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2007 | Buch

Demokratisierung durch die EU

Süd- und Ostmitteleuropa im Vergleich

verfasst von: Marianne Kneuer

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Externe Faktoren bei Demokratisierungen waren im Zusammenhang mit der so genannten Dritten Demokratisierungswelle lange kein Thema, und noch weniger wurde der EG bzw. der EU eine mögliche Rolle dabei zugeschrieben. In dem „Leit-Opus“ der Transitionsf- schung Transitions of Authoritarian Rule bewerteten zwei der drei Herausgeber die süd- ropäischen Transitionen, die die Dritte Welle initiierten, als interne Prozesse und zementi- ten damit den mainstream des gerade entstehenden Forschungszweiges. Es ist lediglich ein Zufall, dass sich das Erscheinen dieses Werkes zum zwanzigsten Mal jährt. Und ebenso ist es ein Zufall, dass Spanien seinen Beitritt zur EG vor 20 Jahren vollzog. Mit diesen „Ju- läen“ hat das Erscheinen dieses Buches - zumindest direkt - nichts zu tun. Vielmehr verbindet sich mit dem Interesse für die Frage nach den externen Faktoren von Demokratisierungsprozessen persönlich miterlebte Zeitgeschichte, die ebenfalls – - fällig – auf 1986 zurückdatiert: Mein Studienaufenthalt 1985/86 in Madrid ermöglichte mir zum einen die Beobachtung der jungen Demokratie Spaniens. Zum anderen war diese Zeit geprägt durch die Vorbereitung des Landes auf die Mitgliedschaft in der Europäischen - meinschaft und durch die sehr heftige Debatte über den Verbleib in der NATO. Die Bed- tung dieser Organisationen und die mit ihnen verbundenen Fragen internationaler Ver- tung waren spürbar und schlugen sich in den politischen Debatten sowie in der öffentlichen Diskussion nieder. Zurück in Deutschland wollte ich diesen externen Phänomenen nachs- ren, fand aber für die von mir als so evident erfahrenen Phänomenen keine Antworten in der wissenschaftlichen Literatur.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
I. Einleitung
Zusamnenfassung
Die Europäische Union hat sich im Zuge der Osterweiterung als zentraler externer Akteur bei den Transformationen jener zehn post-sozialistischen Staaten erwiesen, die seit 2004 bzw. ab 2007 zu ihren Mitgliedern gehören. Betrachtet man Verlauf und Ergebnis dieser Transformationen, so sind diese als „Erfolgsstories“ zu bezeichnen, Das soll weder heißen, dass sie einfach oder hürdenlos waren, noch dass die Politik der EU durchgehend konsistent und in jedem Detail gelungen war. Die EU hat nicht nur den Umbau der Wirtschaftssysteme unterstützt, sondern ebenso den Aufbau und Entwicklung der demokratischen Systeme begleitet. Die Bilanz dieser Demokratisierungsprozesse ist positiv: Alle neuen EU-Mitglieder sowie Rumänien und Bulgarien können als „vollständig oder nahezu konsolidierte rechtsstaatliche Demokratien“3 eingestuft werden. Diese Ergebnisse heben sich ab von den anderen Fällen der Dritten Demokratisierungswelle4, gerade auch von den postsowjetischen Staaten Osteuropas. Dies legt einen Zusammenhang zwischen dem Engagement der EU in jenen Transformationsstaaten und ihren Aussichten für die Demokratisierung sowie ihrem Ergebnis nahe.
II. Entwicklung eines Konzeptes zur Analyse externer Faktoren
Zusamnenfassung
Mit dem Ende eines nicht-demokratischen Regimes beginnt ein Prozess, den vor allem zwei Charakteristika bestimmen: außergewvhnliche Unsicherheit und außergewöhnliche Dynamik. Auch wenn nach der Beendigung eines autoritären oder totalitären Regimes das erklärte Ziel darin besteht, eine Demokratie einzurichten, ist das Ergebnis doch offen und der Weg zu dem angestrebten Ziel mitnichten klar festgelegt. Letztlich ist es der Weg zu einem „uncertain ‚something else‘“1. Unabhängig von der Entwicklung der Demokratisierungsbestrebungen und ihrem Ergebnis hält dieser Weg, der mit dem Ende des nichtdemokratischen Regimes eingeläutet wird, eine ungeheure Dynamik bereit, nicht nur in Bezug auf schnell abfolgende oder sich überschlagende Aktivitäten und Ereignisse. Ein ganzes System — und dazu eines, das unter den vorherigen Herrschaftsbedingungen zur Statik und Unbeweglichkeit verdammt war — gerät auf allen Ebenen in Bewegung: sei es das politische Führungspersonal, die politischen Institutionen, die Wirtschafts Struktur oder die wirtschaftlichen Eliten, die Gesellschaftsstruktur und ihre Eliten und nicht zuletzt die Bürger.
III. Empirischer Teil. Anwendung des Analysekonzeptes an zwei Fallbeispielen: Spanien und Slowakei
Zusamnenfassung
Vor einem Vergleich der Motive, Strategien, Methoden und Instrumente der EU während der Demokratisierungsprozesse in Süd- und Ostmitteleuropa muss vorausgeschickt werden, dass sich (1) das internationale Umfeld verändert hat. Zudem hat sich die Europäische Gemeinschaft seit den 1970er Jahren weiterentwickelt. Die Konzepte und Strategien, Handlungen und Entscheidungen der EU müssen daher in dem jeweiligen internationalen, also auch zeitlichen und systemischen, Kontext gesehen werden. Ebenso aber muss die spezielle Dynamik der EU berücksichtigt werden, in stärkerem Maße, als dass bei einem Staat als Akteur der Fall ist. Als Einheit sui generis, die mehr als Werden denn als Sein angelegt ist, lässt sich die Dynamik und Entwicklung der EU in folgenden Bereichen ablesen: (2) Fortschritte im Integrationsprozess, (3) Erweiterung, (4) die policy-Ebene, (5) das institutionelle Gefüge. Die Dynamik der EU in diesen Bereichen sowie ihre Reaktionen auf das internationale Umfeld führen dazu, dass die Transformationsländer in Süd- und Osteuropa es zwar mit dem identischen Akteur zu tun haben, der aber seinerseits jeweils in unterschiedlichen Entwicklungs Stadien steckte und dadurch eine andere Integrations form und institutionelle Merkmale aufwies. So hatten es Griechenland, Portugal und Spanien Mitte der 1970er Jahre mit einer gerade erweiterten Neuner-EWG zu tun, die nicht nur von der internationalen Währungs- und Wirtschaftskrise betroffen war, sondern auch in einer integrationspolitischen Stagnation steckte. Als zwanzig Jahre später die ersten postsozialistischen Staaten die EG-Mitgliedschaft beantragten, hatte die Gemeinschaft einen qualitativen Sprung vollzogen: Die gerade aus der Taufe gehobene Europäische Union bedeutete die umfassendste strukturelle, institutionelle und auch inhaltliche Reform seit ihrem Bestehen.
IV. Conclusio
Zusamnenfassung
Diese Studie, angeregt durch den Erkenntnisbedarf der Demokratisierungsforschung hinsichtlich externer Einflussfaktoren und der Europaforschung hinsichtlich des Demokratisierungs- und Stabilisierungspotenzials der EU, wurde von zwei Grundannahmen geleitet. Die eine lautete: Demokratisierungen haben innere und äußere Aspekte. Wir argumentierten, dass a) die externe Dimension berücksichtigt werden muss, um b) in einem zweiten Schritt Interaktionen zwischen beiden Dimensionen bloßlegen zu kvnnen, die c) relevant sein können für den Verlauf oder gar auch den Erfolg eines Demokratisierungsprozesses. An diesem Punkt verband sich jene Grundannahme mit der zweiten, die lautete: Die EU weist ein spezifisches Demokratisierungspotenzial auf, das in der Verknüpfung von Integration und Demokratisierung liegt. Die Schritte dieser Studie bestanden in der Strukturierung der externen Dimension (II), dem Nachweis der Interaktionen und ihrer Ergebnisse am Beispiel der EU und Spanien und der Slowakei als zwei Länder mit unterschiedlichen Demokratisierungsverläufen (III.). Im Folgenden wird zum einen das Analysekonzept und seine Funktionstüchtigkeit bilanziert und zum anderen werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung synthetisiert zu Aussagen über das Demokratisierungspotenzial der EU sowie über Bedingungen und Grenzen des Integrationsparadigmas. Schließlich wird ein Blick geworfen auf Aspekte künftiger Demokratiefvrderung sowie künftiger Forschung zur Demokratieförderung.
Backmatter
Metadaten
Titel
Demokratisierung durch die EU
verfasst von
Marianne Kneuer
Copyright-Jahr
2007
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90388-0
Print ISBN
978-3-531-15077-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90388-0