Die Software der Sprachassistenten fürs Zuhause von Amazon und Google steckt noch in den Kinderschuhen. Die Blumenvasen-großen Geräte haben sich auch längst noch nicht in den Wohnzimmern der Nutzer etabliert. Doch schon jetzt testen Marketing-Verantwortliche die Grenzen der darin eingebauten künstlichen Intelligenz (KI).
Das jüngste Beispiel liefert die Fast-Food-Kette Burger King mit einem 15-Sekunden-Spot. Darin fordert ein Verkäufer den Sprachassistenten Google Home dazu auf, die Zutaten eines Sandwiches der Kette aufzuzählen. Bei der Ausstrahlung des TV-Spots reagierten die Geräte der Zuschauer auf die Aufforderung lasen eine werbliche Produktbeschreibung aus Wikipedia vor. Google gab an, von Burger King nicht informiert worden zu sein und deaktivierte prompt die Sprachfunktion für die Aufforderung aus dem TV-Spot. Die Wirkung der Guerilla-Aktion von Burger King verpuffte daher zwar schnell. Der Beweis dafür, wie die vermeintlichen elektronischen Helfer zu Werbeträgern instrumentalisiert werden können, war somit jedoch erbracht.
Kein Guerilla-Marketing notwendig
Mit der Macht des neuen Mediums experimentierte auch Google selbst. Kritik hagelte es in den letzten Wochen für den unaufgeforderten Hinweis von Google Home auf eine Neuverfilmung von "Die Schöne und das Biest". Auch Amazon Echo sorgte im Januar für Schlagzeilen, als eine Sechsjährige über den Sprachassistenten Alexa ein Puppenhaus bestellte. Denn der Smart Speaker von Amazon ist direkt mit dessen Online-Verkaufsportal verbunden. Somit ist klar: Die in Wohnzimmern platzierbaren Geräte mit eingebauter KI-Software, sind alles andere als werbefrei.
Doch die wenigsten Marketing-Taktiken der Hersteller werden zur Schlagzeile. In Amazons Echo und in Googles Home sind Product Placements inhärente Bestandteile des Geschäftsmodells. Dies stellen auch Ralf T. Kreutzer und Karl-Heinz Land fest. Im Kapitel "Notwendigkeit und Hintergrund einer digitalen Markenführung" ihres Buches "Digitale Markenführung" dokumentieren sie, wie es Unternehmen wie Apple und Google gelungen sei, Kunden "in der eigenen Welt gefangen" zu halten. Beide Marken hätten sich aus dem Online-Geschäft erfolgreich ins Analoge verlagert. Nach einer Interbrand-Studie von 2016 befindet sich Apple auf Platz eins und Google auf Platz zwei der wertvollsten Marken weltweit.
Digitalmarken mit eigenen Ökosystemen
Per Spracheingabe in Google Home kann der Nutzer das Wetter abfragen, Lichtschalter und Jalousien bedienen oder die Zimmertemperatur regeln. Wird Amazons Echo per Spracheingabe aufgefordert ein Produkt auszuwählen, kann es auch gleich die Bestellung tätigen – und zwar über das Verkaufsportal von Amazon.
Damit dringt die Marke noch tiefer in die Lebenswelt der Nutzer ein. Nicht von ungefähr ist Amazon laut Interbrand die weltweit am zweitstärksten wachsende Marke (33 Prozent) neben Facebook (48 Prozent). Den Erfolg führen die Autoren Kreutzer und Land darauf zurück, dass die Marken jeweils überzeugende Geschäftsmodelle aufwiesen und gleichzeitig "die Macht der digitalen Markenführung", des so genannten Digital Brandings beherrschten.
Gemeinsam hätten dabei alle vier Marken – Amazon, Apple, Facebook und Google – den Erfolg in der Online-Welt mit der anschließenden "Ausweitung auf die Offline-Welt". Die Sprachassistenten sind auf der Trendwelle des Internet of Things geeignete Marketing-Instrumente, um das Geschäftsmodell abermals zu skalieren.
Facebook, YouTube, Amazon (Stichwort Alexa) und – mit dynamischem Wachstum – auch Instagram, SoundCloud und Pinterest [entwickeln sich] zu interessanten und relevanten Content-Sharing-Plattformen. Vor diesem Hintergrund stellen sich spannende Fragen: Welche Anbieter werden in drei Jahren für "relevante Suchergebnisse" stehen, wenn es etwa um Streaming von Musik und Film, Mode- und Schmink-Tipps, Location-Based Services und/oder E-Commerce in den unterschiedlichen Angebotsfeldern geht? Wem gelingt es hier, die höchste Relevanz für die Nutzer zu erzielen – und damit auch für die werbenden Unternehmen besonders relevant zu sein?“ (Kreutzer/Land, Seite 14)
Smart Speakers verändern SEO-Marketing
Amazons Geschäftsmodell ist dabei so angelegt, dass durch den digitalen Sprachassistenten Unternehmen mit und ohne eigene Digitalstrategie integriert werden sollen. So können Unternehmen eigene sprachbasierte Anwendungen, so genannte "Skills", programmieren lassen, um bei einer mündlichen Nutzerabfrage über Alexa aktiviert zu werden: zum Beispiel zum Hören der Zugabfahrtszeiten der Deutschen Bahn, zum Bestellen eines Taxis über Mytaxi oder zum Hören der Lokalnachrichten über den Lieblingssender.
Mit diesem Entwicklungsschritt der digitalen Giganten und einer verstärkten Nutzung der smarten Sprachassistenten ist zu erwarten, dass das Suchverhalten im Internet nachhaltig verändert werden könnte. Gerade für das SEO- Marketing kann es weitreichende Konsequenzen haben, wenn Amazons Echo mit der Stimme Alexa, Facebooks "M", Google Home oder Siri von Apple Fragen beantworten, die das übliche "googeln" ersetzen. Die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen könnten je nach Erfolg des neuen Mediums einbrechen beziehungsweise Aufwind bekommen. Die so genannten "fast Adapters", schnelle Anpasser der ersten Stunde, sind klar im Vorteil.