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2015 | Buch

Lobby Work

Interessenvertretung als Politikgestaltung

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Über dieses Buch

„Lobby Work“ ist Interessenvertretung unter veränderten Bedingungen einer medien- und marktaffinen Gesellschaft. Der Band fängt das breite Spektrum neuer Formen und Akteure ein, die Interessenvertretung auch als Geschäftsmodell betreiben. In den Blick genommen werden u.a. medienwirksame Kampagnen mittels Public Affairs-Agenturen, gezielte Mobilisierung von AktivistInnen im Netz durch NGOs sowie strategisch geplante Einflussnahme durch Stiftungen. Mit der „guten alten Zeit“ neo-korporatistischer Interessenvermittlung hat Lobby-Work nicht mehr viel zu tun.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung. Von Interessenvertretung zu „Lobby Work“
Zusammenfassung
Die Analyse, welche Interessen gebündelt, vertreten und im politischen Prozess wirksam werden, war lange Zeit primär ein Thema der Politikwissenschaft. Hierbei standen vorrangig Mitgliederorganisationen – Verbände und Gewerkschaften – als zentrale Akteure der Interessenvermittlung im Fokus. Dies hat sich inzwischen grundlegend geändert. Und auch die Art und Weise, wie Interessenvertretung erfolgt und wie auf den politischen Prozess Einfluss genommen wird, hat sich merklich diversifiziert. Das Spektrum reicht hier von „Strippenziehen“ (Die Welt 2014; Leif 2006; Gammelin und Haman 2005) als Metapher für wenig transparente Einflussnahme bis hin zur „Meinungsmache“ (Müller 2009) als langfristig angelegte Spielart eines politischen Agenda-Setting im Dienst spezifischer Interessen mit teilweise sogar manipulativem Charakter.
Annette Zimmer, Rudolf Speth

Interessenvertretung im Wandel

Frontmatter
Von der Hierarchie zum Markt
Zur Koordination von Interessenvertretung heute
Abstract
Die für die Bundesrepublik typische Verflechtung zwischen Staat, Wirtschaft wandelt sich. Die Interessenvertretung hat sich zu einem Geschäftsmodell entwickelt. Der Markt ist inzwischen der vorherrschende Koordinationsmechanismus. Der Marktmechanismus dominiert gegenüber den anderen Steuerungsformen Hierarchie und Clan. Die Mitgliedschaft als Basis der Interessenvertretung verliert an Gewicht, ebenso die intermediäre Stellung von Organisationen. Dies hat Auswirkungen auf die Art der Interessenvertretung. Es hat sich eine neue „Lobbyindustrie“ entwickelt, mit der die politische Kommunikation stärker strategisch ausgerichtet und Expertise zugekauft wird. Insgesamt hat die Entwicklung Folgen für die Legitimation von Politik in demokratischen Systemen. Die Interessenvertretung wird Teil der neuen Legitimitätspolitik, die zunehmend Verfahren jenseits der Volkssouveränität nutzt.
Annette Zimmer, Rudolf Speth
Justizialisierung statt Korporatismus?
Verrechtlichung der Interessenvermittlung in den Arbeitsbeziehungen
Abstract
In der Literatur ist unbestritten, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände als wichtigste Akteure der industriellen Beziehungen in Deutschland an Bedeutung verloren haben. Damit ist auch die Prägekraft des Tarifvertrags als wichtigstes Regelungsinstrument rückläufig. Es stellt sich nun die Frage, wer oder was an ihre Stelle rückt. Vielfach wird die Rolle der betrieblichen Akteure hervorgehoben. In Ergänzung zur Literatur akzentuiert der vorliegende Beitrag demgegenüber die steigende Bedeutung des Rechtssystems. Es wird argumentiert, dass sich im deutschen System der industriellen Beziehungen eine Variante der Justizialisierung von Interessenkonflikten etabliert, die aus den USA bekannt ist und dort unter dem Stichwort „AdversarialLegalism“ diskutiert wird.
Britta Rehder
Die „Medialisierung“ der Politik
Veränderte Bedingungen politischer Interessenvermittlung
Abstract
Medialisierung bezeichnet den Prozess der Adaption publizistischer Kalküle öffentlicher Aufmerksamkeitserzeugung im Bereich des Politischen. Der Beitrag rekapituliert den gegenwärtigen Ausarbeitungsstand des Konzepts und beschreibt Medialisierung als mehrdimensionales, reaktives und graduelles Mehrebenenphänomen. Ihm liegt die Auffassung zugrunde, dass sich Prozess und Ergebnis politischer Lobbyarbeit – wie überhaupt die meisten politischen Phänomene – heute nicht mehr zureichend verstehen lassen, wenn man vergisst, die Medialisierung der Politik als eine wichtige Randbedingungen in Rechnung zu stellen. Obwohl Medialisierung primärder Ermöglichung von Politik dient, sind politisch dysfunktionale Folgen keineswegs ausgeschlossen. Welche das im Falle politischer Lobbyarbeit sein könnten, wird im abschließenden Abschnitt des Textes skizziert.
Frank Marcinkowski
Interessenvertretung in der globalisierten Welt
Abstract
Der Beitrag geht der Frage nach, wie sich Interessenvertretung in einer globalisierten Welt verändert hat und nimmt dabei Akteure sowie Strukturen mit Hilfe eines mehrdimensionalen machttheoretischen Ansatzes in den Blick. Auf diese Weise rückt vor allem das Phänomen der private governance ins Blickfeld, i.e. der selbständigen Regelsetzung durch nicht-staatliche Akteure. Des Weiteren fallen Veränderungen der engagierten Akteure auf. So treten etwa socialentrepreneurs in Konkurrenz zu Nicht-Regierungsorganisationen (NROs). Beide Phänomene werden vor allem im Zusammenspiel unterschiedlicher Machtdimensionen, insbesondere auch einer wichtigen Rolle der diskursiven, d.h. strukturellen ideellen Machtressourcen der Akteure deutbar. Die Interessenvertretung durch den Einsatz unterschiedlicher Machtressourcen wird anhand des privaten Standards GlobalGAP und dem Aufkommen des SocialEntrepreneurship illustriert. Erklärungsmöglichkeiten für die beobachteten Entwicklungen sowie die Implikationen für Wissenschaft und Praxis werden daraufhin diskutiert. Im Ergebnis zeigt ein Fokus auf die unterschiedlichen Formen und Quellen der Macht wirtschaftlicher Akteure in der globalisierten Welt, dass eine deutliche Zunahme dieser politischen Macht und darauf aufbauend eine Transformation in demokratischen Legitimationsmustern und Prozessen beobachtet werden kann.
Doris Fuchs, Antonia Graf
Europäisierung von Interessenvertretung
Abstract
Die Verlagerung von politischen Entscheidungskompetenzen auf die europäische Ebene hat im Zuge der 1990er Jahre zu einer starken Europäisierung der politischen Interessenvertretung beigetragen. Traditionell föderal strukturierte Verbände haben in diesem Zusammenhang Entscheidungsverfahren zentralisiert, neue Großkonzerngruppen entstanden. Neben den Wirtschaftsverbänden greifen vermehrt einzelne Unternehmen und Lobby-Dienstleister in das Geschehen ein, aber auch Gewerkschaften, NGOs, Think Tanks und soziale Bewegungen. Der Beitrag untersucht die europäischen Einfluss- und Mitgliederlogiken der Lobby-Gruppen in qualitativer und quantitativer Hinsicht u.a. anhand von Datenbanken und dem europäischen Transparenzregister. Dokumentiert werden können veränderte Machtverhältnisse und spezifische Erweiterungen der Lobbyarbeit zur Beeinflussung der Öffentlichkeit.
Dieter Plehwe

Lobby Work konkret

Frontmatter
Interessenvertretung als Profession – Rechtsanwälte
Abstract
Rechtsanwälte haben die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten. Interessenvertretung durch Anwälte bei der Gesetzgebung ist abzugrenzen von sachverständiger Beratung und von Gesetzesoutsourcing. Die Sensibilität der öffentlichen Meinung gegenüber Mitwirkung von Anwälten an der Erstellung von Gesetzesentwürfen speist sich zum einen aus der innigen Verschmelzung von Sachverstand und Interessenvertretung und zum anderen aus dem faktisch unumgänglichen Einfluss des Beraters auf die Entscheidung. Juristen gelten als Experten für Norm- und Formfragen. Normfragen stehen in einem innigen Verhältnis zu Sachfragen. Sachfragen werden von Interessen geleitet. Interesse und Expertise sind untrennbar verbunden. Das wichtigste rechtlich vorgegebene Gebot ist die Transparenz des Verfahrens. Dazu dienen die Vorschriften des GG, der GGO, der GOBT und der GOBR sowie Handbücher von BMI und BMJ und Vorschläge des Bundesrechnungshofes. Anders als Verstöße gegen die Vorgaben des Grundgesetzes zum äußeren Gesetzgebungsverfahren (Art. 77, 78) beeinträchtigen Verstöße gegen die rechtstaatliche Rationalität und die demokratische Transparenz als solche die Wirksamkeit eines Gesetzes nicht.
Ulrich Battis
Public Affairs Agenturen
Abstract
Mit Public Affairs-Agenturen sind neue Dienstleister im Bereich der politischen Kommunikation entstanden. Diese richten ihre Dienstleistungsangebote sowohl an die Interessengruppen als auch an ihre Adressaten (Ministerien, Behörden, Verwaltungen, Gebietskörperschaften). Diese Agenturen haben ihr Angebot an die Medialisierung der politischen Kommunikation angepasst. Ihr Angebot umfasst alle Elemente der Kommunikation, doch der Schwerpunkt liegt nicht beim Lobbying, weil hierfür die spezifischen Kenntnisse meist nicht ausreichend sind. Es dürfte in Berlin annähernd 100 Public Affairs-Agenturen mit mehr als tausend MitarbeiterInnen geben. Die meisten wurden nach der Jahrtausendwende gegründet. Gerade im Bereich dieser speziellen Dienstleister macht sich der Trend zu internationalen Zusammenschlüssen stark bemerkbar.
Rudolf Speth
Lobbyisten, Marketing-Instrumente, Themenanwälte, Think Tanks, unparteiische Berater oder Wächter?
Stiftungen im Kontext aktiver Politikgestaltung
Abstract
In der öffentlichen Debatte wird auch Stiftungen unterstellt, sie seien Lobbyorganisationen für ihre stiftenden Verbände oder Unternehmen. Sie stehen überdies im Verdacht, grundsätzlich konservative Positionen zu vertreten. Dies ist jedoch eine unzulässige Vereinfachung. Zwar lässt sich eine Vorverfasstheit der Stifter nicht bestreiten, doch fällt diese ebenso verschieden aus wie die Verbindung zwischen Stifter und Stiftung. Auch muss vor dem Hintergrund unterschiedlicher Funktionen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgeübt werden können, zwischen Themenanwaltschaft und einer ebenso stiftungstypischen ergebnisoffenen politischen Deliberation differenziert werden. Anhand von Beurteilungskriterien lässt sich jedoch sehr wohl beurteilen, wie eine einzelne Stiftung einzuordnen ist.
Knut Bergmann, Rupert Graf Strachwitz
Pragmatische Lösungen für gesellschaftliche Probleme
Interview mit Sebastian Gallander, Fellow der Stiftung Neue Verantwortung
Abstract
Die Stiftung Neue Verantwortung versteht sich selbst als Think Tank, dessen Aufgabe es ist, „neue Lösungsansätze für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu erarbeiten” (http://www.stiftung-nv.de) in Zusammenarbeit mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Sie möchte Positionen vertreten und sich einmischen. 2011 und 2012 arbeitete Sebastian Gallander als Fellow bei der Stiftung Neue Verantwortung in dem Projekt „Soziale Mobilität“. Im Interview mit Rudolf Speth erläutert Gallander die Arbeitsweise der Stiftung, die Idee des Projekts und die Ziele, die er mit seiner Arbeit verfolgt. Heute arbeitet Gallander bei der Vodafone-Stiftung.
Rudolf Speth, Annette Zimmer
Lobbyziel: Problembewusstsein schaffen
Wie ACHSE e. V. die Interessen von Menschen mit Seltenen Erkrankungen vertritt
Zusammenfassung
Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) ist ein Netzwerk von mehr als 110 Selbsthilfeorganisationen, das als „Sprachrohr“, „Multiplikator“ und „Vermittler“ für Menschen mit seltenen Erkrankungen eintritt. In Deutschland leiden circa vier Millionen Menschen unter einer von rund 6.000 Seltenen Erkrankungen, wie z.B. dem Marfan Syndrom, Tuberöser Sklerose oder Ektodermaler Dysplasie. Gemessen an ihrem Vorkommen in der Bevölkerung sind Seltene Erkrankungen demnach nicht selten. Als Gesamtverband bündelt ACHSE den Unterstützungsbedarf der Betroff enen und verleiht „den Seltenen eine Stimme“. Organisatorisch spiegelt ACHSE die Fortentwicklung der Selbsthilfebewegung in Deutschland wider: Das 2004 gegründete Netzwerk ging aus dem „Arbeitskreis Chronischer Seltener Erkrankungen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE hervor (vgl. Danner et al. 2009, S.4).
Benjamin Ewert
Lobbying im Interesse der Bürger
Interview mit Campact-Mitarbeiter Felix Kolb
Abstract
Nach dem Vorbild der US-amerikanischen Online-Organisation Move-On gründete sich 2004 die Online-Kampagnenplattform Campact. Der eingetragene, gemeinnützige Verein finanziert sich über Spenden von Förderern und UnterstützerInnen einzelner Kampagnen. Mit einem Budget von rund drei Millionen Euro konzipiert und organisiert Campact Kampagnen und Aktionen. Dr. Felix Kolb, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes von Campact, erklärt im Interview die Funktionsweise und die Ziele der Organisation. Das Interview führte Rudolf Speth.
Rudolf Speth, Annette Zimmer
Lobbying im parlamentarischen Bereich – Politiker im Lobbyfokus
Zusammenfassung
Lobbyismus – der Begriff ist und bleibt in Deutschland negativ besetzt. Noch vor 50 Jahren soll Ludwig Erhardt alle Lobbyisten als „Geschmeiß“ bezeichnet haben. Nicht umsonst verwenden Lobbyisten für sich gerne Alternativumschreibungen wie Interessenvertreter, Vermittler, „Bevollmächtigter für Regierungsangelegenheiten“ oder Politikberater und für ihre Büros „Abteilung für politische Kommunikation“, neudeutsch „Government Relations“ oder schlicht neutral „Hauptstadtrepräsentanz“.
Christoph Strässer, Frank Meerkamp
Ministerialbürokratien als Lobbyadressaten
Abstract
Die Allgegenwärtigkeit des Lobbying auf verschiedenen Ebenen politischer Entscheidungsprozesse ist unbestritten. Der vorliegende Beitrag behandelt die Frage, welche Art von Einflussnahme durch Interessengruppen bei der Ministerialbürokratie stattfindet und wie die damit verbundenen Abläufe aussehen. Der Prozess der Einflussnahme wird dabei sowohl abstrakt als auch anhand konkreter Beispiele dargestellt. Es wird argumentiert, dass die Ministerialbürokratie für Lobbyisten besonders relevant ist. Begründung für diese Aussage ist die Tatsache, dass die meisten Gesetzgebungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland ihren Anfang in den Ministerien nehmen, denn hier werden erste Gesetzesentwürfe erstellt. Über die Ministerialbürokratie kann also sehr früh Einfluss auf Entscheidungsprozesse ausgeübt werden. Der Beitrag behandelt auch neuere Formen des Lobbying und wirft einen knappen Blick auf Einflussprozesse auf der Ebene der Europäischen Union.
Stephanie Baruth, Kai-Uwe Schnapp
Lobbyverbände als „vernunfttreibende Realitätskontakte“
Interview mit Hans-Joachim Otto (FDP)
Abstract
Hans-Joachim Otto war von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft. Außerdem saß er rund 20 Jahre im Bundestag und ist weiterhin Mitglied im Bundesvorstand der FDP. Heute arbeitet er wieder als Anwalt und Notar in Frankfurt. Rudolf Speth hat mit ihm über die Zusammenarbeit von Ministerien und Lobbyverbänden, die Durchsetzbarkeit von Interessen im politischen Prozess und über die Forderung nach mehr Transparenz gesprochen.
Rudolf Speth, Annette Zimmer
Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) e. V.
Beispiel für den Aufbau einer effektiven Lobby-Organisation für ein Thema von hoher gesellschaftlicher Brisanz
Abstract
Der Beitrag beleuchtet die Entstehung und Entwicklung von FidAR e.V. – Frauen in die Aufsichtsräte und analysiert die wichtigsten Erfolgsfaktoren, die FidARin kurzer Zeit zu einem der maßgeblichen Player in der Debatte über eine Verbesserung der Gleichstellung in der deutschen Wirtschaft gemacht haben. FidAR setzt sich seit 2007 für die nachhaltige Erhöhung des Frauenanteils in den Führungspositionen der deutschen Unternehmen und insbesondere in den Aufsichtsräten ein. FidAR hat maßgeblich dazu beigetragen, dieses Thema auf die politische Agenda zu setzen. In enger Zusammenarbeit mit Politik, Unternehmen und Verbänden ist FidAR eine treibende Kraft bei der Konzeption und Umsetzung von konkreten Maßnahmen zur Veränderung des status quo.
Jutta von Falkenhausen, Monika Schulz-Strelow
Anti-Fracking Kampagnen und ihre Mediennutzung
Zusammenfassung
Gegen die Fracking-Technologie, die auch unter dem Namen unkonventionelle Gasförderung oder Schiefergas-Gewinnung bekannt ist, wächst weltweit der Widerstand von Anwohnern und umweltorientierten Verbänden. Diese machen dabei kreativen Gebrauch von verschiedenen Medien, insbesondere von Internetanwendungen. Dieser Beitrag zeichnet zunächst die mediale Entstehung der Kritik an Fracking in den USA nach und stellt anschließend die Entstehung, Entwicklung und praktische Arbeit der lokalen Bürgerinitiativen in Deutschland vor. Anhand mehrerer Beispiele für Kampagneninstrumente und Formen online vermittelter Selbstorganisation dieser Bürgerinitiativen werden verschiedene Wandlungsprozesse im Bereich der politischen Interessenvermittlung aufgezeigt. Dabei wird in die jeweils relevante wissenschaftliche Diskussion über eben diese Prozesse eingeführt.
Mundo Yang
Anti-Landminen-Kampagne
Abstract
Die Kampagne zum Verbot von Landminen gilt bisher als das erfolgreichste Beispiel internationalen Lobbyings. Zu den internen Erfolgsfaktoren werden die internationale Vernetzung zwischen den NGOs, ihre Expertise sowie die Übersetzung der Kampagnenziele in einfache, emotionale Botschaften gezählt. Allerdings werden auch externe Erfolgsfaktoren genannt, wie z. B. die intensive Kooperation mit Vorreiterstaaten, die Initiierung eines zweiten diplomatischen Prozesses, der parallel zu den internationalen Abrüstungsverhandlungen verlief, die persönliche Unterstützung durch berühmte Persönlichkeiten sowie die Tatsache, dass es keine konkurrierenden privatwirtschaftlichen Lobbyaktivitäten gab. Der Beitrag diskutiert die Erfolgsfaktoren und fragt nach deren Übertragbarkeit auf andere Politikfelder.
Ingo Take
Gewerkschaftliches Grassroots Campaigning – ein Erfolgsmodell?
Abstract
Gewerkschaften verwenden GrassrootsCampaigning als Ergänzung zu ihrer Öffentlichkeitsarbeit oder wenn konventionelle Formen der Interessenvertretung nicht greifen. Diese Art von Lobbying setzt bewusst auf die Zustimmung in der breiten Bevölkerung und nutzt sowohl konzertierte Aktionen als auch die nur begrenzt kontrollierbare Eigendynamik eines Themas. Dies funktioniert zur Begleitung von Arbeitskämpfen und wird immer wichtiger bei der Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse. Beispiele sind die Mindestlohnkampagne oder das EU-Bürgerbegehren „Wasser ist Menschenrecht“. Welche Voraussetzungen für erfolgreiches gewerkschaftliches GrassrootsCampaigning notwendig sind, soll ein Blick auf Erfahrungen im Kampf gegen Privatisierungsversuche im Gesundheitsbereich zeigen.
Kathrin Birner
Politikgestaltung von langer Hand
Die Bertelsmann Stiftung und die Hartz Reformen
Abstract
Das Fallbeispiel der Arbeitsmarktreform von 2002 macht deutlich, wie die Bertelsmann Stiftung ihre Konzepte über Jahre hinweg entwickelt und verfolgt. Sie betreut Arbeitsgruppen und schafft Foren, bestimmt die Tagesordnung und entscheidet, was und worüber geforscht und entschieden wird. Die Stiftungsetzt die Grenzen, in denen die Debatte verläuft und beeinflusst so subtil das Ergebnis. Dieses Vorgehen erweckt den Eindruck, dass alle gehört werden und mitreden können. Dabei setzt die Stiftung gekonnt und gezielt ihre Verbindungen zu politischen Parteien, den Medien und relevanten Akteuren ein, und zwar ungeachtet des politischen Couleurs. Für die Stiftung ist dies lediglich Politikberatung. Dabei steuert Bertelsmann die Politik jenseits der demokratischen Strukturen, d.h. am Wähler und an der Öffentlichkeit vorbei.
Thomas Schuler
Totgesagte leben länger
Über die Lobbyarbeit der Tabakindustrie
Abstract
In Deutschland sterben jedes Jahr über 100.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Wie es der Tabakindustrie gelungen ist, die Gesundheitsgefahren des Rauchens jahrzehntelang in Zweifel zu ziehen, geht aus Millionen interner Dokumente hervor, die Ende der 90er Jahre publik wurden. Die Aufdeckung ihrer klandestinen Netzwerke in Wissenschaft und Politik hat der Branche nur wenig geschadet: Heute erzielen die Zigarettenhersteller wieder Rekordgewinne und erfreuen sich guter Kontakte zu Abgeordneten und Ministerialbeamten – auch und gerade in Deutschland. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Lobbystrategien, mit denen die Unternehmen und Verbände der Tabakindustrie ihre Interessen zur Geltung bringen.
Dietmar Jazbinsek
Backmatter
Metadaten
Titel
Lobby Work
herausgegeben von
Rudolf Speth
Annette Zimmer
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-658-09433-1
Print ISBN
978-3-658-09432-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-09433-1