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Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000171

Allgemeine Informationen über den Test, Beschreibung des Tests und seiner diagnostischen Zielsetzung

Das persolog Persönlichkeits-Profil ist vorwiegend für die Personalentwicklung gedacht. Es kann zudem „begleitend im Einstellungsprozess als Reflexionshilfe eingesetzt” werden (Wittmann, 2010, S. 5), indem das persolog Profil eines Bewerbers mit einem Soll-Profil verglichen wird. Es ist die deutsche Version des amerikanischen Personality Factor Profiles und misst vier Persönlichkeitsmerkmale, die auch unter dem Akronym DISG (s.u.) bekannt sind. Angeboten wird eine zweiteilige ipsative Variante mit 24 Itemgruppen je Hälfte (Durchführungszeit ca. 15 min.): Im ersten Teil sollen die untersuchten Personen angeben, welcher Kurzsatz „am ehesten” auf sie zutrifft (zur Messung des „öffentlichen” Selbstkonzepts), im zweiten Teil welches Adjektiv „am wenigsten” (zur Messung des „privaten” Selbstkonzepts) auf sie zutrifft.

Zum Test gehört ein dreibändiger Trainerleitfaden; außerdem wurde den Rezensenten ein Bericht (Wittmann, 2010) zur Verfügung gestellt.1

Theoretische Grundlagen als Ausgangspunkt der Testkonstruktion

Theoretische Grundlage ist die Unterscheidung von vier emotionalen Reaktionsmustern (Marston, 1928/1979), die seit den 1960ern vor allem von John Geier und Dorothy Downey überarbeitet wurden. Im Deutschen werden diese Merkmale als Dominanz, Initiative, Stetigkeit und Gewissenhaftigkeit (DISG) bezeichnet. Deren Einordnung als Persönlichkeitsdimensionen oder Elemente einer Typologie bleibt unklar. Einerseits ist der Ansatz in seinem historischen Ursprung typologisch und die Messung erfolgt ipsativ, andererseits berufen sich die Testautoren auch auf dimensionale Modelle (z. B. den lexikalischen Ansatz, Eysencks Faktoren), und fast alle berichteten empirischen Daten beruhen auf Verfahren für dimensionale Modelle (s.u.).

Die Interpretation der Testwerte fußt auf der Unterscheidung von „öffentlichem” und „privatem” Selbstkonzept (s. o.). In welchem Verhältnis diese Selbstkonzeptfacetten zu den Überlegungen Marstons stehen und inwiefern diese überhaupt gemessen werden, wird nicht erläutert.

Objektivität

Die Rahmenbedingungen für die Durchführung und der Umgang mit Rückfragen und Störungen werden im Trainerleitfaden relativ detailliert beschrieben. Allerdings ist die Instruktion für das Ausfüllen des Tests nicht festgelegt–der Test kann auf allgemeine Situationen und auf sehr spezifische Situationen bezogen werden („ich bei der Reisekostenabrechnung” wird als Beispiel genannt, Wittmann, 2010, S. 28). Dies ist zwar konsistent mit der Annahme der Autoren, dass Verhalten eine Funktion der Umwelt und der Person ist, erschwert aber die Vergleichbarkeit der Testergebnisse.

Des Weiteren gibt es zwei potentielle Fehlerquellen bei der Auswertungsobjektivität: Teilnehmer müssen a) selbst die Testwerte in eine Auswertungsschablone und b) Rohwerte dann in mehrere Profile übertragen. Außerdem gibt es eine nicht genauer bestimmte Anzahl von neutralen Items, die in keine Dimension einfließen, was zu einer künstlichen Einschränkung der Variationsbreite der Merkmale im Profil führen kann.

Normierung (Eichung)

Laut Wittmann (2010, S. 69) wurden (undifferenzierte) Normen an einer Stichprobe von N = 629 Personen erhoben. Das Geschlechterverhältnis ist fast ausgeglichen; fast ¾ der Personen haben (Fach‐)Abitur. Es fehlen jedoch Informationen darüber, wie diese Personen akquiriert wurden, in welchem Setting (und mit welcher Instruktion) erhoben wurde und ob allen diesen Personen die gleiche Instruktion vorgelegt wurde. An anderer Stelle erwähnt Wittmann (2010, S. 64) zudem eine größere Normierungsstichprobe (N = 2776).

Normwerte sind nur indirekt den drei Profilen zu entnehmen, die für das „öffentliche”, das „private” Selbstkonzept sowie deren Kompositorium berechnet werden. Es handelt sich dabei um Prozentrangnormen, für die cut-offs für „auffällige” Werte bei PR 30 und 80 herangezogen wurden. Es werden keine z-Wert-basierten Normen berechnet, und das Problem verzerrter Maßstäbe von PR-Normen wird für Anwender nicht erläutert. Insgesamt erscheint die Normierung unzureichend dokumentiert und erläutert.

Zuverlässigkeit (Reliabilität, Messgenauigkeit)

Bei der Beurteilung der Reliabilität (sowie der Validität) ergab sich die Schwierigkeit, dass die meisten Daten mit einem anderen Antwortformat erhoben wurden (jedoch mit den gleichen Itemstämmen): Während das persolog Persönlichkeits-Profil, so wie es vertrieben wird, ein ipsatives Format verwendet (s. Abschnitt 1), wurden etliche Studien mit normativen Format durchgeführt (mit einer Likert-Skalierung). Da ipsative Daten durch die gegenseitige Abhängigkeit innerhalb einer Itemgruppe gekennzeichnet sind, lassen sich Erkenntnisse, die mit einem normativen Antwortformat gefunden wurden, nicht auf Items mit ipsativen Antwortformat verallgemeinern.

Deswegen ist hier zu berichten, dass es für das (ipsative) persolog Persönlichkeits-Profil zufriedenstellende Retest-Werte gibt (N = 629, vier Wochen Intervall, Werte zwischen .74 und .84), dass Angaben zur internen Konsistenz jedoch hier nicht berücksichtigt werden können, weil sie auf Datenerhebungen mit dem normativen Antwortformat beruhen.

Gültigkeit (Validität)

Validitätshinweise finden sich aus Untersuchungen mit unterschiedlichen amerikanischen und deutschen Varianten des Tests. Leider beruhen diese immer auf normativen Versionen, obwohl der hier zu rezensierende Test ein ipsatives Format hat (s. o.).

Amerikanische (normative) Versionen bestätigen faktoranalytisch die vier Dimensionen, und eine deutsche (normative) Variante korreliert weitgehend hypothesenkonform mit den Dimensionen des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit (N = 451). Allerdings werden aus letzterer Studie auch Korrelationen zwischen den jeweils als „öffentliches” und „privates” Selbstkonzept interpretierten DISG-Teilskalen um r = .90 berichtet, was die Konstruktvalidität dieser Unterscheidung in Frage stellt. Zudem fehlen empirische Befunde, die ein typologisches Modell stützen könnten (z. B. Clusteranalysen).

Validierungen hinsichtlich berufsrelevanter Kriterien werden für keine der Versionen berichtet–empirische Belege für die Praxistauglichkeit fehlen also.

Weitere Gütekriterien (Störanfälligkeit, Unverfälschbarkeit und Skalierung)

Die Anwendung des ipsativen Antwortformats sollte mögliche Verfälschungen, sofern diese im Kontext der Personalentwicklung überhaupt ein Problem darstellen, reduzieren helfen. Allerdings ergeben sich aus der Ipsativität psychometrische Komplikationen, die im Bericht zwar thematisiert, jedoch nicht durch direkte Vergleiche der beiden Antwortformate (ipsativ vs. normativ) empirisch untersucht werden.

Abschlussbewertung/Empfehlung

Das persolog Persönlichkeits-Profil beruht auf der Unterscheidung von vier emotionalen Reaktionsmustern nach Marston (1928/1979), also auf einem Modell, das–gemessen am aktuellen Stand der Persönlichkeitsforschung–heute von eher wissenschaftshistorischer Bedeutung ist. Dieses Modell ist typologisch; jedoch wird die Validität dieser Typen bzw. deren Messung empirisch nicht abgesichert. Alle empirischen Belege zu psychometrischen Gütekriterien beruhen auf korrelationsbasierten statistischen Verfahren, die einer dimensionalen Interpretation angemessen sind. Falls eine dimensionale Interpretation intendiert ist, finden sich in den berichteten Studien durchaus positive Belege im Sinne der Konstruktvalidität; jedoch bleibt unklar, ob dies der Messintention entspricht.

Bedauerlicherweise ist jedoch für viele Untersuchungen ein normatives Antwortformat verwandt worden (mit einer Likert-Skalierung von „Trifft überhaupt nicht auf mich zu” bis „Trifft sehr gut auf mich zu”), obwohl das auf dem Markt erhältliche persolog Persönlichkeits-Profil ein ipsatives Antwortformat hat (anzukreuzen ist, was „am ehesten” bzw., im 2. Teil, „am wenigsten” zutrifft). Wie erklärt, kann man Erkenntnisse, die mit einem normativen Antwortformat gefunden wurden, nicht auf Items mit ipsativen Antwortformat verallgemeinern.

Darüber hinaus ist das Problem der ungesicherten Eignung für das Hauptanwendungsfeld in der Personalentwicklung ungelöst. Weder werden Evaluationen der vielfältigen Trainings berichtet, in denen der Test eingesetzt werden soll (von der Persönlichkeitsentwicklung über Coaching bis zum Führungs- und Verkaufserfolg), noch existiert belastbare Evidenz für die weitreichende Interpretation der beiden Testhälften im Sinne unterschiedlicher Komponenten des Selbstkonzepts. Auch zum Einsatz als Reflexionshilfe in der Personalauswahl fehlen empirische Belege. Solange solche Evidenz nicht vorliegt, kann der Test weder für Entwicklungs- noch für Auswahlzwecke empfohlen werden. (siehe Abbildung)

Diese Testrezension wurde im Auftrag des Diagnostik- und Testkuratoriums der Föderation deutscher Psychologenvereinigungen (DGPs und BDP) gemäß den TBS-TK-Richtlinien (Testkuratorium, 2009, 2010) erstellt.

Testinformationen

 Persolog Persönlichkeits-Profil  Bezugsquelle: persolog GmbH, Königsbacher Str. 21,  75196 Remchingen,  E-Mail: [email protected], persolog.com  Preis auf Anfrage.

Bitte zitieren Sie diesen Artikel wie folgt: König, C. J. & Marcus, B. (2013). TBS-TK Rezension: „Persolog Persönlichkeits-Profil.” Psychologische Rundschau, 64, 189 – 191.

1Anmerkung des Diagnostik- und Testkuratoriums: Zum persolog Verfahren werden Trainings und Zertifizierungen angeboten. TBS-TK Rezensionen beziehen sich aber ausschließlich auf Verfahrenshinweise (Testmanuale), im vorliegenden Fall auf Wittmann (2010) und Geier und Downey (2010) sowie Kaplan und Kaplan (1983, 1984). Nachdem persolog die Rezension zur Stellungnahme gesendet wurde, gab das Unternehmen an, über weitere Informationen sowie bislang nicht veröffentlichte Daten (z. B. z-Wert-basierte Normen) zu verfügen. Das Diagnostik- und Testkuratorium hat zum Zeitpunkt der Rezension persolog gebeten, alle für die Testbewertung relevanten Informationen (komplette Rezensionsexemplare) zu übersenden und geht davon aus, dass dies die Unterlagen sind, die allen Anwendern zur Verfügung gestellt werden. Diese Unterlagen sind Grundlage der Rezension. Informationen, die erst nachträglich aufgrund von Kritik angeboten werden, können nicht berücksichtigt werden.