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2008 | Buch

Arbeits- und Organisationspsychologie

verfasst von: Univ.-Prof. Dr. Friedemann W. Nerdinger, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Blickle, Univ.-Prof. Dr. Niclas Schaper

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Springer-Lehrbuch

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Über dieses Buch

Mehr Arbeit im Lehrbuchprogramm: Das neue Lehrbuch zum zweitgrößten und -beliebtesten Fachgebiet ist da! Die Arbeits- und Organisationspsychologie beschäftigt sich mit dem Menschen im Kontext von Wirtschaft, Arbeitstätigkeit und Organisationen. Wovon hängt es ab, ob jemand zufrieden mit seiner Arbeit ist? Welche Prozesse finden bei Fusionen und Unternehmensübernahmen statt? Wie funktioniert Personalentwicklung? Was ist „organisationale Sozialisation"? Drei ausgewiesene Experten der AO-Psychologie beantworten diese Fragen fundiert und anschaulich. So gelingt der Einstieg das Fachgebiet: Abgedeckt werden die großen Bereiche Organisation, Personal und Arbeit. Neben den Grundlagen steht dabei vor allem der Praxisbezug im Vordergrund. Die Kapitel sind didaktisch optimal für Lernen und Prüfungsvorbereitung aufbereitet. Mit Glossar der wichtigsten Fachbegriffe. Macht nicht nur Arbeit, sondern Spaß!

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen

Frontmatter
1. Selbstverständnis, Gegenstände und Aufgaben der Arbeits- und Organisationspsychologie

Womit beschäftigt sich die Arbeits- und Organisationspsychologie? Welche Themenfelder werden unter weichen wissenschaftlichen Fragestellungen und Perspektiven bearbeitet? Was tun Arbeits- und Organisationspsychologen in der Praxis und in welchen Kontexten arbeiten sie? Wodurch ist das fachliche Selbstverständnis dieser psychologischen Teildisziplin gekennzeichnet? Mit welchen Themen und Fragen wird sich die Arbeits- und Organisationspsychologie zukünftig schwerpunktmäßig beschäftigen? Dies sind zentrale Fragen mit denen sich dieses einleitende Kapitel des Lehrbuchs auseinandersetzt, Ziel ist dabei, wesentliche Gegenstände, das fachliche Selbstverständnis, Aufgaben- und Untersuchungsfelder sowie Bearbeitungsperspektiven der Arbeits- und Organisationspsychologie vorzustellen und zu erläutern (⊡ Abb. 1.1). Nach der Einführung der zentralen Gegenstände und Fragestellungen der Arbeits- und Organisationspsychologie werden vertiefend dazu Begriffsbestimmungen, Themenfelder und Bearbeitungsperspektiven vorgestellt. In zwei weiteren Abschnitten werden das wissenschaftliche und fachliche Selbstverständnis der Arbeits- und Organisationspsychologie erläutert und Untersuchungs- und Aufgabenfelder des Fachs charakterisiert. Abschließend werden aktuelle und zukünftige Themenfelder dieser Teildisziplin skizziert.

2. Geschichte

Dass sich die psychologische Forschung in der hier interessierenden Teildisziplin auf ein doppeltes Objekt bezieht — auf Arbeit und Organisation -, lässt sich erst aus ihrer historischen Entwicklung nachvollziehen. Diese kann hier nur kursorisch in ihren Hauptlinien nachgezeichnet werden (vgl. ausführlich u.a.

Gundlach, 1996

;

Greif, 2004

;

Lück, 2004

), Nimmt man als Ausgangspunkt moderner psychologischer Forschung die bahnbrechenden Arbeiten von Wilhelm Wundt, dann lassen sich diese Hauptlinien mit den Schlagworten »Taylorismus« und Münsterbergs Programm der »industriellen und sozialen Psychotechnik« benennen. Relativ eigenständige Wurzeln weisen dagegen die Vorläufer der Berufs- und der Personalpsychologie auf.

3. Methoden

Die Arbeits- und Organisationspsychologie ist eine angewandte Wissenschaft, Weil sie eine wissenschaftliche Teildisziplin der Psychologie ist, beschäftigt sie sich mit der objektiven Beschreibung, Messung, Erklärung und Prognose des Erlebens und Verhaltens von Menschen in Organisationen und an der Schnittstelle zu Organisationen, Menschen in Organisationen haben z, B. die Rolle von Mitarbeitern, Kollegen, Führungskräften oder Unternehmern. Menschen an der Schnittstelle zu Organisationen sind z. B.Bewerber, Kunden oder Aktionäre.

Organisation

Frontmatter
4. Organisationstheorien

Psychologie wird als Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten definiert, inisationspsychologie ist dann die Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten in Organisationen (von

Rosenstiel, 2003

). Das hier interessierende menschliche Erleben und Verhalten ist also immer auf die Situation in Organisationen bezogen — nur was Menschen in Auseinandersetzung mit dieser Situation erleben und wie sie sich in Bezug zu dieser Situation verhalten, ist für die Organisationspsychologie entscheidend. Bevor man sich diesem Erleben und Verhalten zuwenden kann, muss daher ein grundlegendes Verständnis von Organisation, ihren Funktionen, Zielen und Wirkmechanismen hergestellt werden. Das ist die Aufgabe dieses Kapitels.

5. Interaktion und Kommunikation

Organisationen bestehen, weil die dort arbeitenden Menschen immer wieder ihre Handlungen aufeinander abstimmen. Sie machen das-allgemein betrachtetdurch Interaktion, d. h., indem sie gegenseitig aufeinander einwirken. Die wichtigste Form der Einwirkung auf andere Menschen ist die Kommunikation (vgl.

Jablin & Putnam, 2001

). Nach der Erläuterung der Bedeutung und einer Abgrenzung der beiden Begriffe werden im Folgenden die wichtigsten Formen der Kommunikation beschrieben. Darauf aufbauend können dann die beiden grundlegenden und organisationspsychologisch wichtigen Formen der Kommunikation — die interpersonelle und die organisationale Kommunikation - in ihren wesentlichen Merkmalen dargestellt werden (zu einer dritten Variante, die davon ausgeht, dass Organisationen aus Kommunikation und Interaktion bestehen, vgl.

Blickle, 2004

).

6. Gravitation und organisationale Sozialisation

Welchen Einfluss hat die Organisation auf die Werte, Einstellungen und Orientierungen ihrer Mitglieder? Welchen Einfluss haben die Mitarbeiter auf die Veränderungen in ihrer Organisation? Das sind die zentralen Fragen, die unter den Konzepten Gravitation und Sozialisation von verschiedenen Wissenschaftenneben der Arbeits- und Organisationspsychologie sind hier u. a. auch die Organisationssoziologie und die Betriebswirtschaftslehre engagiert — untersucht werden. Diese werden im Folgenden kurz erläutert und ihr Zusammenwirken am Beispiel einer Längsschnittstudie verdeutlicht. Da Prozesse der Selektion, die wiederum der Gravitation zugrunde liegen, an anderer Stelle genauer dargestellt werden (▸ Kap. 17), wird anschließend lediglich die Problematik der organisationalen Sozialisation etwas näher beleuchtet.

7. Führung von Mitarbeitern

Führung ist der — wenn nicht wichtigste, so doch — für den Beobachter beeindruckendste Einflussfaktor auf das Verhalten der Mitarbeiter von Organisationen. Entsprechend intensiv wird dieser Bereich aus der Perspektive verschiedener Wissenschaften erforscht (vgl. zum Überblick:

Yukl & van Fleet, 1992

;

Kieser, Reber & Wunderer, 1995

;

Weibler, 2001

;

Neuberger, 2002

; von

Rosenstiel & Wegge, 2004

). Im Laufe der Zeit wurde es daher immer schwieliger, die Ergebnisse der Führungsforschung zu überschauen. Die Anwendung metaanalytischer Untersuchungen hat aber zum Glück in den letzten Jahren einiges Licht in das Dunkel der empirischen Führungsforschung gebracht. Im Folgenden wird ein Einblick in die wichtigsten Entwicklungslinien dieser Forschungsrichtung gegeben. Nach einer knappen Bestimmung des Begriffs Führung und seiner wichtigsten Konsequenz, des Führungserfolgs, wird ein Rahmenmodell des Führungsgeschehens skizziert, anschließend werden zentrale Aspekte der Führung von Mitarbeitern etwas genauer beleuchtet.

8. Teamarbeit

Organisationen lassen sich als soziale Systeme betrachten, die wiederum aus

miteinander

verzahnten Subsystemen bestehen (⊡ Kap. 4,). Solche Subsysteme werden gewöhnlich als Gruppen oder Teams bezeichnet, wobei sich die beiden Begriffe inhaltlich kaum unterscheiden lassen. Die Zusammenarbeit in Gruppen bildet gewissermaßen den »Normalfall« des Verhaltens in Organisationen. Gruppenbzw. Teamarbeit wurde bislang bevorzugt in der Arbeitspsychologie am Beispiel der Arbeit in der Produktion untersucht (⊡ Kap. 23). Daneben findet sich auch in der Verwaltung, im Management und in anderen Bereichen zunehmend Gruppenarbeit, Hier existieren Entscheidungsgruppen, zu denen alle formalen Gremien zählen, Projekt- und Entwicklungsgruppen, aber auch Arbeitsgruppen, die z. B. gemeinsam Dienstleistungen erbringen.

9. Konflikte in Organisationen

Menschen, die gemeinsam in Abteilungen oder Arbeitsgruppen tätig sind, haben nicht selten unterschiedliche oder gar unvereinbare Ansichten, Werthaltungen, Bedürfnisse oder Ziele. Ein paar Beispiele:

Projektmitarbeiter favorisieren unterschiedliche Problemlösungen, Mitglieder des Topmanagements gegensätzliche Geschäftsstrategien — es entbrennt ein Streit um die beste Alternative;

Kollegen konkurrieren um Führungspositionen oder herausfordernde Aufgaben, Abteilungsleiter streiten um Zuständigkeiten;

Mitarbeiter fühlen sich benachteiligt, weil ein Kollege mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung vonseiten des Vorgesetzten erhält;

ein anderer Vorgesetzter erwartet Leistungen, die seine Mitarbeiter nicht zu erbringen bereit sind.

Marc Solga
10. Organisationsdiagnose

Gegenstand der Organisationspsychologie ist das menschliche Erleben und Verhalten in Organisationen. Da menschliches Erleben und Verhalten immer auch von seiner Umwelt, d, h. im hier interessierenden Fall von den Merkmalen einer bestimmten Organisation, beeinflusst wird, sollte diese bei der Beschreibung und Erklärung berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck muss die Wissenschaft zum einen über theoretische Modelle der Organisation, zum anderen über eine Methodologie zur Diagnose unterschiedlicher Merkmale konkreter Organisationen verfügen.

11. Organisationsklima und Organisationskultur

Der Begriff des Betriebs- oder Arbeitsklimas ist in der Praxis weit verbreitet. In Stellenanzeigen wird häufig mit dem guten Betriebsklima geworben, trifft man einen ehemaligen Arbeitskollegen, so wird eine der ersten Fragen lauten, wie denn das Klima im neuen Betrieb sei (

Schramm, 2003

). Was aber ist unter dem Begriff Klima in diesem Zusammenhang genau zu verstehen? Wie lässt sich dieser Begriff von einem anderen Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger verwendet wird — dem der Organisationskultur — abgrenzen? Und wozu sind diese Begriffe überhaupt gut? Auf diese Fragen geben die folgenden Ausführungen eine Antwort.

12. Organisationsentwicklung

»Das einzige, was sich nicht ändert, ist, dass sich ständig alles ändert!« — so lautet ein in vielen Unternehmen verbreitetes Bonmot! Insofern wäre der ständige Wandel von Organisationen gewissermaßen ein Teil ihrer »Natur«, die zu erklären wiederum ein philosophisches Problem darstellt. Die Arbeits- und Organisationspsychologie kann sich dagegen nur mit bestimmten Arten des Wandels auseinandersetzen — den Versuchen, eine Änderung der Organisation gezielt herbeizuführen, gilt dabei ihr besonderes Interesse. Solche Versuche tragen viele Namen, am bekanntesten ist wohl der Begriff Organisationsentwicklung. Das damit Gemeinte und einige Weiterentwicklungen wie die sog. »lernende Organisation« und die vielfältigen Ansätze zur Gestaltung von Innovationen werden im Folgenden etwas genauer beleuchtet.

13. Mergers & Acquisitions: Fusionen und Unternehmensübernahmen

Als Daimler-Benzim Jahre 1998 mit der amerikanischen Firma Chrysler fusionierte, sprach en Schrempp, damals Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, von einer »Hochzeit im Himmel«. Neun Jahre später wurde Chrysler, nachdem ursprünglich rund 35 Mrd, Euro bezahlt wurden, praktisch verschenkt: Nur um das Unternehmen loszuwerden, zahlte Daimler sogar noch 500 Mio, Euro an einen amerikanischen Finanzinvestor, Das ist nur ein besonders spektakuläres Beispiel für das Feld der Fusionen und Unternehmensübernahmen, die in den letzten Jahren zunehmend ins Bewusstsein der Bevölkerung getreten sind. Im Zentrum solcher Ereignisse stehen die Mitarbeiter der betroffenen Unternehmen -zum einen sind sie die »Opfer«, da sie die da mit verbundenen Änderungen und Umstrukturierungen ertragen müssen; zum anderen entscheiden ihre Einstellungen und Verhaltensweisen über das Gelingen von Fusionen und Unternehmensübernahmen: Nur wenn sie die vorab am Schreibtisch ausgedachten Strategien adäquat in die Realität umsetzen, können die erhofften Erfolge eintreten. Das ist aber allzu häufig nicht der Fall, was zeigt, dass die arbeits- und organisationspsychologischen Bedingungen und Folgen von Fusionen und Unternehmensübernahmen von den jeweiligen Entscheidungsträgern immer noch zu wenig bedacht werden.

Personal

Frontmatter
14. Berufswahl und berufliche Entwicklung

Durch den Wandel der Arbeitsweltgleichtdie Berufsbiographie vieler Menschen heute oft einem Flickenteppich: Sie haben schon sehr unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit sind nicht ungewöhnlich (▸ Kasten »Erwerbsarbeit und Privatleben heute«).

15. Anforderungsanalyse

Im Mittelpunkt der psychologischen Anforderungsanalyse steht die Frage, mithilfe welcher Merkmale Personen beschreibbar sind, die sich in einer bestimmten Stelle, einer bestimmten Tätigkeit, einem bestimmten Beruf oder einer bestimmte berufliche Laufbahn bewähren und dort erfolgreich tätig sind. Im Folgenden soll dargestellt werden,

wozu Anforderungsanalysen in der Personalpsychologie benötigt werden

welche Art von Personenmerkmalen für die Anforderungsanalyse relevant sein können

warum überhaupt eine systematische und professionelle Anforderungsanalyse vorgenommen werden sollte und

welche Methoden und Verfahren der Anforderungsbestimmung es gibt.

16. Personalmarketing

Die Personalarbeit in einer Organisation sollte eng auf die langfristigen Ziele der Organisation abgestimmt sein. Solche Ziele können z. B. das Erreichen einer bestimmten Eigenkapitalrendite, die Ausrichtung der Organisation auf bestimmte Kernprodukte, die Sicherstellung eines bestimmten Qualitätsniveaus der Produkte oder die Präsenz im asiatischen und nordamerikanischen Markt sein. Die Personalplanung soll dazu beitragen, dass diese Ziele erreicht werden können. Dazu müssen im Rahmen der Personalplanung z. B. folgende Fragen beantwortet werden: Innerhalb welches Zeitraumes (dies betrifft die Altersstruktur der Organisation) werden wie viele Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen (dies betrifft die Qualifikationsstruktur der Mitarbeiter der Organisation) für welche Art von Stellen (Leitungspositionen, Fachpositionen, ausführende Tätigkeiten) benötigt, um diese Ziele zu erreichen? Die Personalplanung muss sich aber auch der Frage stellen, wie das Überleben und die Leistungsfähigkeit der Organisation sichergestellt werden können, wenn die Prognosen versagen, weil unvorhergesehene Entwicklungen und Veränderungen der Umwelt eintreten.

17. Personalauswahl

Die psychologisch fundierte Personalauswahl gehört zu den Kernbereichen der Personalpsychologie. Sie kann auf eine fast 100-jährige Forschungstradition zurückblicken (▸ Kap. 2). Das Problem der Personalauswahl selbst stellt sich seit Alters her für jede Organisation (▸ Kasten »Biologische Grundlagen und historische Beispiele der Personalauswahl«).

18. Leistungsbeurteilung

Nicht nur Schüler und Studierende, sondern auch Mitarbeiter und Führungskräfte werden laufend in Bezug auf ihre Leistungen beurteilt (⊡ Abb. 18.1). Der erste Abschnitt dieses Kapitels widmet sich der Frage, worin die Unterschiede zwischen einer Leistungsbeurteilung und einer Mitarbeiterbeurteilung liegen und worin sich beide von einer beruflichen Leistungsbeurteilung unterscheiden. Im darauffolgenden Abschnitt soll verdeutlicht werden, warum tätigkeitsbezogene Leistungsbeurteilungen Verhaltens-und nicht Ergebnisbeurteilungen sein sollten. Danach wird ein kurzer Überblick über die unterschiedlichen Aspekte tätigkeitsbezogener Leistungen gegeben. Im Anschluss werden verschiedene Beurteilungsverfahren vorgestellt, u.a. die freie Eindrucksschilderung sowie Rangordnungs-und Einstufungsverfahren. Abschließend werden Urteilstendenzen sowie wichtige Anlässe für und Ebenen der Leistungsbeurteilung dargestellt, nämlich tägliche Rückmeldungen am Arbeitsplatz, Regelbeurteilungen sowie Leistungsbeurteilungen als Elemente der Potenzialbeurteilung.

19. Personalentwicklung

In vielen mittelständischen Unternehmen beschränken sich die Aufgaben der Personalabteilung immer noch auf die Abwicklung der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern sowie auf die Berechnung von Lohn, Gehalt und Urlaubsansprüchen. Eine gezielte Nachfolgeplanung fürausscheidende Mitarbeiter und Führungskräfte findet oft nicht statt. Deswegen taucht dann häufig, scheinbar unvermittelt, das Problem auf, sehr schnell eine Person finden zu müssen, die aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und Persönlichkeit in der Lage wäre, die frei werdende Position erfolgreich auszufüllen. Aber selbst wennes gelänge, am externen Arbeitsmarkt eine solche Person für das Unternehmen zu interessieren, bleibt immer noch das Problem, dass der externe Aspirant mit den Sachproblemen vor Ort, den dort handelnden Personen und der Unternehmenskultur nicht vertraut ist. Andererseits gibtes möglicherweise eine Reihe von Personen, die schon viele Jahre im Betrieb tätig sind, die die betrieblichen Abläufe und die Mitarbeiter kennen, ihre Aufgaben bisher gut und zuverlässig erfüllt haben, aber fachlich auf die Übernahme der anspruchsvolleren Aufgaben nicht vorbereitet sind und auch über keinerlei Führungserfahrung verfügen.

Arbeit

Frontmatter
20. Theoretische Modelle des Arbeitshandelns

Gegenstand dieses Kapitels sind Theorien des Arbeitshandelns. Mithilfe soIcherTheorien soll unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten Arbeitsverhalten bzw.-handeln beschrieben, erklärt und vorhergesagt werden. Unter eher praktischen bzw. anwendungsbezogenen Aspekten sollten gemäß (

2006

) solche Theorien auch in der Lage sein, zum einen Erkenntnisse zur Verbesserung von Arbeitsaufgaben und ihren Ausführungsbedingungen zu liefern und zum anderen Erkenntnisse zur Verbesserung von Leistungsvoraussetzungen arbeitender Menschen abzuleiten. Im Verlauf der historischen Entwicklung der Arbeits-und Organisationspsychologie wurden-auch unter dem Einfluss jeweils dominierender disziplinärer und zeitgeschichtlicher Theorieströmungen — ganz unterschiedliche theoretische Ansätze zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von Arbeitsverhalten bzw. -handeln entwickelt. Im Rahmen dieses Lehrbuchs können daher nur Schlaglichter auf diese Entwicklung geworfen werden. Im Folgenden werden vier bedeutsame theoretische Ansätze des Arbeitshandelns betrachtet und vorgestellt: Verhaltens-und lerntheoretische Ansätze, kognitionspsychologische Ansätze, sowie handlungs-und tätigkeitstheoretische Ansätze. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Auf welchen Grundannahmen beruht der jeweilige Ansatz? Welche grundlegenden Erklärungskonzepte wurden jeweils zur Beschreibung und Erklärung von Arbeitsverhalten entwickelt? Welche Anwendungsbezüge und praktischen Konzepte ergeben sich aus diesen Theorien?

21. Arbeitsanalyse und -bewertung

Die Durchführung von Arbeitsanalysen und -bewertungen gehört zu den zentralen Aufgabenbereichen und Forschungsgegenständen der Arbeits- und Organisationspsychologie, da die Konzeption und Planung von Maßnahmen zur Verbesserung und Neugestaltung von Arbeitsaufgaben und -bedingungen in der Regel eine sorgfältige Analyse der Arbeitssituation und -anforderungen sowie der organisationalen Rahmenbedingungen und personalen Voraussetzungen an den betroffenen Arbeitsplätzen erfordert. Hierfür stehen mittlerweile ein breites Wissen über grundlegende Anwendungskonzepte und -fragen der Arbeitsanalyse und -bewertung sowie eine Vielzahl von konkreten methodischen Verfahren zur Verfügung. Im Folgenden wird ein Überblick zu Fragestellungen und Aspekten gegeben, die bei der Planung von Arbeitsanalysen sowie der Auswahl entsprechender Verfahren zu berücksichtigen sind.

22. Arbeitsgestaltung in Produktion und Verwaltung

Historisch gesehen beschäftigt sich die Arbeitspsychologie schon seit ihrem Bestehen immer wieder mit Forderungen zur Gestaltung besserer Arbeitsbedingungen. Daher wurde bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Reihe wichtiger Konzepte einer psychologisch orientierten Arbeitsgestaltung entwickelt (z. B. das Konzept vollständiger Aufgaben bei Hellpach, 1922; vgl. hierzu

Ulich, 2004

). Aber erst in den 60er und 70er Jahren rückten in Deutschland — insbesondere mit dem Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens — psychologische Aspekte der Arbeitsgestaltung ins Zentrum der Betrachtung; d. h. es wurden Ansätze und Maßnahmen entwickelt mit dem Ziel, die gestaltbaren Bedingungen von Arbeit so zu verändern und zu verbessern, dass auch das Wohlbefinden und die persönliche Weiterentwicklung des arbeitenden Menschen Berücksichtigung fanden. Demnach ist psychologische Arbeitsgestaltung in hohem Maße mit dem Ziel verknüpft, Arbeit nicht nur effizient, sondern auch »menschengerecht« zu gestalten.

23. Gruppenarbeit in der Produktion

Gruppenarbeit wird von vielen Unternehmen als entscheidender Erfolgsfaktor für die eigene wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit unter den heutigen Produktions- und Marktbedingungen angesehen. Spätestens seit der stark beachteten MIT-Studie von (

1991

), die eine Überlegenheit japanischer Produktionskonzepte nahelegte, in denen eine bestimmte Art der Gruppenarbeit ein zentrales Element darstellt, ist diese Form der Arbeitsorganisation aus vielen Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Gruppenarbeit ist aber auch eine Form der Arbeitsorganisation, die Potenziale für eine nach humanen Kriterien günstige Arbeitsgestaltung aufweist, da sie bei guter Gestaltung durch anspruchsvolle Aufgaben, hohe Kommunikations- und Kooperationsanforderungen sowie soziale Unterstützungsressourcen geprägt ist. Für die Arbeits- und Organisationspsychologie ergibt sich somit in Bezug auf die Analyse, Gestaltung und Evaluation von Gruppenarbeitskonzepten ein lohnendes und breites Betätigungsfeld.

24. Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit

Motivation gibt Antwort auf die Frage nach dem »Warum« bzw. dem »Wozu« menschlichen Verhaltens, d. h., es werden damit die Ursachen bzw. die Ziele des Verhaltens erklärt. Mit dem Konzept Motivation kann allerdings nicht Verhalten schlechthin erklärt werden — Verhalten ist ein Merkmal des Lebens, das erst im Tode endet -, vielmehr wird damit wissenschaftlich die Richtung, Intensität und Ausdauer menschlichen Verhaltens erklärt (Thomae, 1985; vgl. zum Folgenden

Nerdinger, 2006

).

25. Formen des Arbeitsverhaltens

Arbeitsverhalten ist ein Schlüsselbegriff der Arbeits-und Organisationspsychologiemelisch betrachtet ist das Verhalten in der Arbeit die wichtigste abhängige Variable, die es zu erklären und zu prognostizieren gilt. Der Grund dafür liegt natürlich in der Bedeutung des Arbeitsverhaltens für die ganze Organisation: Unternehmen brauchen Mitarbeiter, die ein optimales Arbeitsverhalten zeigen, um ihre Ziele zu erreichen, die für ihr Überleben notwendigen Produkte und Dienstleistungen herzustellen und dabei möglichst Wettbewerbsvorteile zu erringen. Dies zeigt bereits, dass gewöhnlich bei dem Begriff Arbeitsverhalten spontan an die Leistung der Mitarbeiter gedacht wird. Nimmt man aber den Begriff weiter im Sinne des Verhaltens in der Arbeit, zeigt sich schnell, dass zum Arbeitsverhalten sehr viel mehr zählt als »nur« die Bewältigung der zugewiesenen Aufgaben. Offensichtlich ist Arbeitsverhalten ein mehrdimensionales Konzept, das im Folgenden etwas aufgeschlüsselt wird.

26. Aus-und Weiterbildung: Konzepte der Trainingsforschung

Pschologische Aspekte der Aus- und Weiterbildung sind Forschungsgegenstand und Praxisfeld der Arbeits- und Organisationspsychologie. Im Zentrum steht dabei die Analyse, Planung, Gestaltung und Evaluation von Lernprozessen, die auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Kompetenzen gerichtet sind. Im angloamerikanischen Bereich spricht man auch von Training und der darauf bezogenen Trainingsforschung. Enge Verknüpfungen bestehen in diesem Zusammenhang auch mit dem Begriff der Personalentwicklung (▸ Kap. 19).

27. Psychologie der Arbeitssicherheit

Arbeitssicherheit beschäftigt sich mit den Gefahren und Gefährdungen in der Arbeitswelt und den Strategien, um diese abzuwenden bzw. zu bewältigen. Mangelnde Arbeitssicherheit macht sich vor allem durch Unfälle und Verletzungen der arbeitenden Personen bemerkbar, wie z. B, Verletzungen der Hand beim (falschen) Verwenden eines Werkzeugs, das Einklemmen von Gliedmaßen in einer Maschine oder schwerste Verletzungen bis zur Todesfolge durch das Explodieren eines chemischen Reaktors in einer Chemieproduktion. Die Beispiele zeigen, dass mangelnde Arbeitssicherheit zu erheblichen Konsequenzen und »Kosten« sowohl für die betroffenen Mitarbeiter als auch das Unternehmen führen kann. Da Arbeitssicherheit nicht allein durch technische Vorrichtungen zu gewährleisten ist, sind bei der Analyse und Gestaltung von Sicherheitsfragen auch Verhaltens- und einstellungsbezogene, d. h. psychologische Faktoren in bedeutendem Maße mit ins Kalkül zu ziehen.

28. Wirkungen der Arbeit

Beruf und Arbeit sind zentrale Faktoren unseres Lebens und haben großen Einfluss auf die Gestaltung des Alltags, indem sie ihn maßgeblich strukturieren und bestimmen. In der arbeitspsychologischen Forschung beschäftigt man sich seit langem mit der Bedeutung der Arbeit für den Menschen, ihren Wirkungen und Folgen. Die Frage, inwiefern sich eine ungesunde und risikoreiche Arbeitsumgebung negativ auf die Gesundheit auswirken kann, ist aber schon eine viel ältere und wurde insbesondere im Zuge der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts und ihren Folgen für das Arbeitsleben der Menschen aufgeworfen. Lag in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts der Fokus gesundheitsbezogener Überlegungen am Arbeitsplatz noch auf der Prävention von Unfällen und der Reduktion physischer Belastungen, zeigte sich in den letzten Jahrzehnten ein Wandel hin zur Betonung von arbeitsbedingten psychischen Belastungen und Erkrankungen (

Buunk, de Jonge, Ybema & de Wolff, 1998

). Arbeitsplatzunsicherheit, stetig zunehmende Anforderungen sowie steigender Zeit- und Leistungsdruck bestimmen den heutigen Arbeitsalltag und fordern von vielen Arbeitnehmern ihren Tribut, So geht seit den 70er Jahren der Krankenstand, also die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz, in Deutschland zwar stetig zurück (

Busch, 2006

). Gleichzeitig steigt aber der Anteil an psychischen Erkrankungen als Ursache für Arbeitsunfähigkeit stetig an. Im Vergleich zum Jahr 2000 stieg der durch psychische Erkrankungen verursachte relative Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage um 20% und lag im Jahr 2006 an vierter Stelle der Ursachen für Arbeitsunfähigkeit (

Lademann, Mertesacker & Gebhardt, 2006

), Dennoch werden trotz objektiv gleicher Arbeitsbelastungen nicht alle Menschen auf gleiche Weise beeinträchtigt.

29. Neue Formen der Arbeit: Das Beispiel Telekooperation

Arbeitsbedingungen und Märkte verändern sich immer rascher und damit ändern sich neben den Anforderungen an die Organisation auch die Anforderungen an die Arbeitnehmer, In diesem Zusammenhang ergeben sich insbesondere erhöhte Anforderungen an die Flexibilität der Unternehmen und Mitarbeiter sowie die Nutzung der neuen Informations- und Telekommunikationsmedien. Im ▸ Kasten »Telearbeit und Telekooperation« ist ein typisches Beispiel für telekooperatives Arbeiten dargestellt. Dieses Beispiel macht deutlich, wie vielfältig und komplex die Möglichkeiten und Anforderungen bei der Gestaltung telekooperativer Arbeit mittlerweile sind.

Die Schnittstelle Organisation-Markt: Dienstleistungen

Frontmatter
30. Dienstleistungstätigkeiten

In allen entwickelten Volkswirtschaften arbeiten die meisten berufstätigen Menschen im Bereich der Dienstleistungen, im Gegensatz zu Tätigkeiten in der (industriellen) Produktion, mit denen sich die Arbeitspsychologie bevorzugt beschäftigt, werden Dienstleistungen im mehr oder weniger direkten Kontakt mit dem Kunden produziert. Dieses spezifische Merkmal derTätigkeit wirft besondere Probleme für die Arbeits- und Organisationspsychologie auf, da die wahrgenommene Qualität der Leistung in hohem Maße von der Einschätzung der Person und des Verhaltens des Dienstleisters durch den Kunden abhängt. Die psychologischen Aspekte derTätigkeiten im Dienstleistungsbereich werden im Folgenden etwas genauer analysiert.

31. Dienstleistungsqualität — Erklärung und Messung

Die Qualität angebotener Dienstleistungen wird gewöhnlich als das wichtigste Instrument im Wettbewerb um die Kunden angesehen: Hohe Dienstleistungsqualität kann die von den Kunden häufig erlebte Austauschbarkeit der verschiedenen Angebote verringern, die Beziehungen zwischen Organisation und Kunden festigen und den Gefahren des Preiswettbewerbs entgegenwirken. Die Qualität hat für den Unternehmenserfolg im Dienstleistungssektor-verglichen mit dem Durchschnitt aller Branchen-sehr viel größere Bedeutung (

Buzzell & Gale, 1989

): Durch Qualitätsführerschaft kann der Erfolg von Dienstleistungsunternehmen langfristig gesichert werden, denn die von den Kunden wahrgenommene Dienstleistungsqualität beeinflusst die Absicht, den Dienstleistungsgeber zu wechseln, in hohem Maße. Damit kommt der Erklärung und Messung der Dienstleistungsqualität besondere Bedeutung zu.

32. Steuerung der Dienstleistungsqualität

Zur Steuerung der Dienstleistungsqualität nehmen Organisationen Einfluss auf Mitarbeiter und Kunden. Um die Mitarbeiter zu beeinflussen, eignen sich die meisten personalwirtschaftlichen Maßnahmen. Die Beeinflussung der Kunden erfolgt dagegen über die verschiedenen Maßnahmen des Marketing, die als »Marketingmix« bezeichnet werden. Da aber Dienstleistungsnehmer und -geber im Rahmen der Leistungserstellung durch eine Interaktion verknüpft sind, haben beide Formen der Beeinflussung — die personalwie die marktbezogenen — immer auch indirekte Auswirkungen auf den jeweiligen Interaktionspartner. Das legtes nahe, die verschiedenen Maßnahmen der Beeinflussung durch Organisationen mit

einem

Konzept zu erfassen. Dazu eignet sich das Konzept des Dienstleistungsmarketingmix. Dieses Konzept wird kurz vorgestellt, anschließend werden die wichtigsten Ansatzpunkte zur Steuerung der Dienstleistungsqualität beschrieben.

Backmatter
Metadaten
Titel
Arbeits- und Organisationspsychologie
verfasst von
Univ.-Prof. Dr. Friedemann W. Nerdinger
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Blickle
Univ.-Prof. Dr. Niclas Schaper
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-74705-5
Print ISBN
978-3-540-74704-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-74705-5