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Open Access 2016 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Internetbasierter Vertrieb in Auslandsmärkten

verfasst von : FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger, FH-Prof. Dr. Dietmar Sternad, Dipl.-Ing. Martin Stromberger

Erschienen in: E-Business im Export

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Das Internet kann für viele Unternehmen einen zusätzlichen Vertriebskanal darstellen, manchmal (insbesondere für kleinere Unternehmen) sogar den einzigen, über den man Kunden im Ausland bedienen kann. Die beiden wesentlichen Vertriebskanäle stellen dabei Webshops und Online-Marktplätze dar. In jedem Fall sind für die Nutzung des Internets als Vertriebskanal Überlegungen anzustellen, wie die grenzüberschreitende Zahlungsabwicklung, die physische Warenlieferung und die operative Abwicklung des Exportgeschäfts erfolgen sollen.
Das Internet kann für viele Unternehmen einen zusätzlichen Vertriebskanal darstellen, manchmal (insbesondere für kleinere Unternehmen) sogar den einzigen, über den man Kunden im Ausland bedienen kann. Die beiden wesentlichen Vertriebskanäle stellen dabei Webshops und Online-Marktplätze dar. In jedem Fall sind für die Nutzung des Internets als Vertriebskanal Überlegungen anzustellen, wie die grenzüberschreitende Zahlungsabwicklung, die physische Warenlieferung und die operative Abwicklung des Exportgeschäfts erfolgen sollen.

4.1 Webshops

Webshops geben Kunden die Möglichkeit, sich rasch und unkompliziert über Produkte zu informieren und diese auch gleich zu kaufen. Für Unternehmen ist ein Webshop eine Gelegenheit, eigene Produkte, aber auch Produkte anderer Hersteller, einfach zu verkaufen (insbesondere auch an Kunden in anderen Ländern).
Damit auf das internationale Geschäft ausgerichtete Webshops funktionieren, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. Rechtliche Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden (siehe auch Abschn. 1.​5 in diesem Essential). Zudem sind der Aufbau einer vertrauensvollen Kundenbeziehung, ein entsprechendes Leistungsversprechen, die Einbeziehung von sozialen Netzwerken und die Einhaltung von Sicherheitsstandards wesentliche Erfolgsfaktoren (vgl. Heinemann 2015; Selling Online (o. A.) 2015).
Das zentrale Instrument für den Webshop ist die entsprechende Webshop-Software. An diese werden bei einem internationalen Webshop besondere Anforderungen gestellt. Zumeist wird es notwendig sein, für jedes Land eine eigene Instanz des Webshops zu definieren, damit länderspezifische Besonderheiten abgebildet werden können. Die Darstellung von Produkten kann länderspezifisch unterschiedlich erfolgen (manche Produkte werden nicht in allen Ländern zum Verkauf angeboten), ebenso Produktpreise, Steuersätze, Versandbedingungen und Produktbeschreibungen.
Auf lokale Feiertage, Urlaubszeiten und Einkaufstage ist ebenso Rücksicht zu nehmen wie auf Produktdetails wie Maße, Gewichte oder Kleidergrößen. Auch Kennzeichnungspflichten können unterschiedlich sein. Kontaktinformationen und E-Mail-Templates müssen ebenfalls angepasst werden. Die Berechnung der Kosten für die Kunden muss vollständig und korrekt erfolgen, und zwar unter Einbeziehung von Steuersätzen und Versandkosten.
Weitere relevante Informationen für Auslandskunden, wie zum Beispiel Zollbestimmungen, müssen ebenfalls in das System eingepflegt werden. Den Kunden sollte dabei die Möglichkeit gegeben werden, interaktiv mit dem Shop-Betreiber in der jeweiligen Landessprache in Kontakt zu treten, um eventuell auftretende offene Fragen direkt besprechen zu können. Kundendaten inklusive Zahlungsinformationen müssen geschützt zwischen Kunden und Webshop-Betreiber ausgetauscht und sicher gespeichert werden. Spezialisierte Analysetools eröffnen die Möglichkeit, entsprechende Auswertungen (vor allem auch länderspezifisch) über den Webshop durchzuführen und diesen darauf aufbauend auf die jeweiligen Bedürfnisse der Kunden vor Ort anzupassen.

4.2 B2C-Marktplätze

B2C-Marktplätze ermöglichen den Verkauf von Produkten über von spezialisierten Anbietern betriebene virtuelle Marktplattformen an Endkunden. Auf einem virtuellen Marktplatz erfolgt das Zusammenführen von Angebot und Nachfrage. B2C-Marktplätze sind insbesondere auch für exportorientierte Unternehmen interessant, da diese meist länderübergreifend bzw. in mehrfacher landesspezifischer Form operieren (Beispiele hierfür sind Amazon und eBay).
Auf diesen Marktplätzen können Produktdaten und -bilder hochgeladen werden. Dabei können die Anbieter dieser Plattformen auch spezifische Anpassungen fordern (z. B. ausschließlich weißer Hintergrund bei Produktbildern). Das Aufbereiten der Produktdaten für mehrere landesspezifische Marktplätze kann einen aufwändigen Prozess darstellen (z. B. aufgrund von Mehrsprachigkeit, Auszeichnungspflichten oder verschiedenen Maßsystemen).
Die verschiedenen Marktplätze haben unterschiedliche Gebührenmodelle. Sie behalten üblicherweise Verkaufsprovisionen ein, welche auch gestaffelt sein können (z. B. abhängig vom Verkaufspreis bzw. von der Produktkategorie). Typische Verkaufsprovisionen umfassen den Bereich von 4 bis 15 %. Zusätzlich können noch (monatliche) Grundgebühren und Gebühren für Zusatzoptionen (beispielsweise für die „Startzeitplanung“, d. h., dass ein Angebot für ein Produkt erst ab einem definierten Zeitpunkt gilt) anfallen. Bei einzelnen Marktplätzen fällt eine Gebühr erst beim Verkauf eines Produktes an, bei anderen ist schon alleine für das Anzeigen eines Produktes eine Gebühr zu entrichten (die sogenannte Angebotsgebühr). Da Gebühren von Marktplatz zu Marktplatz (auch vom selben Anbieter) unterschiedlich ausfallen können, kann die Durchführung von Rentabilitätsberechnungen einen ernstzunehmenden Aufwand erzeugen.
Der Versand kann direkt durch Anbieter erfolgen oder aber auch durch den Marktplatzbetreiber. Beim Versand durch den Marktplatzbetreiber fallen zusätzlich zu den Portokosten häufig auch noch Transaktionskosten an. Auch das Retourenmanagement kann entweder durch den Anbieter erfolgen oder durch den Marktplatzbetreiber. Es ist dabei auch möglich, diese Funktion länderspezifisch unterschiedlich mit dem Marktplatzbetreiber zu vereinbaren.
Die Marktplatzbetreiber stellen häufig besondere Anforderungen an die Anbieter. Diese können besondere Kundenfreundlichkeit bei Reklamationen betreffen oder aber auch die Verfügbarkeit von Services (z. B. die Beantwortung von Kundenanfragen innerhalb einer definierten Frist bzw. auch an Wochenenden). Auch diese Regelungen können bei einzelnen Marktplatzbetreibern länderspezifisch unterschiedlich sein.

4.3 B2B-Marktplätze

Die zuvor beschriebenen Webshops und B2C-Marktplätze bilden vor allem Prozesse im Endkundengeschäft ab. Es existieren aber B2B-Marktplätze, in denen sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager Unternehmen sind. Der Marktplatzbetreiber tritt als Intermediär auf, der die Angebots- und Nachfrageseite miteinander verbindet. Der Intermediär betreibt mit Hilfe einer E-Marketplace-Lösung Funktionen wie Bestellabwicklung und das Anbieten von Online-Katalogen (Kollmann 2013, S. 124). Auch Ausschreibungs- und Auktionsprozesse können über diese Marktplätze abgewickelt werden. B2B-Marktplätze unterstützen das E-Procurement, „die Integration von netzbasierten Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung der operativen Tätigkeiten und strategischen Aufgaben in den Beschaffungsbereich von Unternehmen“ (Wirtz 2013, S. 619).
B2B-Marktplätze können offen oder geschlossen sein, d. h. für alle interessierten Partner zur Verfügung stehen oder nur für einen eingegrenzten (eingeladenen) Partnerkreis. Man unterscheidet dabei vertikale und horizontale Marktplätze. Vertikale Marktplätze orientieren sich an einer spezifischen Nutzergruppe oder Branche, während horizontale Marktplätze branchenübergreifend ausgerichtet sind.
Das Marktplatzsystem muss Systemschnittstellen anbieten, über welche Produktdaten ausgetauscht werden können, aber auch der Austausch von Informationen von Seiten des Anbieters (Verfügbarkeit, Lieferzeit) und des Käufers (Nachfrage, Dringlichkeit der Lieferung) ermöglicht wird. Damit ist auch die Notwendigkeit einer Schnittstelle zu E-Procurement-Lösungen verbunden.
Das Marktplatzsystem muss zudem umfangreiche Produktbeschreibungen verwalten können. Diese Informationen umfassen standardisierte Daten, wie zum Beispiel die Europäische Artikelnummer (EAN), sowie nichtstandardisierte Daten, die länderspezifisch sein können (z. B. die Einhaltung von bestimmter Normen, die Einsatzmöglichkeit des Produktes hinsichtlich klimatischer Bedingungen oder rechtlicher Voraussetzungen). Marktplatzsysteme bieten zumeist auch Schnittstellen zu Katalogmanagementsystemen an, um die entsprechenden Daten einfacher austauschen zu können.

4.4 Zahlungsmodalitäten

Wenn über das Internet Geschäfte in anderen Ländern abgewickelt werden, ist eine Entscheidung über das Angebot geeigneter Zahlungsmethoden zu treffen. Dabei sollte einerseits den Kunden die Möglichkeit eröffnet werden, die erworbenen Waren oder Dienstleistungen einfach und sicher zu bezahlen. Es geht dabei vor allem auch darum, Kaufabbrüche zu vermeiden, die dadurch entstehen können, dass Kunden im Ausland zu bestimmten Zahlungsformen kein Vertrauen haben. Andererseits ist darauf zu achten, dass das Risiko eines eventuellen Zahlungsausfalls so niedrig wie möglich gehalten wird. Generell sind die Verbreitung und Kundenakzeptanz des Zahlungsverfahrens im ausländischen Zielmarkt, der Schutz vor Zahlungsausfällen und die anfallenden Kosten wichtige Kriterien für die Auswahl geeigneter Bezahlsysteme für den Export über das Internet.
Es ist nicht einfach, sich einen Überblick über die Unzahl von internetbasierten Bezahlsystemen zu verschaffen, die derzeit international existieren. In einer groben Klassifizierung können aber folgende Kategorien von Zahlungssystemen unterschieden werden:
  • Kreditkartenbasierte Zahlung (z. B. Übertragung von Kreditkartendaten über sichere Verschlüsselungsprotokolle)
  • Digitale Bezahlsystem (E-Payment-Verfahren wie z. B. PayPal)
  • Guthabenverfahren (Z. B. paysafecard)
  • Bankeinzugs- und Direktüberweisungssysteme (z. B. ClickandBuy, giropay)
  • Mobiltelefonbasierte Zahlungssysteme
Im Online-Geschäft können zudem noch „klassische“ Zahlungsverfahren aus dem Offline-Bereich eingesetzt werden, wie zum Beispiel Vorkasse, Zahlung mit Rechnung, Zahlung per Nachnahme oder das elektronische Lastschriftverfahren (ELV). Diese Zahlungsverfahren sind zwar noch weit verbreitet, verlieren aber an Bedeutung.
Das international am weitesten verbreitete Zahlungsmittel im Internet ist die Kreditkarte. Auch gewerbliche Kunden zahlen oft mit ihrer Firmenkreditkarte, wenn sie im Internet etwas bestellen. Ein Problem bei der Kreditkartenzahlung ist allerdings das Risiko von Zahlungsausfällen, wenn Kunden von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, ihr Widerspruchsrecht zu nutzen. Führende Kreditkartenfirmen bieten daher auch Services für Online-Händler an, mit denen eine Haftungsumkehr (engl. „Liability Shift“) verbunden ist. Das bedeutet, dass registrierte Händler vor unberechtigten Rückbelastungen der Kreditkarte geschützt werden, wenn sie die korrekte Bestellabwicklung und den Zugang der Ware an den Kunden nachweisen können. Generell benötigen Händler, um Kreditkartenzahlungen annehmen zu können, eine Genehmigung der jeweiligen Kreditkartenorganisation (den sogenannten „Akzeptanzvertrag“).
Am Markt für digitale Bezahlsysteme dominiert derzeit international der Anbieter PayPal. Es handelt sich dabei um ein Micro-Payment-System, also um eine Zahlungsform, die vor allem für kleinere Beträge eingesetzt wird. Registrierte PayPal-Nutzer können Überweisungen an Dritte (über deren E-Mail-Adresse) in Auftrag geben, und zwar je nach gewählter Variante über die vorherige Einzahlung eines Guthabens, Bankeinzug oder das Kreditkartenkonto. Auch der Empfänger muss sich auf der PayPal-Plattform registrieren, um über den Betrag verfügen zu können. Da der Zahlungsempfänger weder Kontodaten noch Kreditkartennummer zu sehen bekommt, kann ein Missbrauch dieser Daten verhindert werden. PayPal erbringt allerdings nur die Dienstleistung der Zahlungsabwicklung und übernimmt keine Garantie- oder Treuhandfunktion. Durch die sofortige Gutschrift auf das Konto des Zahlungsempfängers entfällt die übliche Überweisungsdauer. Auch die Online-Verkaufsplattform Amazon versucht derzeit, ihr eigenes Bezahlsystem „Login und Bezahlen mit Amazon“ anderen E-Commerce-Anbietern als Dienstleistung anzubieten. Die Bezahlabwicklung erfolgt dabei über das Amazon-Konto der Nutzer.
Bei den Guthabenverfahren wird nach dem Vorauszahlungsverfahren („Prepaid“) zunächst ein Guthaben erworben, welches dann für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen über das Internet eingelöst werden kann. Durch die Vorzahlung ist kein Nutzerkonto notwendig, was für den Kunden eine Zahlung ohne jegliche Angabe von persönlichen Daten (z. B. über Bankkonten oder Kreditkarten) ermöglicht.
Bankeinzugs- oder Direktüberweisungssysteme nutzen das Bankkonto des Käufers, um die Zahlung mittels Online-Banking zu tätigen. Teile der deutschen Kreditwirtschaft haben zum Beispiel 2006 das Online-Überweisungsverfahren giropay ins Leben gerufen. Die Kunden werden über dieses System von der Händler-Website auf ihr persönliches Online-Banking-Konto weitergeleitet, von wo aus sie die Zahlung an den Händler mittels einer Transaktionsnummer direkt bestätigen.
Mobiltelefonbasierte Zahlungssysteme (z. B. das Bezahlen via Smartphone) haben derzeit noch einen relativ geringen Marktanteil, könnten aber durch ein verstärktes Engagement sowohl seitens der Mobilfunkbetreiber als auch großer Internet-Konzerne (wie zum Beispiel Google mit seinem Bezahlsystem „Google Wallet“) in Zukunft größere Bedeutung bekommen. Neben der Abrechnung über die Telefonrechnung des Mobilfunkbetreibers (dem sogenannten „Carrier Billing“) werden in immer mehr Mobiltelefonen auch Microchips eingebaut, die eine direkte Kommunikation mit physischen Zahlungsinfrastruktureinrichtungen (z. B. Zahlungsterminals in Geschäften) erlauben.
Es gibt auch Dienstleistungsanbieter, welche Unternehmen, die über das Internet Geschäfte abwickeln wollen, den gleichzeitigen Zugang zu mehreren Bezahlsystemen eröffnen. Einerseits sind das sogenannte „Acquirer“, die zum Beispiel für mehrere Kreditkartenfirmen oder Direktüberweisungssysteme Verträge abschließen können. Andererseits gibt es aber auch die Möglichkeit, mit sogenannten „Payment Service Providern“ zusammenzuarbeiten, welche sich umfassend um die technische und organisatorische Anbindung an mehrere Zahlungssysteme kümmern. Die gesamte Abwicklung des Zahlungsvorgangs über mehrere Bezahlsysteme kann damit auch an solche Dienstleistungsanbieter ausgelagert werden. Dadurch fällt die direkte Vertragsbeziehung mit den Anbietern der einzelnen Zahlungslösung (z. B. der Kreditkartenfirma) weg, was eine Arbeitsersparnis mit sich bringen kann, allerdings auch den Zugriff in Richtung Kunden erschwert. Payment Service Provider können je nach Anbieter und Vereinbarung auch weitere Dienstleistungen (z. B. Risikomanagement oder Inkasso) übernehmen. Viele dieser Anbieter bieten Ihre Leistungen auch für Zahlungen aus dem Ausland an, was für den Internet-Export gegenüber der Zusammenarbeit mit vielen lokalen Zahlungsdienstleistern große Koordinationsersparnisse mit sich bringt.
Zu beachten ist im Exportgeschäft zudem bei allen Zahlungsmethoden, dass deren Verbreitung, Bekanntheit und Akzeptanz von Land zu Land variieren. In einer Umfrage der Universität Regensburg wurden von deutschen Online-Händlern PayPal und Kreditkartenzahlungen als die geeignetsten Zahlungsformen für den internationalen E-Commerce genannt; Lastschriften und Nachnahme wurden hingegen als für das internationale Geschäft am wenigsten taugliche Zahlungsformen gesehen (ibi 2011). Generell ist aber anzuraten, beim Auslandsgeschäft die angebotenen Zahlungsverfahren den jeweiligen Gepflogenheiten im Zielland anzupassen, um eine entsprechende Akzeptanz bei den Kunden zu erzielen.
Beim Exportgeschäft über das Internet sind auch Währungsrisiken zu beachten, die sich durch Wechselkursschwankungen ergeben können, wenn den Kunden auch eine Zahlung in der Auslandswährung ermöglicht wird. Ein anderer Faktor, der beim Auslandsgeschäft zu beachten ist, sind unterschiedliche Zahlungsgewohnheiten in den ausländischen Zielmärkten. Insbesondere bei Zahlungen mit Rechnung kann es vorkommen, dass man bei Auslandskunden längere Zahlungszeiträume einplanen muss als man das von Kunden im Inland gewohnt ist.

4.5 Liefermodalitäten

Wenn aufgrund der Internationalisierung der E-Business-Aktivitäten Bestellungen für Waren aus dem Ausland einlangen, müssen diese natürlich auch an die Auslandskunden geliefert werden. Dabei sind die Anforderungen der Kunden (geringe Versandkosten, schnelle und sichere Lieferung) mit jenen des Lieferanten (geringe Lieferkosten, unkomplizierte Abwicklung) in Einklang zu bringen (Stahl et al. 2012).
Der Prozess der Versandabwicklung beinhaltet mehrere Schritte (vgl. Stahl 2012):
  • Auftragsannahme (und entsprechende Einbindung in ein Warenwirtschaftssystem)
  • Kommissionierung (Entnahme der bestellten Ware aus dem Lager)
  • Verpackung und Etikettierung der Ware
  • Auslieferung der Ware an den Kunden
  • Eventuelle Erledigung von Zollformalitäten (insbesondere bei Lieferungen in Drittländer außerhalb der Europäischen Union)
  • Retourenmanagement
Sinnvollerweise werden die Kunden schon vor oder während des Bestellvorgangs direkt auf die Website über die aktuelle Verfügbarkeit der Ware informiert, um nachfolgende Probleme mit zu späten oder gar nicht mehr möglichen Lieferungen zu vermeiden. Bei der Auftragsannahme geht es darum, dem Kunden eine Bestätigung für seine Bestellung zu senden und über das Warenwirtschaftssystem eine Kommissionierungsliste zu erzeugen (das erledigen die meisten Online-Shop-Systeme automatisch), mit Hilfe derer im Anschluss die entsprechende Ware aus dem Lager entnommen werden kann. Die Auslieferung selbst erfolgt im Normalfall über spezialisierte Logistikdienstleister, welche Internet-Exporteure bei der gesamten Versandabwicklung unterstützen.
Insbesondere sind hier internationale Paketdienste zu nennen, welche europa- oder weltweit Lieferungen übernehmen können. Zu prüfen ist dabei allerdings, welche Standards die Dienstleistungen eines geplanten Logistikpartners im Zielland haben, da diese durchaus unterschiedlich sein können (insbesondere hinsichtlich der generellen Lieferdauer, der zulässigen Paketgröße oder des Angebots von Zusatzdienstleistungen wie z. B. Sendungsverfolgung, mehrere Zustellversuche oder die Möglichkeit des Expressversands). Es ist auch möglich, mit mehreren Paketdiensten zusammenzuarbeiten und die Entscheidung über die präferierte Form der Lieferung dem Kunden zu überlassen. Wichtig ist in jedem Fall, die Transportkosten und -modalitäten (z. B. Lieferfristen, Versicherungsmöglichkeiten) schon bei der Bestellung durch den Kunden exakt auszuweisen. Je nachdem, ob die Etikettierung vom Paketdienst oder vom E-Commerce-Anbieter selbst übernommen wird, ist beim Auslandsgeschäft zusätzlich auch darauf zu achten, die Etiketten und die darauf angegeben Adressen in einer vom Zusteller im Ausland lesbaren Form zu gestalten.
Logistikdienstleistungen wie Lagerhaltung, Kommissionierung und Versand in ausgewählte Auslandsmärkte werden auch von Marktplatzanbietern wie zum Beispiel Amazon angeboten, zum Teil auch mit zusätzlichen Dienstleistungen wie dem Anbieten eines Kundenservice in der jeweiligen Landessprache oder der Retourenabwicklung.
Eine wesentliche Rolle für die effiziente Gestaltung des Logistikprozesses spielt auch die Möglichkeit, die eigenen IT-Systeme direkt mit jenen des Logistikpartners verbinden zu können. So lassen sich aufwendige manuelle Bearbeitungen während der Versandabwicklung vermeiden.
Für die Geschäftstätigkeit über das Internet besonders relevant ist das Retourenmanagement. Kunden sind es mittlerweile gewohnt, über das Internet bestellte Waren, die ihnen nicht gefallen, wieder zurückzusenden – vor allem auch wegen der entsprechenden kundenfreundlichen rechtlichen Regelungen innerhalb der EU (siehe auch Abschn. 1.​5 in diesem Essential). In vielen Branchen sind zweistellige Retourenquoten mittlerweile durchaus üblich. Aus der Textilbranche wird sogar von Rücksendequoten von 40–50 % berichtet (Stahl et al. 2012). Als häufigste Gründe für hohe Retourenquoten werden nicht passende, nicht gefallende oder nicht der Produktbeschreibung entsprechende Artikel, defekte oder beschädigte Waren, Falschlieferungen oder die Bestellung mehrerer Produktvarianten zur Auswahl genannt (Stahl et al. 2012). Besonders im Exportgeschäft können daher eine umfassende Beschreibung der Ware (idealerweise in der jeweiligen Landessprache) auf der Website bzw. im Webshop und eine für lange Transportwege gut schützende Verpackung mithelfen, Retouren zu vermeiden.

4.6 Die operative Abwicklung des Exportgeschäftes über das Internet

Wie bei allen anderen Lieferungen ins Ausland ist auch beim Auslandsgeschäft über das Internet ein operativer Exportprozess zu durchlaufen. Je nachdem, ob in ein Land innerhalb oder außerhalb der EU geliefert wird, handelt es sich entweder um eine innergemeinschaftliche Lieferung oder um eine Ausfuhr in ein Drittland.
Bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung sind folgende Schritte zu beachten (vgl. Höfferer et al. 2013, S. 174 ff.):
1.
Prüfen von Sonderbestimmungen: Für bestimmte Warenklassen gibt es auch innerhalb der EU (in der es grundsätzlich freien Warenverkehr gibt) Sonderbestimmungen, die für den Export einzuhalten sind. Dies betrifft zum Beispiel Kosmetika und Arzneimittel (hinsichtlich erforderlicher Zulassungen), Tiere und tierische Produkte, verbrauchssteuerpflichtige Waren wie Alkohol, Tabak und Mineralöle oder sogenannte „Dual Use“-Güter, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können.
 
2.
Exportpreiskalkulation und Exportvertrag: Ins Ausland exportierte Güter verursachen höhere Kosten (z. B. für Transport, Verpackung, Versicherung, Zahlungsabwicklung und die Ein- und Ausfuhrabwicklung). Dies sollte bei der Preisfestsetzung für ausländische Zielmärkte berücksichtigt werden. Der Vertragsabschluss im Internet kommt durch eine eindeutige Willenserklärung beider Parteien zustande (z. B. durch den Klick auf ein Button „Zahlungspflichtig bestellen“ durch den Kunden und eine darauf folgende Annahmeerklärung oder die Warenlieferung durch den Verkäufer). Zu beachten sind hierbei auch länderspezifische rechtliche Vorschriften, insbesondere hinsichtlich Allgemeiner Geschäftsbedingungen.
 
3.
Umsatzsteuerrechtliche Prüfung: Waren können von einem EU-Land in ein anderes umsatzsteuerfrei versendet werden, wenn der Abnehmer Unternehmerstatus hat, im Bestimmungsland erwerbssteuerpflichtig ist, und wenn die Umsatzsteueridentifikationsnummern (UID-Nummern) von Käufer und Verkäufer auf der Rechnung verwendet werden (auf der Rechnung ist dann auch zu vermerken, dass es sich um eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung handelt). Beim Versandhandel an Personen ohne UID-Nummer (z. B. Privatpersonen) gibt es je Land unterschiedliche Lieferschwellen. Bleiben die Lieferungen unter dieser jährlichen Schwelle, sind die Lieferungen im Versendungsland umsatzsteuerpflichtig, liegen sie darüber, muss die Abgabe im Land des Abnehmers erfolgen (in diesem Fall muss sich der Verkäufer auch bei den Finanzbehörden im Zielland registrieren lassen).
 
4.
Einhaltung der Meldepflichten: Innergemeinschaftliche Lieferungen müssen in bestimmten Meldezeiträumen sowohl den Finanz- und Steuerbehörden (im Rahmen der sogenannten „Zusammenfassenden Meldung“) als auch dem zuständigen statistischem Amt des Exportlandes gemeldet werden („Intrastat-Meldung“).
 
5.
Eine sogenannte Lieferantenerklärung kann insbesondere im B2B-Geschäft vom Kunden verlangt werden. Sie kann zum Beispiel durch eine entsprechende Erklärung auf der Rechnung oder über ein Formular, der sogenannten „Warenverkehrsbescheinigung EUR.1“, gemacht werden. Dabei geht es um einen Nachweis des Ursprungs einer Ware in einem bestimmten Land.
 
Bei einer Ausfuhr in Drittländer ist ein anderer Prozess zu durchlaufen, der insbesondere Zollbestimmungen, die es ja innerhalb der EU in dieser Form nicht gibt, berücksichtigt (vgl. Höfferer et al. 2013, S. 185 ff.):
1.
Einfuhrbestimmungen prüfen: Es kann Einfuhrbeschränkungen in Drittländer geben, über welche die Zollbehörden oder die Außenhandelsvertretungen im jeweiligen Land Auskunft geben können (z. B. Embargos oder Importquoten für bestimmte Warengruppen).
 
2.
Exportpreiskalkulation und Exportvertrag: Bei der Kalkulation von Exportpreisen für Drittländer sind auch die Zollkosten zu berücksichtigen. Der Zolltarif wird anhand des einheitlichen Schemas von Zolltarifnummern für bestimmte Warenkategorien festgelegt. Die Zollbehörden und deren Websites geben dazu Auskunft. Beim Festlegen der Vertrags- und Lieferbedingungen ist auch darauf zu achten, welcher Vertragspartner für die Einfuhr im Bestimmungsland verantwortlich ist (für den Verkäufer ist es üblicherweise günstiger, wenn der Kunde diese Verpflichtung übernimmt).
 
3.
Durchführung des Ausfuhrverfahrens: Erstexporteure aus der EU in Drittländer müssen bei den Zollbehörden eine sogenannte EORI-Nummer beantragen. Das Ausfuhrverfahren selbst besteht aus zwei Schritten, der Ausfuhranmeldung (erfolgt direkt elektronisch oder über einen Logistikdienstleister an die Zollbehörde) und der Ausfuhrbestätigung an der Außengrenze.
 
4.
Der Ursprung der Ware kann über eine förmliche Ursprungserklärung auf der Rechnung oder durch die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 dokumentiert werden.
 
5.
Beachtung umsatzsteuerlicher Regelungen: Lieferungen aus der EU in Drittländer sind im Exportland umsatzsteuerfrei. Beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ist eine Rückerstattung der Vorsteuer möglich.
 
Bei der operativen Exportabwicklung können Dienstleister wie z. B. Speditionen oder Paketdienste zur Unterstützung herangezogen werden (siehe auch Abschn. 4.5 in diesem Essential). In jedem Fall ist aber im Vertrag mit dem Auslandskunden zu definieren, welcher Vertragspartner für die Zollabwicklung zuständig ist.
Metadaten
Titel
Internetbasierter Vertrieb in Auslandsmärkten
verfasst von
FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger
FH-Prof. Dr. Dietmar Sternad
Dipl.-Ing. Martin Stromberger
Copyright-Jahr
2016
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-11555-5_4