Kohlendioxid (CO2) lässt Pflanzen wachsen und ermöglicht dadurch erst Leben auf der Erde. Es ist aber – in zu hoher Konzentration – ein Schadstoff, der Meere versauern und Temperaturen ansteigen lässt. Beides müsste im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens miteinander zu verknüpfen sein. "Schließlich gewann Ende der 90er Jahre die Diskussion über atmosphärische Treibhausgasemissionen im Allgemeinen und Abscheidung, Transport und Speicherung des Kohlendioxids aus Kraftwerksabgasen (Carbon Capture and Storage, CCS) im Besonderen an Bedeutung. Damit ist Kohlendioxid endgültig in den Mittelpunkt des technischen und politischen Interesses gerückt. Die Erkenntnis, dass auch die Auslegung von CCS-Prozessen in vielen Fällen hohe Anforderungen an die Genauigkeit der verwendeten Stoffdaten stellt, setzte sich aber erst langsam durch", beschreibt Springer Vieweg-Autor Roland Span einen diesbezüglichen Teil der aktuellen Diskussion in seinem Buchkapitel Stoffeigenschaften von Kohlendioxid auf Seite 70.
Das Schweizer Unternehmen Climeworks hat nun versucht, diesen Kreislauf zu schließen, und zwar im industriellen Maßstab und ohne Kraftwerksabgase.
Lieferung ins Gewächshaus
Die so genannte Direct Air Capture-Anlage (DAC) ist direkt auf dem Dach der Müllverwertungsanlage des Zweckverbands Kehrichtverwertung Zürcher Oberland KEZO installiert. In drei Schiffscontainern sind 18 CO2-Kollektoren installiert, die Luft einem Filter zuführen. Dieser sammelt das CO2 an seiner Oberfläche. Wenn die Sättigung eintritt, wird das CO2 mittels 100 Grad Celsius Wärme gelöst. 80 Prozent der Wärme dafür kommt aus der Müllverbrennungsanlage selbst. Von dem hochreinen Gas werden 900 Tonnen jährlich per Leitung in ein Gewächshauskomplex unweit der Müllverbrennungsanlage geliefert und sorgen dort für verstärktes Wachstum. Transportkosten für die 400 Meter lange Strecke entfallen also und tragen zur positiven Treibhausgas-Bilanz des Verfahrens bei.
Nach Angaben des Züricher Unternehmens ist DAC im Vergleich zu anderen Abscheidetechnologien überall einsetzbar, konkurriert nicht mit Produkten des landwirtschaftlichen Anbaus, braucht wenig Platz und ist ohne Einschränkungen skalierbar. Sie könnte auch Getränke anreichern oder klimaneutrale Kraftstoffe und Materialien herstellen. Nächster Step sollen denn auch logischerweise Projekte in der Lebensmittel- und Getränkebranche, dem Energiesektor und der Automobilindustrie sein. Die Kunden reduzierten damit ihre Emissionen sowie die Abhängigkeit von fossilen Energien.
Nachhaltig ist weniger effizient
Dabei wäre die Nutzung vorhandener Kohlendioxidquellen sicherlich für den Gewinnungsprozess effizienter, etwa durch die Abscheidung bei fossilen Kraftwerken. Allerdings wäre der Prozess dann weniger nachhaltig, weil die Quelle ja nach wie vor eine fossile wäre.
"Kohlendioxid kann direkt aus der Umgebungsluft gewonnen werden und bietet damit die Möglichkeit einer standortunabhängigen Methode der CO2-Gewinnung. Die Umgebungsluft enthält jedoch nur 0,03 bis 0,04Vol.-% CO2. Der Energieaufwand für die Gewinnung von reinem CO2 steigt bei abnehmender CO2-Konzentration deutlich an. Daher ist es aus energetischen bzw. wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzuziehen, zunächst CO2-Quellen mit einer erhöhten CO2-Konzentration einzubeziehen", beschreibt dieses Dilemma Springer Vieweg-Autor Manfred Zapf auf Seite 194 seines Buchkapitels Power-to-Gas – Stand der Technik und Einsatzmöglichkeiten.