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1994 | Buch

Lean Management

Konzept — Kritische Analyse — Praktische Lösungsansätze

verfasst von: Uwe Groth, Andreas Kammel

Verlag: Gabler Verlag

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Über dieses Buch

Obgleich "Lean-Konzepte" zuweilen als Modeerscheinung abqualifiziert werden, er­ freuen sie sich in der Praxis anhaltend großer Aufmerksamkeit. Dennoch zeigt sich in zahlreichen Gesprächen mit Praktikern, daß keinesfalls Klarheit und teilweise sogar Unkenntnis darüber besteht, was Gegenstand des Lean Management ist. Mit dieser Arbeit soll versucht werden, eine umfassende, systematische Darstellung des State of the Art im Lean Management vorzulegen. Dabei soll eine kritische Auseinan­ dersetzung mit dem Konzept, das bislang allzusehr als Allheilmittel für die Lösung vieler Problemstellungen in Unternehmen propagiert wurde, erfolgen. Es werden praktische Lösungsansätze diskutiert, die in anderen Publikationen zu dem Thema oftmals nur sehr oberflächlich abgehandelt werden. Im Vordergrund der Bearbeitung stand das Bemühen, eine möglichst weitgehende Synthese von theoretischen Überlegungen und Praxisbezug herzustellen. Das Buch wendet sich an Betriebspraktiker, vornehmlich Führungskräfte, aber auch an Wissenschaftler und Studierende, die einen Überblick über den derzeitigen Stand und die Entwicklung des "Lean Management" suchen. Bis kurz vor Redaktionsschluß im Mai 1994 haben wir fortlaufend aktuelle Entwicklun­ gen berücksichtigt; dennoch mag uns der Leser die ein oder andere "Aktualitätslücke" verzeihen, die zwischen Fertigstellung und Erscheinen der Arbeit augenfällig wird. Ohne die vielfältige Unterstützung Dritter wäre das Buchprojekt nicht durchführbar gewesen. Wir bedanken uns herzlich bei Rita Nockher für die professionelle Textverar­ beitung und bei OStD Hans H. Kammel für das besonders sorgfältige Redigieren des Manuskriptes; verbleibende Fehler gehen voll zu Lasten der Autoren. Ulrike M. Vetter, Cheflektorin des Gabler Verlages, danken wir für die gute Zusammen­ arbeit.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Frontmatter
1. Problemstellung

Übereinstimmend wird in der Unternehmenspraxis, in der Wirtschaftspresse und der wissenschaftlichen Managementliteratur festgestellt, daß viele Industriezweige massiv unter internationalem Wettbewerbsdruck bei stetig wechselnden Rahmenbedingungen in ökonomischer, politisch-rechtlicher, gesellschaftlicher, technologischer, soziokultureller und auch ökologischer Hinsicht stehen. Zu den vielfältigen Herausforderungen für die Unternehmen zählen vor allem: globaler Verdrängungswettbewerb (verstärkt durch weltweite Rezessionserscheinungen),wechselhafte Wettbewerbspositionen und kürzer werdende Produktlebenszyklen auf einerseits stagnierenden oder sogar schrumpfenden Märkten und andererseits auf sich neu herausbildenden Märkten, starker Innovationsdruck aufgrund des beschleunigten technologischen Fortschritts mit der Notwendigkeit einer zeitlichen Straffung von Forschungs- und Entwicklungsprozessenverstärkte Nachfragedifferenzierung mit dem Wunsch nach größerer Typenvielfalt und höherer Qualität seitens zunehmend anspruchsvollerer Kunden, die sich gleichzeitig durch hohe „Volatilität“ beziehungsweise „Fremdgeh-Effekte“ auszeichnenPreiskämpfe und erhebliche Kostensenkungsnotwendigkeitendie gravierenden Umwälzungen in Osteuropa und die damit eröffneten neuen Betätigungsfelder aber auch die gleichzeitig zunehmende Konkurrenz in unmittelbarer Nachbarschaft aufgrund von Lohnstückkostenvorteilenhohe Ansprüche der Mitarbeiterin Hinblick auf Arbeitsaufgabe und Arbeitsbedingungenorganisatorische Flexibilität, die durch überkomplexe, bürokratisch-administrative Unternehmensstrukturen nicht mehr leistbar istwachsendes Umweltbewußtsein und zunehmende Ansprüche an die Lebensqualität.

Uwe Groth, Andreas Kammel
2. Eine erste Eingrenzung des Themas

Das im folgenden vertretene Konzept des Lean Management lehnt sich im Kern stark an die Ergebnisse des MIT-International Motor Vehicle Program (vgl. Womack/Jones/Roos 1990) an, um nicht einer „Ausuferung“ des hinsichtlich Funktionsbreite/-tiefe keineswegs verbindlich festgelegten Sujets Vorschub zu leisten und um sich auf wesentliche Elemente bei der Konzeptionalisierung konzentrieren zu können. Es soll als bezugsrahmenorientierte, konkretisierende und praxisbezogene Weiterführung und Präzisierung verstanden werden. Ferner wird ein das Gesamtunternehmen umfassender „Total-Ansatz“ präferiert, allerdings nicht ohne daß — eingebettet in diesen „Total-Ansatz“ — detaillierte Partialbetrachtungen durchgeführt werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel
3. Zielsetzungen und Aufbau des Buches

Dieses Buch vermittelt Grundlagenwissen im Lean Management. Im Vordergrund steht eine systematische und auf das Wesentliche konzentrierte, gleichwohl umfassende Einführung in das Themengebiet. Damit soll gleichzeitig den weitverbreiteten begrifflichen und konzeptionellen Unklarheiten und der Gefahr der „Verflachung“ der Besonderheiten durch zu starke Ausweitung des Sujets entgegengewirkt werden. Auf der Basis einer kritischen begrifflichen und konzeptionellen Analyse sollen differenziert praxisnahe Lösungsansätze in Kernbereichen des Lean Management aufgezeigt werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel

Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen des Lean Management

Frontmatter
1. Die Begriffsproblematik

Die Termini „Lean Production/Lean Management“ erweisen sich in der aktuellen Diskussion als modische Schlagwörter ohne inhaltliche Präzision, die in unterschiedlichen Zusammenhängen und mit unterschiedlichen Inhalten Verwendung finden und aufgrund ihrer Allgemeinheit auf sehr viele Sachverhalte anwendbar sind.

Uwe Groth, Andreas Kammel
2. Vorläufige Einordnung des Lean-Management-Begriffs

„Lean“ bedeutet „mager“ und wird im Zusammenhang mit der industriellen Produktion als „schlanke Produktion“ übersetzt (so auch bei Womack/Jones/Roos 1991, S. 10). Damit wird zum bildhaften Ausdruck gebracht, was die MIT-Studien in Zahlen dokumentieren: „Schlank“ bedeutet, daß erheblich weniger an Personal, Zeit für die Entwicklung neuer Produkte, Produktionsfläche, Investitionskapital, Lagerbeständen und Nacharbeit aufgrund von Qualitätsmängeln als bei herkömmlichen Produktionsweisen benötigt werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel
3. Lean Management als spezifisches Konzept der Unternehmensführung

Management ist ein aus der anglo-amerikanischen Literatur stammender Begriff, der synonym zu Unternehmensführung verwandt wird und in funktionaler Hinsicht allgemein als zielorientierte Gestaltung und Steuerung eines sozio-technischen Systems verstanden wird (Wild 1974, S. 151 f.). Neben sachformalen Managementaufgaben (im Kern Planung, Organisation und Kontrolle/Controlling) zur Steuerung des Leistungsprozesses im Unternehmen sind hierzu auch personenbezogene Maßnahmen der Personalführung und des Personalmanagements im Sinne der Unternehmensziele notwendig. Welche Managementfunktionen jedoch im einzelnen notwendig sind, darüber besteht in der Literatur keine Einigkeit. Miner (1971) ermittelte bei einer Analyse amerikanischer Management-Lehrbücher bereits 19 unterschiedliche, sich teilweise überschneidende Managementfunktionen, und nach Steinmann/Schreyögg (1990, S. 7) ist die Zahl der entwickelten Managementfunktionskataloge inzwischen unüberschaubar.

Uwe Groth, Andreas Kammel
4. Oberste Zielsetzungen des Lean Management

Als oberste Zielsetzungen des Lean Management lassen sich das Gewinnziel und das Existenzsicherungsziel hervorheben: 1.Das Gewinnziel Unternehmerische Gewinn- beziehungsweise Rentabilitätsbestrebungen basieren in marktwirtschaftlichen Systemen auf dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip. Die mit Gewinn und Rentabilität in Zusammenhang stehenden monetären Größen sind Ausdruck zugrundeliegender leistungswirtschaftlicher (Sub-) Ziele und Vorgänge. Das Lean Management zielt dabei direkt auf eine das Gewinnziel bezogene Beeinflussung der Leistungserstellung über die Optimierung von Sachkriterien wie Produktivität, Qualität, Zeit, Flexibilität, Prozesse usw.2.Das Existenzsicherungsziel Ein weiteres Ziel, das mit dem Gewinnziel in engem Zusammenhang steht, ist die Existenzsicherung, das heißt allgemein die „Aufrechterhaltung eines stabilen Zustandes trotz sich ändernder Umwelt“ (Heinen 1981, S. 126).

Uwe Groth, Andreas Kammel
5. Grundidee und Grundprinzipien

Die Grundidee und die wesentlichen Grundprinzipien geben die Ausrichtung der zu behandelnden Konzeption in allgemeiner Weise vor. Bei der Identifizierung des spezifischen Beitrages von Lean Management zur Unternehmenszielrealisierung stellt sich die Frage nach der Originalität des entsprechenden Konzeptes vor dem Hintergrund der Tatsache, daß viele der Bestandteile längst bekannt sind, zum Teil intensiv in der Betriebswirtschafts- beziehungsweise Managementlehre diskutiert wurden/werden und sich als „gängige“ Konzepte beziehungsweise Instrumente bezeichnen lassen. Eine dominierende Grundidee läßt sich in der Zusammenfassung von vorher isoliert voneinander bearbeiteten Aufgabenstellungen erkennen — mit dem Ergebnis, daß positive (wenn auch nicht quantifizierbare) „synergetische” Wirkungen erzielt werden. „Ganzheitlichkeit“ und „Integration” können in ihrer Allgemeinheit in der Betriebswirtschaftslehre allerdings — spätestens seitdem systemtheoretische Ansätze propagiert werden (vgl. insbesondere Ulrich 1970) — nicht mehr als „originäre“ Grundideen gelten; dies ist zu präzisieren.

Uwe Groth, Andreas Kammel
6. Die Kernelemente des Konzeptes im Überblick

Als Kernelemente des Konzepts kristallisieren sich „flache Hierarchien“, „Teamarbeit“, „Simultaneous Engineering“, „Total Quality Management“, „Zuliefererintegration“, „Kundennähe“ sowie „Integriertes Informationsmanagement“ und „Kommunikationskultur” heraus (vgl. Abbildung 2).

Uwe Groth, Andreas Kammel

Kritische Analyse

Frontmatter
1. Kritische Differenzierung wider die Trivialisierung durch Propagierung einer neuen „Management-Heilslehre“

Der unübersehbare „Lean-Touch“, mit dem Praktiker, Seminarveranstalter und Forscher unterschiedlicher Disziplinen versuchen, ihren Arbeits- und Forschungsbereich aufzuwerten und einen aktuellen Anstrich zu geben, läßt beim kritischen Betrachter den Eindruck entstehen, hier werde letztlich lediglich eine neue überzogene und überbewertete Management-Heilslehre verkündet, die im Zuge einer inhaltsleeren Wortinflation bald unmodern sein wird und deren Protagonisten sich alsbald einem neuen Thema in gleicher Weise widmen werden. Andererseits zeigen die forcierten Umsetzungsanstrengungen der betrieblichen Praxis (zunächst primär im Automobilsektor), daß es sich bei dem Sujet um ein im Kern durchaus ernstzunehmendes Managementkonzept für die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen handelt. Zwar erscheint es wenig hilfreich, Lean Management vorbehaltlos und undifferenziert zu propagieren. Aber welche Substanz kann aus wissenschaftlicher und kritisch-praxeologischer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt von der Debatte erwartet werden, welche Wege zu einer Fundierung lassen sich einschlagen?

Uwe Groth, Andreas Kammel
2. Zur Frage von Kulturgebundenheit und Transferierbarkeit von Management-Know-how

In der Lean-Management-Diskussion setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, daß es nicht nur um die Übernahme bestimmter Management- und Produktionstechniken geht, sondern daß hinter dem Ansatz kulturelle Faktoren eine entscheidende Rolle spielen, die den Erfolg mit begründen. Hierzu zählen unter anderem philosophische Grundhaltungen, Selbst- und Weltinterpretationen, spezifische Sozialisations- und Kommunikationsmuster, Tradition, Emotionalität und Temperament — wichtige Kulturelemente, die die Einstellungen und Verhaltensweisen von Gesellschaften, Organisationen, Gruppen und Individuen determinieren.

Uwe Groth, Andreas Kammel
3. Vorbehalte, Risiken und Grenzen einer unkritischen Imitation

Gegen Lean Management werden gewichtige Vorbehalte vorgebracht, die bei der Planung, Gestaltung und Implementierung berücksichtigt werden müssen, weil andernfalls Widerstände der Betroffenen zu befürchten sind. Die Kritikpunkte allgemeiner Art bieten Anlaß für die Kreierung eines unternehmensspezifischen Konzeptes, da Zweifel bestehen, daß das Ursprungsmodell des historisch gewachsenen Zusammenspiels schlanker Arbeits- und Produktionsorganisation die axiomatische Handlungsanleitung für westliche Unternehmen verkörpert.

Uwe Groth, Andreas Kammel
4. Voraussetzungen für Lean Management in Deutschland

Bei der Betrachtung der Voraussetzungen für die Implementierungsmöglichkeiten von Lean Management hierzulande muß zwischen der Mikroebene, das heißt Bedingungen auf der Unternehmensebene und der Makroebene, das heißt den landesbezogenen Rahmenbedingungen der Unternehmensumwelt, unterschieden werden. Die erfolgreiche Realisierung des mit Lean Management verbundenen geplanten organisatorischen Wandels setzt eine entsprechende Lernfähigkeit und einen Veränderungswillen bei der Organisation und ihren Mitgliedern voraus, in neuen, bislang zumeist nicht praktizierten Dimensionen zu denken und die sich stellenden Probleme auf eine neue Art zu lösen. Über die möglichen Schwierigkeiten informiert Abschnitt III.8; zunächst sollen die äußeren Rahmenbedingungen näher beleuchtet werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel
5. Lean-Management-Erfahrungen außerhalb Japans

Umfassende und dabei detaillierte, aussagekräftige empirische Studien über den Implementierungsfortschritt und -erfolg von Lean Management außerhalb des Ursprungslandes liegen bislang nicht vor. Als ideale praxisnahe „Laboratorien“ können aber japanische Transplants und Joint Ventures mit japanischer Beteiligung angesehen werden, wenn man nähere praxisnahe Aufschlüsse über Möglichkeiten und Zweckmäßigkeit einer Übertragung des „original japanischen“ Vorbildes auf westliche Kontexte erhalten will.

Uwe Groth, Andreas Kammel
6. Die Situationsabhängigkeit von Lean-Management-Konzepten

Die bisherige Analyse hat gezeigt, daß die Entscheidung über die Konkretisierung und Implementierung des Lean Management nicht losgelöst von der Vielzahl unterschiedlicher interdependeter Kontextfaktoren („Constraints“) gesehen werden kann. Ein rationales Handeln der betrieblichen Entscheidungsträger setzt somit eine genaue Kenntnis situativer Faktoren sowie der von ihnen ausgehenden Wirkungsbeziehungen im Einzelfall voraus. Jedes einzelne Unternehmen agiert in einer speziellen Umwelt aufgrund von besonderen Einflüssen und Transaktionsbedingungen, die unter anderem in Abhängigkeit von Unternehmensgröße, Leistungsprogramm/Branche, technologischem Stand, Rechtsform, Kundenstruktur, Konkurrenzverhältnissen, Unternehmens-Know-how, Ausbildungsstand der Mitarbeiter variieren und daher spezielle konzeptionelle Ausrichtungen, Schwerpunktbildungen und Nuancierungen notwendig machen.

Uwe Groth, Andreas Kammel
7. Der hindernisreiche Weg zum „schlanken“ Unternehmen in der Praxis

Viele Bausteine des Lean-Management-Konzeptes und ihre Vorteilhaftigkeit sind seit langem bekannt, nur werden sie aus den unterschiedlichsten Gründen nicht erfolgswirksam eingesetzt. Gerade in der Implementierung liegt die japanische Stärke und gleichzeitig eine Schwäche nicht-japanischer Wettbewerber: Daher erscheint es wichtig, die Implementierungshindernisse zu beleuchten, um präventiv nicht nur vor diesen zu warnen, sondern auf die Notwendigkeit der frühen proaktiven Einbeziehung in umfassende praktische Lösungsansätze des Lean Management hinzuweisen. Implementationsbarrieren können den Erfolg ganzheitlicher „Schlankheitskuren“ völlig scheitern lassen oder aber die Gefahr eines „Stehenbleibens auf halber Strecke“ heraufbeschwören. Die Vermeidung beziehungsweise die aktive Einflußnahme auf Implementationshindernisse setzt deren genaue Kenntnis voraus.

Uwe Groth, Andreas Kammel
8. Anforderungen an die Gestaltung von Lean-Management-Konzepten

Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Grundlagen sowie der kritischen Analyse lassen sich formale Gestaltungsziele beziehungsweise Anforderungskriterien für Lean-Management-Konzepte entwickeln, die gleichzeitg als Qualitätsstandards zur Beurteilung des Gestaltungsergebnisses fungieren können. Zentrale Kriterien im Anforderungskatalog sind: 1.Zielbezogenheit und Konsistenz Das Lean-Management-Konzept muß auf die Unternehmenszielsysteme ausgerichtet und dabei in sich selbst widerspruchsfrei sein. In diesem Zusammenhang muß man sich vor allem über den kaum auflösbaren Zielkonflikt zwischen Rationalisierungsdruck einerseits und leistungsbeitragsförderlichen Humanisierungsbestrebungen bei der Arbeitsgestaltung andererseits im klaren sein.2.Vollständigkeit und Abstimmung der Kernelemente „Isoliertes Schlankmachen“ kann bedeuten, daß das Verhalten des Gesamtsystems „Unternehmen” und die Abstimmung der Subsysteme nicht in dem erwünschten Ausmaß verbessert werden. Lücken im das gesamte Unternehmen betreffenden Konzept führen unter Umständen zu falschen Prioritäten, Integrationsmängeln und Unwirtschaftlichkeit. Deshalb sollte Lean Management nur als ganzheitliches ineinandergreifendes Konzept umgesetzt werden.3.Nutzung von Synergieeffekten Bei der Konzeptionalisierung versteht es sich von selbst, daß geprüft wird, ob und inwieweit einzelne Aufgabenstellungen oder zumindest Teil- oder Randaspekte des Lean Management bereits im Unternehmen realisiert werden. Um Insellösungen oder Doppelarbeitszeit verschiedener Unternehmenseinheiten zu vermeiden, empfiehlt sich ein reger Austausch von Erfahrungen, was Implementierungsbemühungen und den möglichweise schon längerwährenden Einsatz einzelner Bausteine betrifft.4.Situationsbezogenheit Der Implementierungserfolg steht und fällt mit einer sorgfältigen Analyse aber auch Prognose der unternehmensspezifischen Prämissen für den gewählten „eigenen Weg“. Dies wird (nochmals) betont vor dem Hintergrund der Tatsache, daß viele Unternehmen über keine oder nur wenig Implementierungserfahrung von Lean Management verfügen und es sich deshalb als besonders anspruchsvoll erweist, die einzelnen Konzeptbausteine unter anderem bezüglich Intensität und Spezifität auf die neue Situation maßzuschneidern.5.Realisierbarkeit, Akzeptanz und Partizipation der Mitarbeiter bei der Gestaltung Die Verwirklichung des Realisierbarkeitspostulates hängt maßgeblich davon ab, inwieweit vor der Konzeptionalisierung eine sorgfältige kritische Analyse erfolgt ist und die Rahmenbedingungen und Prämissen für die Konzeptverwirklichung herausgearbeitet wurden. Wenn das erarbeitete Lean-Managementkonzept von Führungs-kräften und Mitarbeitern prinzipiell für durchführbar gehalten wird, erhöht sich auch die Akzeptanz. Die Akzeptanz wird wiederum stark verbessert, wenn die Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden und für besondere individuelle Bedürfnisse größtmöglicher Gestaltungsspielraum offen gelassen sowie auf Selbstorganisationsfähigkeiten vertraut wird. Ferner sollten die persönlichen und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten herausgestellt, nicht einlösbare Versprechungen aber unbedingt ausgeklammert werden.6.Flexibilität Das Lean-Management-Konzept muß so anpassungsfähig gestaltet werden, daß problemlos notwendige spätere Modifikationen einflechtbar sind und die Weiterentwicklung gewährleistet wird. Erfolgreiche Anpassungen erfordern neben einem ausreichenden Handlungsspielraum die Gewährleistung von Handlungsschnelligkeit, die vor allem institutionell durch (früherkennungs-)wirksame Informationssysteme sichergestellt werden sollte.7.Transparenz und Handlungsoperationalität Die eindeutige Festlegung des konkreten Lean-Management-Konzeptes, dessen Gestaltung sich für alle Unternehmensmitglieder transparent und nachvollziehbar darstellt, gewährleistet eine reibungslose Realisierung und Überwachung des Realisierungsfortschritts und -ergebnisses. Handlungsoperationalität liegt vor, wenn gewährleistet ist, daß die Unternehmensmitglieder Konzept und die Rolle des einzelnen richtig interpretieren und in der Lange sind, klar formulierte Konzeptvorgaben umzusetzen. Zur Herstellung von Handlungsoperationalität empfiehlt sich eine detailgenaue schriftliche Fixierung des Konzeptes. Diese Formalisierung vermag auch eine Basis für Lern- und Weiterentwicklungsprozesse zu bieten.8.Professionalität der Gestaltungsträger Implementierungserfolg und Etablierung von Lean Management im Unternehmen hängt wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen der als Initiatoren und „Change Agents“ agierenden Gestaltungsträgern ab. Zum Teil werden bestimmte Aufgaben der Einführung auf Spezialisten übertragen, die entsprechend geschult sind, um die zur Verfügung stehenden Instrumente voll auszuschöpfen. Professionalität bedeutet im einzelnen unter anderem Angst und Widerstände zu berücksichtigen und abzubauen, die Herstellung konkreter Zeitbezüge (Time Management), ganzheitliche und systematisches Denken in entsprechende Handlungen umzumünzen, Selbststeuerung zuzulassen und zu initiieren sowie die Weiterentwicklung des Konzeptes aktiv zu unterstützen. Eine „Nebenbei”-Gestaltung ohne das notwendige Know-how ist zum Scheitern verurteilt.9.Wirtschaftlichkeit Lean Management ist dem Wirtschaftlichkeitspostulat unterworfen. Der Erfüllung der hier postulierten Anforderungskriterien und der Einsatz von Instrumenten kann nur soweit Rechnung getragen werden, als es die erzielbaren Ergebnisse rechtfertigen.10.Einbindung in das Strategische Management Lean Management muß in das Strategische Management als Management der System-Umweltbeziehungen (vgl. Staehle 199 lb, S. 561 ff.) eingebunden werden. Die Dynamik der Märkte und der Unternehmensumwelt erfordert eine laufende Anpassung sämtlicher Teilsysteme des Unternehmens einschließlich des Managementsystems. Verfolgt man mit strategischem Management — pointiert ausgedrückt — das Ziel „die richtigen Dinge zu tun“, so muß das Lean-Management-Konzept geeignet dafür sein, daß „diese Dinge richtig getan werden” und die betrieblichen Leistungspotentiale bestmöglich zur Unterstützung der strategischen Zielerreichung genutzt werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel

Praktische Lösungsansätze

Frontmatter
1. Teamarbeit in flachen Hierarchien

Hierarchie verkörpert die formale Struktur der Über- und Unterordnung. Neben Ziel- und Aufgabenhierarchien als Ausdruck von umfassenden Unternehmenszielsystemen interessieren im organisationalen Zusammenhang primär Stellen- und Personenhierarchien. Hierarchische Stellengefüge können unterschiedlich stark ausdifferenziert sein; durch deren Visualisierung in Organigrammen wird über die personelle Besetzung noch nichts ausgesagt. Erst in der Personenhierarchie wird „aus der sachlogischen hierarchischen Gliederung von Zielen und Aufgaben (...) eine dauerhafte Ordnung für die Herrschaft von einigen Menschen über andere“ (Breisig/Kubicek 1987, Sp. 1067).

Uwe Groth, Andreas Kammel
2. Simultaneous Engineering

Simultaneous Engineering (Concurrent Engineering) läßt sich definieren als ein systematischer Ansatz hinsichtlich einer integrierten, gleichzeitigen Entwicklung von Produkten und der mit ihnen verbundenen Prozesse, einschließlich der Produktionsanlagen und der notwendigen Unterstützung durch andere Unternehmensbereiche. Das Konzept des Simultaneous Engineering zielt darauf ab, die an der Produkt- und Prozeßentwicklung Beteiligten von Anfang an dazu zu bewegen, alle Elemente des Produktlebenszyklus, von der Produktidee und Konzeptionalisierung auf der Basis von Markt- und Wettbewerbsanalysen bis hin zur Markteinführung, -diffusion und Produktvariation einschließlich zentraler Erfolgsfaktoren wie Qualität, Kosten, „Time to Market“ und Anwenderbeziehungsweise Kundenanforderungen stets und von Beginn an zu berücksichtigen (vgl. Carter/Baker 1992, S. 2).

Uwe Groth, Andreas Kammel
3. Grundzüge des Lean Manufacturing

Das Ausmaß der Veränderung eines traditionellen Industrieunternehmens zum „schlanken“ Unternehmen zeigt sich besonders in der Fertigung, die das „Herzstück”, also den „zentralen Ort“ des integrierten Wertschöpfungsmanagements darstellt. Wichtige Leitmaxime für das Produktionsmanagement ist die uneingeschränkte Orientierung an (auch kurzfristig veränderlichen) Kundenwünschen. Drucker formuliert die neue Herausforderung so: „Understand the,making‘ process all the way to the final customer. Then design and build the factory.” (Drucker, 1990, S. 102).

Uwe Groth, Andreas Kammel
4. Total Quality Management (TQM)

Die Qualität wird zu den zentralen strategischen Erfolgsfaktoren im internationalen Wettbewerb gezählt. Der Kunde mißt der Qualität in der Regel einen hohen Stellenwert bei, was um so mehr wiegt, da heute eher Käufer-als Verkäufermärkte Handlungsmaxime für den Anbieter bilden. Nur bei „Low-Tech“-Produkten fallen Kostengesichtspunkte vergleichsweise stärker ins Gewicht.

Uwe Groth, Andreas Kammel
5. Kooperatives Beschaffungsmanagement im Rahmen von Wertschöpfungspartnerschaften mit Zulieferern

Das traditionelle Verhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer (Abbildung 33) ist geprägt durch ständigen Preispoker und fortwährendes Ringen um kurzfristige Vorteile beider Parteien. Hersteller wie Lieferanten konzentrieren sich unabhängig voneinander auf die eigenen Zielsetzungen; es herrscht eine ausgeprägte Abgrenzung untereinander und starkes Konkurrenzverhalten vor. Die Hersteller versuchen, durch eine Erhöhung der Wettbewerbsintensität unter den Zulieferern möglichst niedrige Preise zu erreichen und Kosten (zum Beispiel in Form von Lägern) zu überwälzen oder aufgrund ihrer Marktmacht generell einen fortwährenden Preis- und Konditionendruck auszuüben. Die Zulieferer ihrerseits versuchen — soweit wie möglich —, arbeitsintensive Produktionssegmente verstärkt in Niedriglohnländer zu verlagern. Der große Nachteil der Kostensenkung per „Fertigungsexodus“ besteht jedoch in der häufig großen Entfernung zum Abnehmer mit entsprechenden logistischen Problemen der Koordination, Kommunikation und JIT-Fähigkeit. Außerdem können aufgrund von Qualitätsmängeln verursachte Kosten (Ausfallzeiten, Nachbesserungen, Ausschuß etc.) die vermeintlichen Kosteneinsparungen mehr als kompensieren. Zwar werden durch harte Wettbewerbsbedingungen und Kostenüberwälzungen die Zulieferer fortlaufend zu Innovationen und Effizienzsteigerungen animiert, doch wirkt sich diese kurzfristig orientierte Einkaufspolitik langfristig eher negativ auf die Kostenstruktur, Ertragskraft und Leistungsfähigkeit des Zulieferers und damit auf die Marktpreise der Produkte aus.

Uwe Groth, Andreas Kammel
6. Die Gestaltung der Kundenbeziehungen

Die Konzentration auf die gesamte Wertschöpfungskette von den Zulieferern bis zum Endabnehmer, auf Kerngeschäfte und strategische Partnerschaften in Unternehmensnetzwerken lenkt den Marketing-Fokus auf den Faktor Kundenbeziehungen (vgl. Webster 1992). Wurde in der Vergangenheit unter dem Prinzip der Kundenorientierung primär die Gewinnung von Neukunden verstanden, so gelten in den neu entstehenden Unternehmensnetzwerken die langfristigen Kundenbeziehungen mit den aufeinander aufbauenden Parametern der dauerhaften Kundenzufriedenheit und der Schaffung und Pflege einer loyalen Kundenbasis als Schlüsselprinzipien. Der reine Transaktionsaspekt im Marketing verliert insgesamt an Bedeutung zugunsten des Beziehungsaspektes, der alle Akteure im Wertschöpfungsprozeß und auch die „indirekten“, unterstützenden Bereiche wie Personal, Controlling, DV-Spezialisten etc. einschließt. Sämtliche Funktionen im Unternehmen müssen sich anders als bisher am gemeinsamen Ziel der bestmöglichen Zufriedenstellung des Kunden ausrichten. Der diesbezügliche komparative Vorteil gegenüber dem Leistungsspektrum der Konkurrenz ist präzise herauszuarbeiten.

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Konsequenzen für das Personalmanagement

Frontmatter
1. Neuausrichtung des Personalmanagements als Implementierungsvoraussetzung für das Lean Management

Die Unternehmensmitglieder sind durch die Implementierung von Lean Management in vielfältiger Weise von Restrukturierungen, neuen Denkweisen, neuen Arbeitsanforderungen, Umgestaltungen der Arbeitsplätze, mehr oder minder starken Prozeßzwängen etc. betroffen. Es können beispielswiese Akzeptanzprobleme und Qualifikationsdefizite auftreten, darüber hinaus Erfordernisse, aufgrund der Arbeitsplatzneugestaltung und der (zumindest partiellen) Arbeitsverdichtung neue, leistungsbezogene Entlohnungsformen zu finden. Das personalwirtschaftliche Instrumentarium im Unternehmen muß einer Überprüfung auf „Lean-Tauglichkeit“ unterworfen werden. Die Neu-Konzeptionalisierung des Personalmanagements sollte dahingehend ausgestaltet werden, daß die praktische Umsetzung im Unternehmen unterstützt wird und Implementationsbarrieren vermindert werden (vgl. Hentze/Kammel 1992, S. 325). Dem Personalmanagement kann insofern eine „Katalysatorfunktion in Sachen Lean Management” (Deppe 1993, S. 21) konzediert werden. Im Falle einer proaktiven, das heißt möglichst simultanen Planung und anschließender Realisierung von Lean-Managementkonzepten und personalressourcenbezogener Unternehmensfunktionen kann das Personalmanagement gar in eine „Schrittmacher-Rolle“ (Reiß 1993b, S. 178) hineinwachsen mit der Konsequenz, daß zeitgerecht die adäquaten personalen Voraussetzungen der Implementierung erfüllt werden.

Uwe Groth, Andreas Kammel
2. Personalauswahl und -integration

Durch Lean Management erfolgt eine Verschiebung von traditionell vor allem fachlichen Anforderungskriterien der Personalauswahl hin zu sozialen Kriterien. Die Forcierung der Teamarbeit impliziert, daß die Mitarbeiter außer nach fachlichen Kriterien ausnahmslos auch daraufhin rekrutiert werden, ob und wieweit sie sich als teamfähig erweisen und sich in ein konkretes Arbeitsteam einfügen können.

Uwe Groth, Andreas Kammel
3. Personalbeurteilung

Grundlegendes Ziel von Personalbeurteilungen ist die Generierung von Informationen über das Mitarbeiterpotential und die anschließende, möglichst bedarfsgerechte Bereitstellung von Informationen für das Personalmanagement. Sie liefern die informatorische Basis insbesondere für Personalplanungen, Personaleinsatzentscheidungen, für die Arbeitsgestaltung und Teambildung, für Personalentwicklungsprogramme, Entgeltfindung und -differenzierung sowie Maßnahmen der Personalführung (vgl. Hentze 1991I, S. 258 f.).

Uwe Groth, Andreas Kammel
4. Qualifizierung im Umbruch

Die Qualifizierung im Unternehmen erfährt durch Lean Management eine grundlegende Neuorientierung. Beispielsweise ersetzen Teams den Spezialisten; dezentrale, weitgehend selbsteuernde Systeme implizieren, daß der Mitarbeiter verstärkt zugleich zum Planer, Ausführenden, Steuernden und Kontrollierenden avanciert. Verlangt sind hohe Flexibilität (insbesondere durch Fertigungssegmentierung), Multifunktionalität, Aufgaben- und Kompetenzerweiterungen, aber auch Bewußtseinsänderungen („Lean Management als neue Denkart“). Integrierte (Zusammen-)Arbeit erfordert vermehrt soziale Fähigkeiten, das Idealbild der lernenden Organisation entsprechende Fähigkeiten des kontinuierlichen Lernens. Spezielles Fachwissen ist durch bereichsübergreifende Qualifikation zu ergänzen mit dem Ziel, ganzheitliches, vernetztes und kundenorientiert-prozessuales Denken zu ermöglichen. Die zunehmende informationstechnologische Unterstützung der Prozesse erfordert die Beherrschung arbeitsplatzbezogener EDV-Applikationen im Rahmen eines systematischen Informationsmanagements. Zusammenfassend lassen sich folgende wichtige, die Ermittlung des konkreten Qualifikationsbedarfs leitende Kompetenzen ausmachen: Fachkompetenz: intensive, umfassende praxisnahe Kenntnisse und Fertigkeiten auf bestimmten Gebieten einschließlich der Fähigkeit, innovative Lösungen zu generieren und bei aller fachlichen „Begeisterung“ unternehmerisch zu denken.— Methodenkompetenz: Erfahrungen mit Methoden, deren Eignung für bestimmte Problemlösungen, selbständige Modifizierungs- und Weiterentwicklungsfähigkeit, Bereitschaft zur Anwendung neuer, bisher unbekannter Verfahren.Sozialkompetenz: verantwortungsbewußter Umgang mit Mitarbeitern, vertrauensvolle Zusammenarbeit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Fähigkeit zum Interessenausgleich, Konfliktfähigkeit und Toleranz, Empathie, Überzeugungskraft, Annahme und Verarbeitungsfähigkeit von Kritik, Standhalten von Belastungen etc.Mitwirkungskompetenz: Setzen von Impulsen, aktive, konstruktive und kreative Mitgestaltung von Arbeitsplatz und Prozessen, kontinuierliche Verbesserungsvorschläge, Hinarbeiten auf Lösungen.Prozeß- und Projektmanagementkompetenz: durchlauforientiertes vernetztes Denken, fachliche Kooperation, internes Kundenprinzip, Just-In-Time-Verhalten, Erkennung von Parallelisierungsmöglichkeiten, Methodik des Projektmanagements, Informationsmanagement-Kenntnisse, Organisations- und Improvisationstalent.Lernkompetenz: „Gelernt haben, zu lernen“, Problemfrüherkennungsfähigkeit, Offenheit für Neuerungen, ständige Bereitschaft zur Weiterqualifikation, Experimentierfreudigkeit, ständig hohes Informationsniveau und flexibles Denken (Aufgabe obsoleter konventioneller Denk- und Arbeitsweisen, laufende kritische Überprüfung von Problemen und Lösungen in neuen Zusammenhängen).

Uwe Groth, Andreas Kammel
5. Training on the job/off the job

Zur Gewinnung von Generalisten wird verstärkt Job Rotation auf allen Ebenen eingesetzt. Idealtypisch wechseln die Mitarbeiter regelmäßig ihren Tätigkeitsbereich innerhalb des eigenen Aufgabenbereiches sowie in andere Abteilungen der betreffenden Geschäftseinheit, aber auch über deren Grenzen hinaus auf Positionen der Gesamtunternehmungsebene. Dadurch ist ein breites Verständnis für die Aufgaben, Probleme und Bedürfnisse anderer Abteilungen und Teams im Unternehmen ebenso vorhanden wie der persönliche Kontakt zur schnellen Lösung anstehender Probleme. Job Rotation kann als ein zentraler Baustein von On-the-Job-Trainingseinheiten in Qualifizierungsprogrammen angesehen werden, bei denen realitätsnahe Kenntnisse in der täglichen Konfrontation mit den konkreten Arbeitsaufgaben erfolgt („Learning by doing” bei gleichzeitiger Erfüllung produktiver Arbeitsleistungen).

Uwe Groth, Andreas Kammel
6. Ansätze der Teamentwicklung

Eine Arbeitsgruppe wächst, reift beziehungsweise entwickelt sich dann, wenn sie willens und fähig ist, realistisch mit sich selbst und ihren Problemen umzugehen, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und in diesem Sinne auch tatsächlich zu handeln. Eine längerfristig orientierte Teamentwicklung in reorganisierten, hierarchisch „abgeflach­ten“ Unternehmen erscheint deshalb besonders notwendig, weil in vielen Fällen Füh­rungskräfte, ohne je Teamfähigkeit bewiesen zu haben, bisher quasi als „Einzelkämpfer” betrieblich sozialisiert wurden. Teamentwicklungskonzepte verfolgen das grundlegende Ziel, die Leistung einer Arbeitsgruppe langfristig zu steigern, indem dysfunktionale Wirkungen in der bisherigen Arbeit transparent gemacht und analysiert, schließlich Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Eine präventive Funktion erfüllt die Teament­wicklung dann, wenn von vornherein mögliche Probleme reflektiert und bei „Start-Up-Meetings“ Grundsätze und Spielregeln für eine vertrauensvolle künftige Zusammenar­beit festgelegt werden. Schließlich ist es grundlegende Aufgabe der Teamentwicklung, die Teammitglieder in die Lage zu versetzen, sich und ihr Team selbständig weiterzuent­wickeln.

Uwe Groth, Andreas Kammel
7. Management Development

Die Forderung nach vermehrtem und verbessertem Lernen im Unternehmen hat erhebliche Konsequenzen für die Führungskräfteentwicklung, weil künftig ein „neuer Manager-Typ“ benötigt wird. Auf der Basis eingehender Management-Potential-Diagnosen (vgl. Sarges 1990) gilt es, frühzeitig Management-Development-Konzepte zu erarbeiten, die die neuen Führungspotentiale entwickeln helfen, was in der Regel erst in langfristiger Perspektive realisierbar ist. Management Development ist mehr und mehr zu einer Grundfunktion des Managements geworden (vgl. Ulrich/Fluri 1992, S. 255) und zielt auf die Förderung, Entdeckung und Plazierung von Führungskräften ab, wobei klare Entwicklungsziele und individuelle Laufbahnpläne die Maßnahmen und Programme steuern.

Uwe Groth, Andreas Kammel
8. Arbeitszeitflexibilisierung

Obgleich flexible Arbeitszeitmodelle schon lange in der Diskussion sind und ihnen trotz Meßproblematik und unzulässiger Pauschalisierungstendenz im Ergebnis eine positive Wirkung auf Arbeitszufriedenheit und Leistung konzediert wird (vgl. Hentze 1991II, S. 219 ff.), haben sich die vielfältigen Modelle, die Arbeitszeit als eine flexibel gestaltbare Größe begreifen, in den an Uniformität und Starrheit der Arbeitszeit gewöhnten industriellen Großunternehmen nur partiell durchgesetzt. Eine grundlegende Bewußtseinsänderung hat flächendeckend in den Unternehmensleitungen bislang nicht stattgefunden, wenngleich sich inzwischen die Gewerkschaftsseite, Flexibilisierungskonzepten gegenüber aufgeschlossener zeigt. Durch die Implementierung von Lean Management wird in der Unternehmenspraxis auch das Arbeitszeitszeitmanagement tangiert, insbesondere wenn den Arbeitsgruppen auf breiter Ebene große Entscheidungsspielräume und erhöhte Dispositionsmöglichkeiten zugebilligt werden sollen. Folgende Entwicklungen im Hinblick auf die Gestaltung der Arbeitszeit kristallisieren sich heraus (vgl. Schneider 1992, S. 700 ff.): Die Delegation von Disposition, Planung, Ergebniszielen und -verantwortung wird auch mit der Delegation von Entscheidungskompetenzen über die Arbeitszeit einhergehen. Dies kann praktisch zum Beispiel so aussehen, daß in einer Betriebsvereinbarung lediglich Eckpunkte zur Arbeitszeit vorgesehen sind, über die konkrete Einteilung aber die Gruppen entscheiden.Die Konzentration auf den Wertschöpfungsprozeß, die Unternehmensvernetzung mit ausgewählten Zulieferern, das Just-In-Time-Prinzip und die stärkere Kundennähe implizieren eine zunehmende Synchronisation von Arbeitsanfall und Arbeitszeit, sowie eine arbeitszeitbezogene Verkettung der an den Kernprozessen beteiligten Unternehmen und unternehmensinternen Akteure.Die wachsende Aufgabenintegration und die Bestrebungen zu einer weiteren Entkoppelung von Maschinenlauf und Arbeitszeiten schaffen bessere Voraussetzungen für eine Zunahme zeitlicher und Individualisierungs- und Flexibilisierungspotentiale. Herkömmliche starre Schichtsysteme lassen sich zum Beispiel durch Mehrfachbesetzungssysteme, Einbeziehung von Teilzeitkräften, flexible Arbeits- und Betriebszeiten sowie Modularbeitszeiten (vgl. hierzu im Detail Knauth/Hornberger 1993) wesentlich variabler sowohl den Unternehmensinteressen beziehungsweise Prozeßzwängen als auch den tariflichen Vorgaben und den Mitarbeiterpräferenzen anpassen.

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9. Von Akkord- und Zeitlohnsystemen zum Prämienlohn-Konzept in der Fertigung

Herkömmliche Akkord- und Zeitlohnsysteme erweisen sich für neue gruppenorientierte Arbeitsformen in der Fertigung als zu starr. Diese Konzepte besitzen in der Praxis oft eine große Zahl von Einstufungsmerkmalen und Lohnstufen, sind also äußerst komplex. Anforderungen an neue Lohnkonzepte beinhalten dagegen im wesentlichen: die Ausrichtung an den neuen, umfassend definierten Arbeitsinhalten und Leistungsbezogenheit,individuelle Entlohnung, aber Berücksichtigung von Gruppenleistungen als Einheit (zum Beispiel Gruppenprämien),explizite Berücksichtigung verantwortungsvollerer „höherwertiger“, planender, gestaltender, steuernder und kontrollierender TätigkeitenFlexibilitäts- und Qualifikationsförderlichkeit (unter anderem rasches „unbürokratisches“ Reagieren auf Belange des Produktionsablaufes, Bereitschaft und Qualifizierung für flexible Personaleinsätze)Entwicklung eines Prämiensystems und Berücksichtigung der unterschiedlichen Qualifikationen, um innerhalb der Lohnstufen Individuen auf Grund ihrer Leistung (beziehungsweise Einsatzflexibilität) von der Gruppe unterscheiden zu könnenmehr „Lohngerechtigkeit“ beziehungsweise Gleichheit und Einheitlichkeit durch weniger Lohnstufen beziehungsweise -gruppen undeine höhere Transparenz des gesamten Entlohnungssystems.

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10. Neuorientierung der Personalorganisation

Als sogenannter indirekter Bereich erhält die Personalabteilung aufgrund der Verlagerung wesentlicher Aktivitäten des Personalmanagements (Personalauswahl, -integration, -entwicklung) in die Linie vermehrt Service- und Beratungsfunktion. Die Mitarbeiter der Personalabteilung entwickeln Personalmanagement-Konzepte in Übereinstimmung mit personalpolitischen Grundsätzen und unternehmensspezifischen Belangen und helfen bei der Diagnose und Bewältigung personaler Problemstellungen mit ihrem Know-how. Dies geschieht zum Beispiel durch Personalreferenten, die in unterschiedlichen Projekten, Teams und Arbeitskreisen involviert sind.

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11. Fazit

Durch Lean Management kristallisieren sich neue Schwerpunktaufgaben des Personalmanagements heraus. Die Ausführungen zeigen, daß vornehmlich qualitative Aufgabenkomplexe der Personalbereitstellung zu bewältigen sind. Die erforderlichen Personalpo­tentiale müssen möglichst simultan mit der Implementierung von Lean Management langfristig aufgebaut, gesichert und weiterentwickelt werden. In der Praxis wird es allerdings schwierig sein, unter quantitativen, qualitativen und zeitlichen Aspekten der Personalbedarfsplanung den künftig erforderlichen Personalbestand und die „richtige“ Personalstruktur valide vorherzubestimmen, da bislang keine zuverlässigen Instrumente zur Personalplanung im „schlanken“ Unternehmen zur Verfügung stehen.

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Unterstützung des Lean Management durch Informationsmanagement und Controlling

Frontmatter
1. Anforderungen an ein integriertes Informationsmanagement

Die erhebliche Bedeutung von Information als kritischem Erfolgsfaktor für Unternehmen wird nicht erst seit der Diskussion um Lean Management erkannt und betont. Informationen gelten als „Aktionsgegenstände betrieblicher Steuerungsprozesse“ (Berthel 1975, S. 20), als Basis von Entscheidungen, die gleichzusetzen sind mit einer Transformation von Informationen in Aktion. Grundlegende Lösungserfordernisse des Informationsmanagement betreffen zum einen das Mengen- und Qualitätsproblem. Erforderlich ist die Verknüpfung, Filterung, Verdichtung und Kanalisation möglichst aussagefähiger, zweckgeeigneter Informationen, differenziert nach Informationsadressaten. Das Zeitproblem ergibt sich aus der Dynamik von Unternehmensumwelt und -prozessen und dem damit verbundenen Aktualitätserfordernis der Informationen. Das Kommunikationsproblem schließlich behandelt die Frage nach der zweckentsprechenden Kanalisation des Informationsflusses, da Informationen häufig nicht dort entstehen, wo sie benötigt werden.

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2. Die Etablierung einer „offenen“ Informations- und Kommunikationskultur

Bei Fragen des Informationsmanagements steht oft die technische Diskussion der Informationsfähigkeit im Vordergrund. Dieser Ansatz muß um die Dimension „Informationsbereitschaft“ erweitert werden, die die Fähigkeit und die Motivation der Mitarbeiter zur aktiven Informationsaufnahme, intrapersonellen Verarbeitung und Informationsweitergabe umfaßt (vgl. Zahn/Rüttler 1989). Besonderes Augenmerk muß dabei den irrationalen Aspekten des Informationsverhaltens gewidmet werden, die dem Management im Vergleich zum häufig vorausgesetzten, aber praxisfernen rationalen Informationsverhalten im Entscheidungsprozeß die größeren Schwierigkeiten bereiten. Aufgabe des Managements im Zusammenhang mit der Konzipierung eines aktiven Informationsmanagements muß es sein, durch besondere Anreize ein adäquates „Informationsklima“ zu schaffen sowie Informations- und Kommunikationshemmnisse abzubauen, die sich beispielsweise in der absichtlichen oder unabsichtlichen Nichtbeachtung bestimmter Informationen, in Verspätungen bei der Bereitstellung und in bewußter „Filterung“ von Informationen äußern können.

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3. Ansätze und Instrumente einer „schlanken“ Informationsinfrastruktur

Unter Downsizing werden im systemorientierten Sinne allgemein die Aktivitäten zur Reduzierung komplexer, ressourcenverschlingender zentralistischer DV-Architekturen sowie der Größe einzelner Systemkomponenten verstanden (vgl. Knolmeyer 1992, S. 197).

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4. Anforderungen an ein „leankonformes” Controlling

Das Controlling soll das Management bei der Erfüllung der Lenkungsaufgaben unternehmenszielorientiert unterstützen. Im Kern handelt es sich bei der Beratungs- und Servicefunktion des Controlling um die Koordination des Führungssystems, die sich auf die Gestaltung und Überwachung des Planungs-, Kontroll- und Informationssystems sowie auf die unmittelbare Beteiligung an Planungs- und Kontrollprozessen bezieht (vgl. Küpper/Weber/Zünd 1990, S. 283). Da die zentrale Wurzel des Controlling im Rechnungswesen liegt, bildet die zielgerichtete Koordination zwischen Informationsbedarf und der Erzeugung sowie Bereitstellung von Kosteninformationen die Basis vieler Controlling-Konzepte. Nicht Kostenrechnung ist die Aufgabe des Controllers, sondern Kostenmanagement im Sinne von Entscheidungsunterstützung durch Bereitstellung bedarfsgerecht aufbereiteter Informationen.

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5. Der Ansatz der Prozeßkostenrechnung

Ausgangspunkt für die Propagierung einer Prozeßkostenrechnung ist eine Verschiebung der Kostenstrukturen. Steigende Gemeinkosten bei sinkenden Einzelkosten beeinflussen die Produktkalkulation und die Struktur der Deckungsbeiträge erheblich. Die traditionellen Verfahren der Kostenrechnung, die als Bezugsgrößen ausschließlich Materialwert und Fertigungslöhne ausweisen, werden der tatsächlichen Kostenverursachung nicht gerecht. Ist schon die Gemeinkostenverrechnung unzureichend, stellen die traditionellen Verfahren auch zu wenig aussagefähige Kosteninformationen für die mittel- bis langfristige Planung zur Verfügung. Diese Defizite soll die Prozeßkostenrechnung beseitigen, die eine präzise Zurechnung von Kosten auf Kostenträger ermöglicht (vgl. zu einer differenzierten Darstellung zum Beispiel Horváth/Mayer 1989; Götze/Meyerhoff 1993).

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6. Target Costing

„Target Costing“ beinhaltet kein neues, auf Überwachung fokussiertes Kostenrech­nungssystem, sondern stellt im Sinne eines umfassenden Zielkostenmanagements einen systematischen Prozeß der marktorientierten Kostenplanung, -steuerung und -kontrolle auf Basis der vom Kunden gewünschten Qualitätsmerkmale des zu entwickelnden Produktes dar (vgl. Sakurai 1989; Horváth/Seidenschwarz 1992). Das Konzept wird schon bei der Ideengenerierung und Konzeptgestaltung als Kostenplanungsinstrument eingesetzt, um in Abhängigkeit von den Kundenanforderungen so früh wie möglich kostengestaltende und -senkende Maßnahmen initiieren und forcieren zu können.

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7. Kaizen Costing

Als spezielle Variante des Kaizen-Prinzips (vgl. Abschnitt IV.4.4.7) dient das „Kaizen Costing“ (vgl. Monden/Hamada 1991, S. 23 ff.) der kontinuierlichen Unterstützung der Kostensenkung in der laufenden Produktion. Es kann als wichtige Ergänzung traditioneller Kostenkontrollen und als Teil einer übergeordneten Budgetplanung und -kontrolle gesehen werden. Die aktuellen Kosten für die Produktion des jeweiligen Produktes können als „Kaizen Budgets” aufgefaßt werden, das im Hinblick auf die Realisierung und Verbesserung der „Target Profits“ fortlaufend reduziert werden muß. Im Mittelpunkt von Kostensenkungsaktivitäten stehen die steigenden Gemeinkosten. Als Ergebnis von „Kaizen Costing” können sich grundlegende Veränderungen in Produktion und Management ergeben; kein Bereich ist tabu, soweit Kundenzufriedenheit, Qualitäts- und Zeitziele realisiert werden können. Wichtige Unterschiede zu anderen Kostensenkungsansätzen bestehen in der Permanenz und im „crossfunktionalen“ Teamansatz bei der Suche und Implementierung von Kostensenkungsaktivitäten, in die zunehmend auch die Zulieferunternehmen einbezogen werden.

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8. Fazit

Die Anforderungen an das Informationsmanagement werden von der neuen, streng wertschöpfungsbezogenen und daher „schlanken“ Organisation determiniert. Dies bedeutet unter anderem weitestgehende (aber nicht „totale”) Integration, Prozeßorientierung („Workflow-Management“), Dezentralisierung, Vernetzung, zwischenbetriebliche Ausrichtung und ausgeprägte Anwenderorientierung der Informationsinfrastruktur. Daneben muß die Informationskultur mit der Beeinflussungsgröße „Informationsbereitschaft und -verhalten“ durch Maßnahmen der Personalführung und des Personalmanagements möglichst „offen” gestaltet werden mit dem Ziel, kurze informelle Entscheidungs- und Kommunikationswege zu etablieren und die tägliche Zusammenarbeit durch eine deutliche Verbesserung der Qualität menschlicher Beziehungen im Unternehmen insgesamt und in den einzelnen Arbeitsgruppen zielwirksamer auszuformen.

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Die Implementierung des Lean Management

Frontmatter
1. Ansatzpunkte des Change Management

Mit dem „Change Management“ wird umfassend die Unternehmensentwicklung als Gestaltungsobjekt des Managements thematisiert (vgl. Bleicher 1992, S. 5). Im Zusammenhang mit Lean Management ergibt sich eine Reihe von Herausforderungen für den Praktiker (vgl. hierzu Mintzberg/Westley 1992): Die Transformation eher konzeptionell-abstrakter Änderungsintentionen in konkrete Aktionen/Verhaltensänderungen muß gelingen (wobei gleichzeitig für die Gesamtorganisation gewichtige Änderungsimpulse aufgrund kontinuierlicher Verbesserungsaktivitäten „bottom up“ konzeptionelle Berücksichtigung erfahren sollten).Es ist eine holistisch-integrative Perspektive unter Berücksichtigung von Kontext, Unternehmenshistorie und gegenwärtigem Entwicklungsstand, Machbarkeitsüberlegungen und aktuellem Problemdruck zu beachten.Ferner sind vielfältige Interdependenzen zwischen den verschiedenen, nach Ebenen und Inhalten unterscheidbaren Ansatzpunkten (Vision, Unternehmenskultur, Struktur, Systeme, Humanressourcen etc.) zu berücksichtigen.Schließlich empfiehlt sich, den (formalisierten) geplanten Wandel außer durch visionäre Überzeugungsarbeit einflußreicher (Top-)Führungskräfte durch (individuelles und organisationales) Lernen zu ergänzen.

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2. Implementierung nach dem allgemeinen „Vorgehensprinzip vom Groben zum Detail“

Die Postulierung einzelner Anknüpfungspunkte eines Change Management gibt erste Hinweise für die praktische Umsetzung des Lean Management. Zur Implementierung im einzelnen läßt sich eine allgemeine Vorgehensweise für das Implementierungsmanagement auf der Basis des in Abbildung 64 dargestellten Phasenschemas heranziehen, den es für die jeweils unternehmensspezifischen Belange zu modifizieren gilt. Zwar gehört zum Idealbild von Phasenschemata in der Regel die Vorgabe einer geschlossenen Reihenfolge, deren Einzelaktivitäten konsekutiv abzuarbeiten sind. Doch werden abweichend hiervon in der Praxis teilweise parallele und rekursive Tätigkeiten zweckmäßig sein, zumal die Phasen „fließend“ ineinander übergehen und kaum trennscharf voneinander abgrenzbar sind. Außerdem sollen aus Zeitgründen die Einführung einzelner Konzeptbausteine parallel erfolgen.

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3. Einzelaspekte der Implementierung

Die Vielfalt der Konzeptbausteine des Lean Management macht parallele Implementierungsprojekte erforderlich. Abbildung 65, Seite 253, zeigt anhand eines Praxisbeispiels die Rahmenkonzeption der Aufteilung in verschiedene Projekte der Lean Management-Implementation. In diesem Fall wird für jedes Projekt ein Promotor beziehungsweise Projektleiter bestimmt. Dieser Projektleiter ist mit einer möglichst breiten Machtbasis auszustatten. Wegen der zum Teil weitreichenden Auswirkungen der einzuleitenden Restrukturierungsmaßnahmen und der zu erwartenden Widerstände benennt man einen Projektleiter aus den oberen Hierarchieebenen. Er benötigt allerdings eine hohe Akzeptanz seitens der ihm zugeordneten Mitarbeiter: Er muß Verfechter der Ideen des schlanken Managements sein und umfassendes Wissen über die Abläufe, Beziehungen und Problembereiche innerhalb des Unternehmens besitzen. Der Projektleiter berichtet an die Unternehmensleitung, vertritt das Projekt eigenverantwortlich und steht koordinierend in ständiger Verbindung zu den Leitern anderer Implementierungs-Teilprojekte. Darüber hinaus gehört es zu seinen Aufgaben, die Mitarbeiter mit den Elementen der Lean Management und deren Auswirkungen auf Organisation und Belegschaft vertraut zu machen. Er soll „Berührungsängste“ als Folge von Informationsdefiziten gering halten. Außerdem hat er die Projektmitglieder auszuwählen, die die Problemfelder definieren und die Einführungsstrategien für die schlanken Strukturen in den jeweiligen Unternehmensbereichen erarbeiten sollen. Durch die Projektmitarbeiter wird das Wissens- und Erfahrungspotential der direkt Betroffenen einbezogen und die Aktzeptanz für die zumeist erheblichen Auswirkungen der Restrukturierung und Neuorganisation erhöht werden.

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4. Organisationsentwicklung und „Organizational Learning“

Die Implementierung von Lean Management ist kein kurzfristig abschließbarer Vorgang: Wie alle umfassenden innovativen Unternehmensstrategien und -konzepte muß der neue Ansatz aktiv gelernt, eingeübt und fortlaufend weiterentwickelt, verbessert beziehungsweise an veränderte Prämissen angepaßt werden. Eine erfolgreiche Realisierung des Wandels setzt dementsprechend Entwicklungspotential und Lernfähigkeit der betreffenden Organisation voraus.

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Backmatter
Metadaten
Titel
Lean Management
verfasst von
Uwe Groth
Andreas Kammel
Copyright-Jahr
1994
Verlag
Gabler Verlag
Electronic ISBN
978-3-322-90752-3
Print ISBN
978-3-322-90753-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-90752-3