Zusammenfassung
In allen Bundesstaaten ist das Verhältnis von Bund und Einzelstaaten zu regeln, wozu auch die Mitwirkung der Einzelstaaten an der Politik des Bundes gehört. In Deutschland geschieht das in einzigartiger Weise: auf dem Wege über den Bundesrat als Vertretung der Länder. Mindestens genau so wichtig ist, daß die Länder die Gesetze des Bundes ausführen — ein System des Vollzugsföderalismus also. Beides ist die Domäne der Landesexekutiven, die allzu gerne bundeseinheitliche Lösungen anstreben. An die Stelle des Gestaltungsföderalismus ist somit der Beteiligungsföderalismus der Landesexekutiven getreten. Im Endeffekt hat das zu gewaltenteiligen, konsensorientierten Konfliktlösungsmustern geführt, über die Parteigrenzen hinweg, durchaus mit Hilfe der bundesweit operierenden Parteien. Aufgrund der vorliegenden Fakten wird man über die Jahre hinweg kaum von einer Blockadepolitik des Bundesrats sprechen können, schon gar nicht vom Bundesrat als Nebenregierung.
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Literatur
Vgl. Bothe, Michael: Die Kompetenzstruktur des modernen Bundesstaates in rechtsvergleichender Sicht. Berlin u.a.: Springer 1977 (= Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht Band 69), S. 84ff.
Vgl. Sturm, Roland: Föderalismus in Deutschland und in den USA — Tendenzen der An-gleichung? In: Zeitschrift für Parlamentsfragen 28 (1997), S. 335–345, hier: S. 339.
Vgl. Schüttemeyer, Suzanne S./Sturm, Roland: Wozu Zweite Kammern? Zur Repräsentation und Funktionalität Zweiter Kammern in westlichen Demokratien. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen 23 (1992), S. 517–536, hier: S. 532f.
Vgl. dazu Weber, Karl: Kriterien des Bundesstaates. Eine systematische, historische und rechtsvergleichende Untersuchung der Bundesstaatlichkeit der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs. Wien: Braumüller 1980 (= Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 18).
Darunter versteht man die Praxis der schweizerischen Regierung (Bundesrat), z.B. Gesetzentwürfe vor der parlamentarischen Einbringung zunächst betroffenen Verbänden, Organisationen und den Parteien zur Stellungnahme zuzuleiten. Die Kantone sind an dieser vorparlamentarischen Willensbildung beteiligt.
Zur Unterscheidung vgl. Schultze, Rainer-Olaf: Art. Föderalismus. In: Schmidt, Manfred G. (Hrsg.): Die westlichen Länder. Lexikon der Politik. Band 3. Hrsg. von Dieter Nohlen. München: Beck 1992, S. 95–110.
Vgl. Laufer, Heinz/Münch, Ursula: Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland. Opladen: Leske + Budrich 1998, S. 23ff.
Ottnad, Adrian/Linnartz, Edith: Föderaler Wettbewerb statt Verteilungsstreit. Vorschläge zur Neugliederung der Bundesländer und zur Reform des Finanzausgleichs. Eine Studie des IWG Bonn. Frankfurt a.M. New York: Campus 1997, S. 126ff.
Die Geschäftsordnung ist abgedruckt in: Bundesrat (Hrsg.): Handbuch des Bundesrates für das Geschäftsjahr 1999/2000. Baden-Baden: Nomos 2000 bzw. bei Laufer, Heinz/ Münch, Ursula (Anm. 6). Ausführlich erläutert wird sie z.B. von Ziller, Gebhard/Oschatz, Georg-Berndt: Der Bundesrat. Düsseldorf: Droste 1998 (10. Aufl.) (= Ämter und Organisationen der Bundesrepublik Deutschland Band 6).
Vgl. Münch, Ursula: Sozialpolitik und Föderalismus. Zur Dynamik der Aufgabenverteilung im sozialen Bundesstaat. Opladen: Leske + Budrich 1997, S. 143ff.
So z.B. die Kompetenz für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze (Art. 74 Nr. 19 a GG), die Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung (Art. 74 Nr. 24 GG), die künstliche Befruchtung beim Menschen und die Organtransplantation (Art. 74 Nr. 26 GG) oder die Besoldung und Versorgung der Beamten und Richter (Art. 74 a GG). Sehr aufschlußreich hierzu die Synopse der Textfassungen des Grundgesetzes von 1949 im Vergleich zu heute; vgl. Bauer, Angela/Jestaedt, Matthias: Das Grundgesetz im Wortlaut. Änderungsgesetze, Synopse, Textstufen und Vokabular zum Grundgesetz. Müller: Heidelberg 1997 (= Motive — Texte — Materialien Band 78).
Vgl. Lehmbruch, Gerhard: Parteienwettbewerb im Bundesstaat. Stuttgart u.a.: Kohlhammer 1976, S. 45 (Neuauflage 1998). Vgl. dazu auch den Beitrag von Gerhard Lehmbruch im vorliegenden Band.
Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Band 2: Der Verfassungskonvent auf Herrenchiem-see. Bearbeitet von Peter Bucher. Boppard: Boldt 1981, S. 37ff.
So die Einschätzung von Heinz Laufer; ders.: Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland. München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. 1. Aufl. 1973 bis 6. Aufl. 1991, jeweils unter Gliederungspunkt 4.1.3. In der überarbeiteten Neuauflage Laufer/Münch (Anm. 6) wird diese Einschätzung nicht mehr vertreten.
Wilhelm Hennis: Am Föderalismus lieg es nicht. In: FAZ vom 14. 8. 1997, Nr. 189, S. 31.
Schüttemeyer/Sturm (Anm. 3), S. 530.
Vgl. dazu die Beiträge von Gerhard Lehmbruch und Hartmut Klatt im vorliegenden Band.
Während Preußen 17 Stimmen führte, erhielten nächstgrößere Staaten wie z.B. Bayern (6), Württemberg (4) und Baden (3) deutlich weniger Stimmen. 11 der damaligen Einzelstaaten hatten so wenig Einwohner, daß sie jeweils nur über 1 Stimme im Bundesrat verfügten.
Vgl. Ziller/Oschatz (Anm. 8), S. 62f.
Zur Unterscheidung verschiedener Zweikammer-Systeme nach ihren Kompetenzen im Verhältnis zur Ersten Kammer und nach ihrer Zusammensetzung vgl. Arend Lijphart: Democracies. Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries. New Haven u.a.: Yale U. P. 1984, S. 95ff.
Vgl. den Katalog von zustimmungspflichtigen Gesetzen bei Reuter, Konrad: Praxishandbuch Bundesrat. Verfassungsrechtliche Grundlagen, Kommentar zur Geschäftsordnung, Praxis des Bundesrates. Heidelberg: Müller 1991, S. 160ff.
Einige Anlehnungen an das Bundesratsmodell lassen sich beim 1997 geschaffenen National Council of Provinces der Republik Südafrika feststellen. Der Nationalrat der Provinzen setzt sich aus 90 Delegierten (10 aus jeder Provinz) zusammen. Bei Gesetzentwürfen des Zentralstaates, die die Provinzen betreffen, stimmen die Provinzdelegationen aufgrund vorheriger Instruktion durch die Provinzparlamente mit einer Stimme pro Delegation ab. Ansonsten erfolgt die Abgabe der dann einzelnen Delegiertenstimmen nach parteipolitischer Orientierung.
Vgl. dazu den Beitrag von Gerhard Lehmbruch im vorliegenden Band.
Vgl. Reuter (Anm.20), S. 52f.
In seiner Rede zum 50. Jahrestag der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und zum Föderalismus am 2.10.1996 in Düsseldorf.
Vgl. den Erfahrungsbericht des Chefs der Hessischen Staatskanzlei, Hans Joachim Suchan: Warum der Bundesrat so mächtig geworden ist. In: Frankfurter Rundschau vom 27.7.1998.
Vgl. Renzsch, Wolfgang: Föderalstaatliche Konfliktlösung durch parteipolitische Kartellbildung? Unveröffentlichtes Manuskript 1998.
Vgl. den Beitrag des Chefs der Hessischen Staatskanzlei, Hans Joachim Suchan: Warum der Bundesrat so mächtig geworden ist. In: Frankfurter Rundschau vom 27.7.1998.
Vgl. auch Lambsdorff, Otto Graf: Plädoyer für einen echten Föderalismus. In: Süddeutsche Zeitung vom 1.9.1997; vgl. das Interview mit Lambsdorff: Die Länder stoppen — weg mit der Macht des Bundesrats! In: Süddeutsche Zeitung vom 8.8.1997.
Vgl. Männle, Ursula (Hrsg.): Föderalismus zwischen Konsens und Konkurrenz. Tagungsund Materialienband zur Fortentwicklung des deutschen Föderalismus. Baden-Baden: Nomos 1998 (= Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung Band 15).
Vgl. dazu den Abschnitt über die Vertretung des Freistaates Bayern in: Münch, Ursula: Freistaat im Bundesstaat. Bayerns Politik in 50 Jahren Bundesrepublik Deutschland. München: Olzog 1999.
Beamtete Staatssekretäre als Bevollmächtigte der Länder gibt es in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen-Anhalt. In Bremen ist der Bevollmächtigte Staatsrat.
Vgl. Kilper, Heiderose/Lhotta, Roland: Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Opladen: Leske + Budrich 1996 (Grundwissen Politik 15), S. 131ff.
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Münch, U. (2000). Vom Gestaltungsföderalismus zum Beteiligungsföderalismus. In: Wehling, HG. (eds) Die deutschen Länder. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93230-3_20
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