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2012 | Buch

Industrial Ecology Management

Nachhaltige Entwicklung durch Unternehmensverbünde

herausgegeben von: Michael von Hauff, Ralf Isenmann, Georg Müller-Christ

Verlag: Gabler Verlag

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Über dieses Buch

Erfolgreiche Unternehmensführung basiert auf den Prinzipien ökologischer Nachhaltigkeit.

Die Idee der Industrial Ecology, durch Kreisläufe Stoffströme umweltfreundlicher

zu gestalten, funktioniert aber nur bei einer vertrauensvollen Kooperation

zwischen Unternehmen. „Industrial Ecology Management“ beschreibt die

theoretischen Grundlagen für solche auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensverbünde,

entwickelt Gestaltungsempfehlungen zur Steuerung von durch

Stoffströme eng gekoppelten Unternehmen und gibt praxisnahe Antworten zur

Umsetzung. Mit den Herausgebern und Beitragsautoren sind die renommierten

und führenden Vertreter/-innen des noch relativ jungen Faches versammelt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Ökoinformationssystem Mödling: Analyse einer industriellen Symbiose
Mario Schmidt

Konzeptionelle Einbettung eines Industrial Ecology Managements

Frontmatter
1. Einführung zum Industrial Ecology Management
Zusammenfassung
Rund fünf Jahre sind vergangen seit der Vorläufer: "Industrial Ecology: Mit Ökologie zukunftsorientiert wirtschaften" (Isenmann und von Hauff 2007) erschienen ist. Es war seinerzeit das erste deutschsprachige Buch, das sich explizit und umfassend der Industrial Ecology widmet und den Namen dieses neuen Forschungs- und Handlungsfeldes im Titel trägt. Wenig später wurde das einführende Erstlingswerk ergänzt und die Industrial Ecology aus einer ingenieurwissenschaftlichen Perspektive beleuchtet (von Gleich und Gößling-Reisemann 2008). In den zurückliegenden fünf Jahren hat die Industrial Ecology im deutschsprachigen Raum eine durchaus dynamische Entwicklung genommen und auch Resonanz erzeugt. Dies zeigt sich etwa an Querverweisen, in denen ihr bereits ein Platz in den Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften zugedacht wird (z.B. Rogall 2009, 134; Seifert 2007; IdW 2007), sowie an anregenden Besprechungen des Vorläuferbuches aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven (z.B. Poganietz 2008; Simonis 2008; Seifert 2007; Gnauck 2007).
Ralf Isenmann, Georg Müller-Christ, Michael von Hauff
2. Von der Ökologischen Ökonomie zur Industrial Ecology Science
Zusammenfassung
Das Thema von der ökologischen Ökonomie zur Industrial Ecology Science erfordert zunächst einige inhaltliche Klärungen der zentralen Kategorien bzw. Ansätze. Für die Ökologische Ökonomie steht ein umweltpolitisch orientiertes Leitbild nachhaltiger Entwicklung, das die Beziehung der beiden Kategorien Ökologie und Ökonomie in den Mittelpunkt stellt. Die Ökologische Ökonomie geht weit über die herrschenden Ansätze, insbesondere der neoklassischen Orientierung, hinaus. Die Ökologische Ökonomie basiert auf der starken Nachhaltigkeit die eine Substitution von Natur- durch Sachkapital grundsätzlich in Frage stellt. Die Vertreter der Ökologischen Nachhaltigkeit plädieren für die uneingeschränkte Erhaltung lebenswichtiger Ökosysteme. Die Industrial Ecology wiederum basiert ganz wesentlich auf der Ökologischen Ökonomie, wobei sie sich – wie aus der Begrifflichkeit deutlich wird – auf den Industriesektor konzentriert.
Michael von Hauff
3. Von der Industrial Ecology Science zum Industrial Ecology Management
Zusammenfassung
Als ein junges, rasch aufstrebendes Forschungs- und Handlungsfeld durchläuft die Industrial Ecology eine dynamische Entwicklung, dessen genaue Richtung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit Bestimmtheit abgeschätzt werden kann. Sie hat im Vergleich zu anderen etablierten Ansätzen, Konzepten und Disziplinen in den Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften (Sustainability Sciences) eine kurze Entwicklungsgeschichte. Und aufgrund ihrer verbindenden Herangehensweise sowie den interdisziplinären Wurzeln mit Anleihen aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften einerseits und Wirtschafts- und Sozialwissenschaften andererseits ist ihr charakteristisches Profil bislang noch nicht ausgebildet. Gleichwohl wird deutlich, dass der ehemals technische Fokus mehr und mehr ergänzt wird durch sozio-ökonomische Anteile, bedingt durch eine stärkere Anbindung an die Wirtschaftswissenschaften (z.B. van den Bergh und Jansen 2005) einschließlich Managementlehre, sowie durch eine Integration der Sozialwissenschaften (z.B. Boons und Howard-Greenville 2009). Neben einer theoretisch fundierten Anschlussfähigkeit versprechen sich die Vertreter der Industrial Ecology damit zudem einen besseren Zugang zu gesetzlichen Weichenstellungen und politischen Entscheidungsprozessen sowie insbesondere eine wirksame Umsetzung der Prinzipien der Industrial Ecology in globalen Marktstrukturen, Industriesektoren, Unternehmen, Städten, lokalen Verwaltungen und Bildungsinstitutionen.
Ralf Isenmann
4. Vom Industrial Ecology Management zur Entwicklung nachhaltiger Gewerbegebiete
Zusammenfassung
Der Begriff des Industrial Ecology Managements ist noch nicht konzeptionell umschrieben. Er hat in seiner jetzigen Verwendung noch einen programmatischen Charakter: Es geht darum, aus der Idee einer Industrial Ecology eine Managementthematik zu machen: Wie müssen Unternehmen gesteuert werden, damit sie sich mit anderen Unternehmen zusammenschließen, um kooperativ die Idee einer industriellen Symbiose umzusetzen? Die Übertragung der ökologischen Idee auf Unternehmen ist aus der Managementsicht im Wesentlichen eine Frage der interorganisatorischen Abstimmung von Unternehmen. Organisationstheoretisch geht es darum, lose und feste strukturelle Koppelung von Unternehmen zu ermöglichen. Es geht darum, gemeinsam durch Abstimmung Ressourcen effizienter einzusetzen und Ressourcenregeneration zu befördern. Eine solche Abstimmung ist denkbar zwischen Unternehmen einer Branche oder zwischen Unternehmen eines Standortes.
Georg Müller-Christ
5. Verbindungen zwischen Industrial Ecology und Systems of Provision
Zusammenfassung
Die Industrial Ecology (IE) Gemeinschaft öffnet sich in zunehmenden Maße der Thematik des nachhaltigen Konsums (siehe Spezialausgabe des Journal of Industrial Ecology zu Nachhaltigem Konsum, Jg. 9 (1-2), und die entsprechenden Tracks auf den IE Konferenzen). Parallel dazu öffnen sich sozialwissenschaftliche Forschungen zu nachhaltigem Konsum, die den Konsumenten als Akteur im Fokus haben, Fragen nach der Einbindung des Konsums in sogenannte Versorgungssysteme (systems of provision). Beide Perspektivenerweiterungen eröffnen interessante Anknüpfungspunkte in den beiden bisher getrennt verlaufenen Forschungsansätzen. Die IE beschäftigt sich traditionellerweise einerseits mit Produktsystemen (besonders im Rahmen von Ökobilanzen (LCA)), andererseits mit nationalen Volkswirtschaften oder Regionen (insbesondere im Rahmen der Materialflussanalyse (MFA)), oder mit industriellen Netzwerken (im Rahmen des Ansatzes der Industriellen Symbiose (IS)) und erst in neueren Studien auch mit Bedürfnisfeldern und (nachhaltigem) Konsum. Dabei stehen in der Regel quantifizierende Methoden im Vordergrund, mit denen die stoffliche Basis der heutigen Formen von Produktion und Konsum untersucht wird. Neuerdings finden auch Untersuchungen Beachtung, die auf die Verknüpftheit und Komplexität der untersuchten Systeme fokussieren (siehe Spezialausgabe des Journal of Industrial Ecology zu Komplexen Systemen). Individuelle Verhaltensweisen, praktische Lebensführung und zumeist auch Konsumstile blieben bisher eher unterbelichtet. Der systemische und bisher auf Stoff- und Energieströmen fokussierte Ansatz der IE bietet jedoch einige Anknüpfungspunkte zu den sozialwissenschaftlichen Debatten über Systems of Provision (SOP) Ansatz.
Stefan Gößling-Reisemann, Arnim von Gleich
6. Industrial Ecology und die Forschung zu nachhaltigem Konsum
Zusammenfassung
Industrial Ecology hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden analytischen und gestaltungsorientierten Forschungs- und Handlungsfeld im Kontext der Forschung und Debatten zu Fragen einer nachhaltige Gestaltung von Stoff- und Energieströmen entwickelt. Der analytische Schwerpunkt richtet sich insbesondere auf die Analyse der Energie- und Materialflüsse industrieller Gesellschaften auf regionaler, produktions- und produktbezogener Ebene und greift dabei im Wesentlichen zurück auf Modelle und Methoden der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Die gestaltungsorientierte Perspektive verfolgt das Leitbild "Wirtschaften nach dem Vorbild der Natur" und orientiert sich an den Tragekapazitäten natürlicher Systeme als Zielkorridor (Isenmann/von Hauff 2007). Damit ist ein weiteres Charakteristikum von Industrial Ecology die Verknüpfung systemarer Ansätze mit normativen Zielvorstellungen. Die Arbeiten und Studien im Kontext Industrial Ecology konzentrierten sich lange Zeit zunächst auf industrielle Prozesse und Akteure, die Phase des Konsums wurde nur am Rande berücksichtigt. In jüngster Zeit wird aber auch im Kontext Industrial Ecology verstärkt die Notwendigkeit formuliert, den Konsum konzeptionell als relevante Phase im Life Cycle von Produkten und Dienstleistungen einzubinden und die Konsumphase bei der Bilanzierung von Energie und Stoffströmen angemessen zu berücksichtigen (Loerincik/Kaenzig/Jolliet 2005, Tukker/Jansen 2006). Erst dann sei es möglich, Ergebnisse und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die für Veränderungen der nicht nachhaltigen Produktions- und Konsummuster benötigt werden: "Only by taking consumption into account can IE provide the sort of analysis required by international policy maker" (Hertwich 2005: 1).
Ines Weller

Ausgewählte Managementaspekte einer Industrial Ecology

Frontmatter
7. Anforderungen an nachhaltige Gewerbegebiete
Zusammenfassung
Die Völkergemeinschaft hat sich auf der Konferenz der United Nations Conference on Environment and Development (UNCTAD) in Rio de Janeiro im Jahr 1992 zu dem Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. Es waren 178 Nationen die sich zur Nachhaltigen Entwicklung als Leitbild des 21. Jahrhunderts bekannten. Die Weltkonferenz, aber auch die Folgekonferenz im Jahr 2002 in Johannesburg führte dazu, dass dieses Leitbild international eine große Popularität und eine wachsende Gestaltungsorientierung erfahren hat. Besondere Beachtung erfuhr die Agenda 21 als handlungsleitendes Programm. Das Programm besteht aus einer Vielzahl von Zielen und Maßnahmen die für die Träger Nachhaltiger Entwicklung eine klare Richtung vorgeben. In der Folge wurden Ansätze bzw. Konzepte entwickelt, die versuchen die Forderungen der Agenda 21 in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu integrieren (v. Hauff, Kleine 2009, S. 11). Besondere Bekanntheit haben die zahlreichen Aktivitäten von Kommunen zur lokalen Agenda 21 erfahren. Aber auch auf nationaler und internationaler Ebene entstanden handlungsorientierte Ansätze wie beispielsweise die nationalen Nachhaltigkeitsstrategien. Als weitere Träger Nachhaltiger Entwicklung werden in der Agenda 21 auch Unternehmen genannt. Gewerbegebiete wurden jedoch bisher als potenzielle Träger nicht erkannt, obwohl sie – wie in diesem Beitrag gezeigt wird – einen großen Beitrag zur Nachhaltigen Entwicklung leisten können, d.h. vielfach einen größeren Beitrag als einzelne Unternehmen zu leisten vermögen.
Michael von Hauff
8. Zero Emissions
Zusammenfassung
Der Schutz unserer Umwelt vor Emissionen aus menschlichen Aktivitäten hat eine diskontinuierliche Entwicklung hinter sich. Es begann mit einem Immissionsschutz im Nahbereich starker Emittenten durch eine Verdünnung der Emissionen und eine Verlängerung der Leitungen (Dilution is the solution to pollution). Die Kamine wurden höher gebaut, die Abwasserleitungen verlängert und die Deponien weiter aus den Siedlungen hinaus verlegt. Hierfür waren weder neue Technologien erforderlich noch Änderungen im System oder im Verhalten. Mitte der 80er Jahre begann die Blütezeit des "technischen Umweltschutzes". Die Städte bekamen ihre Abwasserreinigungsanlagen, die Kraftwerke und Industriebetriebe ihre Filter, die Müllentsorgung die Verbrennungsanlagen und das Auto den Katalysator. Diese Technologien bezeichnet man treffend als "End-of-Pipe-Technologien", da sie typischerweise am Ende des Rohres (Abwasserrohr, Kraftwerkskamin, Auspuff,…) installiert wurden. Wiederum war kaum eine Änderung bei den bestehenden Technologien notwendig – die Technologien waren additiv, nachgerüstet und getrennt geplant.
Hans Schnitzer
9. Eco-industrielle Parks als strategische Allianzen — wie gut passen die Partner zusammen?
Zusammenfassung
Im Bereich des betrieblichen Ökomanagement wendet sich seit einigen Jahren das Interesse von Forschern und Ökomanagern den eco-industriellen Parks (EIPs) zu, Netzwerken von einem Dutzend bis zu mehreren Hundert kleiner und grosser Unternehmungen, die ihre gegenseitige geographische Nähe zum Austauschen von Prozessabfällen oder Unterprodukten nutzen. Dies soll dazu führen, dass die nicht benötigten Stoffe oder Energieträger eines Prozesses zu wertvollen Inputs eines anderen verwendet werden, und damit die Ressourcenintensität verringert wird. Dies hat nicht nur positiven Effekt auf die Umweltperformance, sondern auch auf die finanzielle Situation eines Unternehmens. Die Entwicklung von EIPs wird auch deshalb vorangetrieben, weil in regionalen Unternehmensnetzwerken kollektive Umwelt- und Finanzleistungen erzielt werden können, die oft höher sind als die Summe der individuellen Leistungen, die jede einzelne Unternehmung für sich erzielen könnte. Somit kann man EIPs auch im Zusammenhang mit Business-Clustern sehen (z.B. Krugman 1996, Porter 1998). Letzteren schreibt man ihre Wettbewerbsvorteile den intensiven Verknüpfungen und Kontakten zwischen den Partnern zu.
Christoph Bey
10. Dilemmata in Nachhaltigkeitskooperationen: Empfehlungen an die Moderation
Zusammenfassung
Industrial Ecology Management äußert sich in der Praxis in der nachhaltigen Entwicklung von Gewerbegebieten: Jedoch stellen Gewerbe- oder Industriegebiete im Bestand eine Ansammlung von wirtschaftenden Akteuren dar, die erst einmal zufällig nebeneinander agieren und sich vermutlich kaum kennen. Sie wissen damit auch nicht, dass es Probleme gibt, die sie nur als Partner lösen können. Dies gilt insbesondere für die neu auftauchenden Aufgaben einer kooperativen Reduzierung von Emissionen oder einer Steigerung der Sozialverträglichkeit. Diese Kooperationen entstehen nicht von alleine. Bei genauerem Hinsehen haben diese Kooperationen eine Eigengesetzlichkeit, die neu ist und die nicht einfach zu moderieren ist. Nehmen die Unternehmen miteinander Beziehungen auf und bilden ein Netzwerk, sind die Voraussetzungen geschaffen, um überhaupt gemeinsam Themen zu bearbeiten. Netzwerke haben in ihrer Freiwilligkeit und ihrem Optionenreichtum an Themen eine Eigengesetzlichkeit, die die erste Herausforderung an die Netzwerkmoderation stellt: Es tauchen Spannungsfelder auf, die zum Überleben des Netzwerkes unbedingt notwendig sind und erhalten werden müssen, den Mitgliedern aber als Widersprüchlichkeit erscheinen.
Georg Müller-Christ
11. Geschäftsmodelle für das Management nachhaltiger Gewerbegebiete
Zusammenfassung
Dass das Thema Nachhaltigkeit inzwischen in Theorie und Praxis fest verankert ist, wurde nicht nur in den vorangehenden Beiträgen bereits erläutert. Auch über die innerbetriebliche Wahrnehmung von Nachhaltigkeitsaufgaben hinaus sind Entwicklungen zu beobachten, wie sich mehrere Akteure zusammenschließen, um gemeinsam an Nachhaltigkeitsaufgaben – oder genauer: Ressourcenaufgaben – zu arbeiten. Denn genau darum geht es beim Thema Nachhaltigkeit: Es müssen die Herausforderungen, die mit der Knappheit von Ressourcen (sowohl materieller als auch immaterieller Art) einhergehen, erkannt, angenommen und bewältigt werden; die Ressourcenquellen müssen gesichert werden (Müller-Christ 2001: 159f.). Hierzu sind Investitionen notwendig, die heute getätigt werden müssen, um die zukünftige Ressourcenversorgung sicherzustellen (Müller-Christ 2004: 11). Häufig scheitert die Bereitschaft, aktiv in die Sicherung des Ressourcennachschubs zu investieren – gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen – daran, dass diese weder über die finanziellen noch die organisationalen Ressourcen verfügen, die solch ein Vorgehen erfordern würde. Die gemeinschaftliche Planung, Durchführung und Steuerung von Nachhaltigkeitsprojekten in Gewerbe- oder Industriegebieten stellt daher für alle Beteiligten eine sinnvolle Möglichkeit dar, Ressourcen zu bündeln und gemeinsam zu erreichen wozu sie im Alleingang nicht in der Lage wären. Auf diese Weise können alle Akteure ihre rationale Verpflichtung wahrnehmen, in den Erhalt ihrer Ressourcenbasis zu investieren (Müller-Christ 2001: 340).
Anna Katharina Liebscher
12. Von der Effizienz zur Konsistenz?
Zusammenfassung
Der Ansatz der Industrial Ecology (IE, vgl. hierzu z.B. Lifset/Graedel 2002), dem der vorliegende Sammelband die Perspektive des Industrial Ecology Management hinzufügen will, ist durch mindestens zwei charakteristische Merkmale geprägt: In analytischer Perspektive begreift er industrielle Systeme als Subsysteme natürlicher Systeme, deren Funktionieren auf ständige Zuflüsse aus natürlichen Quellen ebenso angewiesen ist wie auf die Aufnahmefähigkeit natürlicher Senken. In präskriptiver Perspektive postuliert er ein Lernen von der Natur im Sinne der Gestaltung technischer Einzellösungen nach natürlichen Vorbildern (Bionik) sowie der Gestaltung industrieller Systeme nach dem Vorbild natürlicher Systeme. Das hinter dieser Perspektive stehende Leitbild heißt Nachhaltigkeit, der Weg dorthin Nachhaltige Entwicklung im Sinne der weltweiten Etablierung von globalisierbaren Lebens- und Wirtschaftsformen, die eine dauerhafte Sicherung des Ressourcenzugangs für alle Menschen ermöglichen.
Jürgen Freimann, Michael Walther
13. Zwischenbetriebliche Recyclingnetzwerke aus entscheidungs- theoretischer Perspektive
Zusammenfassung
Die dauerhafte Existenz, Erneuerung und Weiterentwicklung von Leben in einem geschlossenen System mit begrenzter Ressourcenverfügbarkeit ist nur durch Kreislaufwirtschaft möglich, d.h. durch eine Wirtschaftsweise, bei der eingesetzte Stoffe und Energie nicht als Rückstand oder Abfall aus dem Wirtschaftsprozess ausgeschieden, sondern wieder in den Produktions- oder Konsumprozess zurückgeführt werden. Überträgt man diesen für den Wissenschaftsbereich ‚Industrial Ecology‘ so zentralen Gedanken auf unser Wirtschaftssystem, so wird offensichtlich, dass sich dabei das Recycling nicht ausschließlich auf die innerbetriebliche Rückstandsverwertung beschränkt, vielmehr kann das Recyclingpotential der Industrie oft erst durch überbetriebliche Kooperationen voll ausgeschöpft werden. Analog zu den Vorgängen in natürlichen Ökosystemen (Isenmann 2007) wird der unerwünschte Rückstand eines Unternehmens zum wertvollen Einsatzstoff eines anderen Unternehmens. Betrachtet man eine Mehrzahl an solchen überbetrieblichen Recyclingbeziehungen, erkennt man, dass in der Praxis richtige Netzwerke an überbetrieblichen Transaktionen zur Rückstandsverwertung, d.h. industrielle Recyclingnetzwerke, entstanden sind.
Alfred Posch
14. Interindustrielle Energieverbünde
Zusammenfassung
Ursache für die ökologische und ressourcenökonomische Problematik der Energienutzung ist die dysfunktionale Organisation des anthropogenen Energiesystems. Dort besteht eine beträchtliche Fehlanpassung zwischen dem Angebot aus hochwertigen Energieträgern, insbesondere fossile Brennstoffe mit den bekannten Problemen, und dem tatsächlichen Energiebedarf in den Anwendungsbereichen. Diese Fehlanpassung ist weitgehend auf die Herausbildung der konkreten Energieversorgungsstruktur mit ihren überwiegend isolierten Einzellösungen für die unterschiedlichen Nachfragebereiche als Ergebnis eines pfadabhängigen Prozesses zurückzuführen. Mit Effizienz- und Konsistenzlösungen lässt sich sowohl der Energiebedarf vermindern als auch mit einer besseren ökologischen und strukturellen Passung versehen. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Realisierung von dezentralen Verbund- und Kaskadenlösungen, die insbesondere die Nutzung von Abwärme aus den diversen Energieumwandlungs- und -nutzungsbereichen ermöglicht. Hinsichtlich der Vernetzung von Industrie- und Gewerbebetrieben geht es um die Realisierung eines überbetrieblichen Energieverbunds bzw. eines lokalen und regionalen Energienetzwerkes. Im Sinne eines regionalen Systemmanagement sind in diese Überlegungen alle bedeutsamen Energienutzer mit ihren jeweils spezifischen Anforderungen und Vorstellungen einzubeziehen.
Thomas Göllinger
15. Material Flow Cost Accounting in der produzierenden Industrie
Zusammenfassung
Auf der betrieblichen Ebene, d.h. in der Produktion von Unternehmen, ist der sparsame Umgang mit energetischen und stofflichen Ressourcen nicht nur ökologisch geboten. Er ist vor allem ein ökonomisches Gebot, denn es müssen Kosten verringert und so die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesichert werden. "Ressourceneffizienz" ist in Zeiten, in denen Rohstoffe knapp und teuer sind, für Betriebe sogar selbstverständlich. Doch wo soll gespart werden? Ressourceneffizienz lässt sich nur realisieren, wenn ausreichend Informationen über den Ressourceneinsatz vorliegen. Der Weg, Euros zu sparen, führt über Kilogramm und Kilowattstunden. An diesen Angaben fehlt es heutzutage in vielen Unternehmen. Der Bedarf eines Unternehmens an Energie und Material kann nur unzureichend beziffert werden, geschweige denn nach Produkten oder Prozessen differenziert werden. Dabei forderte der Ingenieur Karl Daeves bereits 1922 für Betriebe der Eisenindustrie die Einrichtung von Stoffbilanzstelle und Energiebilanzstelle gleichberechtigt neben Materialprüfung und der Apparateprüfstelle: "Die Stoffbilanzstelle hat die vollständigen Unterlagen über die eingehenden Rohstoffmengen, Art und Menge des Auftretens von Abfall und Abbrand, von Ausschuß und den das Werk verlassenden Mengen an Halb- und Fertigerzeugnissen in der gleichen Weise zu bearbeiten, wie dies bisher durch die kaufmännische Bilanz geschieht. Nur sind alle Zahlenwerte nicht in Mark, sondern in kg bzw. t einzusetzen. Abfallverwertung und -verringerung und Ausschußverminderung gehören ebenfalls zu den Aufgaben dieser Stelle. Die Energiebilanzstelle hat in ähnlichem Sinne über die Energie- bzw. Wärmemengen Buch zu führen."
Mario Schmidt
16. Visualisierung von Energie- und Stoffströmen
Zusammenfassung
Viele Wissenschaftsdisziplinen haben ihre eigene Fachsprache, Nomenklaturen oder Darstellungen, mit denen sie ihre Inhalte effektiv kommunizieren. Besonders die semiotische, also zeichenbezogene Darstellung spielt in vielen Bereichen eine zentrale Rolle. In der wissenschaftstheoretischen Diskussion wird die Gegenüberstellung von Forschung und Darstellung gar als "Entdeckungszusammenhang" aufgegriffen (Mittelstraß 1995, 427). Wichtig ist die transsubjektive Verwendbarkeit der Darstellung, wie das z.B. bei der chemischen Kekulé-Strukturformel offensichtlich ist: Sie wird sogar in verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen einheitlich verstanden. In anderen Fällen dienen Darstellungen der Veranschaulichung komplexer Zusammenhänge, z.B. die Graphen in der Mathematik verdeutlichen Zusammenhänge, die sich auch mit einer Formalsprache beschreiben ließen, aber nur wenigen zugänglich ist. So stellt sich also die Frage, ob es auch für die Industrial Ecology eine eigene Darstellungsform gibt, die vielleicht nicht nur der Kommunikation und Veranschaulichung, sondern auch der Entdeckung neuer Zusammenhänge und dem Erkenntnisgewinn dient.
Mario Schmidt

Beispiele eines praktischen Industrial Ecology Managements

Frontmatter
17. Zero-Emission-Strategien für Kommunen — Praxisbeispiel Zero-Emission-Village Weilerbach
Zusammenfassung
Die Menschheit steht vor großen Herausforderungen: Die Weltbevölkerung wird sich verdoppeln, gleichzeitig werden die globalen Ressourcen merklich knapper. Dem stetig steigenden Bedarf an Energie und Rohstoffen steht nur eine begrenzte Menge an Ressourcen gegenüber. Neben der Ressourcenknappheit kommen weitere, durch menschliche Einflüsse geschaffene, Probleme hinzu. Eine grundlegende Umgestaltung unserer Wirtschaftsweise, weg von der Durchlaufwirtschaft hin zur Kreislaufwirtschaft, ist aus ökologischen aber insbesondere auch aus ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten zwingend notwendig. Es muss dabei gelingen, die Bedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung zu erfüllen, ohne gleichzeitig den Ressourcenverbrauch und die Belastung der Ökosysteme mit Emissionen zu steigern. Die Notwendigkeit einer radikalen Umsteuerung wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass Modelle wie Faktor 10 in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass die Ressourcenproduktivität in den Industriestaaten im Durchschnitt um den Faktor 10 verbessert werden müsste, um bei konstanter Weltbevölkerung eine weltweite Ressourcensicherheit zu gewährleisten (Schmidt-Bleek 1998).
Klaus Helling
18. Ökoparks — Erfahrungen aus der Öffentlichkeitsarbeit im Umwelt- forum Münster
Zusammenfassung
In Münster hat das Engagement von umweltinteressierten Bürgern seit Jahrzehnten Tradition. Im Umweltforum Münster e.V. als Dachverband der münsterschen Umweltverbände sind zur Zeit 16 Vereine zusammengeschlossen, die jeweils unterschiedliche Themenbereiche (vom Naturschutz bis zu Erneuerbaren Energien) bearbeiten. Das Umweltforum ist, zusammen mit einem Teil der (selbständigen) Vereine im Umwelthaus untergebracht. 2008 wurde eine Arbeitsstelle "Regio Solar" eingerichtet, die sich mit Perspektiven des Übergangs zur Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien und insbesondere dezentralen Energiekonzepten befasst. Die Formen der Öffentlichkeitsarbeit des Umweltforums sind vielfältig. Sie reichen von der Pressearbeit über Gespräche mit Parteien und Politikern bis zu diversen Veranstaltungsarten (Vorträge, Diskussionen, Workshops, Ausstellungen, Aktionen). Dies gilt auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsstelle Regio Solar wie das jüngste Programm 1-2010 zeigt. In den letzten Jahren konnte durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit ein Netzwerk von über 100 interessierten Bürgern, Unternehmen, Wissenschaftlern, Politikern und Mitarbeitern in öffentlichen Einrichtungen und Verwaltungen aufgebaut werden.
Peter Deininger
19. Nachhaltigkeitsmanagement für KMU in Heidelberg — Nachhaltiges Wirtschaften
Zusammenfassung
Als sich die Stadt Heidelberg 1994 der Charta von Aarlborg verpflichtet hat, wurde die nachhaltige Stadtentwicklung zur zentralen Vorgabe für alle folgenden Maßnahmen. Die Stadt Heidelberg verfolgt dabei den Ansatz der "starken Nachhaltigkeit" im Sinne einer möglichst umfassenden Bewahrung der natürlichen Umwelt (von Hauff 2007). Mit Maßnahmen im kommunalen Gebäudemanagement, Schulungen von Gebäudenutzern und Sanierungsmaßnahmen konnte beispielsweise der CO2-Ausstoß der kommunalen Liegenschaften erheblich reduziert werden (Abb. 19.1). Jedoch erkannte man bei der stadtweiten Bilanzierung, dass die gesamtstädtischen CO2-Emissionen nahezu gleich blieben. Daher wollte die Stadtverwaltung Werkzeuge entwickeln, um u.a. die Gewerbebetriebe beim Umlenken hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu unterstützen. Seit 2001 werden in dem "Nachhaltiges Wirtschaften" (NaWi) kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagementsystems unterstützt. Dabei war die Zielvorgabe neben ökologischen und ökonomischen Maßnahmen des Drei-Säulen-Modells der Nachhaltigen Entwicklung auch soziale Belange zu thematisieren.
Hans-Wolf Zirkwitz, Raino Winkler, Holger Keller
20. Ökoinformationssystem Mödling: Analyse einer industriellen Symbiose
Zusammenfassung
Seit Jahren ist unbestritten, dass sich unser Handeln wesentlich ändern muss, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Die Industrial Ecology (IE) diskutiert seit Beginn der 1990er Jahre hierzu mögliche Beiträge der Industrie (Erkmann 2007, S. 31). Das Ziel wird darin gesehen "… to develop a more closed industrial ecosystem, one that is more sustainable" (Frosch und Gallopoulos 1989, S. 94). Dieser allgemein gehaltene Anspruch wurde näher spezifiziert, indem die Optimierung der Materialkreisläufe von den Rohstoffen über die Produkte hin zum Abfall betont wird (Graedel und Allenby 1995, S. 9) und dieser Ansatz sowohl auf Ressourcen, Energie als auch auf Kapital ausgedehnt wird (Mc Manus und Gibbs 2008, S. 527). Allgemein wird betont, dass sich das Konzept der IE die Natur als Modell und Vorbild für Aktivitäten auf ökonomischer Ebene nehmen soll (siehe dazu etwa Isenmann 2007). Etwa führt Isenmann (2003) dazu aus: "…nature is employed as model explicitly or at least implicitly, often phrased in terms of a natural ecosystem metaphor and frequently based on a proclaimed persuasive analogy between industrial systems and natural ecosystems." (Isenmann 2003, S. 148).
Elke Perl-Vorbach, Stefan Vorbach
Backmatter
Metadaten
Titel
Industrial Ecology Management
herausgegeben von
Michael von Hauff
Ralf Isenmann
Georg Müller-Christ
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Gabler Verlag
Electronic ISBN
978-3-8349-6638-4
Print ISBN
978-3-8349-2361-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-6638-4