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2014 | Buch

Bildungsinvestitionen und bildungspolitische Maßnahmen im Spannungsfeld von Gerechtigkeit und Effizienz

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Über dieses Buch

Eine effiziente und gerechte Bildungspolitik zählt zu den bedeutendsten Themen unserer Gesellschaft. Anhand dreier empirischer Studien analysiert Anna Makles, wie mit entsprechendem Ressourceneinsatz und bildungspolitischen Steuerungsmaßnahmen ungünstigen Ausgangslagen von Kindern und Jugendlichen im Bildungsprozess entgegengewirkt werden kann. In einer ersten Studie untersucht sie, welchen Effekt die Kindergartenbesuchsdauer auf die Schulfähigkeit von Kindern verschiedener ethnischer und sozioökonomischer Herkunftsgruppen hat. Die zweite Studie befasst sich mit dem Effekt der Auflösung von Grundschulbezirken auf die ethnische Zusammensetzung in Grundschulen und der möglichen Verstärkung ungünstiger Ausgangslagen an den Schulen. In der dritten Studie werden Möglichkeiten der bedarfsgerechten Schulfinanzierung zur Berücksichtigung ungünstiger Ausgangslagen an Grundschulen diskutiert. Die Ergebnisse weisen auf vielfältige Steuerungsmöglichkeiten für eine gerechte und effiziente Bildungspolitik hin.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
In vielen Bildungsbereichen gab es in den vergangenen Jahren Reformbemühungen mit dem Ziel, auf institutioneller Ebene ungünstigen sozioökonomischen und familiären Ausgangslagen entgegenzuwirken. So wurden bereits in vielen Bundesländern Schulreformen durchgeführt, die beispielsweise das längere gemeinsame Lernen oder die Durchlässigkeit des Schulsystems betreffen. Dabei bewegen sich alle Maßnahmen stets auf einer Gratwanderung zwischen Gerechtigkeit und Effizienz: Einerseits sollen allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen und Möglichkeiten für einen erfolgreichen Bildungsweg eröffnet werden, d. h., niemand darf aufgrund von nicht beeinflussbaren Faktoren, die sich negativ auf den Bildungserfolg auswirken können, zurückgelassen werden. Andererseits sind die Mittel knapp und gute Ideen, wie mit bestimmten Maßnahmen erfolgreich und wirksam interveniert werden kann, sind rar. Folglich müssen Ressourcen, die zur Berücksichtigung nicht vorhandener gleicher Startbedingungen im Bildungsprozess aufgewendet werden, auch gezielt und effizient eingesetzt werden. Gerade aus der ökonomischen Perspektive ist dieses Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Effizienz von großer Relevanz, da die Erträge von Bildung nicht nur dem Individuum, sondern auch der Gesellschaft zugutekommen.
Anna Makles
2. Ökonomische Perspektive des Bildungserwerbs
Zusammenfassung
Die Begriffe der Bildung und des Bildungserwerbs lassen sich vor dem Hintergrund verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen unterschiedlich definieren und verstehen. Die ökonomische Perspektive des Bildungserwerbs ist jedoch traditionell mit der Humankapitaltheorie verbunden, bei der die Bildung eine individuelle und gesellschaftliche ökonomische Ressource darstellt. Ausgehend von dieser Theorie kann der Bildungserwerb als bewusste individuelle Investitionsentscheidung angesehen werden, welche mit einer Ertragserwartung verbunden ist. Der Ertrag dieser Investitionsentscheidung besteht beispielsweise darin, dass durch einen höheren individuellen Humankapitalbestand eine höhere Arbeitsproduktivität erreicht werden kann. Diese mündet dann in Beschäftigung, höherem Einkommen und gesellschaftlicher Teilhabe. Individuen investieren demnach so lange in ihre eigene Bildung, bis das Bildungsoptimum erreicht ist, d. h. der Grenzertrag der Bildung mit den Grenzkosten übereinstimmt. Diese Bedingung ist dann optimal, wenn die individuellen Grenzerträge und -kosten mit den gesellschaftlichen übereinstimmen.
Anna Makles
3. Schulfähigkeit in Abhängigkeit der Kindergartenbesuchsdauer
Zusammenfassung
Die frühkindliche Bildung ist auf der wichtigsten Stufe des Wissenserwerbs im Lebenszyklus eines Bildungsteilnehmers verortet. Kenntnisse und Fähigkeiten, die auf dieser Bildungsstufe erlangt werden, haben einen zentralen Einfluss auf den Wissenserwerb auf den folgenden Bildungsstufen. Dennoch, der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomisehen Hintergrund einer Familie und den Bildungschancen von Kindern ist in Deutschland nach wie vor stark ausgeprägt. Folglich können bestimmte Faktoren die Akkumulation von Wissen im Lebensverlauf eventuell bereits frühzeitig beeinflussen und Interventionen erforderlich machen, um diesem Umstand entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund liegt der Fokus der folgenden Analyse auf der Bedeutung der Kindergartenbesuchsdauer für die Entwicklung kognitiver und schulrelevanter Kompetenzen von Kindern unterschiedlicher sozioökonomischer Herkunftsgruppen. Unter der Annahme, dass ein längerer Kindergartenbesuch allgemein mit Kompetenzvorsprüngen für alle Kinder einhergeht, wird untersucht, ob dieser auch fehlende häusliche Ressourcen kompensieren kann und so Entwicklungsdefizite aufgeholt werden können.
Anna Makles
4. Ethnische Segregation in Grundschulen
Zusammenfassung
Bildungspolitische Reformen, wie sie seit Längerem auf verschiedenen Bildungsstufen durchgeführt werden, beruhen stets auf der Zielsetzung, die Bildungschancen aller Teilnehmer zu verbessern. Meistens verfolgen die Reformen dabei auch das Ziel, ungünstige Ausgangslagen von Individuen zu berücksichtigen oder diesen auf unterschiedliche Art und Weise im Bildungsverlauf intervenierend entgegenzuwirken. Doch nicht alle bildungspolitischen Steuerungsmaßnahmen lösen auch die gewünschten positiven Effekte aus. In Nordrhein-Westfalen (NRW) wurden durch die Änderung des Schulgesetzes zum Schuljahr 2008/09 alle Grundschulbezirke aufgehoben. Den Eltern schulpflichtig werdender Kinder wird damit erlaubt, selbst eine Grundschule für ihre Kinder auszuwählen. Sie müssen also nicht mehr diejenige Schule wählen, in deren Schulbezirk sie leben. Dennoch bestehen Zweifel darüber, ob die neu geschaffenen Wahlmöglichkeiten nicht auch negative Folgen haben können. So wird befürchtet, dass nicht alle Personengruppen gleichermaßen die Wahloption wahr- und auch in Anspruch nehmen. Kritiker der Reform vermuten, dass gerade Personen, die als bildungsnah gelten, verstärkt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen werden.
Anna Makles
5. Gewichtete Schulfinanzierung am Beispiel von Grundschulen
Zusammenfassung
In der bildungspolitischen Diskussion finden sich immer wieder Forderungen danach, ungünstige Ausgangslagen von Individuen im Bildungsprozess zu berücksichtigen und diesen auf institutioneller Ebene mit verschiedenen Ansätzen intervenierend entgegenzuwirken. Eine wichtige Rolle hierbei kommt auch der Bildungsfinanzierung und speziell der Schulfinanzierung zu. Schulfinanzierungskonzepte sollten sich an den Bedarfen und Bedürfnissen der Bildungsteilnehmer orientieren und nicht umgekehrt. Die Begründung hierfür lässt sich aus der ökonomischen Perspektive des Bildungserwerbs und der Effizienz und Gerechtigkeit von Bildungspolitik und Bildungsinvestitionen ableiten (vgl. hierzu insbesondere Kapitel 2). Wenn es Faktoren gibt, die sich negativ auf den Bildungserfolg und die Bildungschancen von Individuen auswirken, und die die Individuen selbst nicht beeinflussen können, so dürfen diese im Rahmen des Bildungsprozesses nicht unberücksichtigt bleiben oder gar verstärkt werden. Zum einen, weil hierdurch hohe ökonomische Folgekosten entstehen können und zum anderen, weil es sonst zu einer ungleichen und möglicherweise ungerechten Verteilung des Gutes Bildung kommen kann.
Anna Makles
6. Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung
Die Theorie der Chancengerechtigkeit nach Roemer (1998) lässt sich auf die folgende Aussage herunterbrechen:
  • Ungleichheit im Bildungsprozess sollte nur dann toleriert werden, wenn sie auf unterschiedlichen persönlichen Bemühungen beruht. Sie sollte jedoch nicht toleriert werden, wenn sie durch Umstände verursacht wird, auf die das Individuum selbst keinen Einfluss nehmen kann, wie beispielsweise auf seine ethnische oder soziale Herkunft sowie seinen familiären Bildungshintergrund.
Anna Makles
Backmatter
Metadaten
Titel
Bildungsinvestitionen und bildungspolitische Maßnahmen im Spannungsfeld von Gerechtigkeit und Effizienz
verfasst von
Anna Makles
Copyright-Jahr
2014
Electronic ISBN
978-3-658-04849-5
Print ISBN
978-3-658-04848-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-04849-5