2005 | OriginalPaper | Buchkapitel
Überörtliche Prüfung aus interaktionsökonomischer Betrachtungsweise
verfasst von : Karl-Heinz Binus
Erschienen in: Überörtliche Kommunalprüfung
Verlag: Deutscher Universitätsverlag
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Bei der Beschreibung von überörtlicher Prüfung nach derzeitigem Stand sind entsprechend den herausgearbeiteten Analysen die folgenden grundsätzlichen Charakteristika des kommunalen Handelns und der kommunalen Überwachung festzuhalten:
Die Zielbestimmung der Kommunalverwaltung zu ihrem Leistungsspektrum erfolgt nicht originär durch die Verwaltung selbst oder durch die Verwaltungsführung, sondern resultiert einerseits aus der Aufgabenübertragung durch den Gemeinderat auf der Grundlage der allgemeinen Aufgabenstellung durch die Bürger zur Erstellung öffentlicher Güter. Andererseits überträgt der Staat im Wege der Gesetze der Kommune subsidiär die Erfüllung bestimmter Aufgaben und stellt hierzu finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Die Erstellung der Leistungen ist in Bezug auf Umfang und Qualität in hohem Maße rechtlich reglementiert.
Die Kommunalverwaltung kann grundsätzlich mit einer Unternehmung verglichen werden, bei der die Bürger und der Staat die Stakeholder
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darstellen und der Gemeinderat als Aufsichtsrat verstanden werden kann.
Die Verwaltung stellt einen Auftragnehmer vom Auftraggeber„Bürger“ und vom Auftraggeber„Staat“ dar, innerhalb der Verwaltung selbst existiert wegen des hierarchischen Aufbaus und der vorhandenen Arbeitsteilung eine Vielzahl von weiteren darunter liegenden Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen.
Die Kommunalverwaltung ist eine Organisation, die sich aus Individuen mit eigenen Interessen zusammensetzt, diese entsprechen systematisch nicht den Interessen der Verwaltungsfuhrung.
Die Verwaltung selbst ist keineswegs unpolitisch tätig, sondern nimmt aktiv auf das Haushaltsbudget der Kommune Einfluss.
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Die kommunale Leistungserstellung erfolgt grundsätzlich nicht im Leistungswettbewerb, für die erstellten Leistungen existieren wegen des Marktversagens keine Marktpreise. Die Messbarkeit der Leistungen ist nicht oder nur unzureichend möglich.
Die Nachfrager der Leistungen besitzen weniger Informationen als die Verwaltung. Sie verfügen nicht oder nur eingeschränkt über relevante Alternativen zum Leistungsbezug.
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Das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen als Informationsgrundlage für Verwaltungsführung, Gemeinderat, staatliche Rechtsaufsicht und Bürger bildet lediglich den Geldverbrauch, nicht aber den Ressourcenverbrauch beim Leistungserstellungsprozess ab, d. h. weder die Kosten und die Leistungen noch Perioden übergreifende Aufwendungen lassen sich eindeutig messen. Hiervon sind alle Formen der kommunalen Überwachung und somit auch die vorhandenen Prüfungsverfahren der überörtlichen Prüfung konfrontiert.
Konsistente Bewertungsmaßstäbe zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung liegen dementsprechend ebenfalls nicht vor.
Partielle Informationen zum Leistungserstellungsprozess werden durch verschiedene Institutionen, wie örtliche Prüfung, staatliche Aufsicht und überörtliche Prüfung bereitgestellt. Eine klare Funktionsabgrenzung der Überwachungsformen existiert nicht.
Vergleichskennzahlen zur interkommunalen Vergleichbarkeit der Leistungserstellung liegen nicht vor.
Für das so verstandene Unternehmen„Kommunalverwaltung“ gibt es keine dem Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften entsprechende regelmäßige Abschlussprüfung durch unabhängige Prüfer.
Die überörtliche Prüfung erfolgt in einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren, die Auswahl der Prüfungsbereiche erfolgt durch die Prüfer gewöhnlich ohne systematischen Zusammenhang zum Prüfungsgegenstand.
Subsumierend resultiert damit die Forderung, dass die bisherigen theoretischen Erklärungs- und Gestaltungsansätze der überörtlichen Prüfung durch einen problemadäquaten theoretischen Zugang erweitert werden. Die Betrachtung der kommunalen Verwaltung als idealtypisch korporativer Akteur
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mit einer einzigen Zielfunktion muss dabei überwunden werden. Überörtliche Kommunalprüfung soll als Informationsintermediär aufgefasst werden, der als dauerhafte Institution a-symmetrische Informationsverteilung abbaut und damit für Entscheidungsträger Entscheidungsunterstützung liefert.