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13.04.2018 | Finanzbranche | Interview | Online-Artikel

"Nicht der schillernde Star und Heilsbringer von außen"

verfasst von: Barbara Bocks

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Jörg Kasten

ist Managing Partner bei Boyden Deutschland.

Der Wechsel an der Spitze der Deutschen Bank vollzog sich überraschend schnell. Warum der Personalexperte Jörg Kasten denkt, dass Sewing das richtige Gespür für die Zukunftsaufgaben des Instituts hat, erklärt er im Interview.

Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe für die Wahl von Sewing als neuem Chef der Deutschen Bank?

Zum einen ist er ein interner Kandidat, der in der jetzigen Situation für Ruhe sorgen wird und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit hat. Er ist zudem nicht der schillernde Star und Heilsbringer von außen, sondern jemand, der intern ein hervorragendes Netzwerk aufgebaut hat. Er gilt daher auch nach innen als durchsetzungsfähig und ist dadurch in der Lage, die aktuelle Strategie der Bank durchzusetzen.

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Was sind die größten Unterschiede zwischen Cryan und Sewing, persönlich und aus Managementsicht?

Sewing hat zunächst einmal einen ganz banalen Vorteil: Er ist Deutscher und deutscher Muttersprachler. Das ist als CEO der Deutschen Bank sicherlich ein Vorteil. Gerade, wenn man die Interaktion mit dem politischen Umfeld bedenkt, in dem sich die Bank zweifelsohne bewegt. Cryan hingegen kam über eine Aufsichtsratsposition auf diesen Posten, mit dem klaren Auftrag die Hausaufgaben der Bank anzugehen und aufzuräumen. Diese Aufgabe hat er aus meiner Sicht auch gut erfüllt. Herr Sewing soll nun die Strategie umsetzen, nachdem aufgeräumt wurde – und das kann er auch ohne Zweifel. Er ist zudem jemand, der als grundsolide gilt. Viele verstehen das zwar nicht als Kompliment, es ist aber ein großer Vorteil. Er hat mit seinem Blick als ehemaliger Risikomanager und durch seine letzte Funktion als Privat- und Geschäftskunden-Vorstand das richtige Gespür für die wesentlichen Zukunftsaufgaben der Deutschen Bank. Das Investmentbanking liegt nicht mehr im zentralen Fokus des Instituts und genau für diese neue Ausrichtung steht er.

Inwiefern könnte die Bank von der Wahl Sewings profitieren?

Indem Sewing wieder Vertrauen aufbaut und für mehr Transparenz sorgt. Außerdem hat er die Chance, die Bank in eine solide Richtung zu führen – also sich ein Stück weit weg vom fragilen Investmentbanking zu entfernen. Back to the Basics: Zurück zum soliden Privat- und Geschäftskundengeschäft. Und das lebt nun mal sehr von Vertrauen, Solidität und Kontinuität. Dafür ist Sewing der richtige Mann.

Warum hat sich die Bank für einen internen Kandidaten entschieden? Ist das aus Ihrer Sicht eine gute Wahl?

In der jetzigen Situation halte ich das für eine sehr kluge Entscheidung. Es ist aber sicherlich auch kulturell bedingt: Angelsächsische Unternehmen neigen öfter dazu, einen Heilsbringer in Form eines Managers von außen zu suchen. Dabei ist dieser häufig gar nicht so tief in der eigentlichen Branche verwurzelt. Das kann natürlich mit Risiken verbunden sein. Ein interner Kandidat ist auch immer ein Zeichen für ein bestehendes Netzwerk. Das bedeutet, dass intern Akzeptanz für den Kandidaten besteht. Das ist in diesem Fall ein eindeutiger Vorteil. Außerdem bietet die deutsche Industrie viele erfolgreiche Beispiele, wo man sich für einen internen Kandidaten entschieden hat. Denken Sie an die Lufthansa, Siemens oder BASF. Interne Kandidaten sind also eine sehr ernst zu nehmende Variante. Natürlich hätte es die Möglichkeit gegeben, die Position erfolgreich mit einem externen Kandidaten zu besetzten. Im Falle der Deutschen Bank war es meiner Meinung nach aber eine bewusste Entscheidung.

Wird die "Jägermentalität", die Sewing als neuer Chef propagiert, die Bank wieder in die Erfolgsspur bringen und wie wird sich diese konkret äußern, kurzfristig und langfristig?

Ich glaube, dass Herr Sewing diesen Begriff ganz bewusst platziert hat, um sein eigenes Image als solides Eigengewächs ein bisschen zu entkräften. Zudem will er damit signalisieren, dass die Zeiten des Aufräumens und der Beschäftigung mit internen Themen vorbei ist. Er macht damit deutlich, dass man sich wieder auf Kunden und den Markt konzentrieren will. Das Zitat war ein Appell, dass die Deutsche Bank künftig wieder mit mehr Biss bei ihren Kunden präsent sein sollte.

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