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10.06.2014 | Management + Führung | Interview | Online-Artikel

Projekterfolge durch Balance-Checks steigern

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

4 Min. Lesedauer

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Viele Projekte sind erfolglos, weil Mitarbeiter und Aufgabe nicht zusammenpassen. Im Interview erläutert Christoph Schließmann, wie Führungskräfte die Passgenauigkeit sicherstellen können und wie sie Mitarbeiter erkennen, die Innovationen am besten vorantreiben.

Springer für Professionals: Trotz guter und kompetenter Führungskräfte, werden viele Projekte in Unternehmen gegen die Wand gefahren. Warum?

Christoph Schließmann: Generelle Kompetenz bedeutet nicht zwangläufig aufgabenspezifische Kompetenz. Lassen wir einmal situative Fehler und Fehler die durch Stakeholder verursacht werden außer Acht und richten den Blick ausschließlich auf die eigenen Fach- und Führungskräfte. Die Erfolgschancen wachsen nach meinen Erkenntnissen überproportional, wenn die jeweiligen Aufgaben mit Mitarbeitern besetzt werden, die eine höchstmögliche Affinität zu den Aufgabenanforderungen aufweisen. Darunter verstehe ich vor allem grundsätzliche persönliche Potenziale, Talente und Fähigkeiten, sowie eine möglichst ausbalancierte fachliche und motivatorische Reife zur Aufgabenbewältigung. Das alleine reicht aber nicht aus. Jedes erfolgreiche Wirken braucht flankierend förderliche systemische Rahmenbedingungen wie beispielsweise Resonanzfähigkeit, also Bedingungen unter denen Mitarbeiter gern ihre Leistung erbringen. Wichtig ist auch der richtige Zeitpunkt, der einem Projekt Rückenwind gibt. Ich habe schon viele grundsätzlich herausragende Projekte kennengelernt, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort stattfanden und damit von Anfang an ohne Fortune waren.

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Wie können Unternehmen sicherstellen, dass eine Führungskraft zu ihrer Aufgabe passt?

Es bedarf dazu lediglich einer trainierten analytischen Sensibilität. Zur Strukturierung kann mein Modell der Leistungspotenziale helfen, das die für mich relevanten acht Faktoren im Detail darstellt, die möglichst optimal in Relation zu einer Aufgabe zusammenspielen müssen. Dieser Balance-Check beginnt beim Recruiting für die Einstiegsaufgaben und sollte aufgrund der sich dynamisch über die Zeitachse verändernden Balanceverhältnisse bei gleichen wie auch neuen Aufgaben angewandt werden. Nur weil jemand eine Aufgabe vor acht Jahren gut bewältigte, muss das heute nicht gleichfalls gegeben sein, da sich Rahmenbedingungen fundamental ändern können.

Um Innovationen oder Veränderungen voranzutreiben, raten Sie Unternehmen, Mitarbeiter zu motivieren als Intrapreneure (Unternehmer im Unternehmen) zu agieren. Wie erkennen Unternehmen, welche Mitarbeiter für eine solche Aufgabe geeignet sind?

Ein genereller Rat, dass in einem Unternehmen Mitarbeiter als Intrapreneure agieren sollten, wäre fatal und falsch. Wenn Unternehmen „angestellte“ Entrepreneure, kulturell nicht „unterbringen“ können, sollten sie diesen Ansatz gar nicht erst versuchen. Ohne die Möglichkeit, ihr Wesen und die Potenziale als Entrepreneur auszuleben, verkümmern diese sensiblen Talente rasch und verlieren genau das, was sie ausmacht: Ihre Unangepasstheit und ihren mutigen, existentialistischen Drang zum Probieren neuer Wege und Geschäftschancen am Markt. Wer aber offen ist für unangepasstes, unternehmerisches Denken, erkennt Talente unter anderem daran, dass sie sich bei der Lösung von Aufgabenstellungen verhalten, als ginge es um ihr ganz eigenes Unternehmen mit hoher Identifikation und Ergebnishunger.

Welche Unternehmen haben das Konzept der Intrapreneure erfolgreich implementiert?

In meinem Buch habe ich Karl Lagerfeld als einen exzellenten Intrapreneur bei Chanel bezeichnet. Er ist Entrepreneur, belebt und prägt aber das Unternehmen, als wäre es sein eigenes. Das geht aber nur, weil die Eigner ihm mit hohem Vertrauen eine Organisation zur Verfügung stellen, die er mit der analogen Intention führen und entwickeln kann. Was in den meisten Unternehmen und plakativen Leitbildern oft als „unternehmerische Mitarbeiter“ gefordert wird, hat damit wenig zu tun und ist lediglich parolenhafte Augenwischerei.

Welche Relevanz hat die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg?

Wenn man interkulturelle Kompetenz nicht als Überbrückung unterschiedlicher nationaler Eigenarten sieht, was rein lokal-regionale Unternehmen mitunter gar nicht brauchen, dann geht es bei interkultureller Kompetenz“ im Kern um die grundlegende Fähigkeiten, kulturelle Differenzen zu erkennen und Brücken zwischen Unterschiedlichem zu bauen, also fruchtbare und sinnige Kohärenzen zu finden. Dadurch wird Interkulturalität ein selbstverständlicher Teilaspekt von Kultur, der, wenn man Interkulturalität nicht allein auf Internationalität reduziert, in Zeiten bewusster und gewollter Abgrenzung und Differenzierung schlicht allerorten unabdingbar ist.

Zur Person
Professor Dr. Christoph Schließmann ist Wirtschaftsanwalt in Frankfurt am Main und Experte für Strategie und Leadership an der Schnittstelle von Wirtschaft & Recht. Er begleitet seit über 20 Jahren Unternehmer und Unternehmen im In- und Ausland und ist Honorarprofessor für Unternehmensführung an der Universität Salzburg. In seinem Buch "Leistungspotenziale im Fadenkreuz" erläutert anhand des von ihm selbst entwickelten Balance-Modell, welche Chancen und Grenzen für die Entfaltung von Leistungspotenzialen bestehen.
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