2009 | OriginalPaper | Buchkapitel
Europäische Identität
verfasst von : Thomas Meyer
Erschienen in: Europäische Identität als Projekt
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Wie für jedes andere politische Gemeinwesen auch, so ist für die Europäische Union ein ausreichend ausgebildeter Sinn gemeinsamer Bürgeridentität eine notwendige Bedingung sowohl für die Legitimität ihres politischen Handelns als auch für die Solidarität ihrer Bürger. Obgleich die EU kein Staat in demselben Sinne ist wie die modernen Nationalstaaten und dies wohl auch nicht werden wird, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sie eine Reihe der wichtigsten Merkmale von Staatlichkeit teilt, insbesondere eine Form der staatsähnlichen Institutionalisierung mit demokratisch legitimierten Souveränitätsrechten in definierten politischen Entscheidungsbereichen. Es gibt gleichwohl einen weit reichenden Konsens sowohl in den akademischen wie den politischen Debatten, dass die Europäische Union heute weit davon entfernt ist, sich auf ein ausreichendes Maß politischer Bürgeridentität stützen zu können. Eine politische Identität der EU als Gemeinwesen ist erst in Ansätzen ausgebildet und noch nicht in der Lage, die wesentlichen Funktionen zu erfüllen, die ihr zukommen. Dieses häufig beklagte Defizit ist eine der Hauptursachen für die gegenwärtige politische Vertrauenskrise in der Union und eines der Haupthindernisse für weitere Integrationsfortschritte. Diese Krise hat sich im Laufe des Ratifizierungsprozesses der Europäischen Verfassung in zwei Dimensionen entfaltet, als Krise der Identität des politischen Projektes der EU und, darauf bezogen, als Krise des politischen Bürgerbewusstseins der Menschen, die ihr zugehören.