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2010 | Buch

Prosumer Revisited

Zur Aktualität einer Debatte

herausgegeben von: Birgit Blättel-Mink, Kai-Uwe Hellmann

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

Frontmatter
Prosumer Revisited: Zur Aktualität einer Debatte
Eine Einführung
Zusammenfassung
Spätestens seit der Einführung des Schlagworts „Web 2.0“ (O'Reilly 2005) – dem sogenannten „Mitmach-Web“ – hat auch eine breitere Öffentlichkeit davon Kenntnis erhalten, daß ein neues Zeitalter angebrochen zu sein scheint. So sprechen Henry Jenkins et al. (2006: 6) von einer „new participatory culture“, die sich durch ungewöhnlich starkes Engagement vor allem jüngerer Konsumenten auszeichnet, die sich sozialen Netzwerken („computer mediated communities“) anschließen, darüber hinaus aber auch an Geschäftsprozessen aktiv teilnehmen und direkt involviert werden wollen, um eigene Beiträge zu leisten, ja direkt Einfl uß zu nehmen auf das, was die eigentliche Funktion einer bestimmten Sach- oder Dienstleistung sein soll. Dabei hat diese zunehmende Bereitschaft zur Mitgestaltung und Mitarbeit, obgleich durch Selbstbedienung und „Do it yourself“-Aktivitäten längst etabliert, vor allem durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien, wie sie bei Amazon, eBay, Facebook,YouTube, XING zur Anwendung kommen, im Laufe der letzten zehn bis zwanzig Jahre – je nachdem, wie man die Schwelle definiert – einen derart starken Aufschwung erfahren.
Kai-Uwe Hellmann

Kotler und Ritzer

Frontmatter
The Prosumer Movement
A New Challenge for Marketers
Abstract
Alvin Toffler (1980), in his book „The Third Wave“, argues that consumers are a phenomenon of the Industrial Age. As society moves toward the Post-Industrial Age, so will the number of pure consumers decline. They will be replaced by „prosumers“, people who produce many of their own goods and services. Although his prosumer theorizing has not attracted much critical comment, his concept is sufficiently provocative to merit the attention of consumer behavior scholars and marketing practitioners. If Toffler is right, we might have to retitle the field „prosumer behaviour“ and revise our notions of effective marketing.
Philip Kotler
Focusing on the Prosumer
On Correcting an Error in the History of Social Theory
Abstract
A „paradigm shift“ seems to be underway in thinking about the economy. It involves a movement away from thinking about separable and distinct producers and consumers and towards a focus on prosumers, or those who are simultaneously involved in both production and consumption.
George Ritzer

Organisation von Prosumtion jenseits des Marktes

Frontmatter
Vom Konsumenten zum Produzenten
Zusammenfassung
Gemeinhin werden Marktprozesse als Kombinationen von Tausch- und Wettbewerbsprozessen rekonstruiert, wobei den Bedingungen des Tausches nur selten Aufmerksamkeit geschenkt wird (vgl. Swedberg 1994; Blutner 2005: 104). Aber erst wenn wir Marktprozesse als Wettbewerb um Tauschgelegenheiten begreifen, erschließt sich uns ihre besondere Spezifik. Sie besteht in der Gleichzeitigkeit von gleichen und ungleichen Interessen der Tauschpartner sowie im Vorhandensein von wenigstens einem Konkurrenten auf der Nachfrage- bzw. Angebotsseite (vgl. Wiesenthal 2000). Durch den so in Gang gesetzten Wettbewerb – mit welchem Partner zu welchen Konditionen – wird der Anreiz geweckt, dem Wettbewerb um Preiskonditionen durch Produktinnovationen zu begegnen (vgl. Hayek 1969).
Doris Blutner
Kollaboration der Prosumenten
Die vernachlässigte Dimension des Prosuming-Konzepts
Zusammenfassung
In der Diskussion über Dienstleistungen und Medienangebote im Internet hat die Figur des Prosumenten, wie sie vor 30 Jahren von Alvin Toffler eingeführt worden ist, eine beachtliche Renaissance erlebt. Obwohl unterschiedliche Phänomene thematisiert werden, richtet sich der Fokus in der gegenwärtigen Diskussion auf die aktivere Rolle, die Konsumenten im Internet einnehmen. Für Toffler (1980) selbst hingegen war das eigentliche Kriterium für „Prosuming“ nicht das Aktivitätsniveau von Konsumenten, sondern ein veränderter Modus der Vermittlung von Produktion und Konsumtion. „Prosuming“ liegt für Toffler dann vor, wenn Erzeugnisse nicht oder nicht mehr für den Austausch auf dem Markt hergestellt werden („production for exchange“), sondern wenn die Erzeugung von Produkten unmittelbar auf den Gebrauch zielt („production for use“). Der „Aufstieg des Prosumenten“ war für Toffler daher Teil eines historischen Strukturwandels („dritte Welle der Zivilisation“), in dem Produktion für den (eigenen) Gebrauch (wieder) an Bedeutung gewinnen würde. Denn für die „erste Welle der Zivilisation“, so Toffler, war die Erzeugung von Produkten für den eigenen Gebrauch typisch.
Heidemarie Hanekop, Volker Wittke

Nachhaltigkeit und Kulturprosum

Frontmatter
Prosuming im online-gestützten Gebrauchtwarenhandel und Nachhaltigkeit
Das Beispiel eBay
Zusammenfassung
Die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) – im besonderen das Internet (Web 2.0) – geht mit einer zunehmenden Beteiligung der Konsumenten an der Produktion und Entwicklung von Gütern und Dienstleistungen einher. Einige Stichworte in diesem Zusammenhang sind: Co-Producing, User Innovation, Co-Design, Crowdsourcing und Mass Customization. Diese Beteiligung erfolgt in der Regel freiwillig und ohne dafür einen Lohn zu erhalten (vgl. Hanekop et al. 2001; Reichwald/Piller 2009).
Birgit Blättel-Mink
Die Funktion inszenierter Prosumtion für Qualität und Wert kultureller Güter
Zusammenfassung
Der „Aufstieg des Prosumenten“, den Alvin Toffler 1980 beobachtete und propagierte, faßte in der Figur des Prosumenten eine verheißungsvolle Perspektive der tätigen Selbstbestimmung des Konsumenten. Sie weist Bezüge zur Idee der Selbsttätigkeit aus der Tradition der Sozialutopie auf, die die Trennung zwischen Konsum und Produktion aufzuheben beabsichtigt (vgl. Goodman/Goodman 1994: 189 ff.). Damit korrespondiert in der Kunst eine emanzipatorisch erweiterte Ästhetik. Künstler als Produzenten verkündeten zeitgleich „Jeder Mensch ein Künstler“ (Beuys 1972), prägten das Motto „Kunst von allen“ oder erkannten den „Darsteller in uns allen“ (Hoffmann/Jonas 2005: 157 ff.).
Gerhard Panzer

Fallstudien kollektiver Prosumtion

Frontmatter
„So ein Auto ist eigentlich ’ne lebende Baustelle.“
Markengemeinschaften als Prosumentenkollektive
Zusammenfassung
Der Prosument prosumiert für gewöhnlich allein. Er baut das IKEA-Regal allein auf, die Selbstbedienung im Supermarkt leistet er allein, er führt sein Homebanking allein durch und räumt Müll und Tablett im Hamburgerrestaurant allein ab. Manche dieser Arbeiten sind ganz einfach, bei anderen mag er gelegentlich an der Grenze zur Überforderung stehen, etwa wenn er – erstmals mit der Selbstbedienung an Tankstellen konfrontiert – vergeblich den Tank im Kühlergrill suchte. Nötig war es bisher jedenfalls nicht, daß er sich mit anderen Prosumenten hätte zusammenschließen müssen, weil ihm allein das nötige Wissen fehlte. Auch ist immer klar, warum er Prosument ist. Er spart Geld, verwirklicht sich selbst, und seit einiger Zeit wird er immer häufiger von Firmen gezwungen, Prosument zu sein. Man muß ihn also nicht als Angehörigen einer speziellen Kultur sehen, um sein „Prosuming“ zu verstehen.
Jörg Marschall
Subcultures of Prosumption
Differenzierung durch Prosumtion in der Freeski-Szene
Zusammenfassung
Die Rezeption von Alvin Tofflers (1980: 265) Prognose hat sich bisher vor allem auf die Figur des Prosumers als singuläres Individuum konzentriert und dabei keine trennscharfe Unterscheidung von Konsumenten und Prosumenten fixieren können. Dadurch werden entscheidende Prozesse der symbolischen Distinktion und intersubjektiven Sinngenese in den Hintergrund gestellt. Daher scheint eine Art Resozialisierung des Prosumenten angebracht. Es wird dazu vorgeschlagen, die Betrachtungsweise vom einzelnen Prosumenten auf Praktiken der Prosumtion umzustellen, um damit Gemeinschaften besser in den Blick nehmen zu können, in denen Prosumtion den größten Umfang wie die höchste Bedeutung aufweist und die stärkste Intensität erfährt. In Abwandlung der von Schouten/McAlexander eingeführten Beobachtungskategorie „Subculture of Consumption“ soll im folgenden die Lifestylesportszene des Freeskiing als eine „Subculture of Prosumption“ vorgestellt werden, d. h. als eine Subkultur, die sich nach außen durch ästhetische Devianz abgrenzt und nach innen durch Kompetenzhierarchien in Bezug auf spezifische Praktiken strukturiert wird, von denen zahlreiche in den Bereich der Prosumtion fallen. Die Attraktivität und zukünftige Bedeutung der Prosumtion – so die These – läßt sich entsprechend aus der Dynamik solcher „Subcultures of Prosumption“ verstehen.
Niklas Woermann

Alternative Ansätze

Frontmatter
Vom Prosumenten zum Produtzer
Zusammenfassung
Auch wenn Alvin Tofflers „Prosumer“ oder „Prosument“ in diesem Band von zentralem Interesse ist, lohnt es sich, zunächst etwas weiter auszuholen und kurz zu umreißen, worauf dieses Modell fußt und welche Grundmodelle es modifizieren soll. Prosumtion soll nämlich die herkömmliche Wertschöpfungskette erweitern und verbessern, welche beim Übergang zur industriellen Massenproduktion etabliert wurde. Die Notwendigkeit, industrielle Produktionsmittel zu bauen, zu betreiben und zu warten und die Waren aus Massenproduktion an ihre Zielmärkte zu vertreiben, führte schnell zu einer immer größeren Trennung von Produzenten, Distributoren und Konsumenten als separaten Stationen in der Wertschöpfungskette der industriellen Produktion. Besonders zu Beginn des industriellen Zeitalters war eine solche Trennung ein angemessenes und wirksames Organisationsmodell, das Teilnahme an der Industriegesellschaft in drei klar definierte Aufgaben aufteilte (vgl. Abb. 1).
Axel Bruns
Sekundäre Leistungsrolle
Eine differenzierungstheoretische Einordnung des Prosumenten am Beispiel des „Leser-Reporters“
Zusammenfassung
Alvin Tofflers (1980) gegenwartsdiagnostische These vom „Rise of the Prosumer“ beim Übergang der modernen Gesellschaft in eine „‚trans-market‘ civilization“ ist eine aus differenzierungstheoretischer Perspektive auf den ersten Blick provokant anmutende Behauptung, stellt sie doch die für nahezu alle gesellschaftlichen Teilsysteme konstitutive Trennung von funktional spezialisierten Leistungsrollen auf der Anbieterseite und Publikumsrollen auf der Abnehmerseite teilsystemischer Leistungen in Frage. Allerdings gibt es auch in der Differenzierungstheorie ein Modell, bei dem die Grenze zwischen Publikums- und Leistungsrolle durchlässig wird: Rudolf Stichwehs Konzept der sekundären Leistungsrolle. Sekundäre Leistungsrollen stellen „eine Art aktivistischer Alternative zu einem reinen Publikumsstatus“ (Stichweh 1988: 281) dar und differenzieren sich neben Publikumsund Leistungsrollen in mehreren gesellschaftlichen Teilsystemen aus.
Ute Volkmann
Nachwort
Zusammenfassung
„The Third Wave“ von Alvin Toffler weist mit der These, daß es im Laufe der nächsten Jahre zum Aufstieg des Prosumenten kommen werde, eine gewisse Hellsichtigkeit, ja prophezeiende Tendenz auf. Obgleich sich dieser Trend direkt nach 1980 noch nicht sofort bemerkbar machte, weshalb auch nur wenige darauf reagiert haben, wurden insbesondere mit der Einführung und weltweiten Verbreitung des Internets vor bald zwanzig Jahren Voraussetzungen geschaffen, die es beinahe gestatten, von einer „self-fulfilling prophecy“ zu sprechen. In jedem Fall fühlt sich Toffler heutzutage vollends in dem bestätigt, was ihm 1980 noch eher vage vorgeschwebt haben mag. Diesen Tr(i)umpf/h spielt er in „Revolutionary Wealth“ unmißverständlich aus (vgl. Toffler/Toffler 2006).
Kai-Uwe Hellmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Prosumer Revisited
herausgegeben von
Birgit Blättel-Mink
Kai-Uwe Hellmann
Copyright-Jahr
2010
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91998-0
Print ISBN
978-3-531-16935-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91998-0