanierungspflichtige nicht vor einer späteren behördlichen Inanspruchnahme. Bauplanänderungen können einen Sanierungsbedarf erst auslösen: Gewerbegebiet, Brache, wird Wohngebiet mit erhöhtem Schutzniveau. OVG Berlin‐Brandenburg, Beschl. v. 22.08.2014 – OVG 11 N 53/12, altlasten spektrum 2015, 67: Gegen den Eigentümer als Zustandsstörer war nach einer ersten Detailuntersuchung zum oberflächennah anstehenden Grundwasser eine spätere Detailuntersuchung zur Grundwassersituation in der gesättigten Bodenzone (Übergang Boden/Grundwasser) ergangen, was das Gericht billigte. Es handelte sich nicht um eine wiederkehrende Untersuchung nach § 3 Abs. 7 BBodSchV, zu der die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt hätte. OVG Nordrhein‐Westfalen, Urt. v. 20.05.2015 – 16 A 1689/09, altlasten spektrum 2015, 195: Bei einem über Jahrzehnte laufenden Sanierungsverfahren können die ursprünglich von der Behörde vorgegebenen Sanierungszielwerte während der Sanierung abgeändert werden, insbesondere bei neuen Erkenntnissen zur Schadens‐ und Gefahrenbeurteilung.
 
7
Bei der Störung der Geschäftsgrundlage eines Vertrags, die von den Vertragsparteien bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen werden konnte, kann der Vertragsinhalt an die veränderten Umstände angepasst oder, wenn dies nicht möglich ist, der Vertrag durch Rücktritt beendet werden.
 
8
Einen je nach dem Umfang des verwendeten Datenmaterials mehr oder weniger zuverlässigen Überblick über das gesamte Spektrum der Sanierungskosten erlaubt das Leistungsbuch Altlasten und Flächenentwicklung der Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), Fortschreibung 2013–2015, verfügbar bei der LANUV und unter www.​leistungsbuch.​de, allerdings mit einer umfangreichen Systematik, die zur Einarbeitung bewältigt werden muss.
 
9
Eine andere Frage ist, ob beim Einleiten und Einbringen von Stoffen in das Grundwasser, Gewässerbenutzung nach § 9 WHG, nicht eine Untersagungsanordnung nach § 100 WHG ergehen kann, selbst wenn zwangsläufig durch die eingeleiteten schädlichen Stoffe eine schädliche Bodenveränderung verursacht wird. In einem solchen Fall kann dann neben § 100 WHG nach § 10 BBodSchG vorgegangen werden, VG Würzburg, Urt. v. 29.07.2013 – W 4 K13.76, juris, altlasten spektrum 2014, 76. Das OVG Berlin‐Brandenburg, Urt. v. 08.11.2007 – 11 B 14.05, UPR 2008, 154 bejaht die Haftung des Grundstückseigentümers für einen Grundwasserschaden, wenn die Schadstofffahne vom eigenen Grundstück schon abgerissen ist, allerdings im Widerspruch zu mehreren Verwaltungsgerichten der ersten Instanz.
 
10
Juristische Kurzformel: Je höherrangig das gefährdete Rechtsgut und der drohende Schaden, desto geringer die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Beispiel für den hohen Schutzbedarf des Grundwassers und deshalb der geringen Erfolgsaussichten eines Eilantrags gegen die Verfügung zumindest bei der Untersuchung, noch nicht der Sanierung, VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103.
 
11
Die Grenzziehung in der Rechtsprechung zwischen einerseits einer zum Nachweis der Verursachung einer Gefahr nicht ausreichenden bloßen Möglichkeit (allgemeine Verdachtslage: „So etwas kommt von so etwas“) und der andererseits – unterhalb der zivilrechtlich geforderten mit an Sicherheit grenzenden – nur überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist in der Praxis nicht einfach. Bei einer eindeutig vorliegenden gefährlichen Tätigkeit, z. B. Betrieb einer chemischen Reinigung, hat die Rechtsprechung angesichts fehlender Alternativen zur Schadensverursachung schon die bloße Existenz eines solchen Betriebs ohne Nachweis des konkreten Schadensereignisses ausreichen lassen, wenn weitere Verdachtsmomente hinzukommen, Bsp. VGH BW, Beschl. v. 11.12.2000 – 10 S 1188/00, VBlBW 2001, 281 (das Vorhandensein einer Tankstelle alleine genügt zum Nachweis der Verursachung nicht); Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103. VGH München, Beschl. v. 30.10.2012 – 22 ZB 11.2915, NVwZ‐RR 2013, 218: Die bloße Möglichkeit(!), für eine festgestellte Kontamination verantwortlich zu sein, reicht für die Heranziehung eines Rechtssubjekts, das weder Grundstückseigentümer noch aktuell Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist, nicht aus. Bei der Detailuntersuchung hilft wenigstens der spätere Kostenerstattungsanspruch des § 24 Abs. 1 BBodSchG bei einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme. Zum Ausschluss einer „konturenlosen Gefährdungshaftung“ als Grundlage für die Haftung als Störer nochmals VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103, allerdings hier als Rechtfertigung für die Behörde, nicht einen Dritten als möglichen Verursacher neben dem Adressaten der Verfügung heranziehen zu können. Ebenso VGH München, Beschl. v. 10.06.2010 – 22 ZB 09.1928, NVwZ‐RR 2010, 760, ebenfalls mit dem Hinweis, dass die bloße Möglichkeit zum Nachweis der Verursachung durch einen Handlungsstörer nicht ausreicht und deshalb ein Zustandsstörer herangezogen werden kann. VGH BW, Urt. v. 11.08.2015 – 10 S 1131/15, VBlBW 2016, 108 in Fortführung des Beschlusses vom 03.09.2002 zum Nachweis der Verursachung für eine Detailuntersuchung des Lieferanten von Papierschlämmen mit PFC als Verursacher nach Aufbringung als Kompost auf landwirtschaftlichen Böden („Verursachung noch nicht endgültig geklärt, aber objektive Faktoren als tragfähige Indizien vorhanden“).
 
12
Im Boden kann zwar je nach seiner Beschaffenheit (z. B. Gleyboden) viel Wasser gespeichert werden. Dagegen liegt Grundwasser erst bei einer Wassersättigung zu 100 % und einem gravitativen Antrieb (Fließbewegung, selbst wenn langsam) vor. Denkbar ist eine Veränderung des Grundwasserspiegels und damit die Abgrenzung zwischen Boden und Grundwasser infolge von unterschiedlichen Pegelständen an Flüssen.
 
13
Beispiel: Die Wände einer ehemaligen Galvanikfabrik sind stark mit Chrom belastet, das durch die Feuchtigkeit im Mauerwerk in den Boden eindringt.
 
14
Eine Grundstücksteilung, die alleine dazu dient, die Haftung für eine Bodensanierung zu unterlaufen, ist sittenwidrig, VGH München, Beschl. v. 02.01.2012 – 22 ZB 10.2691, FADO (Homepage der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden‐Württemberg, Fachdokumente Altlasten, Urteile).
 
15
VG Freiburg, Urt. v. 14.11.2002 – 6 K 763/01, NuR 2004, 257; OVG Münster, Beschl. v. 18.06.2012 – 14 L 1250/11, ZUR 2012, 568.
 
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OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2003 – 1 U 67/02, Die Justiz 2003, 445.
 
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VGH BW, Urt. v. 29.11.2005 – 10 S 758/05, UPR 2006, 311; Anm. Mohr, UPR 2006, 299. VGH München, Beschl. v. 28.09.2012 – 22 ZB 11.1581, ZUR 2013, 40: Die Aufnahme eines Grundstücks ins Altlastenkataster hat von Rechts wegen keine konstitutive Wirkung dergestalt, dass damit das Vorliegen einer Altlast oder eines Altlastenverdachts verbindlich festgestellt würde; für die Entlassung als nutzungsorientiert saniert aus dem Altlastenverdacht gilt Entsprechendes. Die Behörde konnte also danach bodenschutzrechtliche Anordnungen gegen Grundstückseigentümer erlassen. Fortführung hierzu durch VGH München, Urt. v. 02.08.2016 – 22 B 16.619, DVBl. 2016, 1336: Der Eintragung in das bayerische Altlastenkataster kommt keine verbindliche Außenwirkung zu.
 
18
So genügte z. B. eine in den Akten festgehaltene Betriebstankstelle eines Unternehmens auf dem Grundstück und eine zweite frühere an einer anderen Stelle konnte unentdeckt bleiben, weil die mit der Ermittlung nach Aktenlage beauftragten privaten Gutachterbüros keinen weitergehenden Auftrag hatten. Zur Bedeutung des merkantilen Minderwerts gerade im Bodenschutzrecht wegen der vielfältigen Risiken bei der Erfassung und Sanierung Mohr, NVwZ 2005, 904.
 
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Das Altlastenkataster ist heranzuziehen, wenn der Käufer einen Anspruch gegen den Verkäufer wegen einer Arglist durch das Verschweigen einer schädlichen Bodenveränderung/Altlast oder nur eines entsprechenden Verdachts geltend machen will, s. hierzu BGH, Urt. v. 20.10.2000 – V ZR 285/99, NJW 2001, 64. Nur was der Käufer selbst sehen oder wissen kann, muss ihm der Verkäufer nicht mitteilen. Außerdem haben sich seit 2002 die Verjährungsfristen bei Arglist deutlich verkürzt. Die Frage, innerhalb welchen Zeitraums der Vorwurf der Arglist (Behauptung ins Blaue hinein) wieder entfällt, weil ein späteres Vergessen zulässig ist, wurde von der Rechtsprechung des BGH nicht zuverlässig beantwortet, s. BGHZ 109, 327; 113,3 167; 123, 191; Urt. v. 11.05.2001 – V ZR 14/00, ZfIR 2001, 541. Diese Urteile beziehen sich teilweise auf die gleich nachfolgend zu behandelnde Frage der Amtshaftung der Kommune als Planungsträger bei Altlasten, bei der ebenfalls die Frage des Wieder‐vergessen‐Dürfens und damit des Wegfalls des Vorwurfs der Arglist eine Rolle spielt.
 
20
OVG Bremen, Urt. v. 19.08.2003 – 1 A 42/03, NuR 2004, 182.
 
21
Zur Amtshaftung der Gemeinde gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung des BGH seit dem 06.07.1989 – III ZR 251/87, BGHZ 106, 323, dann weiter mit BGHZ 108, 224; 109, 380; 113, 367; 117, 363 und 123, 363. Dabei ging es um folgende Fragen neben dem nachfolgend dargestellten Schutzumfang der Vorschrift: Inwieweit ist das Wissen eines anderen Amtes dem Bauplanungsamt zuzurechnen? In welchem zeitlichen Abstand kann eine Altlast wieder vergessen werden? Gesichert ist, dass ein Verdacht als solcher dargestellt werden muss und eine tatsächlich vorhandene Altlast ebenso, nicht nur als Verdacht. Siehe oben in Abschn. 3.​2.​3.​2.
 
22
§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB: gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse. VGH BW, Urt. v. 07.05.1999 – 3 S 1265/98, BWGZ 2000, 139 Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nach § 47 VwGO und Urt. v. 10.07.2006 – 8 S 1190/04, NVwZ‐RR 2007, 229: Überplanung des Geländes einer Stahlbaufabrik mit einer privaten Grünfläche. Zur Prüfung, ob die geplante Nutzungsänderung wegen des erheblichen Aufwandes für die Beseitigung von Altlasten in absehbarer Zeit möglich ist, müssen Aussagen über die Finanzierbarkeit der Sanierungskosten getroffen werden. Zur Behandlung von belasteten Flächen im Bebauungsplan s. ARGEBAU, Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Bodenbelastungen, insbesondere Altlasten, bei der Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren, 2001.
 
23
Anspruchsberechtigte nach § 839 BGB sind nach der vom BGH seit 1989 entwickelten Rechtsprechung der betroffene Grundstückseigentümer, die Bauträgergesellschaft, Gewerbetreibende wegen ihrer Haftung für ihre Arbeitnehmer wegen einer Gesundheitsgefahr sowie Nacherwerber des Grundstücks, Mieter und Pächter. Kein Schutz hat derjenige Eigentümer, der sein Grundstück bereits vor Aufstellung des Bebauungsplans bebaut hatte, weil ihm gegenüber der Bebauungsplan keine Vertrauensgrundlage bildete, und der Eigentümer, der in Kenntnis der Bodenbelastung gebaut hat. Kein Anspruch besteht lediglich wegen erhöhter Entsorgungskosten, da hierbei keine Gesundheitsgefahr.
 
24
OLG Oldenburg, Urt. v. 26.09.2003 – 6 U 67/03, NJW 2004, 1395: Entsteht bei einem bereits bestehenden Bebauungsplan nachträglich der Verdacht(!) einer schädlichen Bodenveränderung/Altlast, besteht keine Pflicht zur Ergänzung des Bebauungsplans. Das gilt aber nicht für einen erst aufzustellenden Bebauungsplan und nicht bei späterer tatsächlicher Kenntnis der Bodenbelastung.
 
25
OLG Brandenburg, Urt. v. 02.09.1998 – 3 U 230/97, ZMR 1999, 166; BGH, Urt. v. 10.07.2002 – XII ZR 107/99, NJW 2002, 3234: Der Mieter trägt die Beweislast dafür, dass die zum Vertragsende vorhandene Kontaminierung auf dem Grundstück dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht. Möglichkeit der Schätzung nach § 287 ZPO.
 
26
Beispiel: die Einkapselung alter Chemieabfälle im Landkreis Lörrach in Südbaden, was naturgemäß aber die anwohnende Bevölkerung beunruhigt angesichts des weiter vorhandenen Gefährdungspotenzials.
 
27
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit kann im Einzelfall ergeben, dass angesichts sehr hoher Sanierungskosten die Nutzungsmöglichkeit einer belasteten Fläche eingeschränkt wird, also z. B. die landwirtschaftliche Nutzung untersagt wird wegen der im Boden verbleibenden Schadstoffe, die nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand beseitigt werden können.
 
28
Bei § 4 Abs. 3 BBodSchG kann der Erbbauberechtigte als Inhaber der tatsächlichen Gewalt haften, s. u. Abschn. 4.2.3.3. VG Bremen, Urt. v. 12.11.2015 – 5 K 49/15, altlasten spektrum 2016, 161: Erbbauberechtigte haftet wie Eigentümer (gegen h. M.). Für das ebenfalls durch die Grundsätze des Polizeirechts bestimmte Bauordnungsrecht hat das OVG Mecklenburg‐Vorpommern, Urt. v. 08.07.2009 – 3 M 84/09, NVwZ‐RR 2010, 266, festgestellt, dass der Erbbauberechtigte nicht als Rechtsnachfolger des Handlungsstörers haftet, s. nachfolgend zu § 4 Abs. 3 BBodSchG: Gesamtrechtsnachfolger.
 
29
Beschl. v. 16.02.2000, s. nachfolgend im Abschn. 4.2.3.4.
 
30
Im Sinne einer adäquaten (= gleichwertigen) Bewertung aller Ursachenfaktoren wäre selbst der Autohersteller verantwortlich für einen Schaden, den ein Käufer des Fahrzeugs, auch wenn schuldlos, bei einem Unfall durch auslaufendes Öl im Boden verursacht.
 
31
Urt. v. 13.10.2004 – 22 CS 04.2489, FADO. Im Beschluss vom 03.07.1996 – 22 CS 96.1305, FADO, hat der VGH München den wesentlichen Kausalbeitrag deshalb bejaht, weil aufgrund der bloßen Betriebsdauer von acht Jahren einer chemischen Reinigung unter Berücksichtigung der damaligen Betriebsmodalitäten dieser Beitrag im Verhältnis zu dem eines früheren Betreibers nach Auffassung des Gerichts vorlag. Die hier aufgeworfene Frage der Zurechnung berührt aber nicht die Verantwortung eines jeden einzelnen Haftenden für die Sanierung des gesamten Schadens (Schadensumfang), wenn nicht einzelne Schadensbereiche örtlich getrennt jeweils einem Haftenden getrennt zugeordnet werden können.
 
32
Urt. v. 19.10.1993 – 10 S 2045/91, NVwZ‐RR 1994, 565. Ebenso Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103. Bei Summationsschäden zur Haftung jedes erheblichen Verursachers zuletzt Urt. v. 08.03.2013 – 10 S 1190/09, VBlBW 2013, 455.
 
33
VGH BW, Beschl. v. 27.03.1995 – 8 S 525/95, FADO: Haben verschiedene Personen zeitlich nacheinander und unabhängig voneinander Bodenverunreinigungen verursacht und ist eine eindeutige Zuordnung der einzelnen Verursachungsbeiträge nicht möglich, so kann jeder von ihnen in vollem Umfang zu Sanierungsmaßnahmen oder die Sanierung vorbereitenden Maßnahmen in Anspruch genommen werden, sofern nicht der von dem Einzelnen geleistet Beitrag nicht weiter ins Gewicht fällt. VGH BW, Urt. v. 05.12.1997 – 10 S 2967/96, FADO: Nach Auffassung des Gerichts war der Verursachungsbeitrag der Klägerin maßgeblich; ob er überwiegend war, hielt das Gericht nicht für entscheidend. Außerdem verwies das Gericht darauf, dass der Tätigkeitszeitraum der zur Sanierung Verpflichteten fast doppelt so lang war wie der eines anderen möglichen Störers, zudem während der Zeit des Zweiten Weltkriegs mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit umweltbelastender Produktionsweisen.
 
34
Zu einem Fall, bei dem vom Gericht die Isotopenuntersuchung zur zeitlichen Abgrenzung der Herstellung von im Reinigungsbetrieb verwendeten Perchlorethylen zur Zuordnung zu mehreren möglichen Handlungsstörern zumindest in Betracht gezogen wurde: VGH BW, Urt. v. 15.05.2001 – 10 S 32/00, NVwZ 2001, 1297. Beispiel für die Berücksichtigung von unterschiedlichen Nutzungszeiträumen: OVG Bremen, Urt. v. 29.08.2000 – 1 A 398/99, NVwZ‐RR 2001, 157: gesamte Nutzungszeit einer Tankstelle von 1986 bis 1991, davon durch den Sanierungsverpflichteten ab 1989, was dem Gericht ausreichte. Einschränkend VG Braunschweig, Urt. v. 11.11.2009 – 2 A 251/08, ZUR 2010, 159: Keine Zurechnung der Verursachung bei zeitanteiliger Nutzung des schadensverursachenden Tanks, wenn die Möglichkeit offen bleibt, dass die anderen Nutzer den Schaden alleine verursacht haben könnten.
 
35
Beispiel für die frühere Haftungsbegründung eines Anscheinsstörers VGH München, Beschl. v. 03.07.1996 – 22 CS 96.1305, FADO: chemische Reinigung mit LHKW‐Belastungen im Boden und Grundwasser.
 
36
Anderes Bsp.: Pflichten zur Überwachung einer Tankanlage früher nach dem WHG, jetzt nach den Länderwasserrechten, Ausführungsregelungen zu § 36 WHG n. F.
 
37
Wenn die Behörde durch langes Abwarten den Verursacher hat untertauchen lassen, wird sie nicht selbst zum Verursacher; VGH München, Beschl. v. 22.03.2001 – 22 ZS 01.738, NVwZ 2001, 821 (zum Sachverhalt in der Vorinstanz VG München, Beschl. v. 20.02.2001 – M 2 S 00.4678, FADO): gefahrgeneigte Nutzung des Grundstücks (Reinigung von Kesselbahnwagen und Lkw‐Tankwagen durch den Mieter von 1946 bis 1989), Gutachten 1987 und Aktenvermerk über die Feststellung von Schadenszentren durch die Behörde 1988, mehrere Bescheide gegen den Mieter, dessen erfolgloser Eilantrag an das VG. Danach ist die Inhaberin des Unternehmens als Mieter mit einer ausgezahlten Versicherungssumme (500.000 DM) spurlos trotz Einschaltung der Deutschen Botschaft in London in England verschwunden. Danach Inanspruchnahme des nachfolgenden Mieters („Fehlverhalten des Landratsamts in zweiter Linie“) mit dem hoffnungsvollen Verweis des Gerichts darauf, dass er ja gegen den – in England untergetauchten! – Handlungsstörer einen Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG hat. VGH München, Urt. v. 28.11.2007 – 22 BV 02.1560, juris: erste Kenntnis der Bodenschutzbehörde 1959 und danach erfolglose Schritte gegen den Verursacher, im Jahr 2000 eine Verfügung gegen den Zustandsstörer. Weitere Beispiele bei Mohr, UPR 2010, 175. Das BVerwG, Beschl. v. 28.02.2008 – 7 B 12.08, NVwZ 2008, 684 hat in diesem Fall des mit Altöl belasteten Grundstücks die (Mit‑)Verursachung durch die Behörde ebenfalls verneint. Nach dem Urteil des VGH BW vom 18.09.2001 – 10 S 259/01, ZUR 2002, 227 ist dies selbst bei einer Gemeinde nicht der Fall, die ein belastetes Grundstück lange selbst im Eigentum gehalten hat und dann an den zur Sanierung verpflichteten Käufer, dann Zustandsstörer, verkauft hat. Mit dem Verkauf endete die Zustandsstörerhaftung der Gemeinde, eine Handlungsstörerhaftung lehnte das Gericht ab. Ebenso schon VGH BW, Beschl. v. 11.12.2000 – 10 S 2075/00, FADO: erstmalige Entdeckung des Schadens schon 1981. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744,12, VBlBW 2013, 189: Beendigung der Bodenbelastung durch eine Färberei und chemische Reinigung 1983 und Kenntnis der Behörde hiervon, Sanierungsverfügung gegen den Zustandsstörer erst 2005.
 
38
Das VG Freiburg, Urt. v. 14.11.2002 – 6 K 763/01, NuR 2004, 257 hat die Haftung einer Gemeinde als Handlungsstörerin bejaht, die einen Bebauungsplan fehlerhaft für ein Gebiet aufgestellt hat, in dem es dann zu einem Erdrutsch (schädliche Bodenveränderung nach § 2 Abs. 3 BBodSchG) gekommen ist. Nach dem Urt. des OVG Lüneburg vom 15.12.2004 – 7 B 248/02, NVWZ‐RR 2006, 22 begründet die bauplanerische Ausweisung einer ehemaligen Industriefläche als allgemeines Wohngebiet in Abgrenzung zu anderen Fällen keine abfallrechtliche Verantwortung, da die Planungsentscheidung alleine noch keine Kontamination verursachen kann, sondern erst spätere Bodenbewegungen bei der Ausführung der Planung.
 
39
Das Handeln der natürlichen Person muss also in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit stehen. Wenn der Postbote in einem Unternehmen aus Verärgerung über den nicht gewährten Urlaub nachts einen Ölkanister auf das Betriebsgrundstück wirft, fehlt dieser Zusammenhang sicherlich. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn ein Lkw‐Fahrer aus gleichem Anlass beim Tanken seines Lkw an der Betriebstankstelle Treibstoff auf den Boden auslaufen lässt, erst recht, wenn er lediglich beim fälligen Ölwechsel nicht sorgfältig genug arbeitet und Öl austritt. VGH BW, Beschl. v. 06.10.1995 – 10 S 1389/95, FADO: Eine OHG oder KG haften für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. VGH München, Beschl. v. 29.11.2004 – 22 CS 04.840, NVwZ‐RR 2005, 465: keine Haftung des OHG – Gesellschafters, der nicht selbst tätig geworden ist. OVG NW, Beschl. v. 26.03.2007 – 20 B 61/07, UPR 2007, 315: Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär‐GmbH einer GmbH & Co. KG persönlich.
 
40
So beiläufig in den Urteilsgründen VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, NVwZ‐RR 2008, 605 und zuvor Urt. v. 15.05.2001 – 10 S 32/00, NVwZ 2001, 1297: Der für die Reinigungstechnik einer chemischen Reinigung aufgrund seiner Ausbildung allein verantwortliche Betriebsangehörige war formal Angestellter seiner Mutter, die als Betriebsinhaberin der Handwerksrolle eingetragen war. Hier begründete der VGH seine Haftung unter Verweis auf § 6 PolG BW.
 
41
OVG Bremen, Urt. v. 21.07.2009 – 1 B 89/09, NuR 2009, 798: Haftung als Gesamtrechtsnachfolger (hier: Erbin) des früheren geschäftsführenden Komplementärs einer KG, durch dessen unsachgemäßen Umgang mit Chemikalien eine Grundwasserverunreinigung verursacht worden ist, und daneben (nicht anstatt!) Haftung der KG. Allerdings Ermessensfehler der Behörde (unvollständige Erfassung aller in Betracht kommenden Störer), weil die Inanspruchnahme der Gesamtrechtsnachfolgerin des zweiten geschäftsführenden Komplementärs nicht in Betracht gezogen wurde. OVG NW, Urt. v. 26.03.2007 – 20 B 61/07, UPR 2007, 315: Der Geschäftsführer der Komplementär‐GmbH einer GmbH & Co KG kann persönlich als Verursacher schädlicher Bodenveränderungen ordnungspflichtig sein.
 
42
VGH München, Beschl. v. 26.07.1991 – 22 CS 90.400, NVwZ 1992, 905: Die Grundwassergefährdung war durch Munitionsreste und Wurftaubenscherben verursacht worden. Eine Genehmigung und eine Betriebserlaubnis lagen vor. Wasserrechtlich bestand für die vorliegenden schädigenden Handlungen eine Anzeigepflicht, die aber bei einer Anzeige, Genehmigung oder Zulassung nach anderen Vorschriften, z. B. nach Baurecht, entfallen konnte. Wasserrechtliche Sachverhalte waren aber in der Baugenehmigung nicht geprüft worden. Die Entscheidung ist Teil des Verfahrens, das später zum Beschluss des BVerfG vom 16.02.2000 geführt hat, s. u. bei Abschn. 4.2.3.4. VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, NVwZ‐RR 2008, 605: Bau‐ und gewerberechtliche Genehmigungen erfassen regelmäßig keine Einwirkungen mit wassergefährdenden Stoffen auf das Grundwasser und können daher eine Verhaltensverantwortlichkeit nicht ausschließen. VGH BW, Beschl. v. 07.02.1995 – 10 S 3011/94, FADO: Die frühere behördliche Empfehlung zum Gebrauch eines Reinigungsmittels für eine chemische Reinigung lässt die spätere Haftung nicht entfallen.
 
43
Zum Erbrecht des Fiskus Peus, NWVBl 2014, 141.
 
44
VGH Kassel, Beschl. v. 06.01.2006 – 6 TG 1392/04, ZfIR 2006, 248. Dagegen besteht die Möglichkeit, dass die durch eine unmittelbare Ausführung der Sanierung durch die Behörde entstandene Pflicht zum Ersatz der Kosten nach § 25 HGB übergeht, VGH BW, Beschl. v. 05.10.2001 – 8 S 2583/00, VBlBW 2002, 161.
 
45
Urt. v. 16.03.2006 – 7 C 3.05, NVwZ 2006, 928. Das Gericht verweist dabei auf seine seit 1956 bestehende Rechtsprechung, die – entgegen der bisherigen Diskussion in der Literatur – die Streitfrage bereits eindeutig geklärt haben soll. Anders z. B. noch der VGH München, Beschl. v. 06.02.2004 – 22 CS 98.2925, NuR 2004, 391 mit einer sorgfältigen Berücksichtigung der Rechtsprechung und Literatur für Nachfolgevorgänge in den Jahren 1971 und 1982. Der BGH, Urt. v. 20.09.2016 – I ZR 11/15, juris, hat bei der Prüfung des Anspruchs eines Zustandsstörers gegen einen Gesamtrechtsnachfolger als Handlungsstörer (§ 24 Abs. 2 BBodSchG, s. u. Abschn. 4.2.5) die Haftung für eine im Jahr 1926 erfolgte Gesamtrechtsnachfolge angelehnt. Er verwies dabei darauf, dass sich Mitte der 1980er Jahre kein Vertrauen mehr für die Rechtsnachfolgetatbestände bilden konnte (Urteilsgründe Rn. 30).
 
46
Az. 10 S 744/12, ZUR 2013, 189. Allerdings stellte sich die Frage der Erbenhaftung in der zweiten Generation in diesem Verfahren nur deshalb, weil die Ermessensentscheidung der Behörde zu überprüfen war, wegen der dargelegten rechtlichen Zweifelsfragen neben der ungeklärten Leistungsfähigkeit des Erbeserben tatsächlich einen anderen Zustandsstörer zu verpflichten, was das Gericht billigte. Im Beschl. v. 11.12.2000 – 10 S 1188/00, UPR 2001, 274 hat der VGH BW allerdings bei einer nur kursorischen Prüfung im Eilverfahren die rechtlichen Voraussetzungen für eine Gesamtrechtsnachfolge durch Verschmelzung angesichts ungeklärter Sachverhalte abgelehnt. Dieser Haftungstatbestand erfordert also immer eine gründliche Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Vorgänge!
 
47
Einen Ausnahmefall behandelt der VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, ZUR 2008, 325. Die Klägerin war zunächst alleinige Gesellschafterin einer als Handlungsstörerin verantwortlichen GmbH gewesen, die später durch Verschmelzung nach den §§ 2 ff. UmwG von der Klägerin übernommen wurde. Hier konnte die verantwortliche Gesellschafterin ihre Störerverantwortung nicht reduzieren.
 
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VGH BW, Urt. V. 30.04.1996 – 10 S2163/95, NVwZ‐RR 1997, 267: Ausschluss der Verantwortung bei fehlender rechtlicher oder tatsächlicher Einflussmöglichkeit auf das belastete Grundstück. Für einen Bodenschaden ist der Eigentümer eines Pkw nicht verantwortlich, wenn dieser nach einem Diebstahl des Pkw vom Dieb verursacht wird. Wenn ein Grundstück, z. B. eine Waldfläche, aus Rechtsgründen nicht eingezäunt werden kann, entfällt die Verantwortung, auch in abfallrechtlicher Hinsicht; dazu BVerwG, Urt. v. 11.12.1997 – 7 C 58/96, NJW 1998, 1004. OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.07.2016 – 13 LA 67/17, juris: Die polizeirechtliche Verantwortung eines Eigentümers als Zustandsstörer entfällt dann, wenn die tatsächliche Gewalt über das Eigentum ohne den Willen der Eigentümer ausgeübt wird. Kraftstoffdiebe hatten aus dem Tank des LKWs des Eigentümers Dieselkraftstoff entnommen und dabei den Boden verunreinigt.
 
49
VGH BW, Urt. v. 30.04.1996 – 10 S 2163/95, NVwZ‐RR 1997, 267; ebenso Beschl. v. 04.08.1995 – 10 S 828/95, NVwZ 1996, 1036.
 
50
VGH BW, Urt. v. 30.07.2002 – 10 S 2153/01, juris, FADO.
 
51
HessVGH, Urt. v. 21.05.1997 – 7 TG 2293/95, NVwZ‐RR 1998, 747: Bei einem befristeten Mietverhältnis kann die Behörde ermessensfehlerfrei von der Verpflichtung des Mieters absehen, wenn innerhalb der Restlaufzeit des Mietverhältnisses bei realistischer Einschätzung eine bestandskräftige Verfügung nicht zu erwirken ist. VGH BW, Urt. v. 08.09.1989 – 5 S2742/88, ZfW 1990, 457: Ein Mieter kann als Zustandsstörer nicht in Anspruch genommen werden, wenn er nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist, Veränderungen an den angemieteten Räumen und Flächen vorzunehmen. Seine Verantwortung für eine Sanierung geht also nicht weiter als seine mietrechtliche Sachherrschaft. Diese Grenze gilt natürlich nicht für seine Verantwortung als Verursacher/Handlungsstörer.
 
52
Zu der diffizilen Frage des Haftungssystems für den Insolvenzverwalter im Überblick: Er selbst haftet als Inhaber der tatsächlichen Gewalt, nicht aber als Handlungsstörer als Rechtsnachfolger des Verursachers. Für eigene Verwaltungsmaßnahmen entstehen Masseverbindlichkeiten, für frühere Maßnahmen gegen den Insolvenzschuldner dagegen einfache Insolvenzforderungen. Seiner eigenen Inanspruchnahme als Zustandsstörer kann sich der Insolvenzverwalter durch die Freigabe des belasteten Grundstücks entziehenden, BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03, DÖV 2005, 205, zuvor höchst strittig, nicht jedoch der Haftung als Handlungsstörer.
 
53
VGH BW, Urt. v. 08.09.1989 – 5 S 2742/88, BWVP 1990, 62, ZfW 1990, 457.
 
54
Az. 1 BvR 242/91 und 315/99, BVerfG 102, 1; NJW 2000, 2573. Im Urteil vom 04.03.2015 – C‐534/13 hat der EuGH die Auffassung des vorlegenden italienischen Gerichts gebilligt, dass die Beschränkung der Haftung eines Grundstückseigentümers auf den Wert des Grundstücks dem im EU‐Recht verankerten Verursachungsprinzip entspricht. Im Ausgangsfall ging es um Notsicherungsmaßnahmen durch den jetzigen Eigentümer zum Schutz des Grundwassers wegen Verunreinigungen, die vom Voreigentümer herrührten. Für den Handlungsstörer gilt nicht die Grenze des Verkehrswerts nach Sanierung, sondern nur die Verhältnismäßigkeit (Erhalt des Unternehmens), BVerwG, Beschl. v. 22.02.2016 – 7 B 36.15, Urteilsgründe Rn. 14 ff., juris.
 
55
Bsp. BVerwG, Beschl. v. 28.02.2008 – 7 B 12.08, NVwZ 2008, 684: Verpachtung eines Grundstücks in den Jahren 1949/1952 zur Ablagerung gefährlicher Abfallgemische an ein Altöl verarbeitendes Unternehmen, das die Abfälle bis 1962 auf dem Grundstück lagerte. Der VGH München hatte in der Vorinstanz sogar die Handlungsstörerschaft des Rechtsnachfolgers aus tatsächlichen Gründen bejaht, was das BVerwG revisionsrechtlich nicht beanstandete.
 
56
Unschädlich für den Käufer ist sicherlich nur die Versicherung des Verkäufers, dass ihm keine schädlichen Bodenveränderungen/Altlasten bekannt sind. Bedenklich sind die Erwähnung eines bloßen Altlastenverdachts und Regelungen zur Verteilung der Haftung zwischen den Vertragsparteien. An dieser Stelle muss sich jeder Grundstückskäufer bei einem möglichen Altlastenverdacht darüber klar werden, dass er bei einer Vertragsformulierung zu seiner Absicherung gleichzeitig das Risiko einer späteren Haftung über den Verkehrswert nach Sanierung hinaus eingeht, denn die konkrete Regelung dokumentiert seine Fahrlässigkeit. Auf die Folge eines wegen einer Altlast reduzierten Kaufpreises oder eines wegen des bekannten Nutzungsrisikos erhöhten Pachtzinses für die Haftung über den Verkehrswert nach Sanierung hinaus hat schon das BVerfG hingewiesen. Eine andere Frage ist, ob die notarielle Beratung des Käufers zu diesem Sachverhalt, insbesondere bei regelmäßiger Zusammenarbeit mit dem Grundstücksverkäufer (Bauträger), ausreichend ist und der Notar andernfalls selbst gegenüber dem Käufer haften kann, wenn er den Käufer nicht über dieses Haftungsrisiko aufklärt.
 
57
Hierzu Mohr, NVwZ 2003, 686, 688: Bsp.: Verknüpfung von Logistikstandort mit Produktion.
 
58
VGH BW, Urt. v. 08.03.2013 – 10 S 1190/09, VBlBW 2013, 455.
 
59
OVG Nordrhein‐Westfalen, Beschl. v. 06.02.2013 – 5 B 839/12, DVBl 2013, 657.
 
60
VG Lüneburg, Beschl. v. 15.04.2011 – 2 B 4/11, juris, Rspr. Nds.: Unternehmen mit 40 Mitarbeitern und einem größeren Maschinen‐ und Fuhrpark. VG Minden, Urt. v. 12.09.2011 – 11 K 3124/09, juris, Rspr. NW: Haftung über den Verkehrswert nach Sanierung hinaus durch eine Gesellschaft zur Verwaltung eines umfangreichen Immobilienbesitzes, die neben dem Sanierungsgrundstück nach dem vom Gericht besorgten Grundbuchauszug (Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht!) Eigentümerin einer Anzahl von weiteren Immobilien war.
 
61
VGH BW, Urt. v. 13.03.2014 – 10 S 2210/12, IBR 2014, 378, DÖV 2014, 583 LS.
 
62
VG Lüneburg, s. o. Fn. 60.
 
63
Hierzu Mohr, ZMR 2013, 518.
 
64
Zu diesen Fragen insgesamt Mohr, Der Umfang der bodenschutzrechtlichen Haftung des Zustandsstörers bei Verschulden, Hamburg 2013.
 
65
Denkbar ist allerdings die Möglichkeit, dass der Derelinquent bei Verstoß gegen Sorgfaltspflichten, die schon im Zeitraum vor der Eigentumsaufgabe für den aufgegebenen Gegenstand bestanden, durch die erst nach Eigentumsaufgabe eintretenden Schäden zum Handlungsstörer wird, weil bei seinem Unterlassen eine Garantenstellung vorliegt. Solche Pflichten enthalten § 4 Abs. 2 BBodSchG (Vorsorge) und die §§ 7 ff., 28 KrWG (Abfälle).
 
66
Positive Regelung z. B. in Art. 8 Abs. 3 BayPAG, fehlende Regelung in § 6 PolG BW. Ansonsten fehlt nur noch in Sachsen eine entsprechende Regelung im Polizeirecht. Außerdem hatten einzelne Länderbodenschutzgesetze schon vor dem BBodSchG einschlägige Regelungen zur Dereliktion enthalten. Der VGH BW, Urt. v. 30.07.2002 – 10 S 2153, FADO, lehnt deshalb bei einem abfallrechtlichen Sachverhalt (ungenehmigtes Abfalllager durch einen Mieter) die über den Zeitpunkt der Eigentumsaufgabe durch Dereliktion nachwirkende Zustandsstörerhaftung des Eigentümers ab.
 
67
Beispiel für die Alteigentümerhaftung VGH München, Beschl. v. 26.05.2010 – 22 CS 09.3250, juris: Dereliktion im Februar 2009, Bescheide zur Erstellung eines Sanierungsplans (s. u. Abschn. 4.2.7) im September 2009. Das Gericht erörtert zwar die Möglichkeit der Beschränkung der Haftung auf den Verkehrswert nach Sanierung. Angesichts der Größe des Grundstücks fehlten aber Anhaltspunkte hierfür. Im Urt. v. 14.11.2002 – 6 K 763/01, NuR 2004, 257 hat das VG Freiburg die Dereliktion eines Grundstückes gebilligt, nachdem dort, mitverursacht durch die fehlerhafte Bauplanung der Gemeinde, nach starken Regenfällen ein Erdrutsch die darunterliegende Straße blockiert hat. Die Klage des betroffenen Eigentümers wegen der von der Gemeinde geltend gemachten Sanierungskosten war deshalb zum Teil erfolgreich. OVG NW, Beschl. v. 03.03.2010 – 5 B 66/10, BauR 2010, 1072 = NJW 2010, 1988: 13 Jahre nach der Dereliktion wird der Eigentümer verpflichtet, zwei Bäume auf dem bewaldeten Hanggrundstück zu beseitigen, weil sie auf die darunter gelegene Bebauung zu stürzen drohten. Im Zeitpunkt der Dereliktion bestand keine Gefahr durch die Bäume. Das Gericht gewährte den vom Eigentümer beantragten Eilrechtsschutz. Übertragen auf das BBodSchG wäre der Alteigentümer ebenfalls zu schützen, weil er im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung die Gefahr nicht kennen musste (§ 4 Abs. 6 S. 1 BBodSchG).
 
68
Musterbeispiel des VGH BW: Nachdem der Erwerber das Grundstück (Vermögen mehrere 100 Mio. DM) eines stillgelegten Industriebetriebs (mit erkennbaren Altlasten, deshalb kein Vertrauensschutz) erworben hatte, stellten sich beim Abbruch umfangreichere Kontaminationen heraus, für die nach bereits gezahlten ca. 9 Mio. DM für die schon erfolgte Baureifmachung des Grundstücks nochmals geschätzte Sanierungskosten in Höhe von ca. 10 Mio. DM anfallen konnten. Daraufhin wurde das Grundstück an eine Schweizer AG, ausgestattet nur mit einem Grundkapital von 50.000 Schweizer Franken, ansonsten vermögenslos, verkauft. Zudem wurde der Kaufpreis von 8 Mio. DM gestundet und dazu teilweise eine Grundschuld auf dem schon im Übrigen belasteten Grundstück eingetragen. Im Eilverfahren zum sofortigen Vollzug zu Erkundungsmaßnahmen hat der VGH gegen das VG die Aussetzung angeordnet (Beschl. v. 04.08.1985 – S 828/95, NVwZ 1996, 1036), im Hauptsacheverfahren dann aber dem VG folgend die Klage abgewiesen (Urt. v. 20.01.1998 – 10 S 233/97, UPR1998, 397; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 12.05.1998 – 7 B 138/98). Weiterer Fall der Sittenwidrigkeit BVerfG, Beschl. v. 24.08.2000 – 1 BvR 83/97, NVwZ 2001, 65: Untersuchungen beginnen 1992, 1994 Verkauf des Grundstücks mit Stundung des Kaufpreises und unwiderrufliches Angebot der Käuferin zum Rückkauf des Grundstücks. Anders sind die Fälle zu beurteilen, wenn die Eigentumsaufgabe zeitlich vor dem Schadenseintritt erfolgte und dieser damals noch nicht erkennbar war, so das OVG NW, Beschl. v. 03.03.2010 – 5 B 66/10, BauR 2010, 1072: Die Verpflichtung des früheren Eigentümers 13 Jahre nach der Eigentumsaufgabe zu Sicherungsmaßnahmen wegen der Absturzgefahr von Bäumen auf seinem früheren Grundstück war rechtswidrig. Zur Sittenwidrigkeit einer Grundstücksteilung, um die Höhe des Wertausgleichs nach § 25 BBodSchG nach einer von der Behörde finanzierten Sanierung zu verringern VGH München, Urt. v. 02.01.2012 – 22 ZB 10.2691, FADO. Die gleichen Grundsätze gelten bei der Ermittlung der Haftungsgrenze des Zustandsstörers (Verkehrswert nach Sanierung, s. Abschn. 4.2.3.4).
 
69
Wegen dieser Ewigkeitshaftung wurden in der Literatur Bedenken wegen der Verfassungsgemäßheit dieser Regelung vorgebracht, die in der Rechtsprechung aber noch nicht geprüft wurde.
 
70
Strittig war, ob bereits der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem der Verkäufer alle für den späteren Eigentumswechsel notwendigen Erklärungen abgegeben hat, oder erst der Zeitpunkt des tatsächlichen Vollzugs im Grundbuch.
 
71
Dazu Mohr, UPR 2000, 15. Das Gleiche gilt für eine Enteignung und den Erwerb in der Zwangsversteigerung. Der neue Eigentümer haftet dagegen als Zustandsstörer, je nach seiner Kenntnis, mit der Beschränkung auf den Verkehrswert nach Sanierung. Beim Erbfall liegt dagegen ein Übertragungsvorgang nach § 4 Abs. 6 BBodSchG vor, nicht aber beim gesetzlichen Erbrecht des Fiskus nach § 1936 BGB, VG Regensburg, Urt. v. 07.12.2009 – RO 8 K 09.01987, juris. Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers s. o. in Abschn. 4.2.3.2.
 
72
Ob diese früheren Grundsätze bodenschutzrechtlich heute noch anzuwenden sind, ist deshalb fraglich, weil der BGH bereits im Jahr 2007 bei einem existenzvernichtenden Eingriff nur noch eine Haftung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft annahm, aber nicht mehr wie bisher eine Haftung nach außen, die für einen bodenschutzrechtlichen Anspruch erforderlich ist. Zum existenzvernichtenden Eingriff nach bisherigem Verständnis am Rande VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 32051/06, juris, FADO, ZUR 2008, 325: Entzug von Vermögensrechten durch den Allein‐ oder Mehrheitsgesellschafter.
 
73
Auf die Fragen der Vertragsgestaltung zur Regelung des Haftungsrisikos bei Altlasten/schädlichen Bodenveränderungen kann hier aus Raumgründen nicht eingegangen werden. Hierzu besteht eine umfangreiche Literatur in den Zeitschriften zum Notarrecht, z. B. Schürmann, MittRhNotK 1994, 1; Sorg, MittBayNot 1999, 232; Meißner, ZfIR 1999, 407; Steffen/Popp, ZNotP 1999, 303; Kersten, BWNotZ 2000, 73; Körner DNotZ 2000, 344; ders. ZfIR 2001, 889 und Oyda, RNotZ 2008, 245. Zum Kaufvertragsrecht wird auf das Risiko verwiesen, dass Haftungsausschlüsse (Achtung Risiko Haftung Alteigentümer!) grundsätzlich eng auszulegen sind. Zur arglistigen Täuschung des Verkäufers über das Vorhandensein einer schädlichen Bodenveränderung/Altlast mit den Folgen entweder Anfechtung nach § 123 BGB oder Wegfall des Haftungsausschlusses im Kaufvertrag (§ 444 BGB) und einer verlängerten Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 3 BGB s. BGH, Urt. v. 20.10.2000 – V ZR 285/99, NJW 2001, 64.
 
74
Beispiel OVG Bremen, Urt. v. 19.08.2003 – 1 A 42/03, NuR 2004, 182: Problem des tatsächlichen Nachweises der ausreichenden Verursachung durch undichte Rohrleitungen und bei der Rechtsfrage der Haftung eines ehemaligen OHG‐Gesellschafters und dessen Erben.
 
75
Rechtsgrundlage wie bei der Sanierungsverfügung bei der bloßen Duldung wie bei der Sanierung § 10 BBodSchG.
 
76
Lediglich bei dem – aber nur theoretischen – Fall gleicher Eignung zur Gefahrenbeseitigung soll eine vertragliche Regelung berücksichtigt werden, s. u. Abschn. 4.2.6 a. E. Dagegen kann in einem öffentlich‐rechtlichen(!) Vertrag (Sanierungsvertrag, s. u. Abschn. 4.2.7) mit der Behörde die Frage der Heranziehung zur Sanierung verbindlich geregelt werden, wenn sich die Behörde hierzu einlässt, sicherlich nur bei einer ausreichenden Sicherstellung der tatsächlichen Durchführung der Sanierung.
 
77
Es genügt hier wie bei der Prüfung der Verantwortung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG (s. Abschn. 4.2.2: Verursachung) nicht schon die Vorstufe einer Gefahr einer schädlichen Bodenveränderung („Vermutung“), erforderlich ist eine schädliche Bodenveränderung mit der in § 2 Abs. 3 BBodSchG geforderten Eignung – mit der dabei erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit – der Gefahr für weitere Nachteile oder Belästigungen, BGH, Urt. v. 18.02.2010 – III ZR 295/09, BauR 2010, 1055. Weiteres Beispiel: BGH, Urt. v. 26.09.2016 – I ZR 11/15, juris, Rn. 41, auch zu § 6 UmweltHG. Das Berufungsgericht hatte Verursachungsbeiträge lediglich vermutet, hierzu aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.
 
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BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 – 7 C 3.05, NVwZ 2006, 928, s. o. in Abschn. 4.2.3.2. Beispiel für die Schwierigkeit der Zurechnung von Verursachungsbeiträgen mehrerer Störer. Urteil des OLG Düsseldorf v. 11.12.2013 – I 18 U 95/11, juris: Haftung des Pächters und eines das Pachtgelände aufgrund eines Lagervertrages mit dem Pächter nutzenden Unternehmens als Gesamtschuldner (!) gegenüber dem Eigentümer als Zustandsstörer im Rahmen einer Feststellungsklage, nachdem die Bodenbehörde gegenüber dem Eigentümer Maßnahmen angekündigt hatte. Entgegen dogmatischen Bedenken hinsichtlich der Gesamtschuld hielt das OLG die Haftung des Pächters und des das Grundstück zur Lagerung nutzenden Unternehmens für die durch Tri- und Perchlorethlen entstandenen Bodenschäden für begründet, da die Klärung der Anteile der beiden Verursacher (Pächter, Lagerunternehmen) an dem eingetretenen Schaden trotz gegenseitiger Schriftsätze über mehrere 100 Seiten nicht aufgeklärt werden konnte. Dagegen betonte das OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.12.2014 – 8 U 83/12, juris, in den Ureilsgründen, Rn. 30, dass bei mehreren Verursachern grundsätzlich anhand der polizeirechtlichen Zuordnungslehre geklärt werden muss, wer letztendlich als verantwortlicher Verursacher haftet. Das ist derjenige, durch dessen Beitrag an einer von mehreren bewirkten Kontamination die Gefahrenschwelle, die zu einer Sanierung führt, überschritten wurde (Verweis auf Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl., § 4 Rn. 43). Nach Staudinger/Kohler, BGB, Neubearb. 2010, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht, Rn. 248 gilt der Grundsatz des Vollbeweises mit dem Beweismaß des § 286 ZPO – freie Beweiswürdigung, aber Notwendigkeit, dass kein vernünftiger und ernsthafter Zweifel an der Richtigkeit der aufgestellten Behauptung möglich ist – im Bereich des Umwelthaftungsrechts und damit für den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs.
 
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Urt. v. 02.04.2004 – V ZR 267/03, NVwZ 2004, 1267: Nach § 6 besteht bei einer Eignung zur Schadensverursachung einer Anlage lt. Anhang zum Gesetz die entsprechende Ursachenvermutung, allerdings nach § 7 UmweltHG nicht bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage und der Eignung eines anderen Umstandes ebenfalls zur Schadensverursachung. Beispiel: OLG Schleswig, Urt. v. 20.12.2007 – 5 U 98/04, juris, Rspr. SH: Haftung einer Gemeinde als Verursacherin gegenüber dem Eigentümer für ihren Betrieb einer Hausmülldeponie auf dem gepachteten Grundstück. Die Schadstoffbelastung hielt sich innerhalb der Spannbreite von Befunden, die bei nach damaligem Stand betriebenen Hausmülldeponien zu erwarten waren. Damit war die von § 6 UmweltHG geforderte Eignung der Anlage zur Schadensverursachung gegeben. Die Entlastung nach § 7 UmweltHG kam nach Aussage des Gerichtssachverständigen nicht in Betracht. Dagegen lag keine Handlungsstörerhaftung des verpachtenden Eigentümers vor, auch bei dem ihm bekannten Verwendungszweck des Pächters und der gelegentlichen Mitbenutzung! Beispiel für die Haftung des Vermieters in einem solchen Fall VGH BW, Urt. v. 30.07.2002 – 10 S 2153/01, juris: Verursacherhaftung des Vermieters, wenn er im Bewusstsein gehandelt hat, dass die Überlassung der Mietsache höchstwahrscheinlich zu einer schädlichen Bodenveränderung/Altlast durch den Mieter führen wird (s. o. Abschn. 4.2.3.3: Vermieter Handlungsstörer).
 
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Aber Vorsicht: § 24 Abs. 2 BBodSchG gibt keinen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten im Verwaltungsverfahren, BGH, Urt. v. 18.10.2012 – III ZR 312/11, NJW 2012, 3777. Zur Kostenerstattung für den Sachverständigen s. o. Abschn. 4.2.2. Für die Kostenerstattung des eigenen Sachverständigen besteht im Regelfall wegen der Notwendigkeit zur Prüfung geologischer Sachverhalte, die dem Kläger selbst nicht möglich ist, in Durchbrechung des Grundsatzes, dass Kosten eines Privatgutachters nicht zu erstatten sind, ein Anspruch auf Kostenerstattung.
 
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Ausgeschlossen hat der BGH, Urt. v. 18.02.2010 – III ZR 295/09, BauR 2010, 1055, die analoge Anwendung dieser Vorschrift außerhalb des BBodSchG. In diesem Fall ging es um eine noch betriebene und noch nicht stillgelegte Abfallverwertungsanlage, die deshalb nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 BBodSchG erfüllte. Das BBodSchG wurde hier nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 durch das BImSchG verdrängt, da die Anlage von § 5 BImSchG erfasst wird. Möglich ist die Anwendung des § 24 Abs. 2 BBodSchG bei einer Haftung aus $ 4 Abs. 1 oder § 7 Abs. 1 S. 1 BBodSchG, Vermeidung bzw. Vorsorge.
 
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Urt. v. 02.04.2004 – V ZR 267/03, NVwZ 2004, 1267. Es ging hierbei um die Inanspruchnahme eines Gesamtrechtsnachfolgers eines Verursachers. Nach dem Urteil es BVerwG vom 16.03.2006 – 7 C 3.05, NVwZ 2006, 928 besteht zwar eine Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Rechtsnachfolgenvorgänge in den Jahren 1970/1972. Nach dem Urteil des BGH vom 29.09.2016 – 1 ZR 11/15 betr. einen Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG wird ein Umwandlungsvorgang im Jahr 1926 wegen einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung nicht mehr von der Haftung als Gesamtrechtsnachfolger erfasst. Nach Auffassung des BGH hat der Meinungswandel bei der Haftung des Rechtsnachfolger Ende der 1960er Jahre begonnen und konnte nach dem oben zitierten Urteil vom 02.04.2004 Mitte der 1980er Jahre keinen Vertrauensschutz auf die Unzulässigkeit der Haftung als Gesamtrechtsnachfolger mehr begründen.
 
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Daran hat sich zunächst die Frage der zeitlichen Geltung dieser Regelung angeschlossen: weiterhin kurze Verjährung in den Fällen, wo die Verjährung vor dem Stichtag (15.12.2004) begonnen hat? Am 01.10.2008 hat dann der BGH, Az.: XII ZR – 52/07, NJW 2009, 139 entschieden, dass der Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG generell und nicht erst seit der Reform nicht der kurzen Verjährung nach Mietrecht unterliegt.
 
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Az. III ZR 312/11, NJW 2012, 3777. Während das Urteil vom 18.10.2012 die Auswirkung einer nach der eigentlichen Sanierung noch erforderlichen Kontrollmaßnahme auf den Verjährungsbeginn noch offen ließ, hat der BGH im Urteil vom 29.09.2016 – I ZR 11/15, juris, im Leitsatz ausdrücklich festgestellt, dass die den eigentlichen Sanierungsmaßnahmen nachfolgenden, im Sanierungskonzept vorgesehenen Eigenkontrollmaßnahmen nach § 15 Abs. 2 BBodSchG für den Beginn der Verjährung des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs beachtlich sind, nach den Ausführungen in den Urteilsgründen ohne Widerspruch zu der vorausgegangenen Entscheidung vom 18.10.2012, s. Urteilsgründe Rn. 68 ff.
 
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Hier ging es um die Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung einer Grundwasserbelastung, dessen Umfang in einer Besprechung mit der Behörde festgelegt worden war. Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 18.03.2009 – 1 U 126/08, juris: Sanierungsbescheid gegen den Kläger, dass das Grundstück nach § 15 BBodSchG der Überwachung der zuständigen Behörde unterliegt.
 
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OLG Schleswig, Urt. v. 20.12.2007 – 5 U 98/04, juris, Rspr. SH: Für das zivilprozessual notwendige Feststellungsinteresse reicht es aus, wenn eine baurechtliche Nutzungsänderung wegen planerischer Vorarbeiten der Gemeinde möglich erscheint und für diesen Fall ein Sanierungsbedürfnis mit großer Wahrscheinlichkeit entsteht. Ablehnend dagegen OLG Hamm, Urt. v. 23 November 2002 – 34 U 136/01, BauR 2004, 124: fehlendes Feststellungsinteresse, weil die von der Stadt gewünschte Eintragung einer Baulast auf dem Grundstück des Klägers mit dem Inhalt, künftige bauliche Veränderungen auf seinem Grundstück nur in Abstimmung mit dem zuständigen Umweltamt durchzuführen, um die weitere Funktionsfähigkeit von vorhandenen Grundwassermessstellen auf dem Grundstück zu erhalten, hierzu nicht ausreicht.
 
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Problematisch ist hier die Absicherung des Verkäufers, die nur durch ein Grundpfandrecht oder eine Bürgschaft erfolgen kann.
 
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Hierzu grundsätzlich BGH, Urt. v. 02.04.2004 – V ZR 267/03, NVwZ 2004, 1267. Ein weiteres Beispiel für den fehlenden Ausschluss des Rückgriffsanspruchs aus § 24 Abs. 2 BBodSchG und die dabei notwendige Vertragsauslegung enthält das Urteil des BGH vom 29.09.2016 – I ZR 11/15, juris: Kaufverträge aus dem Zeitraum vor 1999, aber unter Geltung des vorausgegangenen Landesbodenschutzgesetzes in Baden-Württemberg, in Kenntnis vorhandener Altlasten die sich auf den Kaufpreis ausgewirkt haben, mit Gewährleistungsausschluss, aus dem aber nicht der Verzicht auf den Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG geschlossen werden konnte.
 
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Im Urteil vom 01.10.2008 hat der BGH, Az. XII ZR 5/07, NJW 2009, 139 einen solchen Haftungsausschluss abgelehnt, wobei das belastete Grundstück zwar zum Betrieb einer Tankstelle überlassen worden war, der Mieter aber die entsprechende Einrichtung durchgeführt hat, der sich vertraglich verpflichtet hatte, die Tankstelle so zu betreiben, dass dem Vermieter kein Schaden hieraus entsteht. Zur Abgrenzung hiervon BGH, Urt. v. 28.07.2004 – XII ZR 163/03, ZMR 2004, 898: Vermietung für Kfz‐Handel. Deshalb musste der Vermieter die Kosten der Bodenverunreinigung infolge der mangelhaften Funktion des Wasserabscheiders, insbesondere beim Entwachsen von Neufahrzeugen, selbst tragen. Brandenburgisches OLG, Urt. v. 02.09.1998 – 3 U 230/97, ZMR 1999, 166: Zulässigkeit einer Feststellungsklage eines Eigentümers auf Freistellung nach einem „Auftrag“ der Behörde an ihn zur Begutachtung des Umfangs von Bodenkontaminationen. Die Klage war unter Berücksichtigung der langen Nutzungsgeschichte einer Tankstelle ab 1936 bei einem Mietvertrag ab 1957 für den klagenden Grundstückseigentümer nur zu 80 % erfolgreich. Denn die durch die übliche Unachtsamkeit der Kunden beim Betanken ihrer Fahrzeuge (Verspritzen von Treibstoff) entstandenen Bodenbelastungen waren durch den vereinbarten Vertragszweck abgedeckt und deshalb der Rückgriff nach § 24 Abs. 2 BBodSchG vertraglich ausgeschlossen. Die Festlegung des Prozentsatzes von 80 % erfolgte aufgrund einer richterlichen Schätzung unter Berücksichtigung der Entwicklung des Umweltbewusstseins und des technischen Standards im Laufe der Nutzungsgeschichte des Grundstücks. OLG Hamm, Urt. v. 04.05.2016 – 12 U 110/15, juris: Ausschluss des Anspruchs aus § 24 Abs. 2 BBodSchG für den Vermieter eines Grundstücks, das der Mieter zu umfangreichen Ablagerungen aus dem Bergbau von Materialien aufgrund eines Vertrags aus dem Jahr 1964 mit dem früheren Grundstückseigentümer nutzte. Vertraglich vereinbart war die Auffüllung des ausgekiesten Geländes mit Bergen, Schlamm und Müll. Der Eigentümer hatte augf Feststellung der Ersatzpflicht des Mieters geklagt.
 
90
Die zentralen Landesumweltbehörden in den Bundesländern haben hierzu Verwaltungsvorschriften oder Arbeitsblätter zur systematischen Bewertung der Priorität der Schadensfälle entwickelt, um eine Vergleichbarkeit der Fälle zumindest auf Landesebene zu erreichen.
 
91
Bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen sind die Interessen von Nachbarn (Nachbarschutz) zu beachten: Schutzmaßnahmen gegen die Beeinträchtigung seines Eigentums etwa durch Baumaßnahmen an der Grundstücksgrenze und seiner Gesundheit durch die Freisetzung von Schadstoffen im Grundwasser oder in der Luft während der Sanierung. Allerdings muss für eine erfolgreiche Klage des Nachbarn die Beeinträchtigung so intensiv sein, dass das Handlungsermessen der Bodenschutzbehörde nach den allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen auf null reduziert ist, ein Eingreifen also geboten ist. Ausgeschlossen sind dagegen Ansprüche nur auf Erhaltung der Nutzungsmöglichkeiten der Sanierungsflächen, z. B. als Naherholungsgebiet oder die ungestörte Aussicht, oder auf Veränderungen des Sanierungsgebiets in räumlicher Hinsicht ohne die genannte eigene Betroffenheit. Denn hierzu besitzt die Bodenschutzbehörde ausreichende Kompetenz, Nds. OVG, Urt. v. 28.03.2011 – 7 ME 97/10, DVBl 2010, 635. Daneben kommen gleichartige Ansprüche des Nachbarschutzes aus dem BImSchG bei Schadstoffen in der Luft bei einer Sanierung (VG Schleswig, Beschl. v. 25.09.2001 – 14 B 79/01, NVwZ 2002, 754) und zivilrechtliche Ansprüche wegen der Beeinträchtigung des Eigentums aus § 1004 BGB in Betracht. VGH BW, Urt. v. 10.03.1994 – 10 S 1415/92, VBlBW 1995, 64: Ein Anspruch des Erwerbers eines Grundstücks auf Einschreiten der Behörde ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn er beim Erwerb Kenntnis von der früheren altlastenrelevanten gewerblichen Nutzung des Grundstücks hatte. Zum Anspruch des Nachbarn auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des von einer Baustelle verursachten Lärms VGH BW, Beschl. v. 05.02.2015 – 10 S 2471/14, NVwZ‐RR 2015, 605. Der Fall betraf zwar eine Baumaßnahme, die einschlägige Vorschrift, AVV Baulärm, gilt auch bei der Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen/Altlasten.
 
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VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103: Der angegriffene Bescheid erging erst 22 Jahre nach der Einstellung der Geschäftstätigkeit des Antragstellers. Bestätigt im Urt. v. 01.04.2008 – 10 S 1388/06, VBlBW 2008, 339 auf das Urt. des BVerwG v. 16.03.2006 – 7 C 3.05, NVwZ 2006, 928. Die Urteile des BVerwG ab 2000 stehen bei www.​bundesverwaltung​sgericht.​de, Entscheidungen.
 
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So z. B. VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, NVwZ‐RR 2008, 605.
 
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Wegen der damit verbundenen unterschiedlichen Kostenfolge ist die Trennung zwischen den beiden Verfahrensabschnitten zu beachten. Zur Abgrenzung zwischen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchG VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, NVwZ‐RR 2008, 605. Einerseits kann die Behörde bei eindeutigem Sachverhalt gleich in die Detailuntersuchung einsteigen. Beispiel VG Saarbrücken, Urt. v. 17.03.2010 – 5 K 1113/08, LS UPR 2010, 460: aromatische Kohlenwasserstoffe 156 mg/kg. Prüfwert in der BBodSchV fehlt, aber zum Vergleich Prüfwert für eine Detailuntersuchung nach der alten Landesliste Baden‐Württemberg von 1993/98 60 mg/kg, also deutliche Überschreitung. Andererseits kann nicht bei unklaren Grundlagen die Detailuntersuchung zulasten des Störers mit Fragestellungen belastet werden, die in der orientierenden Untersuchung geklärt werden müssen. OVG Rheinland‐Pfalz, Urt. v. 11.10.2007 – 1 A 1028/07, DVBl 2007, 1578 LS: Sonstige Feststellungen, die die Anordnung einer Detailuntersuchung rechtfertigen, müssen einen Messungen vergleichbaren Grad an fachlicher Qualität aufweisen. Ebenso VGH München, Beschl. v. 17.02.2005 – 22 ZB 04.3472, NVwZ‐RR 2005, 466. VG Göttingen, Urt. v. 17.03.2005 – 4 A 20/03, juris: Aufhebung eines Leistungsbescheides für anfängliche Untersuchungsmaßnahmen nach § 9 Abs. 1 BBodSchG vor Ergehen der Grundverfügung.
 
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Beispiel VG Saarbrücken, Urt. v. 17.03.2010 – 5 K 1113/08, LS UPR 2010, 460: Mineralölkonzern als Verdachtsverpflichteter für Bodenschäden an einer Tankstelle, die er beliefert hat, wenn Schadensereignisse während dieser Zeit nicht ausgeschlossen werden können, aber ausgeschlossen werden können für die Zeit, als er nicht beliefert hat.
 
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BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 – 7 C 14.04, NVwZ 2005, 691 zum Erstattungsanspruch beim Handeln schon im Vorfeld einer Verfügung, der zwar die eignen Kosten, jedoch nicht die schon im Verwaltungsverfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten erfasst. Hier hatte die Behörde die Untersuchung veranlasst und das Untersuchungskonzept gebilligt. Für das Widerspruchsverfahren kann § 80 VwVfG helfen. Aber Vorsicht: Wer ohne eine förmliche Aufforderung (Verwaltungsakt) Untersuchungen durchführt, nur weil das Grundstück im Altlastenkataster entsprechend eingestuft ist und das Landratsamt formlos auf eine Bodenuntersuchung drängt, hat keinen Ersatzanspruch, so VGH München, Beschl. v. 14.09.2001 – 20 ZB 01.2394, UPR 2002, 113.
 
97
Soweit kein Prüf‐ oder Maßnahmewert vorhanden ist, verweist § 4 Abs. 5 auf die im Bundesanzeiger Nr. 161a vom 28.08.1999 veröffentlichten Methoden und Maßstäbe für die Ableitung der Werte im Anhang 2, die zur Bewertung in diesen Lückenfällen heranzuziehen sind.
 
98
Nds. OVG, Beschl. v. 03.05.2000 – 7 M 550/00, NVwZ 2000, 1194 zur sog. Hollandliste und vor dem BBodSchG, Beschl. v. 07.03.1997 – 7 M 3628/96, NJW 1998, 97.
 
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Zur Zulässigkeit der Forderung nach weiteren Untersuchungen zur Feststellung des Umfangs der Gefährdung, wenn die Notwendigkeit der Sanierung einer schädlichen Bodenveränderung bereits feststeht VGH Kassel, Beschl. v. 23.08.2004 – 6 TG 1119/03, DÖV 2005, 124.
 
100
BVerwG, Urt. v. 16.05.2000 – 3 C 2/00, DVBl 2000, 1353 und Urt. v. 26.04.2006 – 7 C 15.05, DVBl 2006, 926.
 
101
Geringfügigkeitsschwellenkonzept 2004. Dazu das gemeinsame Papier LAWA/LABO (Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz) Nachsorgender Grundwasserschutz, 2006: Die Geringfügigkeit wurde so definiert, dass Verunreinigungen wegen der Geringfügigkeit der Konzentrationen weder für die Natur noch für den Menschen eine relevante Wirkung entfalten können. Zur Ersatzbaustoffverordnung s. o. Abschn. 2.2.2.2. Zu Bedenken gegen die Verwendung der Geringfügigkeitsschwellen der LAWA als Vorgabe für die Verfüllung einer Grube mit Bodenaushub VG Aachen, Urt. v. 22.01.2016, altlasten spektrum 2016, 160, juris, mit dem Hinweis auf die geplante Änderung in der sog. Mantelverordnung, s. o. Abschn. 3.​2.​2.​2.
 
102
VGH BW, Urt. v. 13.03.2014 – 10 S 2210/12, IBR 2014, 378: Sonderfall der Verpflichtung zur Auskunft durch einen Zustandsstörer gegenüber der Behörde über seine Vermögensverhältnisse wegen der Ermittlungspflicht der Behörde zur Grenze der möglichen Belastung mit Sanierungskosten, s. dazu Abschn. 4.2.3.4.
 
103
Notwendig ist aber immer eine ausreichende Bestimmtheit der Verfügung hinsichtlich der geforderten Maßnahmen, Bsp. VG Augsburg, Beschl. v. 18.07.2013 – Au 3 S 13.780, juris, altlasten spektrum 2014, 76, zu einer Detailuntersuchung; VG Ansbach, Urt. v. 11.12.2013 – AN 9 K 13.00652, juris, altlasten spektrum 2014, 78, zu einer Duldungsverfügung (kein vollstreckungsfähiger Inhalt); VG Cottbus, Urt. v. 09.09.2004 – 3 K 1631/03, NuR 2005, 119, zur Verhinderung der Abdrift eines Grundwasserschadens ohne Angabe des dafür erforderlichen Mittels (weiter OVG Berlin‐Brandenburg, Urt. v. 08.11.2007 – 11 B 14.05, FADO).
 
104
Siehe dazu die Nachweise der Rechtsprechung in Abschn. 4.2.1: VGH München, Beschl. v. 30.12.2012 – 22 ZB 11.2915, NVwZ‐RR 2013, 218, und die dort ebenfalls zitierte Entscheidung des VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ‐RR 2003, 103.
 
105
Dieser Sachverständige sollte natürlich nicht bei anderen Sanierungen ständig mit der gleichen Behörde zusammenarbeiten, um eine mögliche wirtschaftliche Abhängigkeit zu vermeiden. Es ist zu prüfen, inwieweit je nach der Praxis in den Bundesländern für den Sachverständigen eine Zulassung nach § 18 BBodSchG erforderlich ist. Zum Haftungsrisiko des Sachverständigen OLG Koblenz, Urt. v. 20.08.2015 – 2 U 678, 14, altlasten spektrum 2016, 161, juris.
 
106
Die Kosten des eigenen Sachverständigen sind deshalb im notwendigen Umfang sowohl im erfolgreichen Verwaltungs‐ wie im Gerichtsverfahren erstattungsfähig. Grundlage im Widerspruchsverfahren ist § 80 VwVfG und für das Klageverfahren § 162 VwGO. Grundsätzlich wird im Verwaltungsrecht wegen der – oft aber nur auf dem Papier existierenden! – Ermittlungspflicht der Behörde und des Gerichts ein Vorbehalt gegen die Kostenerstattung für private Gutachten formuliert. Angesichts der regelmäßig schwierigen Verhältnisse im Boden und der notwendigen Waffengleichheit mit dem Sachverstand der Behörde besteht aber entgegen der Regel im Bodenschutzrecht ein Ersatzanspruch auf die notwendigen Kosten eines Privatgutachters.
 
107
Siehe hierzu das im Abschn. 4.2.1 bereits zitierte Bsp. des VGH BW, Beschl. v. 03.09.2002 – 10 S 957/02, NVwZ 2003, 103: Nach einer Bodenluftabsaugung, allerdings nur mit teilweisem Erfolg, folgte später die Verpflichtung zu Grundwasseruntersuchungen mit Billigung des Gerichts im Eilverfahren. Natürlich tut ein von einer Altlast betroffener Eigentümer nach Sanierung gut daran, die weitere Entwicklung um sein Grundstück zu beobachten. Planerische Entwicklungen können das Schutzniveau verschärfen (Ausweisung eines Wohngebiets oder einer Wasserschutzzone?).
 
108
Zuschüsse, die ausdrücklich als verloren gewährt werden (Auslegungsfrage!), sind nicht zu berücksichtigen. Für Sanierungen nach dem BauGB ist eine gesonderte Geltendmachung neben dem städtebaulichen Ausgleich ausgeschlossen. Die Vorgaben des BVerfG aus den Beschlüssen vom 16.02.2000, (s. o. Abschn. 4.2.3.4) begrenzen auch den Wertausgleich (Versteyl/Sondermann, a. a. O., § 25 Rn. 41).
 
109
Der Sofortvollzug ist ein Begriff des Vollstreckungsrechts und entspricht nicht der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 80 VwGO), mit dem die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs beseitigt werden kann.
 
110
OVG Bremen, Urt. v. 30.11.2004 – 1 A 333/03, NordÖR 2005, 119; BauR 2005, 1364 LS: Auf der Sekundärebene wurde zulässigerweise wieder wie auf der Primärebene der Zustandsstörer herangezogen, weil diese Auswahl zwar unabhängig vom Grundverwaltungsakt erfolgt, die Verursachung durch den Handlungsstörer aber hier zweifelhaft war. Ebenso VG Schleswig, Urt. v. 14.06.2004 – 14 A 344/02, NVwZ‐RR 2005, 86 LS. Strittig ist dabei, ob die Auswahl auf der Sekundärebene sich nur auf die schon auf der Primärebene mit behördlicher Anordnung – auch erfolglos – verpflichteten Störer bezieht, was überwiegend vertreten wird, oder auf alle in § 4 Abs. 3 BBodSchG genannten möglichen Störer, dann evtl. mit erneutem Ermittlungsbedarf wegen einer möglichen Verursachung, wie vom VG Schleswig vertreten.
 
111
VGH München, Beschl. v. 15.09.2000 – 22 ZS 00.1994, NVwZ 2001, 458. Nur theoretisch wird diese Aussage dadurch eingeschränkt, dass bei gleicher Effektivität mehrerer Zustandsstörer die zivilrechtliche Haftungsverteilung in einer Vereinbarung unter mehreren möglichen Störern von der Behörde zu beachten ist. Allerdings ist die Prämisse der gleichen Effektivität in der Praxis wertlos. In dem Beschl. des VGH BW vom 29.04.2002 – 10 S 2367/01, NVwZ 2002, 1260, findet sich zwar die Einschränkung, dass es im Einzelfall ermessensfehlerhaft sein kann, eine Vereinbarung zwischen den Störern über den internen Ausgleich völlig unberücksichtigt zu lassen, aber nur dann, wenn diese ihr bekannt und der Inhalt unstreitig ist, was das Gericht im zu entscheidenden Fall verneint hat. VGH München, Beschl. v. 15.09.2000 – 22 ZS 00.1994, NVwZ 2001, 458: Die Ermessensausübung bei einer Störermehrheit erfordert es nicht, sich an den zivilrechtlichen Regelungen des internen Ausgleichs unter den Störern zu orientieren.
 
112
Die Trennungslinie zwischen § 9 Abs. 2 und § 13 BBodSchG ist wie die zwischen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 in der Praxis streitig, s. OVG Berlin, Beschl. v. 19.01.2001 – 2 S 7.00, UPR 2001, 196; VGH Kassel, Beschl. v. 23.08.2004 – 6 TG 1119/03, DÖV 2005, 124: Bei einer schädlichen Bodenveränderung ohne die weiteren Voraussetzungen des § 13 BBodSchG kann nicht ein Untersuchungskonzept oder ein Sanierungsplan verlangt werden; VGH BW, Urt. v. 18.12.2007 – 10 S 2351/06, NVwZ‐RR 2008, 605, und VG Regensburg, Urt. v. 25.01.2010 – RO 8 K 08.272, juris. Zu der Abwicklung der umfangreichen Altlastensanierung in Schweinfurt‐Schonungen durch Sanierungsverträge Schmidt, altlasten spektrum 2016, 14.
 
113
Um den richtigen Adressaten für bodenschutzrechtliche Maßnahmen zu finden, ist es notwendig, die auf Landesebene bestehende Regelung zur Zuständigkeitsverteilung zu prüfen. Diese ist regelmäßig ebenfalls in den Landesgesetzen enthalten, ansonsten in untergesetzlichen Verordnungen zum Bodenschutz, erlassen durch das zuständige Landesministerium.
 
Metadaten
Titel
Rechtliche Aspekte des nachsorgenden Bodenschutzes und von Altlasten
verfasst von
Dr. Hellmuth Mohr
Copyright-Jahr
2017
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-10059-9_4