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2011 | Buch

User Generated Content

Urheberrechtliche Zulässigkeit nutzergenerierter Medieninhalte

verfasst von: Christian Alexander Bauer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das „Web 2.0“ hat zu einem grundlegenden Wandel des Nutzerverhaltens im Internet geführt. Immer mehr Internetnutzer gehen von der klassischen, durch eine passive und reaktive Konsumtion geprägten Mediennutzung zu einem interaktiven Nutzungsverhalten über, indem sie als so genannte „Prosumenten“ mit konventionellen Medieninhalten sowie anderen Nutzern und deren Beiträge interagieren. Dem Großteil der hierbei entstehenden Beiträge liegt dabei die – bewusste oder unbewusste – Verwendung fremder, zumeist urheberrechtlich geschützter Medieninhalte zugrunde.

Vor diesem Hintergrund geht der Autor der kultur- und rechtspolitisch brisanten Frage nach, ob und ggf. inwieweit die unautorisierte Verwendung fremder Werke und Leistungen zur Erzeugung nutzergenerierter Medieninhalte im Internet urheberrechtlich zulässig ist und in welchem Umfang dieses Phänomen zukünftig vom Gesetzgeber privilegiert werden sollte.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Das Phänomen des User Generated Content

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Das „Web 2.0“ hat zu einem grundlegenden Wandel des Nutzerverhaltens im Internet geführt. Immer mehr Internetnutzer gehen von der klassischen, durch eine passive und reaktive Konsumtion geprägten Mediennutzung zu einem interaktiven Nutzungsverhalten über, indem sie als so genannte „Prosumenten“ mit konventionellen Medieninhalten sowie anderen Nutzern und deren Beiträge interagieren. Dem Großteil der hierbei entstehenden Beiträge liegt dabei die – bewusste oder unbewusste – Verwendung fremder, zumeist urheberrechtlich geschützter Medieninhalte zugrunde. Der Begriff „User Generated Content“ weckt daher bei den meisten Juristen sofort haftungsrechtliche Assoziationen. Es wird ganz selbstverständlich die Frage gestellt, ob der Betreiber einer Internetplattform für die rechtsverletzenden Inhalte seiner Nutzer verantwortlich ist.
Aber ist es wirklich per se rechtswidrig, ein Karaoke-Video auf YouTube einzustellen? Macht sich ein Nutzer tatsächlich eines Verstoßes gegen das Urheberrecht schuldig, der ein Foto seines Lieblingsgemäldes auf Facebook postet, um es mit seinen Freunden zu teilen? Und ist es stets urheberrechtlich verwerflich, wenn ein Internetnutzer populäre Film-Schnipsel zu einer Videokollage zusammenschneidet, um diese auf seinem privaten Blog zu veröffentlichen? Sind also alle proaktiven Nutzer des Web 2.0 potentielle Straftäter?
Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit zunächst die monographisch bislang nicht behandelte Fragestellung, ob und ggf. in welchem Umfang die unautorisierte Verwendung fremder Werke und Leistungen zur Erzeugung von User Generated Content derzeit urheberrechtlich zulässig ist. Anschließend gibt sie unter Berücksichtigung der neuen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesamtsituation im Web 2.0 auch eine Antwort auf die rechts- und kulturpolitisch brisante Frage, inwieweit dieses Phänomen in Zukunft vom Gesetzgeber privilegiert werden sollte.
Christian Alexander Bauer
1. Kapitel: Begriff des User Generated Content
Zusammenfassung
Die Bezeichnung „User Generated Content“(UGC) ist kein Rechtsbegriff. Es handelt sich hierbei vielmehr um einen zusammengesetzten Anschauungsbegriff, der seinen Ursprung im angloamerikanischen Sprachraum hat, wo er überwiegend als allgemeiner Sammelbegriff für alle von einem Internetnutzer erzeugten medialen Web-Inhalte verwendet wird. Obwohl der Begriff im Englischen bereits seit mehreren Jahren gebraucht wird und zwischenzeitlich auch über die Grenzen des angloamerikanischen Sprachraumes hinaus Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat, existiert hierfür bisher keine einheitlich anerkannte Definition.
Vorliegende Abhandlung nimmt sich in ihrem ersten Kapitel daher zunächst des Begriffes UGC selbst an und versucht, diesen anhand der wesentlichen charakteristischen Merkmale der mit ihm bezeichneten Inhalte einer juristischen Definition zuzuführen, um – zumindest für den deutschsprachigen Raum – einen Rahmen für die Einordnung von UGC zu bieten. Hierbei wird ausgehend von einer wörtlichen Übersetzung, die in erster Linie die kontextuelle Verwendung des genannten Begriffes berücksichtigt, insbesondere auch auf bereits bestehende Definitionsversuche sowie gleichartige Begriffskonkurrenten eingegangen.
Christian Alexander Bauer
2. Kapitel: Formen von User Generated Content
Zusammenfassung
Zur Veranschaulichung des neuartigen und in tatsächlicher Hinsicht breit gefächerten Untersuchungsgegenstands werden im zweiten Kapitel die derzeit existierenden Formen von UGC dargestellt. Diese lassen sich – den im Internet verfügbaren Medieninhalten entsprechend – grob in die vier Beitragskategorien Text-, Bild-, Audio- und Video-Beiträge einordnen. Innerhalb jener Kategorien wird sodann eine weitere Differenzierung hinsichtlich der jeweiligen inhaltlichen Zweckbestimmung der Beiträge vorgenommen. Angesichts der nahezu unbegrenzten Artenvielfalt nutzergenerierter Medienbeiträge können hierbei jedoch lediglich einige typische Erscheinungsweisen exemplarisch näher vorgestellt werden.
Christian Alexander Bauer
3. Kapitel: Verwertungsformen für User Generated Content
Zusammenfassung
Als Grundlage für die Beurteilung der aktuellen Zulässigkeit sowie der im Anschluss zu untersuchenden Privilegierungswürdigkeit von UGC ist es erforderlich, vorab die hierfür existierenden Verwertungsformen zu analysieren, um zu ermitteln, ob und ggf. inwieweit im Zusammenhang mit der neuen partizipativen Tätigkeit der Bevölkerung im Web 2.0 eine wirtschaftlich relevante Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungsergebnisse erfolgt.
Unabhängig von der der Produktion nutzergenerierter Medieninhalte zugrunde liegenden Intention lassen sich die für sie etablierten Verwertungsformen – aus der Sicht des publizierenden Nutzers, als dem hauptsächlichen potentiellen Privilegierungssubjekt – grundsätzlich danach unterscheiden, ob der Nutzer für die Bereitstellung der Inhalte eine Vergütung erhält oder nicht. Dementsprechend wird in der folgenden, nach den einzelnen Beitragsgruppen sortierten Darstellung der bestehenden Verwertungsformen für UGC zunächst zwischen vergütungsfreien und vergütenden Verwertungsmodellen unterschieden. Innerhalb dieser Kategorien – die vorwiegend die Auswirkungen der primären Inhaltsverwertung durch die prosumierenden Nutzer berücksichtigen – erfolgt sodann eine weitere Differenzierung nach inhalts- und verwertungsspezifischen Kriterien, die auch die wesentlichen Konsequenzen der mit der UGC-Produktion typischerweise einhergehenden Sekundärverwertung nutzergenerierter Medieninhalte nebst etwaig hierin enthaltener geschützter Fremdinhalte aufzuzeigen vermag.
Christian Alexander Bauer

Die Zulässigkeit von User Generated Content

Frontmatter
4. Kapitel: Urheberrechtsrelevante Vorgänge
Zusammenfassung
Eine Beurteilung der im Rahmen der UGC-Produktion etwaig betroffenen Urheber- und Leistungsschutzrechte an fremden Werken und Leistungen setzt voraus, dass zuvor sämtliche tatsächliche urheberrechtsrelevante Vorgänge eruiert werden, die üblicherweise mit der Erzeugung und Veröffentlichung nutzergenerierter Medieninhalte in Zusammenhang stehen. Nachfolgend werden daher die derzeit differenzierbaren verwertungs- und urheberpersönlichkeitsrechtlich relevanten Lebenssachverhalte herausgearbeitet, die bei der Entstehung von UGC regelmäßig zu beobachten sind. Da auf den beiden Entstehungsstufen zu UGC jeweils diverse Erzeugungs- und Veröffentlichungsmöglichkeiten existieren, die auch aus urheberrechtlicher Sicht teilweise unterschiedlich zu bewerten sind, werden diese nachfolgend getrennt voneinander dargestellt.
Christian Alexander Bauer
5. Kapitel: Betroffene Urheber- und Leistungsschutzrechte
Zusammenfassung
Im Rahmen der in Kap. 4 vorgenommenen Analyse der typischen Erzeugungs- und Veröffentlichungshandlungen bei der Erstellung von UGC wurden die wesentlichen urheberrechtsrelevanten Vorgänge in Bezug auf fremde Schutzgegenstände herausgearbeitet. Um die hierin liegenden Verwertungshandlungen anschließend einer urheberrechtlichen Zulässigkeitsprüfung durch deren Subsumtion unter die geltenden Urheberrechtsschranken unterziehen zu können, werden im vorliegenden Kapitel die durch sie betroffenen Urheber- und Leistungsschutzrechte bestimmt. Dies geschieht nachfolgend jeweils getrennt nach den im UrhG normierten Verwertungs- und Urheberpersönlichkeitsrechten.
Christian Alexander Bauer
6. Kapitel: Privilegierungsfähigkeit von User Generated Content
Zusammenfassung
Inwieweit durch die selbstbestimmte Erzeugung und Veröffentlichung von UGC aufgrund der unautorisierten Verwendung fremder urheberrechtlich geschützter Leistungsergebnisse nach aktuellem Recht tatsächlich Urheberrechtsverletzungen begangen werden, hängt letztendlich von der Anwendbarkeit und Reichweite der gesetzlichen Schrankenregelungen ab. Denn sofern die mit der Erstellung von UGC verbundenen Nutzungshandlungen in den §§ 44 a ff. UrhG gesetzlich gestattet werden oder sich noch innerhalb des mittels § 24 UrhG zu bestimmenden zulässigen kreativen Wirkbereichs bewegen, stellen sie mangels eines diesbezüglichen Verbotsrechts der Berechtigten grundsätzlich keinen Eingriff in urheberrechtlich geschützte Rechtspositionen dar. Die Zulässigkeit von UGC richtet sich daher entscheidend danach, ob und ggf. inwieweit die Erzeugung und Veröffentlichung nutzergenerierter Medieninhalte mit den vom UrhG privilegierten Tatbeständen in Einklang zu bringen ist.
Im Anschluss an einen kurzen Überblick über Gegenstand und Funktion der urheberrechtlichen Schranken (B) sowie deren Auslegung und Anwendung (C) werden daher im Folgenden die für eine Privilegierung der beschriebenen Nutzerhandlungen in Betracht kommenden Urheberrechtsschranken (D) diesbezüglich untersucht. Für den Fall, dass hierbei eine Subsumtion unter die einschlägigen Ausnahmetatbestände aktuell nicht möglich erscheint, wird zugleich darüber nachgedacht, ob die Bereitstellung nutzergenerierter Medieninhalte zukünftig in den Anwendungsbereich der jeweiligen Schranke mit einbezogen werden sollte, sich im Einzelfall also bereits als privilegierungswürdiges Verwertungsanliegen darstellt.
Christian Alexander Bauer

Die Privilegierung von User Generated Content

Frontmatter
7. Kapitel: Privilegierungsbedürfnisse im Urheberrechtsgesetz
Zusammenfassung
Obwohl zwischenzeitlich durchaus einige nutzergenerierte Medienformate existieren, die – wie in Kap. 6 gezeigt werden konnte – im Wesentlichen den vom Gesetzgeber bereits als privilegierungswürdig anerkannten Zwecken entsprechen, erweist sich die eigenmächtige Erstellung von UGC bei näherer Betrachtung de lege lata ganz überwiegend als Urheberrechtsverletzung. Entweder weil die von den traditionsverhafteten Schrankenbestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen von den einzelnen partizipierenden Nutzern nicht erfüllt werden (können) oder die Bereitstellung der Inhalte zu einem vom Gesetz bislang nicht privilegierten Zweck erfolgt.
Die diesen beiden Publikationskategorien zugrunde liegenden Nutzungsintentionen ergeben zusammengenommen das durch das Web 2.0 neu entstandene urheberrechtlich relevante Verwertungsanliegen der Allgemeinheit, das nun Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung ist. Inwiefern dieses Verwertungsanliegen jedoch auch ein Defizit auf Seiten der Urheberrechtsschranken verursacht, ist letztlich davon abhängig, ob bzw. inwieweit es als privilegierungswürdig anzuerkennen ist. Das Bestehen eines Privilegierungsbedürfnisses für UGC im UrhG wird daher in zwei aufeinander folgenden Prüfungsschritten eruiert: Zunächst wird der konkrete Umfang des neuen urheberrechtsrelevanten Verwertungsanliegens bestimmt (B) und sodann dessen Privilegierungswürdigkeit überprüft (C).
Christian Alexander Bauer
8. Kapitel: Lösungsansätze für eine Privilegierung von User Generated Content
Zusammenfassung
Angesichts des Ausmaßes, in dem Menschen mit Hilfe des Web 2.0 heute ihre Bedürfnisse nach Identitätsbildung, Kontaktpflege und Informationsbeschaffung befriedigen, also hochgradig „reale“ Aktivitäten im nur scheinbar virtuellen Raum zeigen, muss die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Regulierung neu gestellt werden. Denn ein Regulierungsrahmen, der solche Verhaltensweisen generell als rechtswidrige Urheberrechtsverletzungen qualifiziert, wird der veränderten Nutzungsumgebung in der Informationsgesellschaft nicht mehr gerecht. Aufgrund der zentralen Funktion, die den urheberrechtlichen Schranken als Ergebnis verfassungsrechtlicher Sozialbindung in Bezug auf den Interessenausgleich zwischen Urhebern und der Allgemeinheit zukommt, erscheint es daher erforderlich, mit den Entwicklungen im Web 2.0 die Reichweite der gesetzlichen Schrankenbestimmungen insgesamt zu erweitern. Hierzu sind im Wesentlichen drei Rechtsetzungsvarianten denkbar, die im vorliegenden Kapitel diskutiert werden: Der Ersatz des Schrankenkataloges durch eine Generalklausel (B), die Flexibilisierung bestehender Schrankenregelungen (C) und die Einführung einer neuen Schranke für User Generated Content (D).
Christian Alexander Bauer
9. Kapitel: Vereinbarkeit des Regelungsvorschlags mit verbindlichen Schrankenvorgaben
Zusammenfassung
Der mittels vorliegender Abhandlung gesuchte Interessenausgleich im Web 2.0 zwischen Urhebern und Rechteinhabern auf der einen sowie der prosumierenden Allgemeinheit auf der anderen Seite kann nur dann wirksam durch die in Kap. 8 entwickelte UGC-Schranke herbeigeführt werden, wenn sich diese auch mit höherrangigem Recht vereinbaren lässt. Denn der Handlungsspielraum des deutschen Gesetzgebers in Bezug auf die Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Urheberrechts wird sowohl durch nationale als auch durch supra- und internationale Schrankenvorgaben begrenzt. Im Rahmen dieses letzten Kapitels wird daher abschließend zur Vereinbarkeit des Regelungsvorschlages mit verbindlichen Schrankenvorgaben Stellung genommen. Der gesetzlichen Normenhierarchie entsprechend wird der zu untersuchende Schrankentatbestand des § 52 c VerfE dabei in aufsteigender Reihenfolge zunächst anhand verfassungsrechtlicher Vorgaben aus dem deutschen Grundgesetz gemessen (B), bevor seine Vereinbarkeit mit europarechtlichen Schrankenvorgaben (C) sowie dem konventionsrechtlich verankerten und damit international bedeutsamen „Drei-Stufen-Test“ geprüft wird (D).
Christian Alexander Bauer
Gesamtergebnis
Zusammenfassung
Die vorliegende Abhandlung hat gezeigt, dass die mit dem Begriff des „User Generated Content“ bezeichneten nutzergenerierten Medienbeiträge nicht nur eine Vielzahl verschiedener Formen und (Fremd-)Inhalte aufweisen können, sondern auch zu ganz unterschiedlichen Zwecken erzeugt und veröffentlicht werden. Dementsprechend fällt auch das vorliegende Untersuchungsergebnis hinsichtlich der urheberrechtlichen Zulässigkeit besagter Nutzerinhalte aus: Manche Formen von UGC sind aufgrund der Vergleichbarkeit des ihnen zugrunde liegenden Verwertungsanliegens mit den vom Gesetzgeber anerkannten Ausnahmesituationen bereits nach geltendem Recht zulässig. Andere sind es aus guten Gründen nicht. Daneben existiert heute jedoch auch eine große Zahl von Nutzerbeiträgen, die sich trotz der grundsätzlichen Privilegierungswürdigkeit des ihnen zugrunde liegenden neuen urheberrechtsrelevanten Verwertungsanliegens nicht über die geltenden Schrankenregelungen rechtfertigen lassen.
Christian Alexander Bauer
Backmatter
Metadaten
Titel
User Generated Content
verfasst von
Christian Alexander Bauer
Copyright-Jahr
2011
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-20068-7
Print ISBN
978-3-642-20067-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-20068-7