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2004 | Buch

Schwierige Verhältnisse

Interdependenzen zwischen Journalismus und PR

herausgegeben von: Klaus-Dieter Altmeppen, Dr. phil., Ulrike Röttger, Dr. phil., Dipl.-Journ., Günter Bentele, Dr. phil.

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Buchreihe : Organisationskommunikation

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Public Relations und Journalismus: Eine lang andauernde und interessante „Beziehungskiste“

Public Relations und Journalismus: Eine lang andauernde und interessante „Beziehungskiste“
Zusammenfassung
Stellen wir uns vor, dass an einem beliebigen Montagmorgen um 7 Uhr (weltweit und zeitkoordiniert) alle haupt- und nebenberuflichen PR-Praktiker (inklusive aller Pressesprecher und die ihnen unterstellten Beschäftigten in den Abteilungen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) in Politik, Wirtschaft und allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ihre Arbeit einstellen. Zusätzlich weigern sich Politiker, Wirtschaftsakteure, Sportler, Trainer, Museumschefs etc., die aufgrund ihrer beruflichen Position unter anderem auch PR-Funktionen wahrnehmen, Journalisten für Auskünfte zur Verfügung zu stehen. Sowohl die hauptberuflichen PR-Leute wie auch diese „funktionalen PR-Kommunikatoren“ stellen ihre — auf die Öffentlichkeit bezogene — Arbeit ein. Keine Pressemeldung wird mehr geschrieben, alle schon anberaumten Pressekonferenzen abgesagt, Journalisten erhalten auch auf Nachfrage keine Auskünfte mehr aus den Unternehmen, Ministerien und anderen Organisationen, die Informationsquellen der Organisationen versiegen von einer Minute auf die andere. Auch alle Websites, die die Öffentlichkeit informieren und gleichzeitig Selbstdarstellungsfunktion für Organisationen haben, sind abgestellt. Was würde passieren? Wie würden Nachrichtenagenturen, Journalisten in Redaktionen und Medien reagieren? Wie würden die Zeitungen am nächsten Tag, wie die aktuellen Nachrichtensendungen in Hörfunk und Fernsehen desselben Tages aussehen? Zunächst würden die Nachrichten wohl diesen „Boykott der Informationsquellen“ thematisieren und nach Gründen dafür suchen. Aber diese Informationsquellen weigern sich auch, Auskünfte über ihre Verweigerung zu geben. Würden Journalisten andere Informationsquellen suchen? Welche? Aktiv ausschwärmen und wieder mehr eigene Themen suchen? Veranstaltungen besuchen? Aber woher wüssten Journalisten von diesen Veranstaltungen? Und was wäre mit den politischen, wirtschaftlichen Ereignissen und Prozessen, die sich dennoch innerhalb der Ministerien und Parlamente, der Unternehmen, bei Greenpeace etc. abspielen? Würden die bisherigen Eigenmedien der Organisationen die Funktionen der aktuellen Information übernehmen können?
Klaus-Dieter Altmeppen, Ulrike Röttger, Günter Bentele

Theorie? Theorie!

Frontmatter
Mikro, Mikro-Makro oder Makro?
Zum Verhältnis von Journalismus und PR aus systemischer Perspektive
Zusammenfassung
Die Entwicklung der Gesellschaft zur Mediengesellschaft bringt eine Reihe von tief greifenden Veränderungen mit sich, die in ihrem Umfang und in ihrer Tragweite bislang allenfalls ansatzweise abzuschätzen sind: Alles ist in Bewegung geraten, nichts wird mehr so sein, wie es einmal war. Zwei dominante Entwicklungen sind es, die hier als prominente Agenten des sozialen Wandels ursächlich zu nennen sind: Zum einen der Fakt, dass das Kommunikations system mit der je fortschreitenden sozialen Ausdifferenzierung mittlerweile zum führenden Teilsystem der Gesellschaft avanciert ist, zum zweiten, dass die fortschreitende Faktizisierung des Fiktionalen allenthalben Konsequenzen entfaltet, die eine nie gekannte Veränderung gesellschaftlicher Wirklichkeit nach sich ziehen. Diese Veränderungen zeigen sich — nicht zufällig — vor allem im Mediensystem selbst.
Klaus Merten
Steuerung oder strukturelle Kopplung?
Kritik und Erneuerung theoretischer Ansätze und empirischer Operationalisierungen
Zusammenfassung
Wenn das Verhältnis von Public Relations und Journalismus beschrieben wird, geht es meist um die Frage der (wechselseitigen) Beeinflussung bzw. Steuerung oder um die Autonomie des Journalismus. Die drei wichtigsten Theorieansätze in diesem Kontext sind der steuerungstheoretische, der akteurstheoretische und der systemtheoretische Ansatz. Jeder Ansatz geht von bestimmten Prämissen aus, ist für bestimmte Fragestellungen geeignet (und für andere weniger geeignet). Zur Überprüfung dieser Ansätze dient in der Regel die Inhaltsanalyse, die meistens als Input-Output-Vergleich angelegt ist. Dabei werden das PR-Material als Input und die journalistische Berichterstattung als Output analysiert. Der folgende Beitrag beschäftigt sich deshalb nicht nur mit der Theorielogik der wichtigsten Ansätze, sondern auch mit der Beweiskraft dieser Methodenanlage im Kontext des jeweiligen Ansatzes. Abschließend wird eine eigene Operationalisierung aus der systemtheoretischen Perspektive vorgestellt, die eine Inhaltsanalyse mit einer Beobachtung verbindet.
Armin Scholl
Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zwischen Journalismus und PR
Zusammenfassung
Im Folgenden soll keine Identität (im Sinne von Ununterscheidbarkeit, Einheitlichkeit) von Journalismus und PR as a whole behauptet werden. In der Tat würde eine solche These hinter den Präzisionsgrad der systemtheoretisch-differenzlogischen Beschreibungskategorien zurückfallen. Schon anders verhält es sich mit der Beobachtung einer partiellen Isomorphie (Deckungsgleichheit, Gleichgestalt) von Journalismus und PR in einem empirisch-graduellen Sinne. Die These könnte dann lauten, dass die beiden (Sub-) Systeme des (Massen-)Mediensystems bzw. des medienkulturellen Systems (die adäquate Begrifflichkeit für das ‚Muttersystem ‘mag zunächst offen bleiben), namentlich Journalismus und PR, zunehmend isomorphe Zonen herausbilden, die über bloße strukturelle Kopplungen deutlich hinausreichen. Die Bande, so könnte man trivial sagen, zwischen Journalismus und PR wird zunehmend enger geknüpft, wofür es gute ökonomische Gründe gibt. Dieses Argument soll im Folgenden entwickelt werden. Ob für diese isomorphen Zonen, so sie denn empirisch lokalisiert werden können, der Begriff ‚PR-Journalismus ‘gut gewählt ist, mag zunächst dahingestellt bleiben.
Stefan Weber

Theorie! Empirie!

Frontmatter
Das Intereffikationsmodell
Theoretische Weiterentwicklung, empirische Konkretisierung und Desiderate
Zusammenfassung
Das 1997 erstmals vorgestellte Intereffikationsmodell (vgl. Bentele/Liebert/Seeling 1997) ist aus einem empirischen Projekt heraus erwachsen, in dem es explizit um die Arbeit, den Einfluss, die Organisation und das Image von zwei städtischen Abteilungen für kommunale Öffentlichkeitsarbeit sowie um die damit zusammenhängenden Informationsflüsse ging. Das Modell war dabei ein ursprünglich nicht intendiertes, theoretisches Projektergebnis, das in der Untersuchung selbst nicht zur theoretischen oder empirischen (Über-)Prüfung anstand, sondern sich erst in Auseinandersetzung mit der Forschungsfrage entwickelte. Angesichts der Vielschichtigkeit der Beziehungen und Verflechtungen im kommunalen Raum sah sich die Projektgruppe mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass vorliegende konzeptionelle Ansätze das Verhältnis zwischen Journalismus und PR wesentlich als einseitige Beeinflussung des Journalismus durch PR konstruierten. Die kommunikationswissenschaftliche Forschungstradition, die sich auf Basis der Arbeiten vor allem von Baerns (1991, 1979) unter dem Namen „Determinierungshypothese“ (Saffarnia 1993), „Determinierungsthese“ (Burkart 1995: 283) bzw. „Determinationshypothese“ (Bentele/Liebert/ Seeling 1997: 236; Szyszka 1997: 210) entwickelt hatte,1 schien damit nicht ausreichend komplex, um wechselseitige Abhängigkeits-und Gegenseitigkeitsbeziehungen zu durchdringen.
Günter Bentele, Howard Nothhaft
Das Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus im Kontext von Variablen
Modellentwicklung auf Basis des Intereffikationsansatzes und empirische Studie im Bereich der sächsischen Landespolitik
Zusammenfassung
Das Intereffikationsmodell hat sich in einer Reihe von Arbeiten bereits als sinnvoll erwiesen. Das schließt eine Weiterentwicklung jedoch nicht aus. Vorhandensein und Relevanz von Variablen im Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus stellen für die beiden interdependenten Systeme bzw. ihre Akteure eine grundsätzliche Problematik von großem Erkenntnisinteresse dar. Hatte Baerns (1991) in ihrer ursprünglichen Studie im Bereich der nordrhein-westfälischen Landespolitik noch intervenierende Faktoren bewusst unberücksichtigt gelassen,1 so haben inzwischen eine ganze Reihe von Arbeiten (zum Beispiel Fecht 1999; Schweda/Opherden 1995; Barth/Donsbach 1992) die Bedeutung möglicher Einflussfaktoren erkannt und in empirische Fragestellungen einbezogen. Für ihre nachhaltige Erfassung ist jedoch die theoretische Fundierung solcher Variablen als Basis empirischen Arbeitens notwendig. Dies war die grundlegende Intention einer Magister-Abschlussarbeit, die im Jahr 2002 an der Universität Leipzig angefertigt wurde (vgl. Seidenglanz 2002).
René Seidenglanz, Günter Bentele

Empirie!

Frontmatter
Die Beziehungen von PR-Verantwortlichen und Journalisten in der Türkei
Zusammenfassung
Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit sind auch in der Türkei zwei sehr nahe Arbeitsfelder. Während PR-Arbeiter bei der Bekanntmachung ihrer Unternehmen auf die publizistische Veröffentlichung setzen, benutzen die Journalisten Pressemitteilungen und ähnliche Aktivitäten, um ihre Arbeit schneller und leichter zu machen. Je mehr der Journalist bei seiner Arbeit zu tun hat, desto mehr greift er auf die Hilfe von PR zurück (vgl. Weischenberg 1997: 6). Je mehr er Zeit hat, eigene Recherche zu machen, desto weniger nutzt er PR-Aktivitäten.
Ayla Okay, Aydemir Okay
Public Relations und Wirtschaftsjournalismus
Eine Studie über Image und Akzeptanz der PR im Wirtschaftsjournalismus
Zusammenfassung
Public Relations sind in modernen, ausdifferenzierten Gesellschaften längst nicht mehr wegzudenken und haben sich „(…) in nahezu allen Bereichen gesellschaftlicher Kommunikation, insbesondere in Politik und Wirtschaft, aber gewiss auch im gesamten soziokulturellen Sektor (…) in atemberaubendem Tempo institutionalisiert.“ (Ruß-Mohl 1996: 193) Merten sagt der PR die größte Wachstumsrate unter den generell boomenden Kommunikationsberufen voraus (vgl. Merten 1997: 19). Parallel zum zunehmenden Bedarf an PR-Fachkräften und stetigen Wachstum der Branche laufen Bemühungen um eine voranschreitende Professionalisierung des Berufsstandes. Neben der Schaffung von zahlreichen PR-spezifischen Ausbildungseinrichtungen und der Integration der PR im Hochschulbereich wurden auch verstärkt Akzente gesetzt, Public Relations als Führungs-und Managementaufgabe zu etablieren, nicht zuletzt, um dadurch Macht und Autonomie der Öffentlichkeitsarbeit im organisationalen Kontext zu erhöhen und dadurch ebenso Professionalisierungsbestrebungen voranzutreiben.
Astrid Pienegger
Der Rahmen der Determinierung
Zur Nützlichkeit des Framing-Ansatzes bei der Untersuchung von Beeinflussung zwischen PR und Journalismus am Beispiel des G8-Gipfels in Genua 2001
Zusammenfassung
Das Beziehungsgefüge von Journalismus und PR wird in der Kommunikationswissenschaft auf verschiedenen Aggregatebenen (Mikro-, Meso- und Makroebene) als Determination, Intereffikation bzw. Symbiose und systemtheoretisch als strukturelle Kopplung modelliert. Trotz der unterschiedlichen theoretischen Implikationen wird von fast allen Autoren ein großer Einfluss der PR auf den Journalismus festgestellt.1 Gegenwärtig liegen jedoch nur sehr wenige systematische Theorien und empirische Forschungen vor, die diese theoretische Postulierung operationalisieren und dabei einen sichtbaren Fortschritt in der Analyse des Beziehungsgefüges von Journalismus und PR darstellen. Der vorliegende Aufsatz stellt den Versuch dar, zu diesem Fortschritt beizutragen. Das geschieht in vier Arbeits schritten: Zuerst folgt eine Kritik dessen, was ich als „methodische Komplexitätsreduktionen“ bei der Untersuchung von Beeinflussung betrachte. Danach wird der Framing-Ansatz zur Analyse der kommunikativen Beeinflussungsprozesse diskutiert. Abschließend wird am konkreten Beispiel des Kommunikationsereignisses G8-Gipfel in Genua 2001 erläutert, wie eine Framing-Analyse eine Input-Output-Analyse ergänzen bzw. erweitern kann.2
Jeffrey Wimmer

Normen! Rahmen! Vergleiche!

Frontmatter
Berufsethische Kodizes als Konfliktvermeidungsprogramme
PR-Kodizes und Pressekodizes im Vergleich
Zusammenfassung
Öffentliche Kommunikation findet in einem hochgradig normativen Kontext statt. Rechts- und Berufsnormen stellen dabei neben persönlichen Werten die wesentlichen Handlungsorientierungen für den Kommunikationspraktiker dar. Anhand einer Analyse der berufsständischen Normen des Journalismus und der PR soll im Folgenden der wechselseitige Bezug von Rechts- und Sozialnormen im Bereich der öffentlichen Kommunikation herausgearbeitet werden.
Juliana Raupp
PR und Journalismus: Forschungsperspektiven in den USA
Zusammenfassung
Ende der 70er Jahre haben die Studien von Baerns (1985, 1979) zum Verhältnis von Journalismus und Public Relations im deutschen Sprachraum eine ausgedehnte wissenschaftliche Debatte um Einflussbeziehungen und Interdependenzen zwischen diesen beiden Kommunikatorgruppen angestoßen. Die anschließende wissenschaftliche Diskussion dieses Beziehungsgeflechts hat in Deutschland nicht nur zu einer stattlichen Zahl empirischer Studien zum Verhältnis von Journalismus und PR geführt, sondern auch auf der Ebene der theoretischen Modellierung eine beachtliche wissenschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt. So ist nicht nur das Intereffikationsmodell zur Abbildung von Adaptions- und Induktionsprozessen zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus entstanden (vgl. Bentele/Liebert/Seeling 1997), sondern in Verbindung, respektive in Auseinandersetzung mit der funktional-strukturellen/autopoietischen Systemtheorie sind theoretische Modellierungen von PR und Journalismus als (funktionale) Teilsysteme unternommen und/oder kritisch diskutiert worden (vgl. zuletzt und ausführlich Hoffjann 2001). Der vorliegende Band kann als eine Art Spiegel der deutschsprachigen Forschung bezeichnet werden.
Stefan Wehmeier
Aus eins mach zwei?
Systematische Begründungen für unterscheidbare Journalismus- und PR-Studiengänge
Zusammenfassung
Alltag im Seminarraum einer deutschen Hochschule: Es geht um die Frage, was Journalismus ist und was PR. Journalismus sei die objektive Berichterstattung über Ereignisse, die viele Menschen interessieren. PR hingegen sei interessengeleitete, eingleisige Kommunikation (im Sinne von Werbung) eines Unternehmens. Noch hitziger wird die Diskussion, als es um die Frage geht, wer Journalist ist und wer nicht. Sind Entertainer wie Gottschalk, Raab und Co. Journalisten? Und sind Mitarbeiter von Wirtschaftsunternehmen Journalisten, nur weil sie in der Hauszeitschrift publizieren? Die Puristen unter den Definitionsgläubigen lehnen dies ab, denn schließlich: Was trügen diese zur Information und Bildung, zu Kritik und Kontrolle, also zur öffentlichen Aufgabe bei? Aber, so wird entgegen gehalten, Gottschalk und Jauch beispielsweise hätten eine einschlägige journalistische Ausbildung und arbeiteten im Bereich der klassischen Massenmedien — ebenso wie viele Kollegen in Wirtschafts-, Politik- und soziokulturellen Organisationen. Sie entsprächen somit wesentlichen Kriterien, die der Deutsche Journalisten-Verband in seinem Berufsbild fixiert hat (vgl. DJV 2003).
Beatrice Dernbach
Backmatter
Metadaten
Titel
Schwierige Verhältnisse
herausgegeben von
Klaus-Dieter Altmeppen, Dr. phil.
Ulrike Röttger, Dr. phil., Dipl.-Journ.
Günter Bentele, Dr. phil.
Copyright-Jahr
2004
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80469-3
Print ISBN
978-3-531-14048-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80469-3