Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.
Wählen Sie Textabschnitte aus um mit Künstlicher Intelligenz passenden Patente zu finden.
powered by
Markieren Sie Textabschnitte, um KI-gestützt weitere passende Inhalte zu finden.
powered by
Zusammenfassung
Einer der zentralen Dreh- und Angelpunkte des Kartellrechts ist das Kartellverbot. Danach sind alle Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und abgestimmten Verhaltensweisen, welche eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken, grundsätzlich unzulässig. Das klassische Beispiel für das Kartellverbot sind die so genannten Hardcore-Kartelle (Preisabsprachen, Submissionsabsprachen, Quotenabsprachen, Kunden- und Gebietsabsprachen etc.). Eine Freistellung vom Kartellverbot kommt in diesen Fällen höchst selten vor.
Neben diesen Hardcore-Kartellen gibt es noch eine ganze Reihe von kartellrechtlich ambivalenten Verhaltensweisen von Unternehmen, die sowohl kartellrechtsneutral als auch kartellrechtswidrig sein können. Für diese Beschränkungen kommt im Einzelfall daher eine Freistellung vom Kartellverbot in Betracht. Beispiele hierfür sind: Informationsaustausch (einschließlich Marktinformationsverfahren), Verbandsarbeit, Einkaufskooperationen, Vermarktungsvereinbarungen, Internetportale, F & E-Kooperationen, Normenkartelle, Produktionsvereinbarungen, Spezialisierungsvereinbarungen, Rationalisierungskartelle, Strukturkrisenkartelle und Mittelstandskartelle.
Im Gegensatz zu den horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen stehen die vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen. Diese werden im Kartellrecht grundsätzlich sehr viel wohlwollender behandelt, da sie im Regelfall einen ambivalenten Charakter (vielfach wettbewerbsbefördernd und nur zum Teil wettbewerbsbehindernd) haben können. Hier stehen im Vordergrund vertikale Preisbindung/Preisempfehlung, Kunden/Gebietsbeschränkungen, selektiver Vertrieb, Internetvertrieb, Ausschließlichkeitsbindungen, Beschränkungen in Zuliefervereinbarungen/OEM-Verträgen, Franchiseverträgen, Handelsvertreter-/Kommissionsverträgen sowie Lizenzverträgen. Eine große Rolle bei der Beurteilung dieser vertikalen Beschränkungen spielt die Gruppenfreistellung der EU-Kommission für vertikale Beschränkungen (so genannte Vertikal-GVO).
Anzeige
Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu Ihrer Lizenz zu erhalten.
Vgl. EuGH, WuW/E EU-R 769 - „Adalat“ (=WUW0078294). Eine Lieferverweigerung ist aber nicht im Falle einer Marktbeherrschung zulässig, vgl. EuGH, WuW/E EU-R 1463 „Sot. Lelos/GlaxoSmithKline“ (=WUW0304633). Ebenso war das sog. „Dual Pricing“ (dabei wurde mit einem Händler vereinbart, dass unterschiedliche Preise bei einem inländischen Weiterverkauf und beim Export in einen anderen Mitgliedstaat gelten) anders zu behandeln, da eindeutig eine Vereinbarung vorlag, vgl. EuGH, WuW/E EU-R 1641 - „GlaxoSmithKline Services/Kommission“ (=WUW0340632).
Der eigene Verstoß gegen den Gegenstand einer Absprache oder Abstimmung bedeutet allerdings noch nicht zwingend, dass man diesem Unternehmen keine Teilnahme an einer Absprache vorwerfen kann, vgl. EuGH, WuW/E EU-R 1919 - „Activision Blizzard Germany/Kommission“ (=WUW0412415).
Der nachfolgend wiedergegebene Text der Presseerklärung erscheint an sich nicht besonders spektakulär:
„Kaffeepreiserhöhung im Außer Haus Bereich kurzfristig erwartet. Die Kaffeepreise im deutschen Außer Haus Markt sind seit 2000 stabil geblieben, während die Rohkaffeenotierungen jedoch im Vergleichszeitraum um mehr als 35 % angestiegen sind. Diese Rohkaffeepreissteigerungen und die weiteren Erhöhungen im Verpackungsbereich (z. B. Folien), die auf dem Rohölpreis basieren, sowie Energie- und Personalkosten, die explodierenden Frachtkosten im Seeverkehr und andere Transportsektionen, machen schon lange eine Preiserhöhung notwendig. Um den Qualitätsstandard für den Konsumenten zu erhalten, kann sich die deutsche Kaffeewirtschaft auch im Außer Haus Bereich einer Preiserhöhung kurzfristig nicht entziehen. Der Deutsche Kaffee-Verband e.V. Hamburg rechnet daher kurzfristig auch mit einer Kaffeepreiserhöhung in diesem Bereich in einer Größenordnung, wie sie derzeit im Handel vollzogen wird.“
Detaillierte Angaben zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Strukturkrisenkartellen und zu den einzelnen Voraussetzungen sind im 12. Wettbewerbsbericht „Wettbewerbsregeln und Maßnahmen zum Abbau struktureller Überkapazitäten“ der Kommission in Rz. 38–41 enthalten; vgl. auch den 13. Wettbewerbsbericht der Kommission, Rz. 56–61. Im Fall „Stichting Baksteen“ (Entscheidung der Kommission, ABl. EG 1994 L 131/15 v.26.05.1994) hat die Kommission ein Strukturkrisenkartell sogar genehmigt, obwohl nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich die Kartellvereinbarung über Kapazitätsabbau kurzfristig für die Verbraucher in einer Preiserhöhung niederschlagen konnte!
Es ist bisher nicht abschließend geklärt, ob sich die Wettbewerbsbeschränkung für die Anwendbarkeit der Vertikal-GVO gerade auf die vom Anbieter bereitgestellten Waren oder Dienstleistungen beziehen muss bzw. ein innerer Zusammenhang zwischen der Vereinbarung über die Beschränkung und der Austauschbeziehung im Vertikalverhältnis bestehen muss, vgl. hierzu OLG Düsseldorf, NZKart 2015, 148 - „Bestpreisklausel“; demgegenüber LG Köln, WuW 2017, 208 - „Bestpreisklauseln und Dimming“ (=WUW1233060), welches die Anwendung der Vertikal-GVO auch ohne einen solchen inneren Zusammenhang bejaht.
Die Vertikal-GVO erfasst ausnahmsweise Bestimmungen über geistige Eigentumsrechte, wenn sie in einer vertikalen Vereinbarung als Nebenabrede enthalten sind und den Kauf der Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, erleichtern.
Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die umfassende Darstellung in drei Teilen bei Wegner/Oberhammer, BB 2010, 1803, BB 2010, 1867 und BB 2011, 1480.
BGH, WuW/E DE-R 1101 - „1 Riegel extra“ (=WUW0029052). Vgl. hierzu auch OLG Celle, NZKart 2016, 288 - „A. Vitalkost“, wo selbst im Falle einer vertikalen Preisbindung die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung und damit ein Kartellrechtsverstoß verneint wurde; dazu - wohl zurecht - krit. Bernhard, EWiR 2016, 645.
Dabei ist zu beachten, dass die Aussagen der Kommission offenbar nicht nur von wettbewerbspolitischer, sondern auch allgemeiner politischer Motivation geprägt sind, das Internet so weit wie möglich von Vertriebsbeschränkungen freizuhalten.
Theoretisch wäre natürlich auch beim quantitativen selektiven Vertrieb ein offenes System denkbar; in der Praxis kommt dies jedoch nicht vor, da der Händler, der durch die quantitative Selektion zu besonderen Vertriebsanstrengungen motiviert werden soll, regelmäßig eine entsprechende Verpflichtung des Lieferanten zur quantitativen Selektion fordert. Auch der Lieferant wird dem Händler oft Vertriebsbindungen auferlegen, um eine Verwässerung seiner quantitativen Selektion zu vermeiden.
Dieser Aspekt wird allerdings wichtig bei der Beurteilung von selektiven Vertriebssystemen außerhalb des Anwendungsbereichs der Vertikal-GVO (vgl. Abschn. 4.4.5.3).
Solange aber keine gerichtliche Klärung dieser Frage erfolgt ist, eröffnen sich bei der Gestaltung selektiver Vertriebssysteme gewisse Argumentationsspielräume im Hinblick auf die Anwendung der - teils belastenden, teils privilegierenden - Sonderregeln zum selektiven Vertrieb.
BGH, WuW/DE-R 1203 - „Depotkosmetik im Internet“ (=WUW0078286). Dies wird von der Kommission allerdings in den Vertikal-Leitlinien (Tz. 52) anders gesehen.
Der EuGH scheint dieser Auffassung neuerdings zu folgen, vgl. EuGH, NZKart 2015, 345 - „Voestalpine“; Stauber, NZKart 2015, 423. In früheren Entscheidungen stellte er demgegenüber - insofern von der Auffassung der Kommission in den Vertikal-Leitlinien abweichend - auf die Eingliederung des Handelsvertreters in die Absatzorganisation des Geschäftsherrn ab. Bei einer Mehrfirmenvertretung hat der EuGH die Eingliederung als integriertes Hilfsorgan verneint und die Freistellung von den kartellrechtlichen Vorschriften dementsprechend abgelehnt, vgl. EuGH, WuW/E EWG/MUV 803 - „Reisevermittler“; ablehnend Kapp/Andresen, BB 2006, 2253; Stauber, NZKart 2015, 423.
Vgl. hierzu auch EuG, WuW/E EU-R 933 - „DaimlerChrysler/Kommission“ (=WUW0128660). Das EuG hat dabei nicht nur eine angemessene Vergütung des Handelsvertreters für die Gewährleistungsarbeiten unterstellt, sondern ist bei der Erbringung von Gewährleistungsarbeiten auch von einem anderen Markt ausgegangen, welcher die Einstufung des Handelsvertreters nicht berühre (vgl. EuG, a.a.O., Rz. 111, 113).