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Internationale Mobilität und soziale Selektivität: Ausmaß, Mechanismen und Entwicklung herkunftsspezifischer Unterschiede zwischen 1990 und 2005

International mobility and social inequality: extent, mechanisms and development of social differences between 1990 and 2005

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KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Mit der Bildungsexpansion haben sich die sozialen Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem deutlich verringert. Da sich im Zuge dieser Veränderungen ein Teil der sozialen Selektivitäten auf den Hochschulbereich verschoben hat und zudem deutliche Unterschiede in der Art der Bildungsbeteiligung bestehen, stellt sich die Frage, inwieweit sich neue Muster sozialer Ungleichheit ausgebildet haben. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich hierbei auf die herkunftsspezifischen Unterschiede in der Entscheidung an eine ausländische Hochschule zu wechseln und die Prozesse und Mechanismen die diesen Unterschieden zugrunde liegen. Auf Basis der HIS-Studienberechtigtenbefragungen wird das Ausmaß und die Entwicklung herkunftsspezifischer Unterschiede bestimmt und anhand nicht-linearer Dekompositionsmodelle gezeigt, auf welche Ursachen und Prozesse diese Unterschiede zurückzuführen sind. Im Ergebnis finden wir sowohl in der Absicht als auch in der Entscheidung, ein Auslandsstudium aufzunehmen, bemerkenswerte herkunftsspezifische Unterschiede. Die geringere Auslandsmobilität der Studierenden aus bildungsfernen Familien lässt sich hierbei auf die schlechteren Schulleistungen und geringeren Fremdsprachenkenntnisse, die höheren örtlichen Bindungen und auf Unterschiede in den institutionellen Rahmenbedingungen zurückführen. Im Zeitverlauf nehmen diese Unterschiede zwischen 1990 und 2005 eher zu als ab.

Abstract

In the course of educational expansion social inequalities in access to upper secondary education declined, while the differences in transition to tertiary education increased. In the light of these changes the assumption arises, that the patterns of social selectivity in access to higher education have changed. While in the past status maintenance was mainly due to differences in access to higher education, today it is to a greater extent a question of kind and place of study. Because of the growing importance of international experience for labour market success, students of privileged classes might increasingly opt to study abroad in order to preserve their privileged position.

Drawing on a series of panel-datasets of upper secondary graduates in Germany, we estimate the extent and development of social differences in international mobility behaviour between 1990 and 2005, and apply a decomposition method in order to single out the underlying processes and mechanisms. We find remarkable social differences in the intention as well as in the decision to study at a foreign university. Students from privileged classes more often decide to study abroad, while students from underprivileged classes stay close to their hometown. These differences can partly be explained by school performance, language skills, social costs and institutional differences. Furthermore we find that these differences have rather increased than decreased.

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Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Unter quantitativen Ungleichheiten werden die herkunftsspezifischen Unterschiede im Zugang zu höherer Bildung verstanden, unter qualitativen Ungleichheiten die herkunftsspezifischen Unterschiede in der Art der Bildungsbeteiligung (Lucas 2001, 2009). In diesem Zusammenhang wird oftmals auch von vertikalen und horizontalen Unterschieden gesprochen (Esser 2000; Reimer und Pollak 2010).

  2. Inwieweit diese Mobilitätsunterschiede mit finanziellen Möglichkeiten, der Realisierung bestimmter Studienfachwünsche oder der Wahl besonders prestigeträchtiger Hochschulen zusammenhängen, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt für Deutschland nicht eindeutig bestimmt werden. Ergebnisse aus internationalen Studien lassen allerdings solche Zusammenhänge erwarten (Turley et al. 2007; Hill und Winston 2010).

  3. In der multivariaten Analyse werden diese Aspekte aufgrund der Multikollinearitätsproblematik nur in Kombination und in stark aggregierter Form berücksichtigt. Unterschieden wird zwischen den beiden Hochschularten (Universität vs. Fachhochschule) und internationalen (Sprach-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften) vs. nationalen Studienrichtungen.

  4. Hierbei wurde auf die ERASMUS-Daten von Parey und Waldinger (2008) zurückgegriffen, diese werden mit den Daten der amtlichen Statistik verrechnet (Statistisches Bundesamt 2006) und mit den HIS-Studienberechtigtendaten verknüpft. Den oben genannten Autoren gilt herzlicher Dank für die Vorarbeiten und das Datenmaterial.

  5. Auf Basis von Postleitzahlen wurde die Distanz wischen den verschiedenen Ortsmittelpunkten berechnet. Da die Daten keine Informationen über die tatsächlichen Wohnorte der Befragten enthalten, beruht die Messung der Distanzen auf Schul- und Hochschulorten. Die Messung der räumlichen Distanzen ist demnach mit gewissen Ungenauigkeiten verbunden.

  6. Um die langfristigen Entwicklungen zu verdeutlichen, findet eine Polynomfunktion des zweiten Grades Anwendung. Auf Basis der für jedes Jahr berechneten Mobilitätsraten wird ein Trend über den gesamten Beobachtungsreitraum geschätzt.

  7. Einerseits führt ein relatives Maß bei steigender Auslandsmobilität zwangsläufig zu einer Abnahme der Ungleichheiten, andererseits lässt ein absolutes Maß die relativen Entwicklungen (in Abhängigkeit des Ausgangsniveaus) außer Acht.

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Lörz, M., Krawietz, M. Internationale Mobilität und soziale Selektivität: Ausmaß, Mechanismen und Entwicklung herkunftsspezifischer Unterschiede zwischen 1990 und 2005. Köln Z Soziol 63, 185–205 (2011). https://doi.org/10.1007/s11577-011-0134-5

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