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2004 | Buch

Wissenschaftstheorie in Ökonomie und Wirtschaftsinformatik

Theoriebildung und -bewertung, Ontologien, Wissensmanagement

herausgegeben von: Ulrich Frank

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : DUV: Wirtschaftswissenschaft

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Theoriebildung und -bewertung

Epistemische Unterbestimmtheit ökonomischer Theorien — eine Analyse des konventionellen Theorienkonzepts aus der Perspektive des „non statement view“
Zusammenfassung
Ökonomische Theorien besitzen bei konventioneller Formulierungsweise („statement view“) nur eine rudimentäre Struktur. Sie gestattet es nicht, die zum Teil verschiedenartigen epistemischen Rollen zu erkennen, die unterschiedlichen Komponenten einer Theorie zukommen. Aufgrund dieses „Rollen-Defekts“ weisen konventionell formulierte Theorien eine epistemische Unterbestimmtheit ihrer Komponenten auf. Aus der Perspektive des strukturalistischen Theorienkonzepts („non statement view“) wird erläutert, wie dieser Rollen-Defekt konventioneller Theorien zustande kommt und mit welchen „strukturellen“ Hilfsmitteln dieser Defekt überwunden werden kann.
Stephan Zelewski
Die vernachlässigte sprachliche Dimension wirtschaftswissenschaftlicher Theorie
Dargestellt am Beispiel der Theorie unvollständiger Verträge
Zusammenfassung
Gegenwärtig herrscht in den Wirtschaftswissenschaften vielfach ein einseitig empiristisches Verständnis ökonomischer Theorie vor. Gerade für den deutschsprachigen Raum ist dies erstaunlich, da wesentliche Aspekte des „linguistic turn“ im Kontext des Methodenstreits bereits von Weber und Hayek für die Ökonomik vorgedacht wurden. Im Rahmen einer knappen Darstellung der Überlegungen der beiden Autoren wird die Bedeutung eines reflektierten Sprachgebrauchs herausgearbeitet. Vor allem die Heuristik der jeweiligen Konzeptualisierungen ist im Blick zu behalten. Dies gilt auch für formalsprachliche Darstellungen, wie am Beispiel der Theorie unvollständiger Verträge dargestellt wird.
Matthias Meyer
Theoriebildung auf der Basis verbaler Daten durch das Verfahren GABEK
Zusammenfassung
Zunächst wird gezeigt, wie ungeordnete verbale Daten, etwa aus offenen Interviews mit Kunden, Mitarbeitern, Laien, Experten oder anderen Texten, systematisiert werden können. Es handelt sich um eine Form der Verarbeitung und Darstellung von Erfahrungswissen nach der Methode GABEK® (Ganzheitliche Bewältigung von Komplexität — © Josef Zeiger), die computerunterstützt durch WinRelan® (Windows Relationen Analyse — © Josef Zelger) zu einer hierarchisch deduktiven Ordnung der verbalen Daten führt. Das Ergebnis einer solchen Systematisierung sind so genannte linguistische Gestaltenbäume. Darauf wird gezeigt, dass von Gestaltenbäumen Äste abgeschnitten werden können, die unter bestimmten Bedingungen als qualitative sozialwissenschaftliche Theorien angesehen werden können. Es handelt sich um „sprachliche Hypergestalten“. Sie gelten meistens jedoch bloß innerhalb der sozialen Organisation, in der die verbalen Daten erhoben wurden. Verallgemeinerungen auf andere vergleichbare Organisationen und Institutionen sind möglich, müssen aber in weiteren Untersuchungen nachgewiesen werden. Neben den theoretisch orientierten Anwendungen des Verfahrens GABEK gibt es viele Projekte mit praktischer Zielsetzung, etwa zur Leitbildentwicklung, Qualitätssicherung, Produktevaluierung und -entwicklung, Prozessevaluierung, Konfliktlösung, Organisationsentwicklung usw. Im Vortrag wird anhand eines Beispiels gezeigt, wie GABEK und die dazugehörige Software WinRelan zur Theoriebildung angewandt wird.
Josef Zelger
Wissenschaftstheoretische Problembereiche empirischer Wirtschafts- und Sozialforschung. Induktive Forschungslogik, naiver Realismus, Instrumentalismus, Relativismus
Zusammenfassung
Der Beitrag bietet einen Literaturüberblick über wissenschaftstheoretische Problembereiche empirischer Wirtschafts- und Sozialforschung. Der Stand der Forschung wird dargelegt und kritisch beurteilt. Dabei wird zwischen Forschungsansätzen unterschieden, die einer induktiven bzw. deduktiven Erkenntnislogik folgen; es werden jeweils vier Beispiele neuerer Forschungsbereiche der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung beschrieben. Die aktuellen Strömungen in der wissenschaftstheoretischen Debatte um die Interpretation empirischer Forschungsergebnisse werden skizziert. Hier liegt der Schwerpunkt der Argumentation auf den Extrempositionen des naiven Realismus einerseits und des Instrumentalismus andererseits; unter letzterem werden Modellbildung und Simulation sowie Relativismus und Konstruktivismus subsummiert. Im Schlusskapitel werden Kennzeichen einer Methodologie beschrieben, die ein Weg aus dem Dilemma zwischen naivem Realismus und Instrumentalismus bzw. Relativismus sein könnte. Unvermeidbare praktische Probleme der empirischen Wirtschaftsund Sozialforschung werden aufgezeigt.
Sonja Haug

Wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen

Zur Möglichkeit der Deduktion des Wirtschaftlichkeits- und Gewinnmaximierungsprinzips aus dem Rationalprinzip
Zusammenfassung
In den Wirtschaftswissenschaften ist man gerade in ihrem traditionellen Kern bemüht, ihr Gebiet durch strenge Annahmen bzw. Axiomatisierung möglichst eindeutig festzulegen und abzugrenzen. Grundlegende Bedeutung kommt dabei dem Wirtschaftlichkeits- und Gewinnmaximierungsprinzip zu. Es kann jedoch gezeigt werden, dass ihre Begründung in Form einer Deduktion aus dem Rationalprinzip wissenschaftstheoretisch alles andere als überzeugend ist. Insbesondere das Gewinnmaximierungsprinzip basiert auf historischen sowie gesellschaftspolitischen Aspekten und ist vornehmlich normativer Natur.
Thomas Diefenbach
Verschiedene wissenschaftstheoretische Ansätze in den Wirtschaftswissenschaften
Gedanken zu ihrer sinnvollen Nutzung in der Praxis
Zusammenfassung
Wissenschaftstheoretische Grundannahmen werden in der Forschung selten thematisiert. Jedoch ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Annahmen immer wieder Verständnisprobleme. Dies betrifft auch die Betriebswirtschaftslehre und die Wirtschaftsinformatik mit ihrem weiten Gegenstandsbereich. Um zu einer als notwendig erkannten Offenheit zu gelangen, ist ein gewisser Pluralismus notwendig. Dieser sollte aber ergänzt werden durch eine Fundierung, die es ermöglicht in einen gemeinsamen Diskurs zu treten. Dabei hilft die ökonomische Wissenschaftstheorie von C. Lütge, u.a. indem sie ein Gerüst von ‘Kriterien guter Wissenschaft’ aufstellt. Für die praktische Diskussion erscheint jedoch eine Ergänzung notwendig, die auf Basis der Forschungsgegenstände angemessene Anschauungen vorschlägt, wie sie C.O. Scharmer beschrieben hat. In zwei Beispielen wird gezeigt, wie sich die Anschauungen bei aktuellen Forschungsthemen anwenden lassen, die bei einer ganzheitlichen Betrachtung nicht nach einem Schema wissenschaftstheoretischer Grundannahmen untersucht werden können, sondern mehrere betreffen. Eine Chance in der Pluralität liegt auch darin, dass durch mehr Offenheit auch die Kreativität im wissenschaftlichen Prozess eine selbstverständlichere Position erhält.
Frank Wolff
Werturteilsprobleme in der Bilanzforschung: Eine Analyse der Fair Value-Bewertung
Zusammenfassung
Seit den 1990er Jahren befindet sich die deutsche Rechnungslegung im Umbruch. Dieser Prozess wird von der deutschen Wissenschaft bestenfalls kritisch begleitet und im Wesentlichen über anglo-amerikanische Forschungsarbeiten abgestützt und gerechtfertigt. Der vorliegende Beitrag zeigt am Beispiel der fair value-Bewertung auf, welche Basiswerturteile und methodologischen Vorentscheidungen getroffen werden müssen, um eine „moderne“ Rechnungslegungstechnologie wie das fair value accounting abzuleiten bzw. zu beurteilen. Die Analyse der wissenschaftstheoretischen Grundprobleme der Rechnungswesenforschung deckt dabei einen tiefen Dissens zwischen der deutschen und der angloamerikanischen Forschungstradition auf.
Jochen Zimmermann, Jörg-Richard Werner
Apriorische und empirische Grenzen von Wirtschaftsprognose: Oskar Morgenstern nach 70 Jahren Prognoseerfahrung
Zusammenfassung
Dieser Beitrag diskutiert Oskar Morgensterns These von der Unmöglichkeit von Wirtschaftsprognose. Nach einer kritischen Rekonstruktion der Argumente Morgensterns wird diese These in ihrer starken, apriorischen Lesart zurückgewiesen. Demgegenüber gestatten es die Ergebnisse empirischer Prognoseevaluationen, Morgensterns Überlegungen als kontingente Erklärungen des Scheiterns makroökonomischer Vorhersagen um zu interpretieren. Der Beitrag schließt deshalb mit einer provokanten Konklusion, die bereits Morgenstern zog: der Forderung, Versuche makroökonomischer Vorhersage einzustellen.
Gregor Betz
Der wissenschaftstheoretische Status von Simulationen
Zusammenfassung
Computersimulationen — hier wird häufig nur noch von Simulationen gesprochen — haben sich in vielen wissenschaftlichen und technischen Bereichen zu unverzichtbaren Werkzeugen für Forschung und Entwicklung entwickelt. Sie stellen ein mächtiges Werkzeug zur Untersuchung von Abläufen in ganz verschiedenen Disziplinen dar — von der Kosmologie bis zur Ökonomie — und scheinen die Grenzen der Wissenschaft weiter hinauszuschieben. Allerdings muss konstatiert werden, dass die Verwendung von Simulationen im Forschungsprozess häufig unkritisch geschieht und wichtige wissenschaftstheoretische Einwände nicht beachtet werden. Diese sollen zunächst allgemein dargestellt sowie kritisch diskutiert und danach Konsequenzen für die Wirtschaftsinformatik genannt werden*.
Karsten Weber

Betriebliches Wissensmanagement

Wissensmanagement und Kommunikation in der E-Economy — Zum Widerstreit zwischen Rationalisierung und Kompetenzerweiterung
Zusammenfassung
Die Informatisierung der Wirtschaft stellt die Wissenschaftstheorie vor neue Herausforderungen: Die Implementierung wissenschaftlicher Modellierungen des Wirtschaftsgeschehens in technische Systeme, die wissensbasiert agieren und ggf. entscheiden, zeitigt zwar Rationalisierungseffekte, verändert aber auch Handlungskonzepte (act-types) und kann zu Kompetenzverlusten führen. Die klassischen Instanzen der Beurteilung einer Bewährtheit von Theorien sind kritisch zu reflektieren, und es ist zu fragen, wie Kompetenzverluste bei der Validierung jener in die Systeme implementierten Modellierungen kompensiert werden können.
Christoph Hubig
Die Rolle von Geschichten im betrieblichen Knowledge-Management
Zusammenfassung
Im Sinne von lernenden Organisationen spielt das Knowledge-Management in Betrieben eine immer bedeutendere Rolle. Die dabei häufig eingesetzten Software-Tools zur Unterstützung von organisationellem Lernen zielen zumeist auf die Modellierung von explizitem Wissen ab. In Bezug auf so genanntes implizites Wissen („tacit knowledge“) sind kaum Ansätze verfügbar, wie dieses, in Verschränkung mit explizitem Wissen, für innerbetriebliche Lernprozesse nutzbar gemacht werden kann. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Funktion von Geschichten im betrieblichen Umgang mit implizitem Wissen und verweist aus feministischer Sicht auf die epistemologischen Implikationen der Diskussion.
Edeltraud Hanappi-Egger, Roswitha Hofmann
Was das Wissensmanagement von der Wissenschaftstheorie lernen kann Eine wissens- und akteursbezogene Betrachtung von Wissenschaftstheorie und Wissensmanagement
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag greift den Aspekt der Wissensselektion als eine Kernaufgabe des Wissensmanagements heraus und zieht Erkenntnisse der Wissenschaftstheorie zur Lösung dieses Problems heran. Von besonderer Bedeutung ist dabei die interaktionsbezogene Betrachtung der Wissensselektion, die in der modernen Wissenschaftstheorie eine wichtige Rolle spielt. Aus den bereits vorliegenden Erkenntnissen der Wissenschaftstheorie werden Empfehlungen für ein erfolgreiches Wissensmanagement für Unternehmen abgeleitet.
Bernhard Hirsch, Jennifer Kunz
Kann man implizites in explizites Wissen konvertieren? Die Wissensspirale auf dem Prüfstand
Zusammenfassung
Nachfolgender Beitrag setzt sich kritisch mit der vielfach geforderten Konvertierung von implizitem in explizites Wissen auseinander. Es wird gezeigt, dass das Konstrukt des „tacit knowing“ für eine solche Konversion strukturell ungeeignet ist.
Georg Schreyögg, Daniel Geiger
Impulse der Erkenntnistheorie und des Wissenschaftsbetriebs für eine betriebliche Wissensbewertung
Zusammenfassung
Erfolgskontrolle und kaufmännische Bewertung eines Wissensmanagements werden in aller Regel mit den traditionellen Mitteln und Methoden betrieblicher Rechnungslegung betrieben. Terminologie und Methodik lassen hierbei erkennen, dass wissenschaftstheoretische Ansätze und wissenschaftliche Praxis den Stand der Kunst der betrieblichen Wissensbewertung nur unwesentlich beeinflusst haben, obwohl Wissenschaftsbetrieb und Erkenntnistheorie auf eine lange Tradition der Entwicklung domänenspezifischer Methoden zur Bewertung von Wissen und wissenschaftlicher Wissensarbeit zurückblicken können. Der Beitrag unternimmt eine vergleichende Betrachtung wissenschaftlicher und betrieblicher Wissensbewertung. Es werden Parallelen und Ansatzpunkte gegenseitiger Befruchtung aufgezeigt, Desiderata der betrieblichen Wissensbewertung abgeleitet und ein Verbesserungsvorschlag vorgestellt.
Hanno Schauer
Wissenschaftstheoretische Herausforderungen bei der Berücksichtigung von Emotionen im Wissensmanagement
Zusammenfassung
In der Betriebswirtschaftslehre wird zunehmend die Bedeutung des emotionalen Geschehens für das wirtschaftliche Handeln erkannt. Emotionen beeinflussen nicht nur die Denkprozesse eines Individuums, sondern wirken durch den Effekt der emotionalen Ansteckung bspw. auch auf Gesprächspartner. Die Theorie der ‘complex responsive processes’ integriert derartige intraindividuelle und soziale Emotionen in ein umfassendes Aussagensystem zum Wissensmanagement. Diese Theorie wird als Rahmen genutzt, um aktuelle Strategien zum betrieblichen Umgang mit Emotionen in den Kontext des Wissensmanagements einzuordnen und zu bewerten.
Olaf Schönert

Entwurf von Informationssystemen

Epistemologische Positionierungen in der Wirtschaftsinformatik am Beispiel einer konsensorientierten Informationsmodellierung
Zusammenfassung
Anhand einer dem sprachkritischen Ansatz verpflichten Auffassung von Informationsmodellierung wird gezeigt, dass Informationsmodellierung als eine Forschungsmethode der Wirtschaftsinformatik verstanden werden kann. Ein epistemologischer Bezugsrahmen für Forschungsdesigns lässt sich auf diese konsensorientierte Informationsmodellierung anwenden, um eine Strukturierung und umfassende Explizierung der Annahmen zu erhalten, welche der Modellierung zugrunde liegen. Dieser epistemologische Bezugsrahmen kann darüber hinaus zur Gliederung von Kriterien für die Bewertung von Ergebnissen der Informationsmodellierung verwendet werden.
Jörg Becker, Roland Holten, Ralf Knackstedt, Björn Niehaves
Analogisches Denken als Erkenntnisstrategie zur Modellbildung in der Wirtschaftsinformatik
Zusammenfassung
Die Wirtschaftsinformatik als empirische Wissenschaft benötigt Modelle im Sinne von Realitätsinterpretationen als Hilfsmittel zur Beschreibung, Erklärung und Gestaltung realer (offener) Systeme. In Bezug auf die Fragestellung, wie der Mensch zu solchen Modellen kommt, wird in diesem Aufsatz das analogische Denken als eine mögliche Erkenntnisstrategie erörtert. Hierzu ist sowohl eine erkenntnistheoretische Definition von Analogie bzw. analogischem Denken, als auch die Klärung ihres Zusammenhangs mit induktiv-deduktivem Denken gefordert. Eine formale Methode für Erkenntnisgewinn und -übertragung wird aufgezeigt. Analogieinduktion und Analogiededuktion werden dabei als neue Termini eingeführt. Das Poppersche ontologische Drei-Welten-Modell wird dazu als epistemologische Verständnis- und Arbeitsgrundlage vorgestellt. Durch den bewussten Einsatz dieser vorwiegend unbewusst ablaufenden Erkenntnisstrategie im Rahmen von Modellbildung und Modelltest in einem wissenschaftlichen Kreisprozess werden semantische Richtigkeit, Relevanz, Klarheit und Vergleichbarkeit der solcherart erstellten Modelle gefördert.
Alfred Holl, Robert Auerochs
Methodologische Aspekte der Organisationsmodellierung: Eine soziopragmatisch-konstruktivistische Perspektive
Zusammenfassung
Der Organisationsmodellierung, verstanden als Teil der frühen Anforderungsanalyse, kommt eine maßgebliche Bedeutung für den Erfolg der Entwicklung und des Einsatzes von Informationssystemen zu. Misserfolge bei der Entwicklung von Informationssystemen, die trotz der Anwendung rigoroser Modellierungsmethoden regelmäßig auftreten, weisen darauf hin, dass die den Methoden zugrunde liegenden Präsuppositionen einer kritischen Prüfung bedürfen. Eine Präsuppositionsanalyse im Sinne einer Betrachtung methodologischer Aspekte der Organisationsmodellierung trägt nicht nur dazu bei, die methodologischen Defizite von Methoden aufzudecken, sondern liefert gleichzeitig eine methodologische Fundierung der Organisationsmodellierung. Vor dem Hintergrund eines mit einem methodologischen Pluralismus einhergehenden postmodernen Wissenschaftsverständnisses ergibt sich die Notwendigkeit, zwecks Vermeidung der Vermischung inkommensurabler Präsuppositionen eine paradigmatische Fundierung vorzunehmen. Aufbauend auf Burrells und Morgans Konzeptualisierung soziologischer Paradigmen werden das erkenntnistheoretische Paradigma des soziopragmatischen Konstruktivismus vorgestellt und anhand einer Interpretation der Theorie semantischer Stufen Stachowiaks ein entsprechendes Verständnis der Organisationsmodellierung skizziert.
Boris Wyssusek

Entwurf und Evaluation von Ontologien

Ontologische Strukturen. Gegenwärtige Tendenzen und ihre Anwendung in der Wirtschaftsinformatik
Zusammenfassung
Im Folgenden geht es mir darum, den Sinn und Nutzen der philosophischen Ontologie im Anwendungsbereich Informatik und besonders der Wirtschaftsinformatik zu verdeutlichen und die impliziten Probleme darzustellen, die durch unausgesprochene weltanschauliche Implikationen schon immer vorhanden sind. Ich bin der Auffassung, dass die philosophische Ontologie die Definition der Domäne unterstützen kann, weil sie einerseits die Anordnung der Entitäten unabhängig vom Kontext vornimmt und weil sie andererseits durch die Kategorisierung die Stringenz der inhaltlichen Ordnung fördert. Folglich ist sie geeignet, spezifische Domänen aufzufächern.
Ruth Hagengruber
Metadesign: Wissenschaftstheorie, Wirtschaftsinformatik und Wissensmanagement
Zusammenfassung
Die ständig zunehmende Komplexität und Interdependenz ökonomischer Makro- und Mikrosysteme stellt den heutigen Manager bei der Durchdringung wirtschaftlicher Zusammenhänge als Voraussetzung jeglicher unternehmerischen Entscheidungsfindung vor erheblichen Problemen. Die geistige Bewältigung der immer komplexer werdenden Welt und der damit verbundenen Wissensexplosion wäre nur dann möglich, wenn es gelingt, Wissenschaftstheorie, Wirtschaftsinformatik und Wissensmanagement auf einem gemeinsamen Nenner, den wir MetaDesign nennen, zu bringen und mit computerbasierten Ansätzen wie Model Driven Architecture Integration die Probleme zumindest zu klären. Das vorgefundene ideologische und technologische Chaos zwingt uns zu einer theoretischen Systematisierung, weil die Wissensbasis der obengenannten Fachgebiete schon reichhaltig und komplex genug ist, um solche Betrachtungen zu rechtfertigen.
Boris Petkoff
Platons Gütekriterium für Ontologien
Zusammenfassung
Der Beitrag1 soll dem Ziel der Bewertung von Ontologien dienen. Er behandelt die Möglichkeit, Platons Philosophie, insbesondere die der Ideenlehre, auf die Konstruktion von Ontologien aus der KI-Forschung anzuwenden und hieraus Implikationen zur Messung von Güte zu gewinnen. Zu diesem Zweck setzt sich der Beitrag zunächst mit dem Begriff Ontologien auseinander, anschließend werden Definitionen und Gütekriterien für das Konstrukt Ontologien aus der KI-Forschung hinsichtlich der Ideenlehre Platons aufgearbeitet. Die Autoren entwickeln, auf Basis der vier Kognitionsbereiche Platons und der damit verbundenen vier Stufen des Seins, ein vierstufiges Gesamtkriterium der Güte für Ontologien.
Lars Dittmann, Joachim Penzel
Backmatter
Metadaten
Titel
Wissenschaftstheorie in Ökonomie und Wirtschaftsinformatik
herausgegeben von
Ulrich Frank
Copyright-Jahr
2004
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-322-81127-1
Print ISBN
978-3-8244-0738-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-81127-1