2008 | OriginalPaper | Buchkapitel
„And the winner should be…“ Explizite und implizite Wahlempfehlungen in der Bild-Zeitung-und der Sun
verfasst von : Frank Brettschneider, Prof. Dr., Bettina Wagner, M.A.
Erschienen in: Massenmedien als politische Akteure
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Am 16.9.2002 wurde in Deutschland ein Tabu gebrochen. Als erste bundesrepublikanische Zeitung sprach die
Financial Times Deutschland
(FTD) eine Wahlempfehlung aus. Die in Hamburg erscheinende Wirtschaftszeitung rief in einem ganzseitigen Leitartikel dazu auf, der Union und damit ihrem Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber die Stimme zu geben. Die Union böte die besten Aussichten für eine Politik des wirtschaftlichen Wachstums und der internationalen Integration. Versehen war die Empfehlung mit folgendem Hinweis: „Unsere Absicht ist es, mündigen und kritischen Lesern einen Diskussionsbeitrag zu liefern“. Andere meinungsführende Medien — aber auch einige Wissenschaftler — lehnten die Praxis des Endorsements ab. „Ein Blatt, das sich mit einer Empfehlung in das politische Geschäft einmische, so der allgemeine Tenor, verliere seine Unabhängigkeit und damit seine Glaubwürdigkeit“ (
Rettich 2002: 10
). Journalisten sind dann nicht mehr nur Beobachter, sondern selbst politische Akteure, die in die Entscheidungsfindung der Wählerinnen und Wähler eingreifen. Die
Bild-Zeitung
(16.9.2002) befragte Journalisten, was sie von Endorsements hielten:
Günther Nonnemacher, Herausgeber der
FAZ
, meinte: „Nein, eine direkte Wahlempfehlung für eine Partei oder einen Kandidaten, das kommt bei uns nicht in Frage“.
Helmut Markwort, Chefredakteur des
Focus
: „Der deutsche Leser träumt von einer unabhängigen Zeitung. Er würde uns eine Wahlempfehlung übel nehmen“.
Carl Graf Hohenthal, Vize-Chefredakteur der
Welt
: „Es ist nicht die Aufgabe einer Zeitung, dem Leser Wahlempfehlungen zu geben“.