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1991 | Buch

Zwischen Routine und Recherche

Eine Studie über Lokaljournalisten und ihre Informanten

verfasst von: Eduard W. P. Grimme

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Buchreihe : Studien zur Sozialwissenschaft

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Problem
Zusammenfassung
Dem Journalismus kommt in der repräsentativen Demokratie eine Schlüsselrolle zu. Die Entscheidungen für das Volk fallen in den Regierungen und Parlamenten, das Volk selbst hat lediglich im turnusgemäßen Wahlakt Möglichkeiten personeller Korrektur. Ein politischer Gedankenaustausch herrscht noch mit institutionalisierten Gruppen der Gesellschaft, nicht aber mit den Bürgern als Wähler5 Während der Legislaturperiode übernimmt fast ausschließlich der Journalismus den “Transport” der Botschaften zwischen Regierenden und Regierten vice versa. Siegfried Weischenberg (1987: 13) nennt die “Rolle der Journalisten schlechthin konstituierend für den komplizierten modernen Staat”, andere Autoren haben der Presse den Rang einer “vierten Gewalt” im Staate zugesprochen. Kein Wunder also, wenn Leistungen und Fehlleistungen dieser Institution kritische Anmerkungen provozieren. Insbesondere der Lokaljournalismus, war in den zurückliegenden 15 Jahren Stein des Anstoßes.
Eduard W. P. Grimme
2. Journalismus und seine Funktionen für die Umwelt
Zusammenfassung
Wenn die Kommunikationswissenschaft dem Journalismus über Jahre hinweg schlechte loten gab und damit nicht bloß achtloses Schulterzucken sondern eine “Verjün-gungskur” auslöste, so hat das seinen Grund: Massenmedien sind nicht ein belangloses Attribut einer mit technischen Kommunikationsmitteln ausgestatteten Welt, sondern sie spielen im politischen Prozeß der modernen, komplexen Großgesellschaft eine wichtige Rolle. Die repräsentative Demokratie baut auf die Kommunikation zwischen politischer Führung und den Staatsbürgern über Presse, Hörfunk und Fernsehen. Der direkte Kontakt politischer Institutionen zu den Bürgern, ja selbst eines Abgeordneten zu seinen Wählern oder zu seiner Parteibasis ist in der Massendemokratie verloren gegangen (Geißler 1979: 173). Die Journalisten sind das Bindeglied, bilden mit den Politikern und der öffentlichkeit das “Dreieck der politischen Kommunikation” (Weischenberg 1987: 13). über den Journalismus finden verschiedene Strömungen ihren Weg in die öffentliche Auseinandersetzung mit der potentiellen Mehrheitschance (Hesse 1982: 59).
Eduard W. P. Grimme
3. Journalismus und seine Beziehungen zur Umwelt
Zusammenfassung
Herstellung von Öffentlichkeit, Partnersuche und Themenproportionierung, wie funktioniert das? Vas tun eigentlich Journalisten, um ihr “Soll” zu erfüllen? Und welcher Maßstab ist anzulegen, um die Arbeit von Journalisten zu beurteilen? In den zurückliegenden Jahrzehnten standen diese Fragen vollkommen im Schatten des kommunikationswissenschaftlichen Interesses. Wesentlich mehr interessierte die Wissenschaftler, welchen Einfluß die Medien auf ihre Leser, Zuschauer oder Zuhörer ausüben. Eigentlich, um es härter zu formulieren, interessierte sie weder die Journalisten noch das Publikum als solche, sondern die Möglichkeit, wie mittels Journalisten die Masse zu beeinflussen wäre. Schließlich entwickelte sich die Wirkungsforschung aus der amerikanischen Propagandaforschung (Ükermann 1986: 141) und hatte kaum anderes als die Vermarktung von Produkten und Politik im Auge.
Eduard W. P. Grimme
4. Forschungslücke und theoretische Reflexion
Zusammenfassung
Die mit aller Mühe zusammengetragenen, vereinzelt und verstreut vorhandenen Erkenntnisse über die Zusammenarbeit des Journalismus mit seiner Außenwelt bei der Nachrichtenkonstruktion sind nur unzulänglich. Der Genese von Nachrichten der präkommunikativen Phase der Nachrichtenproduktion wurde einfach keine Bedeutung beigemessen. Die Kommunikationswissenschaft vernachlässigte die Interaktionen zwischen dem Journalismus und seiner Außenwelt, die Partnerschaft von Publikum und Journalismus, von Nachrichtenanbietern und Nachrichten-verwertern. Und dies, obwohl das Postulat des “anwaltschaftlichen” Journalismus gerade in der Kommunikationswissenschaft teilweise vehement vertreten wird. Es gibt bislang keine empirische Studie, die sich speziell diesem Komplex gewidmet und herausgefunden hätte, ob der Journalismus sich um die Belange der Bürger kümmert oder nicht. Ob er sich Problemen aus der Perspektive “von unten” annimmt und diese “kleinen Nachrichten” “nach oben” transportiert oder nicht.
Eduard W. P. Grimme
5. Methoden
Zusammenfassung
Auf der Suche nach den Einflußvariablen auf
  • den Nachrichteninput,
  • die Nachrichtenverarbeitung,
  • die Nachrichtenmischung
sind drei Sphären getrennt zu untersuchen:
1.
Der Nachrichteninput, und zwar
a)
der Fachrichteninhalt bei der Informationsübertragung
 
b)
die bei der Nachrichtenübermittlung beteiligten Informanten und Journalisten
 
c)
deren die Nachricht begleitenden Ziele, Absichten und Reaktionen.
 
 
Eduard W. P. Grimme
6. Fallbeispiel Bayernstadt
Zusammenfassung
Bayernstadt, Verlags- und Erscheinungsort der Bayerischen Zeitung, hatte im Untersuchungszeitraum November 1985 15 545 Einwohner.90 Es gehört zu den 650 Kleinstädten in der Bundesrepublik, in denen knapp 15% aller Einwohner der Bundesrepublik ihren Wohnsitz haben.91 Und es gehört zu jenen Städten mit historischem Stadtkern und prinzipiell gesunder Infrastruktur, denen die planerische Fürsorge des Staates im Rahmen der Regionalplanung in den letzten Jahren gegolten hat. Es zählt mithin zu den aufstrebenden Städten Bayerns. Bayernstadt erfüllt laut Regionalplan die Anforderungen eines Mittelzentrums. Schulen, Behörden und Einzelhandelszentralität sind ihre wesentlichen Kenndaten. Die 750 Jahre alte Stadt ist Mittelpunkt eines landwirtschaftlich geprägten Umlandes. Bemängelt wird im Entwicklungskonzept des Freistaates Bayern die unzureichende Zahl an Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe. Täglich pendeln etwa 2000 Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte.
Eduard W. P. Grimme
7. Ergebnisse
Zusammenfassung
Die dreiwöchige Kontaktanalyse und die fünfwöchige Inhaltsanalyse haben genügen Material für eine statistische Auswertung hinterlassen. Wir können 516 Fälle bei der Kontaktanalyse und 298 Fälle bei der Inhaltsanalyse für die Auswertung heranziehen.
Eduard W. P. Grimme
8. Zusammenfassung und Konsequenzen
Zusammenfassung
In der Einschätzung dessen, daß der (Lokal-)Journalismus hauptsächlich in bestimmten Zirkeln und aktiven Routiniers seine Informationsstützen hat und von diesen teilweise dominiert wird, lag die Kommunikationswissenschaft schon bisher richtig. Es sind Leute, die keineswegs repräsentativ für die Gesamtbevölkerung stehen, sondern aus gehobenen Schichten oder zumindest aus gesellschaftlich einflußreichen Organisationen kommen. Damit haben sich zugegebener Maßen meine Hoffnungen nicht bestätigt, mit Hilfe einer anderen Methode auch prinzipiell andere Ergebnisse zu bekommen. Es bleibt dabei, die Lokaljournalisten lassen die durchaus vorhandene Chance verstreichen, das “normale Volk” zum Sprechen zu bringen. Einen Umkehrproporz dergestalt, daß Journalisten bei ihren Recherchen genau solche Leute in die öffentlichkeit befördern, die keine Presseerfahrung haben, konnte ich nicht einmal ansatzweise herausfinden. Journalisten, so schlußfolgere ich, nehmen zwar gerne zu “neuen Gesichtern” Kontakt auf, bleiben aber im gewohnten Milieu.
Eduard W. P. Grimme
9. Anmerkungen
Eduard W. P. Grimme
Backmatter
Metadaten
Titel
Zwischen Routine und Recherche
verfasst von
Eduard W. P. Grimme
Copyright-Jahr
1991
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-94183-1
Print ISBN
978-3-531-12141-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-94183-1