Skip to main content
Log in

Der Einfluss des lokalen Hochschulangebots auf die Studienwahl

The influence of local higher education provision on study choice

  • Allgemeiner Teil
  • Published:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Verschiedene Studien belegen, dass das lokale Hochschulangebot bzw. die Distanz zur nächstgelegenen Universität das Studienverhalten beeinflusst: Die Wahrscheinlichkeit, ein Studium zu ergreifen, steigt mit der geographischen Nähe zu einer Hochschule. In der vorliegenden Studie wird die Frage auf die Wahl des Studienfachs sowie der Hochschulinstitution ausgedehnt und in einem humankapitaltheoretischen Ansatz am Beispiel der ETH Zürich, der Universität Luzern sowie der pädagogischen Hochschulen analysiert. Auf der Basis einer repräsentativen Maturandenbefragung in der deutschsprachigen Schweiz (n = 1454) kann regressionsanalytisch gezeigt werden, dass die Distanz zur nächstgelegenen Hochschule auch einen Einfluss auf die Fächer- und die Institutionenwahl hat. Die Befunde sind hochschulpolitisch von Bedeutung, weil sie Hinweise auf eine angebotsinduzierte Studiennachfrage liefern. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass bei Studierenden mit höherem sozioökonomischen Status das Studienverhalten durch die Distanz nicht beeinflusst wird, was als Indiz dafür gewertet werden kann, dass die Bedeutung der Entfernung einer Hochschule in Wirklichkeit auf Unterschieden in den Kosten eines Studiums gründet.

Abstract

Various studies show that local higher education provision and the distance to the nearest university effect study behavior. The probability of university participation increases with the geographical proximity of an institution of higher education. In this study we extend the question to the choice of subject of study and the specific institution using a human capital approach with reference to the ETH Zurich, Lucerne University and teacher training colleges. On the basis of a representative survey of holders (n = 1454) of the higher education entrance qualification in German-language Switzerland, we show through regression analysis that the distance to the nearest university also has an effect on choice of subject and institution. The results are of policy relevance because they indicate a provision-induced study demand. Furthermore, they show that study behavior is not influenced by distance for students with a high socio-economic status. This can be understood as an indication that the importance of the proximity of a university is actually founded in the difference in study costs.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Notes

  1. Der Vollständigkeit halber kann angefügt werden, dass der Entscheid, zu studieren oder nicht zu studieren, trotzdem empirisch geprüft wurde, wobei sich aber – wie erwartet – keine Distanzabhängigkeit zeigte.

  2. In der Schweiz ergibt sich dieser sozialräumliche Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, ein Studium zu beginnen, weniger aufgrund unterschiedlicher Studierneigungen als vielmehr aufgrund unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, überhaupt eine Studierberechtigung (gymnasiale Maturität) zu erreichen, da die Maturitätsquoten in ländlichen Gebieten deutlich tiefer liegen als in städtischen Gebieten, in denen auch die Hochschulen zu finden sind (vgl. SKBF 2010).

  3. Spieß und Wrohlich (2010) sprechen von „Transaktionskosten“, die mit zunehmender Distanz zur Universität ansteigen. Transaktionskosten sind Kosten, die nicht bei der Gütererstellung, sondern bei der Übertragung von einem Wirtschaftssubjekt zum anderen entstehen; m. a. W., Kosten, die durch die Benützung des Marktes entstehen, also bspw. Informations- und Beschaffungskosten.

  4. Die kantonalen Universitäten sowie die ETH unterscheiden sich von den anderen Hochschultypen (Fachhochschulen und pädagogische Hochschulen) insbesondere dadurch, dass sie auch das Recht haben, Doktorate zu vergeben. Die Schulen der ersten Kategorie werden deshalb in diesem Artikel auch als universitäre oder akademische Hochschulen bezeichnet.

  5. Die 90 % beziehen sich auf die gesamte Schweiz. In unserer Stichprobe, welche sich nur auf die Deutschschweiz bezog, lag der Anteil der Maturanden, die gar kein Studium ergreifen wollten, bei 5 %. Allerdings handelt es sich hier um Absichtserklärungen, während die offizielle Statistik die erfolgten Studieneintritte erfasst.

  6. Im Academic Ranking of World Universities (Shanghai Ranking) belegte die ETH Zürich 2009 Platz 23 und galt somit als die viertbeste Universität außerhalb der USA.

  7. Die Universität Lugano, welche in der italienischsprachigen Schweiz liegt, ist für unsere Analyse von geringerem Interesse, da sie von Deutschschweizer Maturanden praktisch nicht besucht wird.

  8. Die Fragestellung, ob das regionale Angebot die Studienfachwahl beeinflusst, ließe sich auch anhand der älteren Universität St. Gallen untersuchen. In diesem Fall zeigt sich zwar auch eine stärkere Verbreitung der Studienfachpräferenz Wirtschaft bei Maturanden, deren nächstgelegene Universität die Universität St. Gallen ist (19 % verglichen mit 14 % im Durchschnitt aller Maturanden). Dieser Unterschied ist allerdings statistisch nicht signifikant, was auch an der geringen Zahl der Beobachtungen liegen dürfte.

  9. Studiengebühren ETHZ: 1288 Fr./Jahr; Universität Luzern: 1570 Fr./Jahr.

  10. Um diesen Betrag durch Erwerbsarbeit finanzieren zu können, muss ein Studierender einer dauernden bezahlten Arbeit im Ausmaß von rund 20 % nachgehen, was gerade im Zuge der Bologna-Reform bei einzelnen Studienfächern mit rigiden Studienplänen schwierig geworden ist.

  11. Die Stipendienbezügerquote schwankt erheblich zwischen den einzelnen Kantonen. Der Anteil an Hochschulstudierenden, die Stipendien erhalten, reicht von weniger als 10 % in den Kantonen Zürich und Bern bis zu 30 % und mehr in den Kantonen Wallis, Graubünden oder Jura (vgl. BFS 2008).

  12. Die meisten vergleichbaren Analysen sind regional eingeschränkt (bspw. ein US-Bundesstaat, eine kanadische Provinz). Unsere repräsentative Datenbasis ist zwar auf den deutschsprachigen Landesteil eingeschränkt, umfasst aber eine größere Anzahl Kantone mit unterschiedlichem Hochschulangebot und weist damit in der für uns interessierenden Frage eine genügend grosse Varianz auf.

  13. Respondquote: 0,88. Die Non-responses rührten mehrheitlich daher, dass einzelne Schüler zum Zeitpunkt der Befragung nicht in der Klasse anwesend waren (anderer Unterricht, Krankheit usw.), also nicht wegen einer Verweigerung der Befragung. Eine klassische Non-response-Analyse wurde deshalb nicht durchgeführt. Einzelne Klassen mit einer Responsequote von unter 0,66 sowie solche, bei denen infolge systematischer Absenzen von einer verzerrten Befragungsteilnahme ausgegangen werden musste, wurden aus der Stichprobe ausgeschlossen.

  14. Die Berechnungen erfolgten mittels der elektronischen Fahrzeitberechnung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB).

  15. Dabei handelt es sich wie beim Logit-Modell um ein nichtlineares Wahrscheinlichkeitsmodell, wobei hier aber die kumulierte Verteilungsfunktion standardnormal verteilt ist.

  16. Weil der Koeffizient (βx) innerhalb der kumulativen Normalverteilungsfunktion erscheint (Pr(y = 1) = F(α + βx), ist der Marginaleffekt im Unterschied zu einer linearen Regression nicht einfach durch den Beta-Koeffizienten gegeben, sondern muss von der kumulativen Verteilungsfunktion abgeleitet werden. Damit hängt der Effekt einer kleinen Änderung von x auf Pr(y = 1) vom Niveau aller erklärenden Variablen ab (Wooldridge 2003; Winkelmann und Boes 2006). Die Marginaleffekte im Probitmodell können dann wie folgt dargestellt werden: \( MPE = \frac{{\partial P({y_i} = 1)}}{{\partial {x_{il}}}}. \)

  17. Alle Regressionen wurden mit dem STATA Survey-Command (inkl. Gewichtungsfaktoren für die Stichprobenwahrscheinlichkeit) geschätzt, da es sich eine Clusterstichprobe handelt. Bei diesem Korrekturverfahren wird die Varianz eines Schätzers in der komplexen Stichprobe ins Verhältnis zur Varianz eines Schätzers in einer einfachen Zufallsstichprobe gesetzt.

  18. Die Marginaleffekte zeigen je nach gewähltem Referenzindividuum etwa eine Abnahme um ein Drittel der prognostizierten Wahrscheinlichkeit für ein ETH-Studium.

  19. Auch sind Hochschulinstitutionen mit einer sehr guten Forschungsreputation insgesamt gegen negative Distanzeffekte eher geschützt, wie die Analyse von Alm und Winters (2009) zeigt, die nachweisen, dass die Distanzelastizität der Studiennachfrage bei den zweijährigen Colleges am grössten ist, während bei den Forschungsuniversitäten die Nachfrage nach Studienplätzen praktisch distanzunabhängig ist.

  20. Die Marginaleffekte zeigen je nach gewähltem Referenzindividuum für das Einzugsgebiet der Universität Luzern rund eine Verdoppelung der prognostizierten Wahrscheinlichkeit, Rechtswissenschaft zu studieren.

  21. Analysiert man den Zusammenhang zwischen den schulischen Noten in der Muttersprache (Deutsch) und der Wahrscheinlichkeit, Jurisprudenz zu studieren, findet man einen positiven Effekt. Im Hinblick auf das Fach Deutsch sind es also die besseren Maturanden, die sich für das Studium der Rechtswissenschaften entscheiden.

  22. Der Effekt ist relativ stark: Nimmt die Distanz zur nächsten Universität um eine Standardabweichung zu, so erhöht sich die prognostizierte Wahrscheinlichkeit, ein PH-Studium anzustreben um knapp die Hälfte (Referenzindividuum: Frau, mittlere SES-Schicht, musisches Profil mit durchschnittlichen Ausprägungen in den anderen Variablen).

  23. Diese teilweise ebenfalls signifikanten Einflussgrößen, haben im vorliegenden Untersuchungsmodell primär die Funktion von Kontrollvariablen; sie stellen sicher, dass bei der Analyse des Distanzeffekts nicht etwa andere relevante Faktoren unberücksichtigt bleiben. Auf ihre Bedeutung im Bezug auf die Analyse der Studienwahl Lehramt wird in einer anderen Arbeit detailliert eingegangen (vgl. Denzler und Wolter 2009, S. 432).

  24. Der Koeffizient für die Interaktion mit der mittleren SES-Schicht (Referenzkategorie) entspricht der Variable „Distanz Uni“

Literatur

  • Alm, J., & Winters, J. V. (2009). Distance and intrastate college student migration. Economics of Education Review, 28(6), 728–738.

    Article  Google Scholar 

  • Avery, C., & Hoxby, C. (2004). Do and should financial aid packages affect students’ college choices? In C. M. Hoxby (Hrsg.), A NBER conference report. College choices. The economics of where to go, when to go, and how to pay for it (S. 239–299). Chicago: University of Chicago Press.

    Google Scholar 

  • BFS (Bundesamt für Statistik). (2005). Soziale Lage der Studierenden in der Schweiz 2005: Erste Ergebnisse der Studierendenbefragung an den Hochschulen. Neuenburg: BFS.

    Google Scholar 

  • BFS (Bundesamt für Statistik). (2007). Studien- und Lebensbedingungen an den Schweizer Hochschulen: Hauptbericht der Studie zur sozialen Lage der Studierenden 2005. Neuenburg: BFS.

    Google Scholar 

  • BFS (Bundesamt für Statistik). (2008). Die soziale Dimension an den Hochschulen: Die Schweiz im europäischen Vergleich. Neuenburg: BFS.

    Google Scholar 

  • BFS (Bundesamt für Statistik). (2009). Studienfachwahl und Hochschulwahl: Motivationale Aspekte. Neuenburg: BFS.

    Google Scholar 

  • Chau, D. (2004). The effects of local colleges on the quality of college attended. Economics of Education Review, 23(2), 249–257.

    Google Scholar 

  • Coradi Vellacott, M. (2007). Bildungschancen Jugendlicher in der Schweiz: Eine Untersuchung familiärer, schulischer und sozial-räumlicher Einflüsse auf Leistungsunterschiede am Ende der obligatorischen Schulzeit. Zürich: Rüegger.

    Google Scholar 

  • Currie, J., &. Moretti, E. (2003). Mother’s education and the intergenerational transmission of human capital: Evidence from college openings. Quarterly Journal of Economics, 118(4), 1495–1532.

    Article  Google Scholar 

  • Denzler, S., & Wolter, S. C. (2009). Sorting into teacher education: How the institutional seting matters. Cambridge Journal of Education, 39(4), 423–441.

    Article  Google Scholar 

  • Drewes, T., & Michael, C. (2006). How do students choose a university? An analysis of applications to universities in Ontario, Canada. Research in Higher Education, 47(7), 781–800.

    Article  Google Scholar 

  • Esser, H. (2002). Situationslogik und Handeln. Soziologie: Spezielle Grundlagen (Bd. 1). Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Fabel, O., Lehmann, E., & Warning, S. (2002). Der relative Vorteil deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Fachbereiche im Wettbewerb um studentischen Zuspruch: Qualität des Studiengangs oder des Studienortes. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 54, 509–526.

    Google Scholar 

  • Frenette, M. (2006). Too far to go on? Distance to school and university participation. Education Economics, 14(1), 31–58.

    Article  Google Scholar 

  • Frenette, M. (2009). Do universities benefit local youth? Evidence from the creation of new universities. Economics of Education Review, 28(3), 378–328.

    Article  Google Scholar 

  • Griffith, A. L., & Rothstein, D. S. (2009). Can’t get there from here: The decision to apply to a selective college. Economics of Education Review, 28(5), 620–628.

    Article  Google Scholar 

  • Heinemann, K., & Horch, H.-D. (1981). Soziologie der Sportorganisation. Sportwissenschaft, 11(2), 123–150.

    Article  Google Scholar 

  • Hoxby, C. (2009). The changing selectivity of American colleges. Journal of Economic Perspectives, 23(4), 95–118.

    Article  Google Scholar 

  • Kesselring, H.-C. (1979). Kommunaler Finanzausgleich und Regionalpolitik. Grundlagen und Systematik: Eine empirische Untersuchung am Beispiel des Kantons Zürich. Zürich: Rüegger.

    Google Scholar 

  • Kyung, W. (1996). In-migration of college students to the state of New York. Journal of Higher Education, 67(3), 349–358.

    Article  Google Scholar 

  • Long, B. T. (2004). How have college decisions changed over time? An application of the conditional logistic choice model. Journal of Econometrics, 121(1–2), 271–296.

    Article  Google Scholar 

  • McHugh, R., & Morgan, J. N. (1984). The determinants of interstate student migration: A place-to-place analysis. Economics of Education Review, 3(4), 269–278.

    Article  Google Scholar 

  • Mechtenberg, L. (2005). Wettbewerb um kluge Köpfe: Die Länder Europas im Bologna-Prozess (WZB-Mitteilungen, No. 107). Berlin: WZB.

    Google Scholar 

  • Mixon, F. G. (1992). Factors affecting college student migration across states. International Journal of Manpower, 13(1), 25–32.

    Article  Google Scholar 

  • Mixon, F. G., & Hsing, Y. (1994). College student migration and human capital theory: A research note. Education Economics, 2(1), 65–73.

    Article  Google Scholar 

  • OECD. (Hrsg.). (1998). Redefining tertiary education. Paris: OECD.

    Google Scholar 

  • Sà, C., Florax, R. J., & Rietveld, P. (2004). Determinants of the regional demand for higher education in the Netherlands: A gravity model approach. Regional Studies, 38(4), 375–392.

    Article  Google Scholar 

  • Salvi, M., Schellenbauer, P., & Schmidt, H. (2004). Preise, Mieten und Renditen: Der Immobilienmarkt transparent gemacht. Zürich: ZKB.

    Google Scholar 

  • SBF (Staatssekretariat für Bildung und Forschung). (2004). Bericht über die Neuordnung der schweizerischen Hochschullandschaft. Bern: SBF.

    Google Scholar 

  • SKBF (Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung). (2010). Bildungsbericht Schweiz 2010. Aarau: SKBF.

    Google Scholar 

  • Spieß, C. K., & Wrohlich, K. (2010). Does distance determine who attends a university in Germany? Economics of Education Review, 29(3), 470–479.

    Article  Google Scholar 

  • Tinto, V. (1973). College proximity and rates of college attendance. American Educational Research Journal, 10(4), 277–293.

    Google Scholar 

  • Tuckman, H. P. (1970). Determinants of college student migration. Southern Economic Journal, 37(2), 184–189.

    Article  Google Scholar 

  • Turley, R. N. L. (2009). College proximity: Mapping access to opportunity. Sociology of Education, 82(2), 126–146.

    Article  Google Scholar 

  • Winkelmann, R., & Boes, S. (2006). Analysis of microdata. Berlin: Springer.

    Google Scholar 

  • Wooldridge, J. M. (2003). Introductory econometrics. A modern approach. Mason: South-Western.

    Google Scholar 

Download references

Danksagung

Die Autoren danken den drei anonymen Gutachtern sowie der Schriftleitung für ihre hilfreichen Kommentare.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding authors

Correspondence to Stefan Denzler or Stefan C. Wolter.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Denzler, S., Wolter, S. Der Einfluss des lokalen Hochschulangebots auf die Studienwahl. Z Erziehungswiss 13, 683–706 (2010). https://doi.org/10.1007/s11618-010-0143-6

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11618-010-0143-6

Schlüsselwörter

Keywords

Navigation