Zusammenfassung
Raum ist für das fachliche Handeln in der Sozialen Arbeit ebenso konstitutiv wie für das menschliche Tun an sich. Insofern sind räumliche Verhältnisse von zentraler Bedeutung für das sozialpädagogische wie sozialarbeiterische Agieren. Darüber sind sich die Akteur_innen in den Feldern Sozialer Arbeit, zumindest intuitiv, durchaus bewusst. Dennoch fehlte es in den Fachdebatten zu Sozialer Arbeit, analog zur sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskussion insgesamt, lange Zeit weitgehend an systematischen raumtheoretischen und raumforscherischen Reflexionen. Auch wenn für die jüngere Vergangenheit eine zunehmende Thematisierung von Raum und Räumlichkeit zu verzeichnen ist, so erfolgt diese nicht immer in einer gegenstandsangemessenen Weise. Häufig wird die Dimension des Raumes einfach als gegebene Bedingung sozialer Zusammenhänge vorausgesetzt (formales Raumverständnis) oder der Raum nur als situatives Muster sozialer Interaktion bzw. als nur intrapsychischer Prozess verstanden (relatives oder fluides Raumverständnis). Beide Raumverständnisse sind im Kontext Sozialer Arbeit so nicht überzeugend. Raum und Räumlichkeit sollte hier vielmehr als ein „ständig (re)produzierte(s) Gewebe sozialer Praktiken“ (Kessl und Reutlinger 2010, S. 12) verstanden, und damit Raum auch immer als ein Sozialraum gefasst werden. Inwiefern eine solche raumtheoretische Perspektive in den Fachdebatten zur Sozialen Arbeit – historisch wie gegenwärtig – auch bereits vorfindbar ist, wird in diesem Beitrag im Horizont von drei Positionen und Perspektiven reflektiert: im Blick sind zum einen historische Positionen zur Gestaltung von Raum und Räumlichkeit, zum anderen Perspektiven der Aneignung von Raum und der Raum(re)produktion.
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Notes
- 1.
Wie viele Ebenen eine angemessene raumtheoretische Figur – im Sinne eines relationalen Raums – umfassen muss, erscheint angesichts der raumtheoretischen Vergewisserungen der vergangenen Jahre keineswegs ausgemacht. Wir lassen deshalb die Frage außen vor, ob das Denken in einer räumlichen Triade, wie es z. B. David Harvey und Edward Soja mit Bezug auf Lefebvre präferieren, gegenüber einem Denken auf zwei Ebenen, wie es u. a. Martina Löw oder Benno Werlen mit Bezug auf Giddens vorschlagen, überzeugender ist oder umgekehrt. Aus beiden Denktraditionen ist u. E. ein Aufklärungspotenzial zu gewinnen (vgl. dazu auch Anmerkung 3).
- 2.
Nugel unterscheidet in seinem sehr luziden Beitrag erziehungswissenschaftliche Arbeiten, (1) die sich Prozessen der „immateriellen Raumproduktionen“ (Nugel 2016, S. 16–17), (2) der Dimension der „Architektur“ (ebd., S. 19–20), (3) den „räumliche(n) Kontexte(n)“ pädagogischer Prozesse (ebd., S. 12–13) und eben schließlich (4) den „räumliche(n) Praktiken“ der Nutzer_innen pädagogischer Angebote (ebd., S. 18ff.) widmen. Damit schließt Nugel immanent an die raumtheoretische Triade an, wie sie Henri Lefebvre in seinen Arbeiten grundiert hat, und wie sie in jüngeren sozial- wie kulturwissenschaftlichen Arbeiten immer wieder aufgegriffen wird (vgl. Vogelpohl 2012). Diese Immanenz verweist zugleich auf ein Problem, das bereits an der Erweiterung auf eine Vierer-Differenzierung erkennbar wird: Die Differenzierung von ‚räumlichen Kontexten‘ und ‚Architektur‘ leuchtet raumtheoretisch nicht recht ein und wäre in der Unterscheidung zu den anderen beiden Dimensionen eher als eine gemeinsame (dritte Dimension) zu kategorisieren.
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