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Erschienen in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 4/2016

01.08.2016 | Aufsätze

Scheitert die europäische Integration?

Die Flüchtlings- und Eurokrise als Gefahr für Rechtstaat, Demokratie und Gewaltenteilung

verfasst von: Dirk Meyer

Erschienen in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik | Ausgabe 4/2016

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Zusammenfassung

Der Beitrag thematisiert die Krise der Europäischen Währungsunion und die Flüchtlingskrise als Notfallsituationen, für die weder EU-vertraglich noch institutionell Vorsorge besteht. Was sind die Unterschiede, was die Gemeinsamkeiten im politischen Umgang mit beiden Krisen? Was sind die Gefahren für den Rechtstaat, die Demokratie und die Gewaltenteilung? Gibt es strukturelle Ursachen, die ein Scheitern der weiteren Integration nahelegen? Schließlich: Was wären Bedingungen einer gedeihlichen europäischen Integration?

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Fußnoten
1
„Juncker zum Umgang mit Flüchtlingen: ‚Die Europäische Union ist in keinem guten Zustand‘“, Spiegel-online, http://​www.​spiegel.​de/​politik/​ausland/​junckers-rede-zur-lage-der-eu-a-1052048.​html (Abrufdatum 09.09.2015).
 
2
Siehe hierzu bereits Meyer (2015a).
 
3
Vgl. hierzu auch Schimmelfennig (2015).
 
4
Die primärrechtlichen Regelungen für die Währungsunion wären der Dritte Teil Titel VIII mit den Artt. 119–144 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV; für die Thematik Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung der Dritte Teil Titel V, hier speziell Kapitel 2 mit den Artt. 77–80 AEUV. Hinzu rechnen noch die weiteren Rechtsinstrumente wie die entsprechenden Protokolle und Richtlinien.
 
5
Vgl. hierzu ausführlich Hufeld (2011, 2015), Rn. 150 ff.
 
6
Die EFSF ist eine Zweckgesellschaft in der Rechtsform einer Société Anonyme (Aktiengesellschaft) mit Sitz in Luxemburg. Siehe hierzu auch den EFSF-Rahmenvertrag vom 7. Juni 2010.
 
7
Siehe Protokoll (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit.
 
8
Vgl. aktuell den Vorstoß der Europäischen Kommission (2015), vorgelegt von den Präsidenten der fünf EU-Institutionen Jean-Claude Juncker, in enger Zusammenarbeit mit Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz. Ähnliche Überlegungen zur fiskalischen Integration werden immer wieder auch seitens Frankreichs und Deutschlands vorgebracht. Allerdings liegt die Intention Deutschlands eher auf koordinierenden Strukturen, während Frankreich, ähnlich die mediterranen Mitgliedstaaten, eher umverteilende Ziele verfolgen (Stichwort: Eurobonds, europäische Arbeitslosenversicherung).
 
9
Griechenland-Hilfe: 10 Treffen der Euro-Gruppe (Finanzminister der Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe); 3 Treffen des Rats für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin-Rat); 2 Euro-Gipfel-Treffen (Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebietes); 2 Treffen des Europäischen Rats (Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU). Flüchtlingskrise: 4 Treffen des Rates für Justiz und Inneres (Justiz- und Innenminister der Mitgliedstaaten der EU); 3 Treffen des Europäischen Rats (Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU), davon zwei inoffiziell bzw. in unvollständiger Besetzung. Siehe http://​www.​consilium.​europa.​eu/​de/​meetings/​calendar/​ (Abrufdatum 20.10.2015).
 
10
Vgl hierzu Gutschker (2015).
 
11
Während der Kommissionspräsident für fünf Jahre gewählt wird, beträgt die Wahlperiode des Ratspräsidenten zweieinhalb Jahre (Artt. 15, 17 EUV). Zurzeit der EU-Ratspräsidentschaft von Donald Tusk (ab 1.12.2014) war der polnische Präsident auch aufgrund der rechtskonservativen Regierung in Verbindung mit der Außenseiterposition Polens in der Flüchtlingszuwanderung gegenüber Kommissionspräsident Junckers in einer relativ schwachen Position. Auf dem (informellen) EU-Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs vom 23.09.2015 zur Flüchtlingskrise wurden die Agenda und die Beschlüsse von der Kommission in Abstimmung mit der deutschen Kanzlerin und dem französischen Präsidenten vorbereitet – Ratspräsident Tusk verlas die Abschlusserklärung. Ähnlich verlief das Sondertreffen am 23.10 2015 zum Westbalkan. Zu dem EU-Ratstreffen lud Junckers ein und gab in Abstimmung mit der deutschen Kanzlerin die Linie vor. Vgl. Gutschker (2015).
 
12
Vgl. Schneider u. Angenendt (2015).
 
13
Wohlmeinend könnte man relativierend darauf hinweisen, dass auch die nicht einfachen Abstimmungen in der Euro-Rettungspolitik verschiedene Anläufe brauchten, während die Positionen und Verhandlungsstrategien in der Flüchtlingspolitik noch auszuloten sind. Dieser Erklärungsansatz beruht auf der Feststellung jeweils unterschiedlicher Phasen in der Krisenlösung.
 
14
Siehe Europäische Kommission (2014).
 
15
Hierzu zählen beispielsweise die Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikations-/Anerkennungsrichtlinie) sowie die Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie). Während die erste Richtlinie die Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft thematisiert, setzt die zweite Richtlinie Mindestnormen für das Asylverfahren. Ganz wesentlich für das GEAS ist zudem die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-Verordnung). Sie regelt die Zuständigkeit desjenigen Staates, der das Asylverfahren durchführt.
 
16
Eine qualifizierte Mehrheit – auch als Prinzip der doppelten Mehrheit bezeichnet – liegt vor, wenn „eine Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.“ Danach könnten die „quotenunwilligen“ Mitgliedstaaten mehrheitlich überstimmt und zu einer entsprechenden Verteilungsregel gezwungen werden. Da die Thematik im Dritten Teil Titel V des AEUV „Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ angesiedelt und deshalb besonders souveränitätssensibel ist, wäre jedoch ein einstimmig beschlossener Konsens auch EU-politisch erstrebenswert. Vor dem Vertrag von Lissabon war dieser Titel zudem lediglich intergouvernemental zu erschließen.
 
17
Vgl. hierzu ausführlich „Junckers Plan: So will Brüssel die Flüchtlingskrise bewältigen“, Die Presse, http://​diepresse.​com/​home/​politik/​aussenpolitik/​4817250/​Junckers-Plan_​So-will-Brussel-die-Fluchtlingskrise​-bewaeltigen (Abrufdatum 10.09.2015) sowie den Beschluss des Rats für Justiz und Inneres vom 22.09.2015. Vgl. ausführlich Meyer (2015a, S. 19 f.) Eine Umsetzung war im Frühjahr 2016 nicht in Sicht.
 
18
Sowohl die Slowakische Republik wie auch Ungarn haben Anfang Dezember 2015 Klage gegen den Mehrheitsbeschluss beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.
 
19
Befindet sich ein Mitgliedstaat aufgrund eines unverhältnismäßig großen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, kann die Kommission jedoch eine Umverteilung einleiten (Kriterien: Zahl der in den letzten sechs Monaten gestellten Asylanträge, BIP pro Kopf sowie Zahl der irregulären Grenzübertritte der letzten sechs Monate). Dieser Mechanismus basiert auf Art. 78 Abs. 3 AEUV. Dieser sieht die Einrichtung eines Notfallmechanismus bei Flüchtlingsströmen ähnlich des Art. 136 Abs. 3 AEUV für die Stabilität des Euro-Währungsgebietes vor. „Befinden sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten erlassen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.“.
 
20
Siehe die EU-Liste unter http://​ec.​europa.​eu/​dgs/​home-affairs/​what-we-do/​policies/​european-agenda-migration/​background-information/​docs/​2_​eu_​safe_​countries_​of_​origin_​de.​pdf (Abrufdatum 20.10.2015). Neben den bisher als sicher geltenden Herkunftsländer sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien und die Türkei in die EU-Liste aufgenommen worden.
 
21
Alternativ hätte Frankreich den Nato-Bündnisfall (Art. 5 Nato-Vertrag) wählen können, wie ihn die USA nach dem Anschlag vom 11. September vornahmen. Schließlich bietet auch die Solidaritätsklausel (Art. 222 Abs. 1 AEUV) die Möglichkeit einer koordinierten Terrorismusbekämpfung. Zur Diskussion dieser Alternativen siehe Hummer (2015).
 
22
Ausdrücklich sei vermerkt, dass Flüchtlinge nicht vordergründig als Kostenfaktor zu sehen sind. Dieser Teilaspekt kann jedoch wichtige Anhaltspunkte hinsichtlich einer politischen Krisenbewältigung liefern.
 
23
Vgl. Battisti et. al. (2015, S. 43 f.); Weingartner und Plickert (2015a, 2015b).
 
24
Andere Berechnungen gehen mittel- bis langfristig von jährlichen fiskalischen Zusatzlasten von 17 bis 55 Mrd. Euro aus. Vgl. Raffelhüschen und Moog (2015); Stiftung Marktwirtschaft (2015); Lücke (2015). Die Unterschiede ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Annahmen hinsichtlich der Flüchtlingszahlen, der Bleibequote, dem Qualifikationsniveau und der Integration in den Arbeitsmarkt. Realistischer Weise erhöht sich die mit zukünftigen Rentenlasten in Verbindung stehende Nachhaltigkeitslücke um über 30 %. Entgegen vielfacher Annahmen verschlechtert die Zuwanderung damit die demographische Bilanz durch niedrige Löhne und eine verzögerte Arbeitsaufnahme erheblich.
 
25
Eine möglicherweise einhergehende Problemverschiebung oder gar -verschärfung wird offiziell ebenso ausgeblendet, wie die Gefahr eines chaotischen Zusammenbruchs der Eurozone. Vgl. hierzu auch Meyer (2012).
 
26
Deutlich sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass die verschiedenen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und dem Europäischen Gerichtshof in keinem Fall zu einem Gerichtsurteil geführt haben, welches das Handeln der Bundesregierung bzw. der Mitgliedstaaten als Verstoß gegen das Grundgesetz bzw. das EU-Primärrecht beurteilt hätte. Vielmehr zogen gerade die Urteile des BVerfG zukünftige Grenzen gegen eine ausufernde und rechtstaatlich bedenkliche Rettungspolitik.
 
27
Vgl. ausführlich Meyer (2016).
 
28
Siehe auch Schachtschneider (2015).
 
29
Siehe Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex). Vorgesehen sind Grenzkontrollen „für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der schwerwiegenden Bedrohung, wenn ihre Dauer den Zeitraum von 30 Tagen überschreitet“. Art. 23 Abs. 1 Schengener Grenzkodex. Eine Verlängerung für jeweils 30 Tage ist möglich. In einem Gutachten im Auftrag des Freistaates Bayern stellt Di Fabio (2016, S. 116 ff.) fest, dass der Bund weiterhin für die Grenzsicherung auch bei einer Übertragung von Hoheitsrechten im Rahmen des Schengener Grenzkodexes verantwortlich sei. Im Falle eines EU-Versagens müsste der Bund deshalb entsprechend Art. 30 GG i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine Ersatzvornahme leisten, bis der Mangel seitens der EU behoben sei.
 
30
Siehe das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) sowie das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Beide Verträge sind durch Art. 18 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) sowie durch den Verweis in Art. 78 Abs. 1 AEUV in das europäische Primärrecht übergegangen. Siehe auch die Konkretisierung im Sekundärrecht durch die Asylverfahrensrichtlinie sowie durch die Qualifikations-/Anerkennungsrichtlinie.
 
31
Allerdings dürfte im Fall Ungarn eine gewisse Doppelmoral der Kritiker bestehen. Gemäß dem Schengener Grenzkodex, das durch das Protokoll Nr. 19 in den EUV aufgenommen wurde, verpflichten sich die Staaten zum Schutz der Außengrenzen, um dadurch die Möglichkeit zu eröffnen, innerhalb der EU auf Grenzkontrollen verzichten zu können. Im Gegensatz zu Griechenland und Italien gewährleistet Ungarn – rechtlich allerdings angreifbar – diesen Außenschutz.
 
32
Vgl. Fastenrath (2015). Allerdings wären angesichts der offensichtlichen Überforderung insbesondere Griechenlands EU-Hilfen angezeigt.
 
33
Dem steht auch die Ermessensklausel des Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung nicht entgegen, nach der „jeder Mitgliedstaat beschließen [kann], einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.“ Damit diese Klausel greifen kann, muss die Einreise stattgefunden haben. Bei wieder eingerichteten Grenzkontrollen kommen hierfür nur illegal Eingereiste infrage. Die Einrichtung von nationalen Transitzonen gewinnt gerade unter diesem Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung. Bei Nichtanerkennung der Flüchtlingseigenschaft kann die Zurückschiebung in den sicheren Drittstaat (Österreich) zügig unternommen werden. Deutschland hätte einen praktikablen Kompromiss zwischen dem rechtlich gebotenen Einreiseverbot und humanitären Überlegungen gefunden. Zugleich würde der Verhandlungsdruck durch den Rückstrom der Flüchtlinge ohne Flüchtlingseigenschaft (Art. 1 GFK) für ein EU-weites, gemeinsames Vorgehen gesteigert.
 
34
So schlagen Dörig und Langenfeld (2016) eine Vollharmonisierung des Flüchtlingsrechts sowie der Durchführung der Anerkennungsverfahren in Hot Spots vor. Hierfür bietet das GEAS gemäß Art. 78 Abs. 2 AEUV die Grundlage, auf der sowohl die EU-Qualifikations-/Anerkennungsrichtlinie als auch die EU-Asylverfahrensrichtlinie über eine Verordnung in das in allen Teilen verbindliche EU-Recht überführt werden müssten. Zudem wäre die Dublin-III-Verordnung anzupassen. Die Durchführung würde eine neu zu gründende EU-Behörde übernehmen. Die gerichtliche Überprüfung würde erstinstanzlich durch ein EU-Gericht erfolgen. Nach einem Entscheid würde der Flüchtling hiernach entweder sogleich über die Hot Spots abgeschoben oder aber gemäß dem im September 2015 beschlossenen Verteilungsschlüssel auf die EU-Mitgliedstaaten verteilt werden. Die Finanzierung bis zum Abschluss des Verfahrens würde mit Mitteln aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds vorgenommen werden können.
 
35
Anknüpfungspunkt wäre die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten. Art. 24 sieht die finanzielle Unterstützung durch den Europäischen Flüchtlingsfonds vor. Der EU-Flüchtlingsfonds war im Zeitraum 2008 bis 2013 mit Mitteln in Höhe von 613 Mio. Euro ausgestattet. Vgl. http://​eur-lex.​europa.​eu/​legal-content/​DE/​TXT/​?​uri=​uriserv:​l14567(Abrufdatum 20.10.2015). Hier scheint eine erhebliche Aufstockung als geboten.
 
36
Zu dieser Entwicklung vgl. ausführlich Hailbronner (2015).
 
37
Vgl. Wehner (2015). So werden in Bayern und Hessen etwa 50 % der ausreisepflichtigen Ausländer geduldet. Höhere Anteile bestehen in Nordrhein-Westfalen (77 %), Thüringen (83 %) sowie Bremen (88 %).
 
38
Vizekanzler Gabriel äußerte am 8. September im ZDF: „Ich glaube, dass wir mit einer Größenordnung von einer halben Million für einige Jahre sicherlich klarkämen“ und „Ich habe da keine Zweifel – vielleicht auch mehr.“ http://​www.​tagesschau.​de/​inland/​fluechtlinge-833.​html (Abrufdatum 09.09.2015). Ein weiterer Ausdruck ist der Slogan „refugees welcome“, mit dem beispielsweise die Landesregierung in Schleswig-Holstein, Kommunen (Stadt Kiel), Fußballvereine (FC St. Pauli und Borussia Dortmund) sowie eine Vielzahl von Bürgern werben.
 
39
Vgl. auch Huber (2015) sowie Harbarth (2015).
 
40
Siehe hierzu ausführlich Hufeld (2011, S. 120 ff.)
 
41
Siehe Mussler (2015).
 
42
Nach dem Beschluss sollte die Slowakei 802 Flüchtlinge sofort und bei Bedarf weitere 656 aufnehmen.
 
43
Siehe Hummer (2015, S. 3).
 
44
Vgl. Nettelsheim (2015). „Zu den Grundzügen politischen Denkens gehört die Unterscheidung von innen und außen … Die Entscheidung darüber, wer dazugehört und wer nicht, ist genuin demokratischer Natur und kann menschenrechtlich nicht einfach beiseitegeschoben werden.“ Ebenda.
 
45
Vgl. auch Gutschker (2015).
 
46
Vgl. hierzu Meyer (2015b).
 
47
Vgl. das Gutachten des Bundestages von 1992, das auf Schranken des Asylrechts verweist und die Möglichkeit eines „Staatsnotstandes“ an drei Bedingungen knüpft: (1) Gefahr für die Sicherheit des Staates; (2) Gefahr für die öffentliche Sicherheit/Sicherheit der Bevölkerung; (3) eine nicht mehr zu bewältigende Zahl an Asylbewerber hinsichtlich Unterbringung und fiskalische Lasten. Vgl. Hienstorfer (1992, S. 14 ff.), der entsprechende Urteile des Bundesverfassungsgerichtes anführt. Vgl. auch Ritgen (2016) sowie Murswiek (2016).
 
Literatur
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Zurück zum Zitat Weingartner, M., & Plickert, P. (2015b). Asylbewerber kosten bis zu 10 Milliarden Euro. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.2015, 17. Weingartner, M., & Plickert, P. (2015b). Asylbewerber kosten bis zu 10 Milliarden Euro. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.2015, 17.
Metadaten
Titel
Scheitert die europäische Integration?
Die Flüchtlings- und Eurokrise als Gefahr für Rechtstaat, Demokratie und Gewaltenteilung
verfasst von
Dirk Meyer
Publikationsdatum
01.08.2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik / Ausgabe 4/2016
Print ISSN: 0937-0862
Elektronische ISSN: 2364-3943
DOI
https://doi.org/10.1007/s41025-016-0026-6

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