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1982 | Buch

Biogas — Methangärung organischer Abfallstoffe

Grundlagen und Anwendungsbeispiele

verfasst von: Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Rudolf Braun

Verlag: Springer Vienna

Buchreihe : Innovative Energietechnik

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Methanbakterien als Verursacher der Biogasbildung zählen zu den ältesten Lebensformen der Erde. Die Entstehung von Leben in Form von Prokaryonten wird, auf Grund von Mikrofossilienfunden in Südafrika, allgemein vor etwa 3,5 Milharden Jahren angesetzt (Ponnaperuma, 1972). Da die Erdatmosphäre zu diesem Zeitpunkt sauerstofffrei war und gleichzeitig eine Vielzahl komplexer organischer Verbindungen vorlag, gelten anaerobe fermentative Mikroorganismen mit hoher Wahrscheinüchkeit als die ältesten Lebensformen. Auf Grund deutlicher Differenzierungen im Zellwandaufbau und Energiestoffwechsel faßt man diese Organismen heute als Archäbakterien, gesondert von den übrigen Bakterien, zusanmien (Woese et al., 1978)
Rudolf Braun
1. Mikrobiologie der Methangärung
Zusammenfassung
Die Methangärung ist ein wichtiges Glied im Stoffkreislauf der Natur, in dem sie als letzte Stufe einer Kette von Gärungen an der Umwandlung komplexer hochmolekularer organischer Substanz in gasförmige Endprodukte, wie Methan und Kohlendioxid, beteiligt ist. Die im Ausgangsmaterial vorüegende Energie bleibt zum größten Teil in Form von Methan erhalten, nur ein geringer Teil wird zum Aufbau neuer Zellsubstanz verwendet. Mit nur wenigen Ausnahmen können alle organischen Naturstoffe diesem an aeroben Abbauprozeß unterworfen werden. An diesem Vorgang ist eine große Anzahl in komplexer Abhängigkeit stehender Bakterien beteiligt. Natüriiche, Standorte solcher Mischpopulationen sind Sümpfe, Moore, die Schlammschicht von Seen, Flüssen und Meeren, der Pansen von Wiederkäuern sowie alle Arten von Biogasreaktoren. Jährlich werden auf diese Weise zwischen 0,55 und 1,3 · 109 t Methan gebildet (Koyama, 1963; Ehhalt, 1974, 1976). Der größte Teil davon wird in höheren Schichten der Troposphäre bzw. in der Ozonschicht der Stratosphäre zu Kohlendioxid oxidiert und trägt dadurch etwa 4,5% CO2 zur Photosynthese bei (Vogels, 1979).
Rudolf Braun
2. Physiologie und Milieueinflüsse
Zusammenfassung
Wachstum und Produktbildung strikt anaerober Mikroorganismen sind an die Abwesenheit von Sauerstoff gebunden. Auf Grund dessen war es eher überraschend, solche Organismen auch in aeroben Standorten wie Boden, Staub oder aerobem Klärschlamm zu finden (Morris, 1975). Manche Bakterien wie Clostridien scheinen dazu auf Grund ihrer Fähigkeit zur Sporenbildung in der Lage zu sein, jedoch sind auch typische asporogene Organismen, etwa in der Haut von Säugetieren (Rosebury, 1962), oder Vertreter der Methanbakterien (Zehnder, 1978) in der Lage, in sauerstoffexponierten Standorten zu überleben. Die Sauerstoffempfindhchkeit verschiedener strikt anaerober bzw. fakultativ anaerober Bakterien ist sehr unterschiedlich. So wird beispielsweise Methanobrevibacter arboriphilus Stamm AZ (= Methanobacterium Stamm AZ) auch von hohen Sauerstoffkonzentrationen nicht geschädigt (Zehnder und Wuhrmann, 1977). Alle eher sauerstoffunempfindlichen anaeroben Organismen besitzen das Enzym Peroxiddismutase, die meisten fakultativ anaeroben, jedoch nicht. Methanbakterien verfügen über Peroxidase (Thauer et al., 1977; Rolf, 1979). Cowan (1968) definierte Anaerobier als Organismen, welche nicht in der Lage sind, in Anwesenheit von Luft zu wachsen und den für biochemische Reaktionen notwendigen O2 aus anderen Quellen beziehen. Üblicherweise anaerob wachsende Organismen, welche in der Lage sind, bei geringem O2-Gehalt zu wachsen, bezeichnete er als aerotolerant.
Rudolf Braun
3. Kinetik der Methanbildung
Zusammenfassung
Die für die Methanbildung aus organischem Material verantworthche Mischpopulation unterliegt neben physiologischen auch einer ganzen Reihe von physikahschen Einflußfaktoren, resultierend aus der Konfiguration des Fermenters sowie dessen Betriebsweise. Viele Versuche wurden unternommen, diese zahlreichen Variablen in ein mathematisches Modell einzubauen, welches den Verlauf der Reaktion bei Änderung eines oder mehrerer Parameter wie beispielsweise Substratkonzentration, Verweilzeit oder pH vorhersagen soll (Pretorius, 1969, Lawrence und McCarty, 1969; Andrews und Graef, 1971; Lawrence, 1971, Gosh und Pohland, 1974). Damit sollte die überwiegend empirische Vorgangsweise bei Auslegung und Betrieb von Biogasreaktoren auf eine meß- und kalkuherbare Basis gestellt werden. Im wesentlichen beruhen alle derartigen Modelle auf der Monodschen Definition des Zusammenhangs zwischen spezifischer Wachstumsrate (µ) und limitierender Substratkonzentration (S).
Rudolf Braun
4. Reaktorbauarten
Zusammenfassung
Die ersten, bereits vor über 100 Jahren errichteten Biogasanlagen waren einfache Behälter oder Becken, in denen das zu vergärende Material gesammelt wurde. Das entstehende Gas wurde in den vielfach offenen Tanks vorerst nicht gesammelt, der Prozeß diente in erster Linie zur Stabilisierung der Feststoffe. Mit Zunahme der Bedeutung der Abwasserreinigung wurden in den USA, England, Frankreich und Deutschland zahlreiche spezielle Gärbehälter, wie „Talbot“- Tank, „Septic“-Tank und „Imhoff“-Tank entwickelt (McCarty, 1981). Diese Reaktoren wurden nach dem Batchverfahren oder halbkontinuierhch, beihohen Verweilzeiten, betrieben. Nachdem man erkannte, daß bei Beheizung dieser Behälter raschere Gasbildung eintrat, wurde etwa 1922 in Deutschland damit begonnen, das entstehende Gas zu sammeln (Imhoff, 1954). Das Gas wurde zum Beheizen der Faulräume verwendet, wobei Überschußmengen an Gaswerke abgegeben wurden. Erst 1927 wurden erstmals Gasmotoren damit betrieben und 10 Jahre später auch Druckgas zum Antrieb von Fahrzeugen hergestellt (Hoppe, 1956). Im Jahre 1939 wurden m Stuttgart 155 Wagen des städtischen Fuhrparks mit Biogas betrieben, wobeies in Deutschland 8 Biogastankstellen gab.
Rudolf Braun
5. Methangärung diverser Substrate
Zusammenfassung
Alle für die Methangärung geeigneten organischen Materialien entstammen der pflanzlichen Photosynthese. Die üblicherweise zur Biogasproduktion verwendeten Substrate fallen bei den diversen Umwandlungsprozessen der pflanzlichen Biomasse an (Abb. 34). In der Hauptsache lassen sich land- und forstwirtschaftliche Primärabfälle, Industrieabfälle und Kommunalabfälle unterscheiden. Ihre Eignung zur Methangärung wird durch die bei diversen Umwandlungsprozessen erfahrene mechanische, thermische oder biologische Behandlung wesentlich beeinflußt. Intakte pflanzliche Primärabfälle sind der anaeroben bakteriellen Hydrolyse nur schwer zugänglich. Nach mechanischer oder thermischer Vorbehandlung, wie sie bei verschiedenen lebensmitteltechnologischen und chemischen Prozessen vielfach erfolgen, verläuft die Hydrolyse polymerer Naturstoffe erheblich rascher. Bei vielen biologischen Veredlungsprozessen gelangt zudem eine Reihe von Nähr- und Wuchsstoffen ins Abwasser, welche dessen weitere biologische Verwertung günstig beeinflussen. In vielen Fällen zeigen jedoch vornehmlich IndustrieabfäUe auf Grund des Aufarbeitungsprozesses oft eine einseitige Nährstoffzusammensetzung, welche deren biologische Weiterverwertung erschweren kann. Bei der letzten Stufe der Biomassekonversion, der Verwertung veredelter Produkte durch den Menschen, fallen KommunalabfäUe in fester und flüssiger Form an. Gemeinsam mit Industrieabläufen waren Kommunalabwässer seit Jahrzehnten Ursache der Eutrophierung vieler Fließgewässer und Seen.
Rudolf Braun
6. Auslegung und Betrieb von Biogasanlagen
Zusammenfassung
Die Methangärung organischer Abfallmaterialien kann eine Reihe von Aufgaben erfüllen. In der Abwassertechnologie dient sie der Stabilisierung des Klärschlamms. In der Landwirtschaft kann sowohl die Produktion von Energie als auch die Beseitigung potentieller Umweltbelästigungen sowie der Erhalt eines verbesserten natürhchen Düngers Bedeutung haben. In Industriebetrieben schheßlich wird sowohl der Vorreinigungseffekt als auch die Verfügbarmachung von Energie von Bedeutung sein.
Rudolf Braun
7. Analytische Methoden
Zusammenfassung
Die Methangärung unterliegt als biologischer Prozeß einer großen Anzahl von Einflußfaktoren. Die Erfassung selbst einfacher biologischer Größen, wie der Zellmasse oder des physiologischen Status der Bakterienzehen, bereitet analytisch erhebliche Schwierigkeiten und ist bei den in der Praxis üblicherweise verwendeten Substraten für Routineanalysen methodisch zu aufwendig. Um so mehr Bedeutung kommt der Erfassung und entsprechenden Kontrolle chemischer und physikalischer Parameter zu, nachdem deren Interpretation einen Rückschluß auf den physiologischen Status bzw. die ökologischen Verhältnisse der Bakterienmischkultur zuläßt.
Rudolf Braun
8. Ökonomie der Methangärung
Zusammenfassung
Bei der Suche nach möglichen Einsatzgebieten der Methangärung müssen sowohl ökologische als auch energiewirtschaftliche Überlegungen berücksichtigt werden. Aus ökologischer Sicht fügt sich die Methangärung praktisch immer ohne wesenthche Störungen in den natürhchen Stoffkreislauf. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Endverwertung des in Faulschlamm und Faulwasser verbleibenden organischen Materials. Sowohl aus ökologischer als auch energie-wirtschafthcher Sicht nicht vertretbar ist beispielsweise die oft in Kommunalkläranlagen gehandhabte Verbrennung des Faulschlamms.
Rudolf Braun
Backmatter
Metadaten
Titel
Biogas — Methangärung organischer Abfallstoffe
verfasst von
Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Rudolf Braun
Copyright-Jahr
1982
Verlag
Springer Vienna
Electronic ISBN
978-3-7091-8675-6
Print ISBN
978-3-7091-8676-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-7091-8675-6