Im Zentrum des vorliegenden Buches steht die freie Meinung. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist in Deutschland wie in der EU zwar rechtlich gut geschützt, dennoch fühlen sich bemerkenswert viele nicht frei, bestimmte Meinungen in der Öffentlichkeit zu äußern aus Furcht vor sozialem Ausschluss, vor Cancel Culture und anderen Ausschluss-Mechanismen. Die zulässigen Themen werden bestimmt vom Mainstream, der durch politische Konsonanz zwischen Regierung und tonangebenden Medien entsteht. Bereits 2019 versah der Staatsrechtler Schlink einen Zeitungsbeitrag mit dem treffenden Titel: „Der Preis der Enge. Wie der gesellschaftliche und politische Mainstream die Rechten stärkt“. So entsteht bei den Ausgeschlossenen der Eindruck, ihre (abweichenden) Meinungen nicht ungestraft öffentlich äußern zu können. Auf diese Weise wurde und wird nicht zuletzt die Debattenkultur massiv beschädigt. Zugleich stellt das den Nährboden dar für das, was unter den Begriff Populismus gefasst wird. Wenn Populisten vom „eigentlichen Volk“ sprechen, meinen sie meist diese Ausgegrenzten und stellen sie den sich im Mainstream Bewegenden gegenüber. Neben dem in Mitteleuropa geläufigen Rechtspopulismus gibt es in diversen Ländern auch Linkspopulismus (Griechenland, Spanien, Frankreich, USA, Argentinien). Zudem findet man Populisten nicht nur als lautstarke Opposition, sondern auch zumindest zeitweilig in Regierungen (etwa in Ungarn, Polen, Italien, den USA, Österreich, der Slowakei, Griechenland, Spanien). Auch deren Regierungshandeln ist von einer Logik geprägt, das sich meist deutlicher – und unverblümter kommuniziert – auf deren Wähler, das „eigentliche Volk“, richtet, im Konfliktfall auch zu Lasten des Gemeinwohls. In den allermeisten Beiträgen dieses Bandes schwingen die Unterthemen Debattenkultur und Spaltungstendenzen der Gesellschaft mit. Debattenkultur bezieht sich sowohl auf Stil als auch auf inhaltliche Tiefe differenzierter Auseinandersetzung. Zur vorsichtigen Formulierung Spaltungstendenzen der Gesellschaft: In einigen Medien und in der Politik wird nicht selten die Existenz gesellschaftlicher Spaltung heutzutage in Deutschland behauptet, was in der Wissenschaft aber skeptisch gesehen wird. Tiefgreifende Spaltungen der Gesellschaft existierten und existieren, es gibt sie aber nur sehr selten (etwa in Nordirland). Gerade auch in diesem Fall ist Differenzierung in der Begriffswahl geboten. Der einführende Beitrag wird mit einer Übersicht über jedes der folgenden Kapitel des Buches abgeschlossen.