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13.11.2014 | Management + Führung | Interview | Online-Artikel

"Töchter führen anders"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

5:30 Min. Lesedauer

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Die Übergabe eines Familienunternehmens ist mit vielen Veränderungen verbunden. Besonders Töchter sollten sich auf ihre neue Rolle als Unternehmenschefin gut vorbereiten, auf Augenhöhe mit dem Vater agieren und ihren eigenen Führungsstil finden.

Springer für Professionals: Sind Töchter als Nachfolgerinnen eines Familienunternehmens immer noch eine Notlösung oder gibt es inzwischen einen Kulturwechsel?

Kerstin Ott: Ein Kulturwandel hat zwar eingesetzt, ist jedoch noch ganz am Anfang. Die Zahl der Übernahmen durch Töchter steigt zwar an, meist kommen Töchter aber nur dann zum Zug, wenn es keine Brüder oder männliche Konkurrenten gibt. Auch in unserer Studie zeigt sich, dass nur eine geringe Prozentzahl der erfolgreichen Nachfolgerinnen Brüder hatte. Als Notlösungen würden wir die Unternehmerinnen dennoch nicht bezeichnen. Sie sind alle sehr qualifiziert und erfolgreich. Im Interesse des Familienunternehmens sollte das Familienmitglied übernehmen, das hinsichtlich Motivation und Qualifikation am besten geeignet ist – unabhängig vom Geschlecht. Wir möchten Töchtern Mut machen, ihr Interesse an einer Nachfolge innerhalb der Familie offen anzusprechen.

Wo liegen die größten Schwierigkeiten, wenn Töchter ein Familienunternehmen übernehmen?

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Daniela Jäkel-Wurzer: Die Schwierigkeiten unterscheiden sich erstmal nicht groß von denen, mit welchen auch Söhne kämpfen. Sie müssen neue Strukturen etablieren, die das Unternehmen zukunftsfähig machen, den Rückhalt der Familie sichern und die Mitarbeiter für den Veränderungsprozess ins Boot holen. Eine besondere Herausforderung, für Töchter ist es, das Ende der Tandem-Phase verbindlich festzulegen und auch einzufordern. Nachfolgerinnen führen häufig eine längere Zeit gemeinsam mit dem Vater. Das bringt viele Vorteile, aber auch die Gefahr, den Absprung zu verpassen. Für die Töchter ist es daher entscheidend, mit dem Vater auf Augenhöhe zu kommen, den eigenen Führungsstil zu finden und die Übernahme konsequent durchzusetzen.

In Ihrem Buch „Töchter im Familienunternehmen“ vertreten Sie die These, dass Töchter ein Unternehmen stärker verändern als Söhne. Warum ist das so?

Daniela Jäkel-Wurzer: Ob sie es stärker verändern wissen wir nicht, aber sie verändern die Unternehmen in charakteristischer Weise. Töchter führen anders. Sie lösen den oft noch patriarchisch geprägten Führungsstil der Väter ab und delegieren weitaus mehr. So werden Mitarbeiter stärker in Entscheidungen einbezogen und erhalten mehr Kompetenzen. Das geschieht nicht zuletzt aus ganz praktischen Gründen. Töchter machen sich in bestimmten Bereichen entbehrlich, um sich persönliche Freiräume für ihr Privatleben zu schaffen. Viele der Unternehmerinnen entscheiden sich dafür, Beruf und Familie zu vereinbaren. Schon allein deshalb können sie es nicht den Vätern gleichtun. Das wirkt sich ganz automatisch auch auf die Unternehmenskultur aus.

Was raten Sie den Vätern?

Kerstin Ott: Die Nachfolge nicht zu verdrängen! Unternehmer stehen in der Verantwortung ihre Nachfolge zu regeln, es ist ein ganz selbstverständlicher Teil des Unternehmerlebens. Hierzu ist es wichtig, sich auch darüber Gedanken zu machen, wie das eigene Leben ohne Unternehmen aussehen soll. Welche Interessen und Wünsche habe ich? Welche neuen Ziele peile ich an? Wichtig ist es auch, die Regelung der Vermögensaufteilung unter Geschwistern offen anzugehen und nicht der nächsten Generation überlassen. Aktive Vermögensaufteilung vermeidet erfahrungsgemäß Streit in der Familie. Es hat sich zudem gezeigt, dass es keinen Sinn macht, großen Druck auf die Nachkommen auszuüben: Nur wer sich frei und bewusst für eine Position im Unternehmen entscheidet, wird diese erfolgreich und mit Leidenschaft ausüben.

Welche Rollen spielen Netzwerke für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe?

Kerstin Ott: Netzwerke spielen eine große Rolle. Die Töchter profitieren in der Phase der Tandem-Führung sehr von den Netzwerken des Vaters. Stimmt das Verhältnis, führt dieser seine Tochter in wichtige Ämter ein und erleichtert ihr so den Start. Die Unternehmerinnen, mit denen wir sprachen, wünschen sich darüber hinaus auch verstärkt Netzwerke, in denen sie sich mit anderen Nachfolgerinnen austauschen können. Diese zu finden, ist jedoch nicht so leicht. Frauen halten sich mit ihren Erfolgen immer noch viel zu sehr im Hintergrund. Auch mithilfe des Buches ermutigt unsere Initiative die Frauen, ihre Geschichten offen zu erzählen und als Vorbild für andere Töchter sichtbar zu sein.

Was raten Sie Frauen, die vor der Übernahme eines Familienunternehmens stehen. Wie finden sie am besten den Einstieg?

Daniela Jäkel-Wurzer: Eine Nachfolge ist immer schwierig und eine unsichere Zeit voller Veränderungen für die neue Unternehmerin, die alten Inhaber und die Mitarbeiter. Deshalb ist es wichtig, alle in einem Boot zu haben. Man muss einfordern, dass sich die ganze Familie an einen Tisch setzt und ein tragbarer Kompromiss für alle gefunden wird. Ohne Rückhalt in der Familie kann eine solche Übernahme sehr anstrengend sein. Entscheidend ist auch, ein gemeinsam mit dem Vater gestalteter und verabschiedeter Fahrplan. Darin sollten die Übergabe der Aufgaben und die finale Übernahme geklärt werden.

Die ersten Monate sind entscheidend. Zuerst muss die Nachfolgerin herausfinden, was sie wirtschaftlich und kulturell in dem Betrieb vorfindet, vom Markt über die Kunden, die Produktanfertigung und die internen Führungsstrukturen. Dann muss sie sich fragen, was sie damit machen möchte und ob die Aufgabe zu ihren Kompetenzen und Vorstellungen passt. Ein Generationswechsel bereitet idealerweise das Unternehmen auf die zukünftigen Anforderungen vor. Viele Frauen initiieren mit dem Einstieg eine neue Produktidee oder ein Controlling-Projekt, um nicht mit dem Vater vergleichbar zu sein. Eine eigene Handschrift ins Unternehmen zu bringen, ist wichtig – aber erst muss die Akzeptanz der Mitarbeiter gewonnen werden. Auch Selbstvertrauen ist unverzichtbar. Die zukünftige Chefin muss den eigenen Führungsstil finden und auch Fehler machen dürfen. Zudem muss jede ihren eigenen Preis bestimmen. Bis zu welchem Punkt ist eine Nachfolge persönlich tragbar, was bin ich bereit für die Firma aufzugeben und wann ziehe ich die Reißleine. Ein Aspekt der besonders wichtig wird, wenn der Vater, aller Abmachungen zum Trotz, nicht loslassen kann und will.

Zu den Personen

Dr. Daniela Jäkel-Wurzer studierte unter anderem Soziologie und Psychologie und promovierte zur weiblichen Nachfolge in Familienunternehmen. Seit 2007 ist sie Beraterin für Unternehmerfamilien. Gemeinsam mit Kerstin Ott rief sie die Initiative „Generation Töchter“ ins Leben. Die studierte Betriebswirtin Kerstin Ott war sie bei einem weltweit führenden Unternehmen der Elektrotechnik unter anderem für Integration zuständig. Seit 2002 ist sie selbstständige M&A-Beraterin und hat zahlreiche erfolgreiche Unternehmensnachfolgen begleitet. In ihrem neue Buch "Töchter im Familienunternehmen" schreiben die Autorinnen, worauf es bei weiblichen Unternehmensnachfolgen ankommt.

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