Zusammenfassung
Dieser Beitrag untersucht das Übertrittsverfahren von der Grundschule in die Sekundarschule I der deutschsprachigen Schulen des Kantons Freiburg (Schweiz). Das Deutschfreiburger Übergangsmodell mit seinen verschiedenen Komponenten wird vorgestellt und evaluiert. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, ob unerwünschte Effekte des familiären Hintergrunds durch dieses Modell reduziert bzw. eliminiert werden können. Untersucht wird im Weiteren die Übereinstimmung der Übertrittsempfehlung von Eltern und Lehrkräften sowie der Prüfungsleistung.
Die Autoren kommen zum Schluss, dass das untersuchte Übergangsmodell die Effekte des familiären Hintergrunds beim Übertritt von der Primarschule in die Sekundarschule relativ gering hält. Der sozioökonomische Hintergrund wirkt sich über die Übertrittsempfehlung von Lehrkräften und Eltern auch auf den tatsächlichen Übertritt aus; die absoluten Effekte des familiären Hintergrunds fallen jedoch — nach Kontrolle der Schulleistung — insgesamt vergleichsweise schwach aus. Der eingesetzte Bewertungsbogen, den Lehrkräfte und Eltern zusätzlich zu den Noten als Basis für die Übergangsempfehlung einsetzen, scheint resistent gegenüber Effekten des familiären Hintergrunds zu sein.
Summary
Performance Tests, Open-Access Courses and Obligatory Counseling of Parents — Does the Freiburg transition model reduce the effects of social background on transition decisions?
This contribution investigates the transition model in the German-speaking secondary schools of the Swiss canton of Freiburg. This model will be presented and evaluated. A particular emphasis is placed on the question of whether non-intended effects of family background can be reduced or eliminated through this model. Furthermore, the match between recommendations for school transition from parents and teachers and the exam performance of the pupils will be investigated. The authors conclude that the model does reduce the effects of family background. The socio-economic background can still be seen to influence parents’ and teachers’ recommendations. However, after controlling for the effects of school performance, the effects of family background are comparatively small. The assessment sheet, which is used for the final recommendation by parents and teachers, in addition to grade scores, appears to be resistant to the effects of family background.
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Baeriswyl, F., Wandeler, C., Trautwein, U. et al. Leistungstest, Offenheit von Bildungsgängen und obligatorische Beratung der Eltern. ZfE 9, 373–392 (2006). https://doi.org/10.1007/s11618-006-0056-6
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