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2010 | Buch

Die Eignung von New Public Management zur Steuerung öffentlicher Kulturbetriebe

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen
Zusammenfassung
Die größten künstlerischen Blüten wurden in der abendländischen Kulturgeschichte stets durch Subventionen im weiteren Sinn erreicht, je nach Epoche durch Monarchien, die Kirche, die Aristokratie oder den Staat. Diese Abhängigkeit besteht größtenteils auch heute noch: Allein in der BRD wurden in 2005 auf gesamtstaatlicher Ebene rund 8 Mrd. € (1,6 % aller öffentlichen Ausgaben) bzw. 97 € pro Einwohner für kulturelle Zwecke eingesetzt, mit preisbereinigt sinkender Tendenz. Jedoch werden Zuwendungen an Kulturbetriebe regelmäßig hinterfragt, da der Konsens über die finanzielle Unterstützung im Kontext steigender Staatsverschuldung und anderer dringlicher gesellschaftlicher und politischer Aufgaben nicht mehr unangefochten dasteht. Die Stagnation oder Kürzung der Zuwendung bei zugleich inflations- und tarifbedingt steigenden Ausgaben ist die vielerorts eingetretene Konsequenz. Die private Kulturfinanzierung macht etwa einen Anteil von 6-7 % der gesamten Kulturfinanzierung in Deutschland aus: Sponsoring (350 Mio. €), kapitalbasierte Stiftungen mit kulturellem Zweck (Erträge p. a. ca. 125 Mio. €), mäzenatische Spenden (50 Mio. €). Die Rahmenbedingungen für die private Kulturfinanzierung verbessern sich. Es kann jedoch mittelfristig nicht von einer signifikanten Entlastung der öffentlichen Hand bei den institutionellen Zuwendungen für Kulturbetriebe ausgegangen werden, da die private Kulturfinanzierung nur in einem geringen Maß den Kernaufgaben der etablierten Kulturbetriebe zugute kommt, sondern eher Projekten in angrenzenden Bereichen, etwa der Kulturvermittlung: Der Anteil der privaten Finanzierung beträgt an den Einnahmen der deutschen Theater lediglich 0,8 %. Somit erhöhen sich der wirtschaftliche Druck und die Notwendigkeit zur Professionalisierung der Ablauf- und Aufbauorganisation in Kulturbetrieben. Begriffe wie Effizienzsteigerung und Optimierung gewinnen auch im Kultursektor an Bedeutung − unter der Voraussetzung einer differenzierten Anwendung, welche künstlerische und qualitative Aspekte sowie die Zweckbestimmung berücksichtigt.
Robert Knappe
2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands
Zusammenfassung
Ein wesentlicher Bestandteil des Bühnenlebens der Bundesrepublik Deutschland besteht aus den 143 öffentlich getragenen Theatern mit insgesamt 826 Spielstätten, in denen 293.838 Sitzplätze verfügbar sind.
Robert Knappe
3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Ausgangspunkt der historischen Betrachtung ist das klassische Webersche Bürokratiemodell, das über viele Jahrzehnte hinweg die deutsche und internationale Verwaltung als Idealtypus geprägt hat. Mit seinen zentralen Werten Unparteilichkeit, Regelgebundenheit, Sachlichkeit, Kontrollierbarkeit, Trennung von Amtsinhaber und Ressourcen steht es für ein robustes, kalkulierbares und krisensicheres Verwaltungsparadigma zur Herrschaftsausübung im monokratischen Nationalstaat, das dem gesellschaftlichen Weltbild des Rationalismus entsprach. Diese Werte etablierten eine vereinheitlichte Normdurchsetzung nach innen, das staatliche Gewaltmonopol und die entprivilegierende Rechtsgeltung. Insofern sind sie gemeinsam mit dem Nationalstaat als epochale Modernisierungsleistung nicht zu unterschätzen.
Robert Knappe
4. Entwicklung der Thesen
Zusammenfassung
Es ist ein zentrales Ziel von NPM, die Effizienz und Effektivität im öffentlichen Sektor durch Anwendung bestimmter Instrumente zu steigern. Dabei werden die Legitimation und Legalität des Staates vorausgesetzt. Da die Kulturbetriebe in hohem Maße von Steuergeldern abhängig sind und zudem zu den produzierenden öffentlichen Betrieben gehören, ist die genannte NPM-Zielsetzung durch die Knappheit an finanziellen Ressourcen für die Grundgesamtheit hochrelevant. Das Teilziel der Effektivität wird nicht explizit betrachtet, da die innerbetriebliche Perspektive (Effizienz als Input-Output- Verhältnis) bei dieser Arbeit im Vordergrund steht. Ferner hätte die Frage, ob das Outcome die erwünschten Zielwirkungen erreicht (Effektivität im NPM-Verständnis), eine andere methodische Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung erfordert. Somit lautet die Hauptthese: Die Einführung von NPM-Instrumenten in öffentlich bezuschussten Theatern und Orchestern führt zu einer Steigerung der Effizienz. Diese These wird im empirischen Teil abschließend im Kap. 10 an den nachfolgenden Thesen anknüpfend beurteilt. Die Thesen 5 und 7 bis 9 beinhalten das Effizienzziel der Hauptthese explizit, die übrigen Thesen 1 bis 4 und 6 implizit: durch eine verbesserte Steuerung auf Basis eines Zugewinns an steuerungsrelevanten Informationen soll gemäß NPM (vgl. Kap. 1.2 und Tab. 1) mittelbar eine Effizienzsteigerung der Kulturbetriebe eintreten.
Robert Knappe
5. Empirische Untersuchung
Zusammenfassung
Die Grundgesamtheit besteht aus den 143 öffentlich getragenen Theatern und 53 selbständigen Kulturorchestern in Deutschland. Diese werden in der seit 1967 jährlich erscheinenden Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins mit umfangreichem Datenmaterial gelistet. Zum Zeitpunkt der Erhebung (Juli 2008 bis Februar 2009) war die Statistik der Theatersaison 2006/2007 die aktuelle Fassung. In die Grundgesamtheit wurden die Privattheater, Musicals, Festspiele und Rundfunkorchester sowie Kulturbetriebe in Österreich und der Schweiz nicht einbezogen; das entspricht den Tabellen 9c, 10, 11, 14 und 15. Hier ist die Relevanz von NPM nicht oder nur eingeschränkt gegeben bzw. es liegen keine vergleichbaren Rahmenbedingungen (öffentlich-rechtliche und kulturpolitische Gegebenheiten, Finanzierungsstrukturen, Bedeutung des Marktes etc.) zu den untersuchten Einrichtungen vor. Somit umfasst die Grundgesamtheit 196 Kulturbetriebe, welche aus öffentlich getragenen und/oder durch Steuergelder bezuschusste Ein- und Mehr-Sparten-Theatern, Opernhäusern und Orchestern bestehen.
Robert Knappe
6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen
Zusammenfassung
Zum Zeitpunkt der Erhebung haben 17 der 20 befragten Einrichtungen bereits doppisch gebucht. In einem Kulturbetrieb stand die Einführung der kaufmännischen Buchungsweise unmittelbar bevor (6 Wochen nach der Befragung), in einem weiteren war die Umstellung für das übernächste Jahr vorgesehen. Lediglich in einer Einrichtung der Stichprobe bestand keine Absicht, sich von der praktizierten erweiterten Kameralistik zu trennen. Damit trat die Kameralistik in ihrer ursprünglichen Form ohne doppische Erweiterungsbestandteile kein einziges Mal auf. Die Ablösung der Kameralistik durch die kaufmännische Buchführung befindet sich somit in einem stark fortgeschrittenen Stadium und hat 95 % der Stichprobe erfasst. Die Zeitpunkte der Umstellung sind in Tab. 22 zusammenfassend dargestellt:
Robert Knappe
7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen
Zusammenfassung
In 14 der befragten Kultureinrichtungen (70 %) werden dezentrale Budgets als internes Steuerungsinstrument genutzt, mit steigender Tendenz sowohl die Anzahl der Einrichtungen betreffend als auch die Zahl der Budgets pro Kulturbetrieb. Es haben sich unterschiedliche Strukturen, teils personen- oder abteilungsbezogen, teils gegenstandsbezogen, herausgebildet.
Robert Knappe
8. Unabhängige Variable Personalmanagement
Zusammenfassung
Die vorhandenen Stellen im Personalwesen konzentrieren sich vom Tätigkeitsgebiet her auf Personalverwaltung, Gehalts- und/oder Gästeabrechnung, Vertragsmanagement, Personalcontrolling, Ausschreibungen, tarifliche und arbeitsrechtliche Angelegenheiten. Lediglich in 4 Fällen (20 %) ist in den Personalabteilungen ein geringfügiges anteiliges Tätigkeitsgebiet zum Personalmanagement dauerhaft vorgesehen. Die dazugehörigen Funktionen werden im Regelfall von den direkten Vorgesetzten, Abteilungsleitern und sonstigen Führungskräften beiläufig ausgeführt. Somit gibt es in der Stichprobe keinen Kulturbetrieb, der eine separate Stelle für Aufgaben des Personalmanagements vorweist, welche über die beschriebenen, vorwiegend administrativen Tätigkeiten hinausgehen. Bei den Kulturbetrieben ohne eigene Rechtsperson sind die Arbeitsverhältnisse zumeist beim Träger rechtlich positioniert, so dass in diesen Fällen die Personalverwaltung und/oder -vertretung außerhalb des Kulturbetriebs an zentraler Stelle (Kommunal- bzw. Landesverwaltung) angesiedelt ist.
Robert Knappe
9. Auswertung der übrigen Variablen
Zusammenfassung
Bei der Auswertung dieser Variable wurden drei Subkategorien geschaffen, welche den Implementationsprozess der hier untersuchten NPM-Teilreformen charakterisieren.
Robert Knappe
10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse
Zusammenfassung
Die Hauptthese muss für den Geltungsbereich der öffentlichen Kulturbetriebe und die untersuchten Teilgebiete Einführung der Doppik, KLR, Controlling und Personalmanagement mehrheitlich falsifiziert werden. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die genannten Instrumente zwar zu einem großen Teil zum Nutzen der Kulturbetriebe eingesetzt werden, jedoch hierbei mehrheitlich nur unwesentliche Effizienzvorteile erreicht wurden. Insbesondere die mittelbare Effizienzwirkung bei den Thesen 1 bis 4 (vgl. Tab. 15) konnte trotz mehrheitlicher Bestätigung der Thesen empirisch nicht belegt werden. Somit ist die Eignung von NPM – gemäß dem Titel der Arbeit – mit Einschränkungen zu bejahen, jedoch wird eine der wichtigsten Zielsetzungen des NPMs auf betrieblicher Ebene bislang nur partiell (Personalentwicklung, eingeschränkt bei KLR und Controlling) erreicht (vgl. Tab. 32).
Robert Knappe
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Eignung von New Public Management zur Steuerung öffentlicher Kulturbetriebe
verfasst von
Robert Knappe
Copyright-Jahr
2010
Verlag
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-8981-9
Print ISBN
978-3-8349-2529-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-8981-9