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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter November 27, 2015

Plädoyer für einen Energiesoli

  • Carsten Schröder EMAIL logo and Peter Grösche

Zusammenfassung

Diese Arbeit untersucht die Effekte verschiedener Finanzierungsformen zur Förderung von Ökostrom auf die personelle Einkommensverteilung. Betrachtet werden die Verteilungseffekte der bestehenden EEG-Umlage, eines von der EEG-Umlage ausgenommenen Sockelkonsums und eines Energiesolis, der an der Einkommensteuerlast der Haushalte anknüpft. Die Ergebnisse zeigen, dass die EEG-Umlage und der Sockelkonsum zu einer regressiven Verteilungswirkung und einer Erhöhung des Armutsrisikos führen, wohingegen der Energiesoli einen progressiven Verteilungseffekt hat.

JEL: H23; H5; I3; Q28; Q48

Danksagungen

Die Autoren bedanken sich bei mehreren anonymen Gutachtern und den Editoren des Journals für ihre sehr hilfreichen Hinweise und Kommentare.

Literatur

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Anhang

Tabelle A1:

Übersicht der bisherigen Reformvorschläge

QuelleReformentwurfVerteilungseffekteMesskonzept
Bardt et al., 2012Überführung der EEG-Umlage in Varianten einer steuerlichen Finanzierung:

– Umsatzsteuer

– Stromsteuer

– Solidaritätszuschlag

in verschiedenen Kombinationen
Bei alleiniger Finanzierung durch Umsatzsteuer und vollständiger Finanzierung durch Haushalte: annähernd proportionale Belastung zum Einkommen. Bei Verdopplung des Solidaritätszuschlags: Verteilung der Last auf Körperschaften und Haushalte, höhere absolute und relative Belastung der oberen Einkommen.Stromkostenbelastung nach Einkommensdezilen in absoluten Zahlen und als Anteil am Einkommen für verschiedene Reformszenarien.
Neuhoff et al. 2012Nutzung des EEG-Umlage induzierten Umsatzsteueranstieges zur Kompensation von Haushalten mit Grundsicherung/Bafög, Beratung zur effizienten Stromverwendung in einkommensschwachen Haushalten und Einführung eines allgemeinen Grundfreibetrags bei der Stromsteuer (1000 kWh).EEG-Umlage ist regressiv, da Stromausgaben relativ zum Einkommen sinken.Stromkostenbelastung nach Einkommensdezilen als Anteil der Konsumausgaben und Einkommen.
Frondel, Sommer 2014Beurteilung diverser Reformvorschläge:

– Ersatz der Subventionen durch Energie-Solidaritätszuschlag

– Freigrenze bei der Erhebung des Solidaritätszuschlags

– Sockelkonsum für Strom

– Erhöhung der Transferleistungen
Solidaritätszuschlag hat wegen Entlastung einkommensschwacher Haushalte progressiven Effekt, der durch Freigrenze verstärkt wird.Stromkostenbelastung nach exemplarischen Haushaltstypen. Keine Analyse der Verteilungswirkung der Reformvorschläge.
Gawel et al. 2014Niedrigere Kosten der EEG-Umlage durch Stärkung des Emissionshandels.Entlastung der einkommensschwachen Haushalte.Keine Analyse der Verteilungswirkung.
Techert et al. 2012Harmonisierung europaweiter klimapolitischer InstrumenteStatus quo verursacht regressiven Effekt durch geringe Korrelation des Energieverbrauchs mit Einkommen und überdurchschnittlicher Inzidenz von PV-Anlagen im Bereich hoher Einkommen.Belastung durch EEG-Umlage nach Einkommensdezilen in absoluten Werten und als Anteil am Einkommen. Gewinne aus Photovoltaikanlagen nach Einkommensdezilen.
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie 2008Untersuchung der für Stromversorger verpflichtenden Einführung eines „Stromspartarif“: Progressiver Preisverlauf durch linearen Tarif mit einer Freimenge pro Person.Keine gezielte Entlastung einkommensschwacher Haushalte, da diesen die Mittel zur Anschaffung von energieeffizienten Haushaltsgeräten fehlen.Anteil der schlechter gestellten Hartz IV Haushalte. Entlastungswirkung nach verbrauchten kW/h.
Nagl et al. 2013Förderung von vergleichsweise kostengünstigen erneuerbaren Energien zur Senkung der EEG-Umlage und stärkere MarktorientierungEntlastung der einkommensschwachen Haushalte durch gesenkte Stromkosten.Keine Analyse der Verteilungswirkung.

Quelle. Eigene Darstellung

Tabelle A2:

Verteilungseffekte unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer

201220132014
EEG-Umlage
EEG-Umlage[ct/kWh]3,5925,2776,24
EEG-Umlage inkl. Umsatzsteuer[ct/kWh]4,2756,287,426
Aufkommen EEG-Umlage[Mrd. Euro]4,9197,3038,636
Aufkommen Umsatzsteuer[Mrd. Euro]0,9351,3881,641
Gini-Koeffizient26,398 Prozent26,450 Prozent26,478 Prozent
Armutsrisikoquote13,52 Prozent13,64 Prozent13,68 Prozent
Armutslücke21,30 Prozent21,50 Prozent21,65 Prozent
Energiesoli
Solisatz2,75 Prozent4,08 Prozent4,82 Prozent
Gini-Koeffizient26,130 Prozent26,058 Prozent26,019 Prozent
Armutsrisikoquote13,20 Prozent13,20 Prozent13,20 Prozent
Armutslücke20,95 Prozent20,96 Prozent20,96 Prozent

Anmerkungen: Eigene Berechnung. Daten: SOEP v29. 2013 und 2014 fortgeschriebene Werte

Anmerkung zu Tabelle A2: Auf die EEG-Umlage wird Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent erhoben und der Strompreis für die Haushalte somit erhöht. Dies verstärkt den regressiven Verteilungseffekt der EEG-Umlage allerdings in nur sehr geringem Maße. Berücksichtigt man die Umsatzsteuer auf die EEG-Umlage, so beläuft sich der Gini-Koeffizient der entsprechenden Einkommensverteilung für das Jahr 2012 auf 0,26398 (Tabelle A2). Gegenüber der in Tabelle 4 dargestellten Situation, in der die Umsatzsteuer unberücksichtigt blieb, ist dies ein Anstieg um 0,019 Prozentpunkte.

Im Jahr 2012 haben die Haushalte rund 935 Mio. Euro an (auf die EEG-Umlage erhobene) Umsatzsteuer gezahlt. Würde man die EEG-Umlage durch den Energiesoli ersetzen, käme es folglich zu steuerlichen Mindereinnahmen. Sollen diese Mindereinnahmen über Einnahmen durch den Energiesoli kompensiert werden, müsste der Energiesoli im Jahr 2012 auf 2,75 Prozent erhöht werden (gegenüber 2,3 Prozent ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer, vgl. Tabelle 4).[15] Da einkommensschwache Haushalte in der Regel keinen Energiesoli zahlen, gleichzeitig aber einkommensstarke Haushalte durch den höheren Energiesoli noch stärker belastet werden, sinkt durch die Erhöhung des Energiesoli die Ungleichheit in der Einkommensverteilung.

Published Online: 2015-11-27
Published in Print: 2015-12-1

© 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 10.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/pwp-2015-0022/html
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