Zusammenfassung
Mit dem Zusammenhang von Gefühlen und literarischer Rezeption hat man sich befaßt, seit man sich mit Dichtung befaßt. Es liegen uns Belege für eine Diskussion dieses Zusammenhangs seit der Antike vor: So haben sich bekanntlich sowohl Platon als auch Aristoteles und Horaz mit dieser Frage beschäftigt. Sie nehmen zwar verschiedene Akzentuierungen vor, stehen sich jedoch darin nahe, daß sie eine enge Beziehung zwischen Dichtung und Gefühlen, genauer zwischen Dichtung und den Gefühlen des Lesers beziehungsweise Theaterzuschauers sehen. Der Akzent liegt also auf der gefühlsauslösenden Rolle der Dichtung, das heißt auf der wirkungsästhetischen Dimension, nur divergieren die Ansichten über die Konsequenzen und deren Bewertung.1 Sowohl bei Platon als auch bei Aristoteles steht im Hintergrund des Zusammenhangs von Literatur und Gefühl die Dichotomie von Vernunft und Gefühl beziehungsweise von Rationalität und Emotionalität, die sich in der Polarität der literarästhetischen Funktionsbestimmung ‘prodesse et delectare’ wiederspiegelt — eine Polarität, die vor allem mit dem Namen Horaz verbunden ist und deren Wirkungsmächtigkeit in der modernen Dichtungstheorie weit über Lessing hinausreicht. Ein anderer, bis heute für den Umgang mit Literatur höchst einflußreicher Gedanke, für den der Zusammenhang zwischen Literatur und Gefühl eine Rolle spielt, ist Kants Konzept des interesselosen Wohlgefallens und des ästhetischen Geschmacksurteils.
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Literatur
Vgl. Manfred Fuhrmann, Einführung in die antike Dichtungstheorie, Darmstadt 1973.
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Worthmann, F. (2004). Gefühle und literarische Wertungen. In: Literarische Wertungen. Literatur — Handlung — System. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81301-5_6
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