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1989 | Buch

Hochtemperaturreaktortechnik

verfasst von: Prof. Dr.-Ing. Kurt Kugeler, Prof. Dr. rer. nat. Rudolf Schulten

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das Konzept des Hochtemperaturreaktors (HTR) zeichnet sich durch "inhärente Sicherheit" aus; weitere Vorzüge liegen darin, daß bereits kleinere Einheiten wirtschaftlich betrieben werden und nicht nur zur Stromerzeugung, sondern auch in der Wärme- und Verfahrenstechnik eingesetzt werden können. Damit ist der HTR als Alternative zu den bisher favorisierten Reaktorlinien in das öffentliche Interesse getreten. Das Buch vermittelt nicht nur technische Fakten, sondern erläutert die physikalischen und technischen Prinzipien zum Verständnis der Funktion und stellt die notwendigen Grundlagen für die Auslegung des Kugelhaufenreaktors zur Verfügung. Die Komponenten werden ausführlich beschrieben. Ein Schwerpunkt liegt auf der Diskussion der Sicherheitseigenschaften bzw. des Störfallverhaltens; ebenso werden die Konzepte zur Brennstoffversorgung bzw. -entsorgung vorgestellt. Einsatzmöglichkeiten des HTR werden ebenso wie Bewertungsverfahren für den wirtschaftlichen Betrieb aufgezeigt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Allgemeines zu Hochtemperaturreaktoren
Zusammenfassung
Aus der Vielzahl der Möglichkeiten der Gestaltung von Kernreaktorsystemen haben sich in den letzten Jahrzehnten die in Tab. 1.1 aufgeführten Lösungen als technisch ausführbar und wirtschaftlich attraktiv herausgestellt.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
2. Überblick über HTR-Anlagen
Zusammenfassung
Die Entwicklung des heliumgekühlten Hochtemperaturreaktors mit kugelförmigen Brennelementen begann in der Bundesrepublik Deutschland mit dem AVR-Reaktor. Als direktes Folgeprojekt wurde Anfang der siebziger Jahre mit dem Bau des THTR-300 begonnen. Inzwischen ist diese Anlage fertiggestellt und am Netz. Als Nachfolgeprojekt wurde von BBC/HRB der HTR-500 mit einer thermischen Leistung von 1 390 MW konzipiert. Direkt aufbauend auf dem Konzept und den Erfahrungen des AVR bieten die KWU einen Modulreaktor mit 200 MW th und die BBC/HRB einen Industriereaktor mit 250 MW th (HTR-100) an. Diese Anlagen werden in den folgenden Abschnitten ausführlicher vorgestellt. Abbildung 2.1 zeigt eine Übersicht.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
3. Gesichtspunkte der HTR-Kernauslegung
Zusammenfassung
Bedingt durch die Verwendung von speziellen Materialien im Core sowie durch das besondere Brennelementkonzept von Hochtemperaturreaktoren ergeben sich Gesichtspunkte, die stark von denen abweichen, die aus der Reaktortechnik allgemein bekannt sind. Die Verwendung von Graphit und beschichteten Teilchen, die Anordnung des Brennstoffs in fein dispergierter Form in kugelförmigen Brennelementen, die in statistisch angeordneter Schüttung das Core bilden, werfen Fragestellungen auf, die im folgenden schwerpunktmäßig behandelt werden. Hierzu gehört auch die kontinuierliche Beschickung des Reaktors und das Kugelfließen durch das Core. Bezüglich ausführlicher Darstellungen der Neutronen- und Reaktorphysik, die nicht Gegenstand dieses Buches sind, sei auf eine Reihe von ausgezeichneten Lehrbüchern hingewiesen [3.1 bis 3.20]. Als wesentliches Strukturmaterial kommt im Kern sowie im Reflektor von HTR-Anlagen nuklearreiner Graphit zum Einsatz. Als Spaltstoffe sind U235, U233 und Pu239 bzw. Pu241 zu berücksichtigen. Brutstoffe sind je nach Brennstoffzyklus Th232 oder U238. Das Kühlmittel Helium spielt in den Neutronenbilanzen von HTR-Anlagen keine Rolle. Als Absorbermaterialien werden bei diesem Reaktortyp insbesondere Bor und Stahl verwandt.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
4. Komponenten des HTR
Zusammenfassung
Der Reaktorkern eines HTR, hier sei speziell der des THTR-300 betrachtet, besteht aus einer statistischen Schüttung von Graphitkugeln mit 6 cm Durchmesser (siehe Abb. 4.1 und Abb. 4.2). Im THTR wird so in einem Reaktorvolumen von 125 m3 (Durchmesser des Kerns = 5,6 m, mittlere Höhe des Kerns = 5,1 m) eine thermische Leistung von 750 MW bereitgestellt. Mit Hilfe von Helium unter Druck (40 bar) wird die Wärme abgeführt.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
5. Betriebsfragen bei HTR-Anlagen
Zusammenfassung
Je nach Brennstoffzyklus sind im Kern einer HTR-Anlage die Isotope U235, U233, Pu239, Pu241 als spaltbare Stoffe in verschiedenen Zusammensetzungen vorhanden. U235 wird in mehr oder weniger angereichter Form (z. B. Low Enriched Uranium = LEU: ≈ 10 % Anreicherung, High Enriched Uranium = HEU: 93 % Anreicherung) direkt als UO2 in den coated particles verwendet, während U233 sowie die Plutoniumisotope durch Bruteffekte aus eingesetztem Th232 bzw. U238 entstehen. Die bekannten Umwandlungsketten haben verkürzt wiedergegeben folgende Form:
$$ {\text{U}}_{{92}}^{{238}} + n_{0}^{1} \to N{p^{{239}}}\xrightarrow{{{\beta ^{ - }}}}P{u^{{239}}} + n_{0}^{1} \to P{u^{{240}}} + n_{0}^{1} \to P{u^{{241}}} + n_{0}^{1} \to P{u^{{242}}}, $$
(5.1)
$$ {\text{T}}{{\text{h}}^{{{{1.}_{{232}}}}}} + {\text{n}}_{0}^{1} \to {\text{T}}{{\text{h}}^{{{{2.}_{{232}}}}}}\xrightarrow[{{\lambda _{1}}}]{{{\beta ^{ - }}}}\mathop{{{\text{P}}{{\text{a}}^{{{{3.}_{{233}}}}}}}}\limits_{{{\sigma _{2}} \searrow {\text{P}}{{\text{a}}^{{234}}}}} \xrightarrow[{{\lambda _{2}}}]{{{\beta ^{ - }}}}{\mathop{{\text{U}}}\limits_{{{\sigma _{3}}\; \searrow }} ^{{{{4.}_{{233}}}}}}. $$
(5.2)
Auf die wichtigsten Wirkungsquerschnitte dieser Isotope, insbesondere die Resonanzquerschnitte von U238 und Th232, die für den Bruteffekt besonders bedeutsam sind, wurde bereits in Abschnitt 3.1 hingewiesen.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
6. Sicherheitsfragen bei HTR-Anlagen
Zusammenfassung
Bei jedem Spaltvorgang im Kernreaktor entstehen neben den erwünschten Produkten Energie und Spaltneutronen Begleitstoffe, die den Anlagenbetrieb erschweren. Dies sind die Spaltprodukte, von denen mehrere hundert mit ihren Ausbeuten bei der Spaltung, ihren Halbwertzeiten, Zerfallsarten und Zerfallsenergien bekannt sind. Die Häufigkeit ihres Auftretens ist für die einzelnen Spaltstoffe charakteristisch und war bereits in Abb. 3.3, z. B. für U235 wiedergegeben. Bei jedem Spaltereignis werden zwei Spaltprodukte gebildet, die fast immer radioaktiv sind. Im allgemeinen entstehen Ketten, in denen konsekutive Zerfälle bis zum Erreichen eines stabilen Zustandes auftreten. Als einige Beispiele seien genannt:
$$ Sr_{{38}}^{{94}}\xrightarrow{{\beta - }}Y_{{39}}^{{94}}\xrightarrow{{\beta - }}Zr_{{40}}^{{94}}\quad (stabil) $$
(6.1)
$$ Xe_{{54}}^{{140}}\xrightarrow{{\beta - }}Cs_{{155}}^{{140}}\xrightarrow{{\beta - }}Ba_{{56}}^{{140}}\xrightarrow{{\beta - }}La_{{57}}^{{140}}\xrightarrow{{\beta - }}Ce_{{58}}^{{140}}\quad (stabil) $$
(6.2)
Die Spaltprodukte [6.1 bis 6.3] sind von größter Wichtigkeit für den Reaktorbetrieb sowie für das Störfallgeschehen. In Abb. 6.1 sind einige wesentliche Gesichtspunkte, die auf die Bedeutung der Spaltprodukte für die verschiedenen Aspekte hinweisen, aufgelistet. In den folgenden Abschnitten soll insbesondere das Verhalten der Spaltprodukte im Hinblick auf Freisetzungen im Normalbetrieb und in Störfällen untersucht werden. Zur Bedeutung der Spaltprodukte im Hinblick auf die Zwischenlagerung oder die Endlagerung finden sich einige Ausführungen in Kap. 9.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
7. Weiterentwicklungen des HTR zur Stromerzeugung
Zusammenfassung
Stand der Technik bei AGR- und HTR-Anlagen ist heute die Erzeugung von Frischdampf von 530 °C/180 bar. Damit ist im Verbund mit einer Zwischenüberhitzung des Dampfes auf 530 °C/45 bar die Erzielung eines Wirkungsgrades von rund 40 % möglich. Da im Überhitzer- sowie im Zwischenüberhitzerbereich des Dampferzeugers von HTR-Anlagen austenitische Werkstoffe zum Einsatz kommen, ist grundsätzlich eine Erhöhung der Frischdampf- sowie evtl. auch der Zwischenüberhitzungstempera-tur über die angegebenen Werte hinaus möglich. Wie Abb. 7.1 zeigt, sind die Festigkeitswerte der heute verfügbaren Werkstoffe bis in den Hochtemperaturbereich hinein relativ hoch. Es sind beispielsweise in amerikanischen Großkraftwerken und Industriekraftwerken fossil beheizte Dampferzeuger mit Frischdampftemperaturen von 650 °C seit vielen Jahren erfolgreich in Betrieb.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
8. Weiterentwicklungen des HTR zur Prozeßwärmebereitstellung
Zusammenfassung
Der weltweite Energieverbrauch wird entsprechend den heutigen Erwartungen in den nächsten Jahrzehnten noch erheblich ansteigen, insbesondere aufgrund des außerordentlichen Nachholbedarfs der Entwicklungsländer. Langfristig wird wohl die Kernenergie einen wesentlichen Beitrag zur Deckung dieses Energiebedarfs leisten müssen. Bislang zielten die Bemühungen bei der Markteinführung der Kernenergie in Richtung der Erzeugung von elektrischer Energie. Bei einer genaueren Analyse des Energiebedarfs zeigt sich aber, daß ein großer Anteil der Energie als Wärme für Heizzwecke sowie als industrielle Prozeßwärme Verwendung findet. In Abb. 8.1 sind diese Verhältnisse für den deutschen Energiemarkt wiedergegeben. Es fällt auf, daß nur etwa ein Viertel der eingesetzten Sekundärenergie in Form von Licht oder Kraft Anwendung findet.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
9. Brennstoffversorgung und -entsorgung bei HTR-Anlagen
Zusammenfassung
Die heute gültige Brennstoffversorgungs- und Brennelemententsorgungskette für Hochtemperaturreaktoren mit kugelförmigen Brennelementen umfaßt, wie in Kapitel 1 bereits im Prinzip dargelegt wurde, folgende Stationen:
  • Herstellung der beschichteten Brennstoffteilchen und der gesamten Brennelemente,
  • Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente auf dem Reaktorgelände bzw. in externen Zwischenlagern,
  • Konditionierung von Brennelementen für die Endlagerung,
  • Endlagerung der Brennelemente.
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
10. Wirtschaftliche Fragen bei HTR-Anlagen
Zusammenfassung
Um bei einer energieumwandelnden Anlage zu einer wirtschaftlichen Bewertung der Produkte und des Verfahrens zu gelangen, sind eine Reihe von Einflußgrößen zu berücksichtigen (Abb. 10.1).
Kurt Kugeler, Rudolf Schulten
Backmatter
Metadaten
Titel
Hochtemperaturreaktortechnik
verfasst von
Prof. Dr.-Ing. Kurt Kugeler
Prof. Dr. rer. nat. Rudolf Schulten
Copyright-Jahr
1989
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-52333-5
Print ISBN
978-3-540-51535-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-52333-5